Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
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{T 0/2}
2C_554/2016
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Urteil vom 20. Juni 2016
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Seiler, Präsident,
Gerichtsschreiber Feller.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Stefan Meichssner,
gegen
Amt für Migration und Integration
des Kantons Aargau.
Gegenstand
Ausschaffungshaft gestützt auf Art. 76a AuG / Haftüberprüfung,
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungs-
gerichts des Kantons Aargau, 2. Kammer,
vom 8. Juni 2016.
Erwägungen:
1.
Der aus Afghanistan stammende, 1996 geborene A.________ reiste über Serbien nach Ungarn, wo er als Asylbewerber registriert wurde. Am 13. April 2016 reiste er illegal in die Schweiz ein und stellte gleichentags auch hier ein Asylgesuch. Am 2. Mai 2016 ersuchte das Staatssekretariat für Migration (SEM) die ungarischen Behörden um Wiederaufnahme des Betroffenen; angesichts des Ausbleibens einer Antwort der ungarischen Behörden trat Verfristung ein und kann eine Rückübernahme nach Ungarn bis zum 17. November 2016 erfolgen.
Mit Verfügung vom 19. Mai 2016 trat das SEM auf das Asylgesuch nicht ein und verfügte die Wegweisung nach Ungarn auf den Tag des Ablaufens der Beschwerdefrist; mit dem Vollzug wurde der Kanton Aargau beauftragt. Diese Verfügung wurde A.________ am 27. Mai 2016 durch das Amt für Migration und Integration Aargau (MIKA) eröffnet. Anlässlich der Vorsprache beim MIKA vom 27. Mai 2016 erklärte sich A.________ nicht bereit, nach Ungarn zurückzukehren. Am 30. Mai 2016 wurde er vom Grenzwachkorps Basel im Zug angehalten; er trug ein Ticket einfacher Fahrt nach Paris auf sich. Am 31. Mai 2016 ordnete das MIKA gegen ihn für sechs Wochen, bei Haftbeginn am 30. Mai um 10.15 Uhr, bis zum 10. Juli 2016 um 12.00 Uhr Administrativhaft gemäss Art. 76a AuG an (Haft im Rahmen des Dublin-Verfahrens). Am 6. Juni 2016 ersuchte der ihm mit Verfügung vom 1. Juni 2016 beigegebene amtliche Rechtsvertreter von A.________ gestützt auf Art. 80a Abs. 3 AuG um richterliche Überprüfung und Aufhebung der Administrativhaft und beantragte die unverzügliche Entlassung aus der Haft. Mit Urteil vom 8. Juni 2016 bestätigte der Einzelrichter der 2. Kammer des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau die am 31. Mai 2016 durch das MIKA angeordnete Dublin-Administrativhaft.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 16. Juni 2016 beantragt A.________ dem Bundesgericht, das Urteil des Verwaltungsgerichts sei aufzuheben; das MIKA sei anzuweisen, ihn aus der Haft zu entlassen. In prozessualer Hinsicht wird darum ersucht, dem MIKA vorsorglich zu verbieten, den Beschwerdeführer am 23. Juni 2016 nach Ungarn auszuschaffen; zudem wird die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung für das bundesgerichtliche Verfahren beantragt.
Es ist weder ein Schriftenwechsel noch sind andere Instruktionsmassnahmen angeordnet worden.
Mit dem vorliegenden instanzabschliessenden Urteil wird das Gesuch um vorsorgliche Anordnung eines Ausschaffungsstopps gegenstandslos.
2.
2.1. Gemäss Art. 76a Abs. 1 AuG kann die zuständige Behörde die betroffene ausländische Person zur Sicherstellung der Wegweisung in den für das Asylverfahren zuständigen Dublin-Staat in Haft nehmen, wenn im Einzelfall konkrete Anzeichen befürchten lassen, dass die Person sich der Durchführung der Wegweisung entziehen will (lit. a); die Haft verhältnismässig ist (lit. b); und sich weniger einschneidende Massnahmen nicht wirksam anwenden lassen (lit. c). Art. 76a Abs. 2 AuG umschreibt näher, welche konkreten Anzeichen befürchten lassen, dass sich die betroffene Person der Durchführung der Wegweisung entziehen will. Vorliegend wurde die Administrativhaft gestützt auf Art. 76a Abs. 3 AuG, d.h. zur Sicherstellung des Vollzugs zwischen der Eröffnung des Wegweisungsentscheids des SEM und der Überstellung des Beschwerdeführers an den zuständigen Dublin-Staat, angeordnet. Die Haft nach Art. 76a AuG wird gemäss Art. 80a Abs. 7 lit. a AuG beendet, wenn der Haftgrund entfällt oder sich erweist, dass der Vollzug der Weg- oder Ausweisung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen undurchführbar ist. Diese letztere Bestimmung stimmt mit Art. 80 Abs. 6 lit. a AuG betreffend die Beendigung sonstiger ausländerrechtlicher Haft überein.
