BGer 8C_835/2016 |
BGer 8C_835/2016 vom 03.02.2017 |
8C_835/2016 {T 0/2}
|
Urteil vom 3. Februar 2017 |
I. sozialrechtliche Abteilung |
Besetzung
|
Bundesrichter Maillard, Präsident,
|
Bundesrichter Frésard, Wirthlin,
|
Gerichtsschreiber Jancar.
|
Verfahrensbeteiligte |
A._________,
|
vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Barbara Wyler,
|
Beschwerdeführerin,
|
gegen
|
IV-Stelle des Kantons Thurgau, Rechts- und Einsprachedienst, St. Gallerstrasse 11, 8500 Frauenfeld,
|
Beschwerdegegnerin.
|
Gegenstand
|
Invalidenversicherung
|
(Verwaltungsverfahren; unentgeltlicher Rechtsbeistand),
|
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau
|
vom 2. November 2016.
|
Sachverhalt: |
A. Die 1962 geborene A._________ meldete sich am 15. April 2013 bei der IV-Stelle des Kantons Thurgau zum Leistungsbezug an. Mit Verfügung vom 2. Juli 20914 verneinte diese den Leistungsanspruch. Die Beschwerde der Versicherten hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau in dem Sinne gut, dass es die Verfügung aufhob und die Sache an die IV-Stelle zurückwies, damit sie nach Einholung eines polydisziplinären Gutachtens über den Anspruch auf berufliche Massnahmen und Invalidenrente neu befinde (Entscheid vom 26. August 2015).
|
Die IV-Stelle holte ein polydisziplinäres Gutachten der PMEDA Polydisziplinäre Medizinische Abklärungen vom 16. Februar 2016 mit Ergänzung vom 13. Juli 2016 ein. Mit Auflage vom 27. Juli 2016 eröffnete sie der Versicherten, eine Besserung des Gesundheitszustandes sei wahrscheinlich, wenn eine Gewichtsreduktion von mindestens 25 kg auf ein Körpergewicht von höchstens 80 kg durchgeführt werde. Eine definitive Beurteilung sei erst möglich, wenn sie sich dieser Massnahme unterzogen habe. Die IV-Stelle forderte die Versicherte unter Hinweis auf Art. 21 Abs. 4 und Art. 43 Abs. 3 ATSG auf, mit dieser Massnahme sofort zu beginnen. Mit Auflage vom 5. August 2016 ersetzte die IV-Stelle diejenige vom 27. Juli 2016; sie setzte der Versicherten eine Frist von sechs bis zwölf Monaten, um sich der obigen Gewichtsreduktion zu unterziehen. Mit Verfügung vom 10. August 2016 wies sie ihr Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung im Verwaltungsverfahren ab.
|
B. Die gegen die letztgenannte Verfügung erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau mit Entscheid vom 2. November 2016 ab.
|
C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt die Versicherte, in Aufhebung des angefochtenen Entscheides sei ihr ab Rechtskraft des kantonalen Entscheides vom 28. (richtig: 26.) August 2015, d.h. ab 9. Oktober 2015, für das Verwaltungsverfahren die unentgeltliche Verbeiständung zu gewähren; es sei ein zweiter Schriftenwechsel durchzuführen; für das bundesgerichtliche Verfahren sei ihr die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren.
|
Ein Schriftenwechsel wurde nicht angeordnet.
|
Erwägungen: |
1. Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit und die Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen und mit freier Kognition (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 141 V 605 E. 3.1 S. 608). Der auf Verneinung des Anspruchs auf unentgeltliche Verbeiständung im Verwaltungsverfahren lautende vorinstanzliche Entscheid stellt einen anfechtbaren Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG dar (BGE 139 V 600; SVR 2015 IV Nr. 18 S. 53, 8C_557/2014 E. 2; Urteil 8C_468/2016 vom 13. September 2016 E. 1). Die übrigen Voraussetzungen für das Eintreten auf die Beschwerde sind auch erfüllt.
