Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
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{T 0/2}
2C_760/2016
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Urteil vom 26. September 2016
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Seiler, Präsident,
Bundesrichter Donzallaz,
Bundesrichter Stadelmann,
Gerichtsschreiber Kocher.
Verfahrensbeteiligte
Politische Gemeinde St. Gallen,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch den Stadtrat,
gegen
X.________,
Beschwerdegegnerin,
vertreten durch Notar und Rechtsanwalt
Claude Monnier, Häusermann+Partner,
Verwaltungsrekurskommission
des Kantons St. Gallen.
Gegenstand
Grundbuchgebühren
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen
vom 28. Juni 2016.
Erwägungen:
1.
1.1.
Die X.________ Genossenschaft (im Folgenden: Abgabepflichtige) mit Sitz in U.________/BS übernahm bei ihrer Gründung vom 11. April 2013 (Handelsregistereintrag: 6. Mai 2013) einen Teil der Aktiven und Verbindlichkeiten der damaligen X.________ Genossenschaft (heute firmierend als X.________-Gruppe Genossenschaft). Gemäss Vermögensübertragungsvertrag im Sinne von Art. 69 FusG (SR 221.301) betraf dies unter anderem die in der Stadt St. Gallen gelegenen Grundstücke Nr. xxx und xxx. Das Grundbuchamt der Stadt St. Gallen veranlagte die Abgabepflichtige am 19. Juli 2013 mit einer Eintragungsgebühr von Fr. 5'000.--, einem Zuschlag für weitere Grundstücke von Fr. 10.-- und einer Gebühr für die Änderung der Firma von Fr. 50.--. In weiteren elf Gemeinden des Kantons St. Gallen kam es in diesem Zusammenhang zu Handänderungen.
1.2. Die Abgabepflichtige gelangte gegen die Veranlagungsverfügung vom 19. Juli 2013 an die Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen, welche diese am 8. Juli 2014 abwies. Dagegen legte die Abgabepflichtige am 24. Juli 2014 beim Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen Beschwerde ein. Sie beantragte, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und die Grundbuchgebühren seien in Koordination mit sämtlichen von der Vermögensübertragung betroffenen Grundbuchämtern des Kantons St. Gallen einheitlich festzulegen. Das Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen hiess die Beschwerde mit Entscheid B 2014/153 vom 28. Juni 2016 gut. Es hob den angefochtenen Rekursentscheid gut, wies die Sache an die Politische Gemeinde St. Gallen zurück und wies diese an, die Grundbuchgebühr im Sinne der Erwägungen neu festzusetzen.
1.3. Mit Eingabe beim Bundesgericht vom 1. September 2016 (Poststempel) erhebt die Politische Gemeinde St. Gallen Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Sie beantragt, der angefochtene Entscheid B 2014/153 vom 28. Juni 2016 sei aufzuheben und der Entscheid der Unterinstanz vom 8. Juli 2014 zu bestätigen. Eventualiter sei die Sache zur neuen Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückzuweisen.
1.4. Der Abteilungspräsident als Instruktionsrichter (Art. 32 Abs. 1 BGG [SR 173.110]) hat von Instruktionsmassnahmen abgesehen.
2.
2.1. Die Beschwerde richtet sich gegen den Rückweisungsentscheid einer letzten kantonalen Instanz in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts, der unter Vorbehalt des Nachfolgenden grundsätzlich der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten unterliegt (Art. 82 lit. a, Art. 83 e contrario, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2). Fraglich sind zum einen die Legitimation der beschwerdeführenden politischen Gemeinde (Art. 89 BGG), zum andern der Charakter des Rückweisungsentscheids (Art. 90 bzw. Art. 93 BGG).
2.2.
2.2.1. Zu prüfen ist die Beschwerdeberechtigung von Gemeinde und Kanton. Ein besonderes Beschwerderecht im Sinne von Art. 89
Abs. 2BGG, insbesondere lit. c (Verletzung verfassungsrechtlicher Garantien), wird nicht behauptet und ist auch nicht ersichtlich. Es fragt sich daher, ob
Einwohnergemeinden unter den gegebenen Umständen die
allgemeine Legitimationsnorm (Art. 89 Abs. 1 BGG) anrufen können.
2.2.2. Artikel 89
Abs. 1BGG ist grundsätzlich auf Privatpersonen zugeschnitten. Gemeinwesen und andere öffentlich-rechtliche Körperschaften können das allgemeine Beschwerderecht nur beanspruchen, wenn sie entweder durch den angefochtenen Entscheid
gleich oder ähnlich wie Private betroffen oder aber in qualifizierter Weise
in schutzwürdigen hoheitlichen Interessen berührt sind. Das allgemeine Interesse an der richtigen Rechtsanwendung verschafft ihnen dagegen keine Beschwerdebefugnis im Sinne von Art. 89 Abs. 1 BGG. Insbesondere ist es der im Rechtsmittelverfahren unterlegenen Erstinstanz benommen, einzig gestützt auf die allgemeine Legitimationsnorm gegen den sie desavouierenden Entscheid der Zweitinstanz an das Bundesgericht zu gelangen. Öffentlich-rechtliche Körperschaften sind daher nur restriktiv zur Beschwerdeführung zugelassen (zum Ganzen BGE 141 I 253 E. 3.1 S. 255; 141 II 161 E. 2.1 S. 164; 140 I 90 E. 1.2 S. 93; 140 V 321 E. 2.1.1 S. 323 f.; 140 V 328 E. 4.1 S. 329 f. und E. 5 S. 331 ff.).
