BGer 5D_98/2016
 
BGer 5D_98/2016 vom 22.06.2016
{T 0/2}
5D_98/2016
 
Urteil vom 22. Juni 2016
 
II. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
Bundesrichter Marazzi, Bovey,
Gerichtsschreiber Möckli.
 
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
gegen
Seconda Camera civile del Tribunale d'appello del Cantone Ticino,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Rechtsverzögerung / Rechtsverweigerung.
 
Sachverhalt:
A. Mit Urteil vom 24. Dezember 2015 hat der Pretore del Distretto di Lugano eine gegen die Stockwerkeigentümergemeinschaft B.________ in U.________ gerichtete Klage des A.________ abgewiesen. Dagegen erhob dieser am 29. Januar 2016 beim Tribunale d'Appello des Kantons Tessin Berufung und ersuchte gleichzeitig um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung. Am 9. März 2016 reichte A.________ eine Übersetzung seiner Berufung nach. Am 11. März 2016 forderte der Präsident der zuständigen Kammer von A.________ zusätzliche Angaben zu dessen Mittellosigkeit, und am 6. Mai 2016 mahnte A.________ das Tribunale d'Appello wegen Rechtsverzögerung ab.
B. Mit Eingabe vom 3. Juni 2016 (Postaufgabe 4. Juni 2016) wendet sich A.________ (Beschwerdeführer) an das Bundesgericht mit den Anträgen, es sei ihm umgehend ein Anwalt italienischer Sprache zur Verfügung zu stellen und das Verfahren alsdann umgehend an die Hand zu nehmen bzw. fortzusetzen.
In einer separaten Eingabe vom 14. Juni 2016 ersucht der Beschwerdeführer um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege.
Es wurde kein Schriftenwechsel durchgeführt.
 
Erwägungen:
1. Das Beschwerdeverfahren wird in einer der Amtssprachen (Deutsch, Französisch, Italienisch, Rumantsch Grischun) geführt, in der Regel in der Sprache des angefochtenen Entscheids. Verwenden die Parteien eine andere Amtssprache, so kann das Verfahren in dieser Sprache geführt werden (Art. 54 Abs. 1 BGG).
Das vorliegende Urteil ergeht in deutscher Sprache, weil der Beschwerdeführer seine Beschwerde zulässigerweise (Art. 42 Abs. 1 BGG) in dieser Sprache verfasst und er offensichtlich Mühe hat, die italienische Sprache zu verstehen.
2. Gemäss Art. 94 BGG kann gegen das unrechtmässige Verweigern oder Verzögern eines anfechtbaren Entscheids Beschwerde geführt werden. Die allgemeinen Beschwerdevoraussetzungen sind anhand des Entscheides zu beurteilen, den die Vorinstanz nach Auffassung des Beschwerdeführers zu Unrecht verzögert (vgl. Urteile 1C_189/2012 vom 18. April 2012 E. 1.3; 2C_662/2009 vom 2. Februar 2010 E. 1). Diesem geht es um einen Entscheid über sein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung für das Rechtsmittelverfahren, mithin um einen von einem oberen kantonalen Gericht (Art. 75 BGG) zu erlassenden Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 Abs. 1 BGG, der praxisgemäss einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG). Bei Zwischenentscheiden folgt der Rechtsweg jenem der Hauptsache (BGE 137 III 380 E. 1.1). Dort geht es um eine zivilrechtliche Streitigkeit (Art. 72 Abs. 1 BGG), deren Streitwert mit Fr. 19'000.-- den für die Beschwerde in Zivilsachen erforderlichen Mindestbetrag von Fr. 30'000.-- (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG) nicht erreicht. Die Eingabe ist folglich als subsidiäre Verfassungsbeschwerde entgegenzunehmen (Art. 113 ff. BGG). Der Beschwerdeführer ist gemäss Art. 115 BGG zur Beschwerde berechtigt. Insofern kann auf die Beschwerde eingetreten werden.
3. Mit der subsidiären Verfassungsbeschwerde kann einzig die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden (Art. 116 BGG). Dies prüft das Bundesgericht nicht von Amtes wegen, sondern nur insoweit, als eine entsprechende Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG). Die Beschwerdeschrift muss die wesentlichen Tatsachen und eine kurz gefasste Darlegung darüber enthalten, welche verfassungsmässigen Rechte bzw. welche Rechtssätze inwiefern durch den angefochtenen Entscheid verletzt worden sind. Das Bundesgericht prüft nur klar und detailliert erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen; auf ungenügend begründete Rügen und rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt es nicht ein (BGE 135 III 232 E. 1.2 S. 234; 134 I 83 E. 3.2 S. 88).
Der Beschwerdeführer wirft der Vorinstanz Rechtsverzögerung vor und begründet seinen Vorwurf zumindest sinngemäss damit, die Vorinstanz hätte schon längst über sein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung entscheiden müssen. Ob der Beschwerdeführer den strengen Begründungsanforderungen nachkommt, kann angesichts des Ausgangs des Verfahrens offen bleiben.
 