|
2. Mit der Beschwerde kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 f. BGG; BGE 135 II 384 E. 2.2.1 S. 389). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG).
|
3. Das kantonale Gericht legte die kumulativen Voraussetzungen für die Bejahung der unentgeltlichen Verbeiständung im sozialversicherungsrechtlichen Verwaltungsverfahren (sachliche Gebotenheit, Bedürftigkeit der Partei, fehlende Aussichtslosigkeit der Rechtsbegehren) richtig dar (Art. 29 Abs. 3 BV; Art. 37 Abs. 4 ATSG; BGE 132 V 200 E. 4.1). Darauf wird verwiesen. Zu wiederholen ist, dass in diesem Verfahren ein Anspruch auf anwaltliche Verbeiständung nur in Ausnahmefällen besteht. Es müssen sich schwierige Fragen rechtlicher oder tatsächlicher Natur stellen. Zu berücksichtigen sind die konkreten Umstände des Einzelfalles, Eigenheiten der anwendbaren Verfahrensvorschriften sowie weitere Besonderheiten des jeweiligen Verfahrens. Neben der Komplexität der Rechtsfragen und der Unübersichtlichkeit des Sachverhalts fallen auch in der versicherten Person liegende Gründe in Betracht, etwa die Fähigkeit, sich im Verfahren zurechtzufinden. Schliesslich muss eine gehörige Interessenwahrung durch Dritte (Verbandsvertreter, Fürsorgestellen oder andere Fach- und Vertrauensleute sozialer Institutionen) ausser Betracht fallen. Die Frage der sachlichen Gebotenheit der anwaltlichen Verbeiständung im Administrativverfahren ist eine vom Bundesgericht frei überprüfbare Rechtsfrage (BGE 125 V 32 E. 4b S. 35; nicht publ. E. 7.1 des Urteils BGE 142 V 342, veröffentlicht in SVR 2016 IV Nr. 41 S. 131, 8C_676/2015; SVR 2016 IV Nr. 17 S. 50, 8C_931/2015 E. 3, 2015 IV Nr. 18 S. 53 E. 4; Urteil 8C_579/2016 vom 21. Dezember 2016 E. 7.1).
|
4. Die Vorinstanz erwog im Wesentlichen, die IV-Stelle habe die erforderliche polydisziplinäre Begutachtung durchgeführt. Es seien keine strittigen Belange zu klären gewesen. Das PMEDA-Gutachten vom 16. Februar/13. Juli 2016 enthalte bezüglich der erforderlichen Gewichtsreduktion klare und deutliche Ausführungen. Die diesbezügliche Mitarbeit der Beschwerdeführerin werde als zumutbar bezeichnet und sei auch in ihrem Gesundheitsinteresse. Um Details bezüglich der medizinischen Möglichkeiten zu besprechen, sei zudem der Hausarzt die geeignete Person. Die Auflage der IV-Stelle sei klar und verständlich formuliert und für diesen ohne weiteres nachvollziehbar. Die Beschwerdeführerin hätte für das Verwaltungsverfahren die Hilfe des Sozialamtes B.________, von dem sie bereits finanziell unterstützt worden sei, in Anspruch nehmen können. Dieses wäre verpflichtet gewesen, ihr die notwendige Unterstützung und Beratung zukommen zu lassen (vgl. §§ 7 und 24 Gesetz über die Öffentliche Sozialhilfe vom 29. März 1984; § 1 Abs. Ziff. 6 Verordnung des Regierungsrates zum Gesetz über die öffentliche Sozialhilfe vom 15. Oktober 1985). Die IV-Stelle habe somit den Anspruch auf unentgeltliche Verbeiständung zu Recht verneint.
