Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
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8C_637/2017
Urteil vom 14. März 2018
I. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichter Frésard, Bundesrichterin Heine.
Gerichtsschreiberin Durizzo.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Bruno Meier,
Beschwerdeführer,
gegen
IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
Beschwerdegegnerin,
Gegenstand
Invalidenversicherung (Invalidenrente; Revision),
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 27. Juni 2017 (IV.2016.01202).
Sachverhalt:
A.
A.a. A.________ war gelernter Automonteur und arbeitete wegen einer Allergie auf Motorenöl seit dem 2. April 2001 als Chauffeur bei der Firma B.________. Am 29. Juni 2001 erlitt er bei einem Autounfall (Auffahrkollision) ein Schleudertrauma der Halswirbelsäule. Am 3. Oktober 2002 meldete er sich wegen noch verbleibender Nacken- und anderer Beschwerden bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle des Kantons Zürich gewährte eine berufliche Abklärung in der Rehaklinik Bellikon vom 11. August 2003 bis zum 7. November 2003. Danach absolvierte A.________ ein Arbeitstraining bei Firma C.________ (Wagenwartung). Im Anschluss daran fand er dort eine Festanstellung (Aufbereitung von älteren Mietwagen und Verkauf im Occasionshandel). Mit Verfügung vom 8. Januar 2007 sprach ihm die IV-Stelle bei einem Invaliditätsgrad von 50 Prozent ab dem 1. Mai 2004 eine halbe Invalidenrente und am 11. Februar 2008 Zusatzrenten für die beiden am 28. September 2007 geborenen Kinder zu. Am 27. Mai 2010 bestätigte sie den Rentenanspruch.
A.b. Gestützt auf die am 1. Januar 2012 in Kraft getretenen Schlussbestimmungen der Änderung des IVG vom 18. März 2011 (6. IV-Revision; nachfolgend: Schlussbestimmungen) leitete die IV-Stelle im März 2013 eine Rentenüberprüfung ein. Mit Verfügung vom 28. Juni 2013 stellte sie die Invalidenrente ein. Die dagegen erhobene Beschwerde hiess das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 11. Februar 2014 gut und wies die Sache zu weiteren medizinischen Abklärungen an die IV-Stelle zurück.
A.c. Die IV-Stelle holte ein Gutachten der Medizinischen Abklärungsstelle MEDAS Ostschweiz vom 19. Dezember 2014 ein. Mit Verfügung vom 28. September 2016 stellte sie die Invalidenrente wiederum ein.
B.
Die dagegen erhobene Beschwerde, mit welcher A.________ die Zusprechung der bisherigen halben Invalidenrente, eventualiter die Rückweisung zu weiteren medizinischen Abklärungen beantragte, wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 27. Juni 2017 ab.
C.
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit dem Antrag, es sei ihm eine halbe Invalidenrente zuzusprechen. Eventualiter sei die Sache zurückzuweisen zur vollständigen Feststellung des Sachverhalts und Durchführung des gemäss Kreisschreiben über die Schlussbestimmungen (KSSB) vorgeschriebenen Verfahrens.
Ein Schriftenwechsel wurde nicht durchgeführt.
Erwägungen:
1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss den Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG ). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur Begründung der Beschwerde ( Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG ), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 S. 236 mit Hinweisen).
2.
Streitig und zu prüfen ist, ob die vorinstanzlich bestätigte Renteneinstellung gestützt auf die Schlussbestimmungen vor Bundesrecht standhält. Umstritten sind dabei die erwerblichen Auswirkungen der Gesundheitsschädigung. Der Beschwerdeführer macht geltend, dass ihm ein höheres hypothetisches Valideneinkommen hätte angerechnet werden müssen. Des Weiteren bringt er vor, dass ihm Wiedereingliederungsmassnahmen hätten gewährt werden müssen.
3.
Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen und Grundsätze zu den Begriffen der Erwerbsunfähigkeit (Art. 7 ATSG) und der Invalidität (Art. 8 Abs. 1 ATSG) sowie zur Ermittlung des Invaliditätsgrades nach der Einkommensvergleichsmethode (Art. 16 ATSG) zutreffend dargelegt. Gleiches gilt bezüglich der Schlussbestimmungen zur Überprüfung von Renten, die bei pathogenetisch-ätiologisch unklaren syndromalen Beschwerdebildern ohne nachweisbare organische Grundlage gesprochen wurden (AS 2011 5659, lit. a Abs. 1; BGE 139 V 547 E. 6 S. 559), sowie der Beurteilung der Arbeitsfähigkeit im Revisionszeitpunkt nach der sogenannten Schmerzrechtsprechung (BGE 141 V 281; 139 V 547 E. 10.1.2 S. 569; 131 V 49 E. 1.2 S. 50). Es wird darauf verwiesen.