4.
4.1. Im Grunde genommen wirft der Beschwerdeführer die Frage nach dem Zeitpunkt auf, in dem über ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege entschieden werden muss. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist die Beurteilung eines Gesuchs um unentgeltliche Rechtspflege zusammen mit dem Endentscheid bzw. im Rahmen der Kostenregelung in denjenigen Fällen nicht zu beanstanden, in denen das Gesuch mit der Eingabe in der Hauptsache verbunden wird und keine weiteren Vorkehren der Partei bzw. des Rechtsvertreters erforderlich sind. Anders verhält es sich aber, wenn die Partei bzw. der Rechtsvertreter nach Einreichung des Gesuchs gehalten ist, weitere Verfahrensschritte zu unternehmen (zum Ganzen: Urteile 5A_849/2014 vom 30. März 2015 E. 4.6, 5A_302/2012 vom 4. Juni 2012 E. 4.3, 5A_880/2011 vom 20. Februar 2012 E. 4.2, 4A_20/2011 vom 11. April 2011 E. 7.2.2 und 1P.345/2004 vom 1. Oktober 2004 E. 4.3).
4.2. Der Beschwerdeführer stellte sein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung im vorinstanzlichen Verfahren zusammen mit seiner Berufung vom 29. Januar 2016. Über das Verfassen der Berufungsschrift hinaus waren - jedenfalls bisher - keine weiteren prozessualen Schritte zu unternehmen, namentlich keine solchen, die mit erheblichem Aufwand verbunden gewesen wären oder aber eine anwaltliche Verbeiständung erfordert hätten.
Die Berufungsinstanz ist nicht in jedem Falle gehalten, eine schriftliche Stellungnahme der Gegenpartei einzuholen (Art. 312 Abs. 1 ZPO) oder eine Verhandlung durchzuführen (Art. 316 Abs. 1 ZPO). Daher steht zum jetzigen Zeitpunkt nicht fest, ob der Beschwerdeführer für das oberinstanzliche Verfahren überhaupt noch Verfahrensschritte wird unternehmen müssen, für welche er allenfalls Anspruch auf anwaltliche Verbeiständung hat.
Folglich war die Vorinstanz bisher nicht verpflichtet, über das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung zu befinden; ihr ist keine Rechtsverzögerung vorzuwerfen.
4.3. Schliesslich scheint der Beschwerdeführer zu meinen, er habe Anspruch darauf, dass das Tribunale d'Appello ihm einen (unentgeltlichen) Anwalt bestimmt. Die Bestellung eines Vertreters durch das Gericht ist nur unter den in Art. 69 Abs. 1 ZPO genannten Voraussetzungen geboten, nämlich wenn die Partei offensichtlich nicht imstande ist, den Prozess selber zu führen, und zudem nicht in der Lage ist, selber einen Vertreter zu beauftragen. Derartiges macht der Beschwerdeführer nicht geltend; die diesbezügliche Rüge ist unbegründet.
5. Der Beschwerde ist insgesamt kein Erfolg beschieden. Soweit darauf eingetreten werden kann, erweisen sich die Rechtsbegehren als unbegründet. Der Beschwerdeführer unterliegt und wird kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Unter Berücksichtigung der besonderen Umstände wird auf die Erhebung von Gerichtskosten verzichtet. Damit wird das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gegenstandslos.
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden kann.
2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird als gegenstandslos abgeschrieben.
4. Dieses Urteil wird den Parteien schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 22. Juni 2016
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: von Werdt
Der Gerichtsschreiber: Möckli