|
5. Die Beschwerdeführerin beruft sich auf Schreiben ihrer Rechtsvertreterin an die IV-Stelle vom 16. November 2016 und der Letzteren an jene vom 25. November 2016. Hierbei handelt es sich, da erst nach dem angefochtenen Gerichtsentscheid vom 2. November 2016 entstanden, um unzulässige echte Noven (Art. 99 Abs. 1 BGG; BGE 139 III 120 E. 3.1.2 S. 123; Urteil 8C_186/2016 vom 30. September 2016 E. 3.2.2). Die Versicherte legt zudem ein Schreiben des Dr. med. C.________, Allgemeine Innere Medizin FMH, vom 2. November 2016 und weitere medizinische Akten auf; deren Zulässigkeit kann offen bleiben, da nicht vorgebracht wird und auch nicht ersichtlich ist, inwiefern sie entscheidwesentlich seien.
|
6. |
6.1. Die Beschwerdeführerin führt das in SVR 2015 IV Nr. 18 S. 53 publizierte Urteil 8C_557/2014 vom 18. November 2014 ins Feld. Darin wurde ausgeführt, weil bei mono- und bidisziplinären Expertisen die zufallsbasierte Zuweisung zu einer Gutachterstelle nicht zur Anwendung gelange (vgl. BGE 139 V 349), sei die Beachtung der Verfahrensgarantien umso wichtiger (BGE 139 V 349 E. 5.4 S. 357) und die prozessuale Chancengleichheit bei der Auswahl der Fachdisziplinen und der Gutachterfragen besonders bedeutsam (BGE 139 V 349 E. 5.2.2.2 und 5.3 S. 355 f.). Die mit dieser Rechtsprechung betonten und in differenzierter Weise dargelegten Partizipationsrechte der versicherten Person liessen jedenfalls im Rahmen einer gerichtlich erstrittenen Rückweisung zwecks Wiederaufnahme des Verwaltungsverfahrens zur erneuten medizinischen Begutachtung besondere Umstände erkennen, welche die Sache als nicht (mehr) einfach und eine anwaltliche Vertretung als notwendig erscheinen liessen (Urteil 8C_557/2014 E. 5.2.1).
|
Aus diesem Urteil kann die Beschwerdeführerin - wie die folgenden Erwägungen zeigen - nichts zu ihren Gunsten ableiten, auch wenn sie bereits im Rahmen des vorinstanzlichen Rückweisungsentscheides vom 26. August 2015durch die heute nach wie vor gleiche Rechtsbeiständin vertreten war.
|
6.2. Als Erstes ist festzuhalten, dass es vorliegend im Unterschied zur Konstellation gemäss Urteil SVR 2015 IV Nr. 18 S. 53 um die Einholung eines polydisziplinären Gutachtens nach der zufallsbasierten Auftragsvergabe ging.
|
6.3. Es trifft zwar zu, dass für das Erkennen von Schwachstellen einer ärztlichen Expertise aufgrund der einschlägigen Rechtsprechung (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232, 125 V 351 E. 3a S. 352) gewisse medizinische Kenntnisse und juristischer Sachverstand erforderlich sind. Trotzdem kann allein deswegen nicht von einer komplexen Fragestellung gesprochen werden, die eine anwaltliche Vertretung gebieten würde. Dies gilt entgegen der Beschwerdeführerin auch bei polydisziplinären Gutachten (vgl. BGE 142 V 342 E. 3 S. 344 und nicht publ. E. 7.2, worin es ebenfalls um ein solches Gutachten ging). Die gegenteilige Auffassung liefe darauf hinaus, dass der Anspruch auf unentgeltliche Rechtsverbeiständung in praktisch allen Verwaltungsverfahren bejaht werden müsste, in denen medizinische Unterlagen zur Diskussion stehen, was der Konzeption von Art. 37 Abs. 4 ATSG als einer Ausnahmeregelung widerspräche. Es bedarf mithin weiterer Umstände, welche die Sache als nicht (mehr) einfach und eine anwaltliche Vertretung als notwendig bzw. sachlich geboten erscheinen lassen. Der Massstab ist streng (E. 2 hievor; nicht publ. E. 7.2 des Urteils BGE 142 V 342; BGE 132 V 200 E. 5.1.3 S. 204 f.; SVR 2016 IV Nr. 17 S. 50 E. 5.2).