4.
Die Vorinstanz stellte fest, dass die ursprüngliche Rentenzusprechung wegen eines zervikocephalen Syndroms nach Distorsion der Halswirbelsäule beim Auffahrunfall vom 29. Juni 2001 zugesprochen worden sei. Die damals gestellten Diagnosen fielen in den Anwendungsbereich von lit. a der Schlussbestimmungen. Die IV-Stelle habe die Rente zu Recht unter diesem Titel einer Neubeurteilung unterzogen. Zum Revisionszeitpunkt habe weiterhin ein psychosomatisches Leiden vorgelegen. Den Befunden komme unter Berücksichtigung der praxisgemässen Standardindikatoren kein invalidisierender Charakter zu. Der Beschwerdeführer sei jedoch aus neurologischer Sicht wegen Kopfschmerzen um 20 Prozent in der Arbeitsfähigkeit eingeschränkt. Die 80-prozentige Arbeitsfähigkeit gelte für alle bisherigen Tätigkeitsbereiche. Weil dem Beschwerdeführer auch die angestammten Tätigkeiten weiterhin zumutbar seien, ermittelte das kantonale Gericht in erwerblicher Hinsicht, im Ergebnis übereinstimmend mit der IV-Stelle, gestützt auf einen Prozentvergleich einen rentenausschliessenden Invaliditätsgrad von 20 Prozent. Schliesslich stellte es fest, dass die Vorgaben der Schlussbestimmungen zur Wiedereingliederung bei Rentenaufhebung oder -herabsetzung mit der Durchführung eines persönlichen Informationsgesprächs eingehalten worden seien und dem Beschwerdeführer zudem mit der angefochtenen Verfügung auch die Möglichkeit eingeräumt worden sei, sich zu melden, sofern er Eingliederungsmassnahmen wünsche. Die Voraussetzungen für eine Rentenaufhebung gestützt auf die Schlussbestimmungen waren nach der Vorinstanz daher erfüllt.
5.
Der Beschwerdeführer rügt den vorinstanzlichen Einkommensvergleich. Die vom kantonalen Gericht ermittelte Einbusse von lediglich 20 Prozent bei 20-prozentiger Arbeitsunfähigkeit gründe auf der unzutreffenden Annahme, dass er auch als Gesunder die Tätigkeit ausüben würde, die er nach seinem Unfall und nach der Eingliederung durch die Invalidenversicherung aufgenommen habe und nunmehr seit Jahren verrichte. Ohne gesundheitliche Einschränkungen könnte er heute jedoch eine leitende Funktion im Autogewerbe, das heisst im Autohandel oder im Bereich Reparatur von Fahrzeugen, versehen und damit - gemäss Lohnrechner des Bundesamts für Statistik (BFS) - ein monatliches Einkommen von über 8'500 Franken, also deutlich mehr als mit der jetzigen Tätigkeit verdienen. Es sei nicht abgeklärt worden, welche berufliche Karriere er ohne seine gesundheitlichen Einschränkungen hätte machen können
6.
6.1. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG; oben E. 1). Das kantonale Versicherungsgericht stellt die erheblichen Tatsachen unter Mitwirkung der Parteien fest (Art. 61 lit. c ATSG; BGE 135 V 194 E. 3.3 S. 199). Nach Art. 99 Abs. 1 BGG dürfen neue Tatsachen und Beweismittel vor dem Bundesgericht nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt. Neue Begehren sind nach Art. 99 Abs. 2 BGG unzulässig. Praxisgemäss sind Grundlage der bundesgerichtlichen Beurteilung diejenigen Rechtsfragen, über welche die Vorinstanz von Amtes wegen und unter Berücksichtigung der von den Parteien eingenommenen Standpunkte und vertretenen Auffassungen im angefochtenen Entscheid befunden hat. Eine Erweiterung des Prozessthemas ist nicht vorgesehen. Für neue Vorbringen bleibt daher grundsätzlich kein Raum. Sachbehauptungen und -belege werden als unzulässige Noven von der Hand gewiesen, wenn sie in Verletzung der prozessualen Mitwirkungspflichten nicht in das kantonale Verfahren eingebracht worden sind. Auch der im Sozialversicherungsrecht geltende Untersuchungsgrundsatz entbindet den Rechtsuchenden weder davon, diejenigen Beanstandungen vorzubringen, die er für einschlägig und zutreffend hält, noch seinerseits zur Feststellung des Sachverhalts beizutragen (Meyer/Dormann, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2011, N. 2 ff. und N. 40 zu Art. 99 BGG; Corboz, in: Commentaire de la LTF, 2. Aufl. 2014, N. 9 zu Art. 99 BGG). Verletzt eine Partei im vorinstanzlichen Verfahren diese Mitwirkungspflicht, so ist sie im oberinstanzlichen Verfahren mit ihren neuen Vorbringen nicht zu hören (BGE 135 V 194 E. 3.3 S. 199). Ob die behauptete Tatsache neu ist, ergibt sich aus dem Vergleich mit den Vorbringen im vorausgehenden Verfahren (Meyer/Dormann, a.a.O., N. 20 zu Art. 99 BGG). Die Partei, welche Noven anruft, muss begründen, dass und weshalb sie zulässig sein sollen (BGE 133 III 393 E. 3 S. 395; SVR 2015 BVG Nr. 43 S. 166, 9C_58/2015 E. 3.2; Seiler, in: Bundesgerichtsgesetz [BGG], 2. Aufl. 2015, N. 17 zu Art. 99 BGG).
