Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
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{T 0/2}
9C_99/2016
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Urteil vom 6. September 2016
II. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Meyer, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichterin Pfiffner, nebenamtlicher Bundesrichter Weber,
Gerichtsschreiber Furrer.
Verfahrensbeteiligte
IV-Stelle Obwalden, Brünigstrasse 144, 6060 Sarnen,
Beschwerdeführerin,
gegen
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Pierre Tobler,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Invalidenversicherung,
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Obwalden vom 22. Dezember 2015.
Sachverhalt:
A.
A.________ meldete sich am 13. Oktober 2009 unter Hinweis auf eine vollständige Arbeitsunfähigkeit, bestehend seit einem (Motorrad-) Unfall vom 15. Juni 2008, bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle Obwalden (fortan: IV-Stelle) zog die Akten der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) bei, welche A.________ mit Wirkung ab 1. April 2013 eine Invalidenrente bei einer Erwerbsunfähigkeit von 100 % zusprach (Verfügung vom 8. Mai 2013), und veranlasste eine Untersuchung durch den RAD-Psychiater Dr. med. B.________ (Bericht vom 23. Mai 2013). Nach Durchführung des Vorbescheidverfahrens verneinte die IV-Stelle mit Verfügung vom 28. Februar 2014 den Anspruch auf eine Invalidenrente (Invaliditätsgrad von 0 %).
B.
Eine hiegegen erhobene Beschwerde hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Obwalden - nach Einholung einer Gerichtsexpertise durch die Medas Interlaken Unterseen GmbH vom 22. September 2015 - im Sinne der Erwägungen gut. Es hob die angefochtene Verfügung auf und wies die Sache an die IV-Stelle zurück. Ferner verpflichtete es die IV-Stelle, die Kosten für das Gerichtsgutachten von Fr. 11'072.95 zu tragen.
C.
Die IV-Stelle führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, der angefochtenen Entscheid sei aufzuheben und die Verfügung vom 28. Februar 2014 sei zu bestätigen, eventualiter sei die Sache zu weiteren Abklärungen an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Während Beschwerdegegner und Vorinstanz auf Nichteintreten, eventualiter auf Abweisung der Beschwerde schliessen, lässt sich das Bundesamt für Sozialversicherungen nicht vernehmen.
Erwägungen:
1.
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein Rechtsmittel zulässig ist (BGE 139 V 42 E. 1 S. 44 mit Hinweisen).
2.
Gemäss Art. 90 BGG ist die Beschwerde zulässig gegen Entscheide, die das Verfahren abschliessen. Ebenfalls zulässig ist nach Art. 91 Abs. 1 BGG die Beschwerde gegen selbstständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide über die Zuständigkeit und über Ausstandsbegehren. Gegen einen sog. anderen selbstständig eröffneten Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten demgegenüber nur zulässig, wenn er einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (Abs. 1 lit. a BGG), oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit und Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (lit. b). Ist die Beschwerde nicht zulässig oder wurde von ihr kein Gebrauch gemacht, bleibt ein Zwischenentscheid im Rahmen einer Beschwerde gegen den Endentscheid anfechtbar, sofern er sich auf dessen Inhalt auswirkt (Art. 93 Abs. 3 BGG). Rückweisungsentscheide, mit denen eine Sache - wie im vorliegenden Fall - zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen wird, sind grundsätzlich Zwischenentscheide, die nur unter den genannten Voraussetzungen beim Bundesgericht angefochten werden können (BGE 140 V 282 E. 2 S. 283 mit Hinweisen; vgl. auch BGE 138 V 271).
3.
3.1. Das kantonale Gericht hat die Beschwerde "im Sinne der Erwägungen" gutgeheissen, wodurch diese Bestandteil des Dispositivs und bei Nichtanfechtung für die Verwaltung verbindlich werden (BGE 120 V 233 E. 1a S. 237). In den Erwägungen würdigte es die medizinischen Akten und begründete einlässlich, weshalb die IV-Stelle namentlich nicht auf den RAD-Bericht des Dr. med. B.________ vom 23. Mai 2013 sowie den SUVA-Bericht zur kreisärztlichen Untersuchung vom 21. März 2012 hätte abstellen dürfen sowie weshalb es gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung (BGE 137 V 210) gehalten gewesen sei, ein Gerichtsgutachten zu veranlassen. Sodann legte es dar, die Sachverständigen attestierten dem Beschwerdegegner in der Expertise vom 22. September 2015 eine Arbeitsunfähigkeit von aktuell 100 %, wobei die Arbeitsfähigkeit sowohl aus rheumatologischer als auch psychiatrischer Sicht mittels Therapie verbessert werden könne. Dem Beschwerdegegner sei Gelegenheit zu geben, die von den Gutachtern als notwendig erachteten Therapien zu besuchen. Folglich sei die Beschwerde gutzuheissen. Die Beschwerdeführerin habe dem Versicherten "unter Berücksichtigung von Art. 47 IVG und Art. 20ter IVV über das Zusammenfallen von Taggeld- und Rentenleistungen im Rahmen von Eingliederungsmassnahmen weiterhin die bisherigen Leistungen auszurichten und ihn anzuhalten, die gemäss MEDAS-Gutachten erwähnten notwendigen Therapien im Sinne medizinischer Eingliederungsmassnahmen zur Verbesserung seiner Arbeitsfähigkeit zu absolvieren".