|
6.4. |
6.4.1. Die Beschwerdeführerin bringt im Wesentlichen vor, das PMEDA-Gutachten vom 16. Februar/13. Juli 2016 sei ihr erst auf Antrag ihrer Rechtsvertreterin hin ausgehändigt worden. Sie sei davon ausgegangen, dass die IV-Stelle zu einer Auflage betreffend Gewichtsreduktion nicht befugt gewesen sei, weshalb sie sich durch eine rechtlich versierte Person habe beraten lassen wollen. Mit der Auflage sei die IV-Stelle aus der Abklärungsrolle herausgetreten und habe sich der Beschwerdeführerin gegenüber als mächtige Partei positioniert, weshalb zur Chancenwahrung eine Rechtsvertretung nötig gewesen sei. Im PMEDA-Gutachten sei zudem von einer Gewichtsreduktion von 50 kg die Rede. Da die Einschätzungen der Gutachter und der IV-Stelle nicht übereingestimmt hätten, sei es für sie als Person mit Migrationshintergrund noch schwieriger gewesen, die Zulässigkeit des Vorgehens der IV-Stelle einzuordnen. Ihr Hausarzt sei nicht bereit gewesen, sie bei der Umsetzung des Gutachtens zu unterstützen. Sie habe die Auflage nicht verstehen und akzeptieren können und sei deshalb höchst verzweifelt gewesen. Ihre Rechtsvertreterin habe zahlreiche telefonische, schriftliche sowie E-Mail-Kontakte mit ihr bzw. ihrem Deutsch sprechenden Sohn und eine Besprechung durchführen müssen. Es habe sich eine über das Übliche weit hinaus gehende Korrespondenz mit der IV-Stelle entwickelt. Erst durch die Vorbringen ihrer Rechtsvertreterin habe schliesslich mit der zweiten Auflage-Version vom 5. August 2016 eine klare Formulierung versehen mit einer deutlichen Frist von sechs bis zwölf Monaten erreicht werden können.
|
6.4.2. Die Notwendigkeit anwaltlicher Vertretung ist prospektiv zu beurteilen. Doch heisst dies nicht, dass alle erdenklichen Entwicklungen, die künftig allenfalls eine Verbeiständung begründen könnten, zu berücksichtigen wären, solange es an konkreten Anzeichen für deren Verwirklichung fehlt. Andernfalls könnte die Erforderlichkeit der anwaltlichen Vertretung kaum je verneint werden (SVR 2016 IV Nr. 17 S. 50 E. 5.2).
|
Aus den Auflagen der IV-Stelle vom 27. Juli bzw. 5. August 2016 betreffend die geforderte Gewichtsreduktion ging hervor, dass sie sich auf Art. 21 Abs. 4 ATSG stützten, wonach sich eine versicherte Person einer zumutbaren Behandlung oder Eingliederung ins Erwerbsleben, die eine wesentliche Verbesserung der Erwerbsfähigkeit oder eine neue Erwerbsmöglichkeit verspricht, zu unterziehen hat. Diesbezüglich bestand mithin keine Unklarheit.
|
Entgegen der Beschwerdeführerin stand die verlangte Gewichtsreduktion um mindestens 25 kg nicht im Widerspruch zum PMEDA-Gutachten. Denn in der Gutachtensergänzung vom 13. Juli 2016 - die auf Veranlassung des Regionalen Ärztlichen Dienstes (RAD) der IV-Stelle erstattet wurde - wurde festgehalten, in einem Zeitraum von sechs Monaten sei - ausreichende Anstrengungen der Versicherten vorausgesetzt - zumindest eine erhebliche Gewichtsreduktion um ca. 25 kg erreichbar, im weiteren Verlauf auch eine solche um 50 kg. Im Übrigen ist nicht einzusehen, weshalb die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang nicht auch auf Erläuterungen und Hilfestellung durch ihren Arzt hätte zurückgreifen können.