6.2. Die Vorinstanz hat die Ermittlung des Invaliditätsgrades durch die IV-Stelle geschützt und ist mit ihr davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer als Gesunder die gleiche Tätigkeit ausüben würde wie nach Eintritt der Gesundheitsschädigung. Weder im Vorbescheid- noch im vorinstanzlichen Verfahren hat er diesbezüglich etwas anderes geltend gemacht oder sich beschwert. Eine Verletzung der Abklärungspflicht ist der Vorinstanz damit nicht vorzuwerfen. Vielmehr handelt es sich bei der Argumentation des Beschwerdeführers um eine erstmals vor Bundesgericht vorgetragene Tatsachenbehauptung (vgl. Urteil 8C_771/2016 vom 18. Januar 2017 E. 5.2.4). Letztinstanzlich muss daher sein Vorbringen des falsch ermittelten Valideneinkommens unbeachtet bleiben, zumal beschwerdeweise nicht ausgeführt wird, weshalb dieses zulässig sein sollte.
6.3. Die vorinstanzliche Schlussfolgerung, dass der Versicherte als Gesunder die gleiche Tätigkeit ausüben würde wie nach Eintritt der Gesundheitsschädigung, und die vom kantonalen Gericht angenommene Einkommenseinbusse von 20 Prozent entsprechend der attestierten Arbeitsunfähigkeit lässt sich im Übrigen aber auch deshalb nicht beanstanden, weil die nach dem erlittenen Unfall anhaltenden Beschwerden der geltend gemachten Berufskarriere nicht entgegenstanden. Eine leitende Funktion im Autogewerbe beziehungsweise eine selbstständige Erwerbstätigkeit mit den entsprechend besseren Verdienstmöglichkeiten wären auch im Teilzeitpensum zu erreichen gewesen.
7.
Der Beschwerdeführer macht geltend, dass die Rentenaufhebung nicht ohne vorherige Wiedereingliederungsmassnahmen hätte erfolgen dürfen.
7.1. Dieses Argument verfängt nicht. Entsprechend dem Willen des Gesetzgebers ist praxisgemäss über die Rentenrevision zu entscheiden, bevor Massnahmen zur Eingliederung stattgefunden haben. Der Anspruch auf Wiedereingliederungsmassnahmen ist Folge der Reduktion oder Aufhebung der Rente (Urteile 8C_125/2015 vom 26. Juni 2015 E. 5; 9C_64/2015 vom 27. April 2015 E. 4.1).
7.2. Im Übrigen hat die Vorinstanz praxisgemäss die Eingliederungswirksamkeit und namentlich die dafür vorausgesetzte subjektive Eingliederungsfähigkeit geprüft (Urteile 9C_578/2016 vom 7. Februar 2017 E. 6; 8C_664/2013 vom 25. März 2014 E. 2). Sie hat für das Bundesgericht verbindlich festgestellt, dass es daran im vorliegenden Fall fehle, nachdem sich der Beschwerdeführer bis anhin bezüglich Wiedereingliederungsmassnahmen nicht habe entscheiden können.
7.3. Zusammengefasst vermögen die beschwerdeweise vorgebrachten neuen Rügen den angefochtenen Entscheid nicht als bundesrechtswidrig erscheinen zu lassen.
8.
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 BGG). Die Gerichtskosten werden dem unterliegenden Beschwerdeführer auferlegt (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 14. März 2018
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Maillard
Die Gerichtsschreiberin: Durizzo