3.2. Die Beschwerdeführerin macht im Wesentlichen geltend, der Rückweisungsentscheid verweise ausdrücklich auf die Erwägungen. In jenen werde sie verpflichtet, Leistungen - insbesondere medizinische Leistungen mit Taggeldanspruch - auszurichten. Diese Anordnung sei bundesrechtswidrig, u.a. deshalb, da die Übernahme der medizinischen Eingliederungsmassnahmen gemäss Art. 12 IVG bis zum 20. Altersjahr beschränkt sei. Auch sei die Anweisung offensichtlich falsch, die bisherigen Leistungen auszurichten, da bisher gar keine solche geflossen seien. Damit sei ein irreversibler Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG gegeben.
3.3. Der Beschwerdegegner wendet ein, es habe keine bisherigen Leistungen gegeben und solche verlange er auch nicht. Ein irreparabler Nachteil drohe der IV-Stelle daher nicht.
3.4. Die Vorinstanz räumt ein, die beschwerdeweise kritisierten Erwägungen seien nicht in der notwendigen Klarheit formuliert worden und müssten im Gesamtzusammenhang interpretiert werden. Was die Anordnung zur Weiterausrichtung von Leistungen betreffe, habe es solche gar nicht gegeben, womit die IV-Stelle nicht belastet werde. Gleiches sei der Fall in Bezug auf die Therapien, sei doch eine Übernahme durch die Beschwerdeführerin weder direkt noch indirekt verlangt worden.
4.
Der Eintretensgrund von Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG wird nicht geltend gemacht. Auf die Beschwerde kann daher nur eingetreten werden, wenn der angefochtene Rückweisungsentscheid einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirkt. Ein solcher wird regelmässig bejaht, wenn der Versicherungsträger durch den Entscheid gezwungen wird, eine seines Erachtens rechtswidrige Verfügung zu erlassen, die er selber nicht wird anfechten können, mithin der kantonale Rückweisungsentscheid nicht mehr korrigiert werden könnte. Das gilt aber nur, soweit der Rückweisungsentscheid materiellrechtliche Vorgaben enthält, welche die untere Instanz bei ihrem neuen Entscheid befolgen muss. Erschöpft sich der Rückweisungsentscheid darin, dass eine Frage ungenügend abgeklärt und deshalb näher zu prüfen ist, ohne dass damit materiellrechtliche Anordnungen verbunden sind, so entsteht der Behörde, an die zurückgewiesen wird, kein nicht wieder gutzumachender Nachteil. Die Rückweisung führt lediglich zu einer das Kriterium nicht erfüllenden Verlängerung oder Verteuerung des Verfahrens (BGE 140 V 282 E. 4.2 S. 286 mit Hinweisen).
Wie die Beschwerdeführerin selbst darlegt und was von Vorinstanz und Beschwerdegegner ausdrücklich bestätigt wird, hat die IV-Stelle dem Beschwerdegegner bis dato gar keine Leistungen ausgerichtet (im Dezember 2009 gewährte Frühinterventionsmassnahmen wurden vom Beschwerdegegner offenbar nicht beansprucht). Aus der Anordnung, "weiterhin die bisherigen Leistungen auszurichten", bei welcher es sich wohl um ein Versehen der Vorinstanz handeln dürfte, kann daher nicht abgeleitet werden, die IV-Stelle werde verpflichtet, eine rechtswidrige (leistungszusprechende) Verfügung zu erlassen. Damit liegt insoweit kein irreparabler Nachteil vor. Ferner ist die Weisung an die Verwaltung, den Beschwerdegegner anzuhalten, die gemäss Gerichtsexpertise notwendigen Therapien im "Sinne medizinischer Eingliederungsmassnahmen" zu absolvieren (vgl. E. 3.1 hievor), zwar prima vista (ebenfalls) missverständlich ausgefallen. Allerdings kann aus den diesbezüglichen Erwägungen nicht geschlossen werden, die Vorinstanz habe den Anspruch auf medizinische Massnahmen gemäss Art. 12 IVG bejaht, erwähnte sie doch weder diese Bestimmung noch deren Voraussetzungen. Diese Auslegung wird durch die vorinstanzliche Vernehmlassung bestätigt. Auch durch nämliche Erwägung wird die Beschwerdeführerin entgegen ihrer Meinung zu keiner Leistung verpflichtet. Mithin verbleibt einzig die Anordnung, den Beschwerdegegner zur Absolvierung der gutachtlich als indiziert erachteten Therapien anzuhalten. Inwiefern für die Beschwerdeführerin dadurch ein nicht wieder gutzumachender Nachteil entstehen soll, wird weder dargelegt noch ist dies (anderweitig) ersichtlich. Schliesslich macht die Beschwerdeführerin zu Recht nicht geltend, durch die Verpflichtung zur Tragung der Kosten des Gerichtsgutachtens erleide sie einen irreparablen Nachteil, ist die in einem Zwischenentscheid enthaltene Regelung über den Kostenpunkt doch regelmässig nicht geeignet, einen solchen Nachteil zu verursachen (bspw. Urteile 8C_855/2014 vom 25. Februar 2015 E. 3.3.1 mit Hinweisen und 9C_950/2011 vom 9. Mai 2012 E. 5, nicht publ. in: BGE 138 V 271, aber in: SVR 2012 IV Nr. 49 S. 177). Auf die Beschwerde ist daher nicht einzutreten.
5.
Auf die Erhebung von Gerichtskosten wird, zumal die Beschwerdeführerin wegen dem auslegungsbedürftigen Entscheid achtenswerte Gründe für die Beschwerdeerhebung hatte, umständehalber verzichtet (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG). Der Beschwerdegegner hat für das bundesgerichtliche Verfahren Anspruch auf eine Parteientschädigung ( Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG ). Diese geht zu Lasten der IV-Stelle.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Die Beschwerdeführerin hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'000.- zu entschädigen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Obwalden und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 6. September 2016
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Das präsidierende Mitglied: Meyer
Der Gerichtsschreiber: Furrer