|
Insgesamt kann selbst angesichts der von der Beschwerdeführerin angeführten Fallumstände (E. 6.4.1 hievor) nicht gesagt werden, dass Verbandsvertreter, Fürsorgestellen oder andere Fach- und Vertrauensleute sozialer Institutionen nicht in der Lage gewesen sein sollten, sie im Verwaltungsverfahren zu beraten und zu verbeiständen. Von schwierigen rechtlichen oder tatsächlichen Fragen, die ausnahmsweise den Beizug eines Anwalts notwendig gemacht hätten (E. 2 und 5.2.1 hievor), kann nicht gesprochen werden.
|
Die von der Versicherten angerufenen Prinzipien der Chancen- bzw. Waffengleichheit und der Verfahrensfairness führen angesichts der Offizialmaxime (Art. 43 ATSG) zu keinem anderen Schluss. Zwar wird die sachliche Notwendigkeit einer anwaltlichen Verbeiständung durch den Umstand allein, dass die zuständigen Behörden gehalten sind, an der Ermittlung des rechtserheblichen Sachverhalts massgeblich mitzuwirken, nicht generell ausgeschlossen. Die Geltung des Untersuchungsgrundsatzes rechtfertigt es jedoch, an die Voraussetzungen, unter denen eine rechtsanwaltliche Verbeiständung sachlich geboten ist, einen strengen Massstab anzulegen. Aus Art. 6 Ziff. 1 EMRK und BGE 137 V 210 E. 2.1.2.4 S. 230 vermag die Beschwerdeführerin ebenfalls nichts zu ihren Gunsten abzuleiten (vgl. auch nicht publ. E. 7.2 des Urteils BGE 142 V 342).
|
6.5. Entgegen der Beschwerdeführerin kann auch nicht angenommen werden, Sozialämter verfügten regelmässig nicht über genügende juristische und medizinische Kompetenzen sowie zeitliche Kapazität, um ein polydisziplinäres Gutachten von 57 Seiten ausreichend zu interpretieren (vgl. BGE 142 V 342 E. 3 S. 344 und nicht publ. E. 7.2, worin trotz Vorliegens einer polydisziplinären Expertise davon ausgegangen wurde, eine Fürsorgebehörde sei in der Lage, die versicherte Person zu vertreten). Soweit die Beschwerdeführerin geltend macht, das Sozialamt B.________ hätte ihr nicht die notwendige Unterstützung geben können, ist dem entgegenzuhalten, dass nicht ersichtlich ist und auch nicht geltend gemacht wird, sie habe vergeblich versucht, eine solche Vertretung ihrer Interessen durch dieses oder - bei dessen allfälliger Weigerung - durch eine andere Hilfsinstitution zu erwirken (vgl. auch Urteil 9C_167/2015 vom 9. September 2015 E. 3.3.3).
|
7. Die unterliegende Beschwerdeführerin trägt die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die unentgeltliche Rechtspflege kann ihr gewährt werden (Art. 64 BGG). Sie hat der Bundesgerichtskasse Ersatz zu leisten, wenn sie später dazu in der Lage ist (Art. 64 Abs. 4 BGG).
|
Demnach erkennt das Bundesgericht: |
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
|
2. Der Beschwerdeführerin wird die unentgeltliche Rechtspflege gewährt und Rechtsanwältin Dr. Barbara Wyler wird als unentgeltliche Anwältin bestellt.
|
3. Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt, indes vorläufig auf die Bundesgerichtskasse genommen.
|
4. Der Rechtsvertreterin der Beschwerdeführerin wird aus der Bundesgerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 2'800.- ausgerichtet.
|
5. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
|
Luzern, 3. Februar 2017
|
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
|
des Schweizerischen Bundesgerichts
|
Der Präsident: Maillard
|
Der Gerichtsschreiber: Jancar
|