2.2.3. Geht es im Verfahren insbesondere um die Gläubiger- oder Schuldnereigenschaft der öffentlich-rechtlichen Körperschaft, fällt die Anrufung von Art. 89 Abs. 1 BGG mithin nicht zwangsläufig in Betracht. Insbesondere verschafft der Umstand, dass das Gemeinwesen bei Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe ein unmittelbares oder mittelbares finanzielles Interesse hat, für sich allein keine Legitimation.
Bejaht wird die Legitimation im Allgemeinen, wenn es um finanzielle Leistungen aus Rechtsverhältnissen geht, die öffentlich-rechtlich geregelt sind, aber Analogien zu privatrechtlichen Instituten aufweisen. Zu denken ist an das öffentliche Personalrecht, das Staatshaftungsrecht oder das Enteignungsrecht.
Verneint wird die Legitimation hingegen, soweit es um die übrigen fiskalischen Interessen geht. In einem solchen Fall ist das Gemeinwesen nicht wie eine Privatperson betroffen, sondern vielmehr in seiner Eigenschaft als Hoheitsträger (BGE 141 II 161 E. 2.3 S. 165 f. mit Hinweisen).
2.2.4. Ist das Gemeinwesen (nur) in seiner
Eigenschaft als Hoheitsträger betroffen, ist praxisgemäss erforderlich, dass es in qualifizierter Weise in der Wahrnehmung einer hoheitlichen Aufgabe betroffen ist (BGE 140 I 90 E. 1.2 S. 93 ff.). Eine derartige
qualifizierte Betroffenheit wird in der Regel bejaht in Bezug auf Leistungen der Sozialhilfe (BGE 140 V 328 E. 6 S. 333 ff.) sowie den interkommunalen Finanzausgleich und ähnliche Regelungen (BGE 140 I 90 E. 1.2.2 S. 93 f.). Gleiches gilt, wenn die streitigen finanziellen Leistungen eine beträchtliche Höhe erreichen und die Beantwortung der Streitfrage eine über den Einzelfall hinaus gehende präjudizielle Wirkung für die öffentliche Aufgabenerfüllung mit insgesamt wesentlicher finanzieller Belastung hat. Kein Beschwerderecht ergibt sich, wenn es bloss um eine einzelfallbezogene Beurteilung ohne Grundsatzfragen geht (BGE 141 II 161 E. 2.3 S. 166 mit Hinweisen).
2.2.5. Bisweilen wurde die Legitimation von Gemeinden bejaht in ihrer Eigenschaft als Gläubigerin von
Kausalabgaben (BGE 119 Ib 389 E. 2e S. 391), namentlich von Erschliessungsabgaben (Urteile 2C_444/2008 vom 9. März 2009 E. 1.2; 2C_712/2008 vom 24. Dezember 2008 E. 1.3.3). Auch dies setzt voraus, dass die Streitigkeit eine präjudizielle Wirkung oder sonst eine besondere Tragweite aufweist (Urteile 2C_443/2015 vom 20. August 2015 E. 2.2.2; Urteile 1C_670/2013 vom 10. Februar 2014 E. 4.2; 1C_78/2012 vom 10. Oktober 2012 E. 1).
2.3.
2.3.1. Die Vorinstanz erwog im Wesentlichen, die Politische Gemeinde St. Gallen habe das massgebende kantonale Recht (Gebührentarif [des Kantons St. Gallen] vom 3. Februar 1998 für die Grundbuchämter und für die Durchführung der Grundstückschätzung [sGS 914.5] in der vom 1. Januar 2012 bis zum 27. Oktober 2014 geltenden Fassung) unrichtig ausgelegt und angewendet. Streitbetroffen ist Ziff. 10.03.02 des Gebührentarifs, wonach bei "Fusion, Spaltung und Vermögensübertragung nach Fusionsgesetz" die Gebühr "1 Promille des Erwerbspreises oder des allfällig höheren Steuerwerts", mindestens aber Fr. 100.-- und höchstens Fr. 5'000.-- beträgt.
