Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
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1B_540/2017
Urteil vom 16. Januar 2018
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Karlen, Kneubühler,
Gerichtsschreiberin Pedretti.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Kenad Melunovic,
gegen
Staatsanwaltschaft Zofingen-Kulm,
Untere Grabenstrasse 32, Postfach 1475, 4800 Zofingen.
Gegenstand
Verlängerung der Untersuchungshaft,
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen, vom 5. Dezember 2017
(SBK.2017.353 / rd (HA.2017.575)).
Sachverhalt:
A.
Die Staatsanwaltschaft Zofingen-Kulm führte gegen A.________ ursprünglich ein Strafverfahren wegen einfacher Körperverletzung und Drohung. Diese Tatvorwürfe wurden Anfang November 2016 durch jene des Fahrens ohne Führerausweis und der groben Verkehrsregelverletzung ersetzt. Gestützt darauf versetzte das Obergericht des Kantons Aargau A.________ am 21. November 2016 in Aufhebung eines gegenteiligen Entscheids des Zwangsmassnahmengerichts in Untersuchungshaft. Das Bundesgericht stellte mit Urteil 1B_458/2016 vom 19. Dezember 2016 fest, dass der Freiheitsentzug vom 28. Oktober 2016 bis zum 21. November 2016 nicht auf einem den gesetzlichen Anforderungen genügenden Entscheid beruhte; im Übrigen wies es die von A.________ erhobene Beschwerde ab.
B.
In der Folge wurde das Strafverfahren auf die Tatvorwürfe der Nötigung sowie der Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittel- und Waffengesetz ausgedehnt. Nachdem A.________ der vorzeitige Strafvollzug bewilligt worden war, verlängerte das Zwangsmassnahmengericht die strafprozessuale Haft auf Antrag der Staatsanwaltschaft letztmals am 15. November 2017 bis zum 15. Februar 2018. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Obergericht mit Entscheid vom 5. Dezember 2017 ab.
C.
Mit Beschwerde in Strafsachen vom 15. Dezember 2017 gelangt A.________ an das Bundesgericht und beantragt neben der Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids, das Obergericht sei anzuweisen, ihn umgehend aus der Haft zu entlassen. In prozessualer Hinsicht ersucht er um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung.
Die Staatsanwaltschaft und das Obergericht verzichten auf eine Vernehmlassung.
Erwägungen:
1.
Gegen den kantonal letztinstanzlichen Haftentscheid des Obergerichts ist die Beschwerde in Strafsachen gegeben (Art. 78 Abs. 1 i.V.m. Art. 80 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdeführer hat am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen und ist als direkt betroffener Adressat des angefochtenen Entscheids zur Beschwerdeführung berechtigt (Art. 81 Abs. 1 BGG). Auf das Rechtsmittel ist grundsätzlich einzutreten.
2.
Der vorzeitige Strafantritt (Art. 236 StPO) stellt seiner Natur nach eine strafprozessuale Zwangsmassnahme auf der Schwelle zwischen Strafverfolgung und Strafvollzug dar (BGE 133 I 270 E. 3.2.1 S. 277). Für eine Fortdauer der strafprozessualen Haft in den Modalitäten des vorzeitigen Strafvollzugs muss weiterhin ein besonderer Haftgrund vorliegen (BGE 126 I 172 E. 3a S. 174).
3.
3.1. Der Beschwerdeführer stellt den dringenden Tatverdacht der Widerhandlungen gegen das Strassenverkehrsgesetz (Art. 95 Abs. 1 lit. a und 90 Abs. 2 SVG), das Betäubungsmittelgesetz (Art. 19 Abs. 1 BetmG; SR 812.121) und das Bundesgesetz über Waffen, Waffenzubehör und Munition (Art. 33 Abs. 1 lit. a WG; SR 514.54) nicht in Abrede. Dagegen bestreitet er den besonderen Haftgrund der Wiederholungsgefahr. Für dessen Vorliegen sind nach Art. 221 Abs. 1 lit. c StPO drei Elemente konstitutiv: Erstens muss grundsätzlich das Vortaterfordernis erfüllt sein und es müssen schwere Vergehen oder Verbrechen drohen. Zweitens muss hierdurch die Sicherheit anderer erheblich gefährdet sein. Drittens muss die Tatwiederholung ernsthaft zu befürchten sein, was anhand einer Rückfallprognose zu beurteilen ist (BGE 143 IV 9 E. 2.5 S. 14).
3.2. Der Beschwerdeführer wendet im Wesentlichen ein, ihm würden weder schwere Vergehen oder Verbrechen zur Last gelegt, welche die Sicherheit anderer erheblich gefährden bzw. entsprechende Rechtsgüter besonders verletzen würden, noch gehe von ihm eine spezielle Gefährlichkeit aus, was auch die Häufigkeit und die Intensität der deliktischen Handlungen erkennen liessen.