Das Verwaltungsgericht erläutert, dass und warum im Falle des Beschwerdeführers sämtliche Haftvoraussetzungen erfüllt sind. Vom Beschwerdeführer in Frage gestellt wird einzig die Rechtmässigkeit seiner Rückschaffung nach Ungarn im Lichte von Art. 80a Abs. 7 AuG in Verbindung mit Art. 3 EMRK; in diesem Zusammenhang wird zudem die Verletzung des rechtlichen Gehörs gerügt.
2.2. Bei Anordnung von ausländerrechtlicher Administrativhaft hat die richterliche Behörde die Rechtmässigkeit und Angemessenheit der Haft zu prüfen. Das Prüfungsprogramm der richterlichen Behörde stimmt bei der Überprüfung einer Haft im Rahmen des Dublin-Verfahrens mit demjenigen bei der Überprüfung sonstiger ausländerrechtlicher Haft überein (vgl. Art. 80a Abs. 3 und Abs. 8 resp. Art. 80 Abs. 4 AuG). Der Haftrichter hat zu prüfen, ob die Voraussetzungen erfüllt sind, um den Wegweisungsvollzug durch Haft sicherstellen zu können. Ob Gründe gegen die Wegweisung sprechen, ist - vorbehältlich besonderer Umstände - nicht Prüfungsgegenstand (BGE 128 II 193 E. 2.2 S. 197 f.; 121 II 59 E. 2b und c S. 61 f.; Urteile 2C_243/2016 vom 18. März 2016 E. 2.3, 2C_242/2015 vom 19. März 2015 E. 2 und 2C_218/2013 vom 26. März 2013 E. 3.2.2 mit Hinweisen). Eine Überprüfung der Rechtmässigkeit der Wegweisung bzw. der Zumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs im Stadium der Haftprüfung selber gestützt auf Art. 80a Abs. 7 lit. a bzw. Art. 80 Abs. 6 lit. a AuG setzte voraus, dass in konkreter Weise und auf den Einzelfall bezogen Unzulässigkeitsgründe aufgezeigt werden. Vorab aber sind Einwendungen gegen die Wegweisung im dafür vorgesehenen Verfahren vorzutragen, nötigenfalls mit einem Wiedererwägungsgesuch an die Wegweisungsbehörde (BGE 125 II 217 E. 2 S. 221), wobei im entsprechenden Verfahren gegebenenfalls vorsorglich der prozedurale Aufenthalt erwirkt werden kann (Urteil 2C_243/2016 vom 18. März 2016 E. 2.3).
Der Beschwerdeführer äussert sich allgemein zum Verhalten der ungarischen Behörden gegenüber Asylbewerbern und weist auf die Wahrscheinlichkeit von Verletzungen von Art. 3 EMRK hin. Bei welchem Grad von Spezifizierung, Aktualisierung und Einzelfallbezogenheit mit derartigen Vorbringen der Haftrichter allenfalls verpflichtet werden könnte, die Zulässigkeit der Haft von der Beurteilung der Rechtsmässigkeit der Wegweisung abhängig zu machen, kann vorliegend schon darum offen bleiben, weil das SEM erst am 19. Mai 2016 über die Zulässigkeit der Wegweisung nach Ungarn entschieden hat und nicht geltend gemacht wird, gegen diese am 27. Mai 2016 eröffnete Verfügung sei durch den Beschwerdeführer (oder durch den diesem am 1. Juni 2016 beigegebenen amtlichen Rechtsvertreter) innert der Frist von fünf Arbeitstagen Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben und bei diesem um Gewährung der aufschiebenden Wirkung ersucht worden (Art. 64a Abs. 2 AuG).
Mit Rügen zur Wegweisung im Haftprüfungsverfahren ist der Beschwerdeführer vorliegend nicht zu hören. Auf diesem Hintergrund und namentlich angesichts von E. II.9 des angefochtenen Urteils wird sodann nicht hinreichend dargelegt (Art. 106 Abs. 2 BGG), inwiefern das Verwaltungsgericht das rechtliche Gehör des Beschwerdeführers missachtet und Art. 29 Abs. 2 BV verletzt hätte.
Auf die zulässiger Rügen entbehrende Beschwerde ist mit Entscheid des Abteilungspräsidenten als Einzelrichter im vereinfachten Verfahren nach Art. 108 BGG nicht einzutreten.
2.3. Da die Beschwerde aussichtslos erschien, kann dem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung nicht entsprochen werden (Art. 64 BGG).
Die Umstände rechtfertigen es, auf die Erhebung von Gerichtskosten zu verzichten (Art. 66 Abs. 1 zweiter Satz BGG). Insofern ist das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gegenstandslos.
Demnach erkennt der Präsident:
1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen, soweit es nicht gegenstandslos ist.
3.
Es werden keine Kosten erhoben.
4.
Dieses Urteil wird - auch vorab per Fax - den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, 2. Kammer, und dem Staatssekretariat für Migration schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 20. Juni 2016
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Seiler
Der Gerichtsschreiber: Feller