2.3.2. Bei der Grundbuchgebühr handelt es sich um eine Kausalabgabe (Urteile 2C_1060/2012 vom 30. Januar 2013 E. 3.3, in: RtiD 2013 II 563; 2C_24/2012 vom 12. April 2012 E. 5.1). Zu deren Bemessung bestehen keine unmittelbaren bundesgesetzlichen Vorgaben, abgesehen vom Kostendeckungs- und Äquivalenzprinzip (BGE 141 V 509 E. 7.1.1 S. 516; 135 I 130 E. 7.2 S. 140; 134 I 179 E. 6.1 S. 180). So haben die im Zusammenhang mit einem fusionsrechtlichen Vorgang anfallenden Kausalabgaben, anders als die Handänderungssteuer (Art. 103 Satz 1 FusG), keine eigenständige bundesrechtliche Regelung erfahren. Gemäss Art. 103 Satz 2 FusG bleiben "kostendeckende Gebühren" immerhin vorbehalten. Was als "kostendeckend" gelten kann, ist einer bundesgerichtlichen Prüfung lediglich unter einem verfassungsrechtlichen Gesichtspunkt zugänglich.
2.3.3. Abgesehen von Art. 95 lit. c und d BGG , die hier von keiner Bedeutung sind, kann das Bundesgericht die Handhabung kantonalen (und kommunalen) Verfassungs-, Gesetzes- oder Verordnungsrechts nicht als solche prüfen, sondern lediglich daraufhin, ob dadurch Bundes-, Völker- oder interkantonales Recht verletzt wird ( Art. 95 lit. a, b und e BGG ; BGE 141 I 36 E. 5.4 S. 43; 141 I 172 E. 4.3 S. 176). In diesen Fällen beschränkt sich die Überprüfung auf die Verletzung verfassungsmässiger Rechte (BGE 142 V 94 E. 1.3 S. 96), insbesondere unter dem Aspekt der Verletzung des Willkürverbots (Art. 9 BV; BGE 141 I 49 E. 3.4 S. 53; 141 I 221 E. 3.1 S. 224; 141 IV 317 E. 5.4 S. 324).
2.4.
2.4.1. Die Politische Gemeinde St. Gallen rügt einen Verstoss gegen das Fusionsgesetz (keine Pflicht zur Eintragung aller Grundstücke), die fehlende Berücksichtigung des Antrags- und Anmeldeprinzips (Art. 963 ZGB bzw. Art. 46 GBV), formelle Rechtsverweigerung und eine Gehörsverletzung (Art. 29 Abs. 1 BV), ferner eine materielle Rechtsverweigerung (Art. 9 BV). Dabei bringt sie aber nicht vor, der Streitigkeit komme eine präjudizielle Wirkung oder sonstwie eine besondere Tragweite zu (vorne E. 2.2.5), was ihre Legitimation zu begründen vermöchte. Dies hätte sie aber zumindest ansatzweise aufzuzeigen, was aus Art. 42 Abs. 2 Satz 1 BGG hervorgeht. Soweit eine Beschwerdemöglichkeit, anders als hier, ausdrücklich vom Bestand einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung oder aus anderen Gründen einem besonders bedeutenden Fall abhängt, folgt dies ausdrücklich aus Art. 42 Abs. 2 Satz 2 BGG (vgl. etwa Art. 84a oder Art. 83 lit. m Teilsatz 2 BGG).
2.4.2. Aus dem Umstand allein, dass die Vorinstanz erkannt hat, die Politische Gemeinde St. Gallen habe ihre Gebührenpraxis mit derjenigen der weiteren elf betroffenen Gemeinden des Kantons St. Gallen zu koordinieren, folgt kein qualifizierter Eingriff in die zentralen, schutzwürdigen hoheitlichen Interessen der Politischen Gemeinde St. Gallen. Es ist zwar davon auszugehen, dass die nunmehr anzustellende Koordination im Ergebnis zu einer Herabsetzung der verfügten Grundbuchgebühren führt. Dabei handelt es sich aber zumindest im vorliegenden Fall um einen verhältnismässig geringen Betrag, der es unter Würdigung der gesamten Umstände nicht rechtfertigt, der Gemeinde eine Legitimation im Sinne von Art. 89 Abs. 1 BGG zuzuerkennen. Auf die Beschwerde ist daher nicht einzutreten.
2.5. Bei diesem Ergebnis erübrigt es sich, der Frage nachzugehen, ob der Rückweisungsentscheid als solcher vor Bundesgericht selbständig anfechtbar sei (Art. 93 BGG).
3.
3.1. Nach dem Unterliegerprinzip sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens der Politischen Gemeinde St. Gallen, um deren Vermögensinteresse es geht, aufzuerlegen (Art. 65 i. V. m. Art. 66 Abs. 1 und 4 BGG ).
3.2. Die Abgabepflichtige musste sich im bundesgerichtlichen Verfahren nicht äussern, da keine Instruktionsmassnahmen anzuordnen waren und sich insbesondere ein Schriftenwechsel erübrigte. Es ist ihr daher keine Entschädigung auszurichten.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
2.
Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 26. September 2016
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Seiler
Der Gerichtsschreiber: Kocher