3.3. Soweit der Beschwerdeführer damit überhaupt seiner Substanziierungspflicht nachzukommen vermag (vgl. Art. 42 Abs. 2 BGG), sind seinen Vorbringen kein Erfolg beschieden. Abgesehen davon, dass die vorgenannten Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittel- und Waffengesetz ausgehend von der abstrakten Strafdrohung als "schwere Vergehen" einzustufen sind (vgl. BGE 143 IV 9 E. 2.6 S. 14 f.), übersieht er, dass das Bundesgericht seine Einwände bereits mit Blick auf die ihm vorgeworfenen Strassenverkehrsdelikte widerlegt hat. In Bejahung des Vorliegens eines schweren Vergehens erwog es im Urteil 1B_458/2016 im Wesentlichen, die bisherige Fahrweise des Beschwerdeführers sei von massiven Geschwindigkeitsüberschreitungen geprägt. Auch in der Vergangenheit habe er durch seine skrupellose Fahrweise mit waghalsigen Manövern Leib und Leben Dritter einer konkreten Gefahr ausgesetzt. Dabei sei es lediglich dem Zufall zuzuschreiben, dass sich kein Unfall mit gravierenden Folgen für die übrigen Verkehrsteilnehmer ereignet habe. Das vom Beschwerdeführer ausgehende erhebliche Gefährdungspotenzial manifestiere sich auch in den ihm aktuell vorgeworfenen Strassenverkehrsdelikten, sei er doch mutmasslich auf einer Ausserortsstrecke mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit gefahren, ohne überhaupt über eine Fahrberechtigung zu verfügen. Dadurch habe er die als besonders schützenswert einzustufenden Rechtsgüter der körperlichen Integrität und der Sicherheit anderer Verkehrsteilnehmer unmittelbar und ernsthaft gefährdet. Da er nicht davor zurückschrecke, mit einer gewissen Häufigkeit ohne Führerausweis massiv zu schnell zu fahren, sei bei einer Haftentlassung ernsthaft zu befürchten, dass er sich trotz fehlender Fahrberechtigung erneut ans Steuer setzen und durch massgebliche Geschwindigkeitsüberschreitungen andere Verkehrsteilnehmer schwer gefährden würde. Dies insbesondere auch deshalb, da er sich durch die wiederholte Begehung schwerer Strassenverkehrsdelikte uneinsichtig zeige, was erhebliche Zweifel an seiner charakterlichen Reife aufwerfe (vgl. E. 3.3 ff.).
3.4. Der Beschwerdeführer setzt sich in seiner Rechtsschrift mit diesen nach wie vor aktuellen Erwägungen nicht auseinander, sondern begnügt sich damit, das Gegenteil zu behaupten. Wenn die Vorinstanz insbesondere angesichts der eingehenden bundesgerichtlichen Würdigung darauf verzichtete, ausdrücklich auf den ohnehin bloss pauschal erhobenen Einwand zur Häufigkeit und Intensität der vorgeworfenen Delikte einzugehen, kann ihr dies nicht zum Vorwurf gereichen. Der Beschwerdeführer verkennt dabei überdies, dass die beiden vom Obergericht angeführten psychiatrischen Gutachten vom 10. Januar 2017 und 8. August 2017 übereinstimmend von einer erheblichen Rückfallgefahr mit Blick auf die erneute Begehung deliktischer Handlungen nach dem Muster der bisherigen Straftaten ausgehen. Diese sei insbesondere in Bezug auf weitere Strassenverkehrsdelikte mit gefährlichem Fahren ohne Führerausweis ausgesprochen hoch, da der Beschwerdeführer nicht nur eine delinquenzbegünstigende Persönlichkeit und dysfunktionale Lösungsstrategien aufweise, sondern auch weil durch das gefährliche und schnelle Fahren sein Selbstwertgefühl erhöht und sein Bedürfnis nach Stärke befriedigt würden (Gutachten vom 10. Januar 2017, S. 60). Ebenso wie die Strassenverkehrsdelikte entstammten die Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittel- und Waffengesetz einer tief verwurzelten dissozialen Handlungsbereitschaft und -motivation, die aufgrund der Schwere des Störungsbildes eine langjährige Behandlung erforderten, bis erste deliktsprotektive Verhaltensänderungen verzeichnet werden könnten (Ergänzungsgutachten vom 8. August 2017, S. 11 f.).
3.5. Vor diesem Hintergrund konnte das Obergericht ohne Verletzung von Bundesrecht folgern, dem Beschwerdeführer sei eine ungünstige Rückfallprognose zu stellen und es bestehe damit Wiederholungsgefahr im Sinne von Art. 221 Abs. 1 lit. c StPO. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers werden dadurch weder die gesetzlichen Voraussetzungen für die Annahme von Präventivhaft untergraben noch ein "Paradigmenwechsel" vollzogen. Im Weiteren erhebt er gegen die vorinstanzlichen Erwägungen zur Verhältnismässigkeit der Haft keine Einwendungen.
4.
Die Beschwerde erweist sich demnach als unbegründet und ist abzuweisen. Dem Verfahrensausgang entsprechend wird der Beschwerdeführer grundsätzlich kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Er ersucht indessen um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung. Da die gesetzlichen Voraussetzungen als erfüllt erscheinen, kann dem Gesuch stattgegeben werden (Art. 64 BGG). Dem Vertreter des Beschwerdeführers ist eine angemessene Entschädigung auszurichten.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird gutgeheissen.
3.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
4.
Dem Vertreter des Beschwerdeführers, Rechtsanwalt Kenad Melunovic, wird aus der Bundesgerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 1'000.-- ausgerichtet.
5.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft Zofingen-Kulm und dem Obergericht des Kantons Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 16. Januar 2018
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Merkli
Die Gerichtsschreiberin: Pedretti