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Original
 
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
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1B_194/2018
Urteil vom 28. Mai 2018
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Eusebio, Chaix,
Gerichtsschreiber Dold.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Karl Mathis,
gegen
Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau, Bleichemattstrasse 7, 5001 Aarau 1,
handelnd durch die Oberstaatsanwaltschaft
des Kantons Aargau,
Frey-Herosé-Strasse 20, Wielandhaus, 5001 Aarau,
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau,
Frey-Herosé-Strasse 20, Wielandhaus, 5001 Aarau.
Gegenstand
Strafverfahren; Kontosperre,
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen, vom 1. März 2018 (SBK.2017.341 / rd (ST.2016.19)).
Sachverhalt:
A.
Die Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau führt gegen A.________ und B.________ ein Strafverfahren wegen ungetreuer Geschäftsbesorgung, Gläubigerschädigung durch Vermögensverminderung, Misswirtschaft und Urkundenfälschung. Mit Verfügung vom 26. April 2017 ordnete sie eine Kontosperre an, die sie mit Verfügung vom 18. Mai 2017 jedoch nur noch in Bezug an das Konto xxx bei der Bank C.________ aufrechterhielt. Die Kontosperre verband sie mit einem auf den 31. Dezember 2017 befristeten Mitteilungsverbot.
Eine gegen die Kontosperre gerichtete Beschwerde von A.________ wies das Obergericht des Kantons Aargau mit Entscheid vom 1. März 2018 ab.
B.
Mit Beschwerde in Strafsachen ans Bundesgericht vom 16. April 2018 beantragt A.________, der Entscheid des Obergerichts und die Kontosperre seien aufzuheben. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Das Obergericht und die Staatsanwaltschaft haben auf eine Vernehmlassung verzichtet.
Erwägungen:
1.
Gegen den angefochtenen Entscheid ist gemäss Art. 78 Abs. 1 BGG die Beschwerde in Strafsachen gegeben. Ein kantonales Rechtsmittel steht nicht zur Verfügung. Die Beschwerde ist somit gemäss Art. 80 BGG zulässig. Der Beschwerdeführer hat am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen und hat ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids. Er ist daher gemäss Art. 81 Abs. 1 BGG zur Beschwerde berechtigt (Urteil 1B_530/2017 vom 1. Mai 2018 E. 1.1 mit Hinweisen).
Der angefochtene Entscheid stellt einen Zwischenentscheid dar, welcher für den Beschwerdeführer in Bezug auf die Kontosperre einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG bewirken kann (BGE 128 I 129 E. 1 S. 131 mit Hinweisen). In Bezug auf das an die Bank gerichtete und mit einer Strafdrohung versehene Mitteilungsverbot legt der Beschwerdeführer hingegen nicht dar, inwiefern die Voraussetzung von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG erfüllt sein soll. Dies ist auch nicht offensichtlich. Insoweit ist auf die Beschwerde nicht einzutreten.
Die weiteren Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass. Auf die Beschwerde ist mit dem genannten Vorbehalt grundsätzlich einzutreten.
2.
Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) rügt, da die Vorinstanz ihrer Begründungspflicht nicht nachgekommen sei, ist die Beschwerde unbehelflich. Die Vorinstanz musste sich nicht mit sämtlichen Einwänden im Einzelnen auseinandersetzen. Wenn sie sich auf die für ihren Entscheid wesentlichen Gesichtspunkte beschränkt hat, ist das nicht zu beanstanden (BGE 143 III 65 E. 5.2 S. 70 f. mit Hinweisen). Sie hat ihren Beschluss genügend begründet. Der Beschwerdeführer war denn auch ohne Weiteres in der Lage, diesen sachgerecht anzufechten.
3.
3.1. Die Kontosperre ist eine Form der Beschlagnahme. Sie stellt eine Zwangsmassnahme dar. Gemäss Art. 197 StPO können Zwangsmassnahmen nur ergriffen werden, wenn sie gesetzlich vorgesehen sind, ein hinreichender Tatverdacht vorliegt, die damit angestrebten Ziele nicht durch mildere Massnahmen erreicht werden können und die Bedeutung der Straftat die Zwangsmassnahme rechtfertigt (Abs. 1).
3.2. Art. 263 Abs. 1 StPO regelt die Beweismittelbeschlagnahme (lit. a), die Kostendeckungsbeschlagnahme (lit. b), die Restitutionsbeschlagnahme (lit. c) und die Einziehungsbeschlagnahme (lit. d). Eine weitere Beschlagnahmeart sieht Art. 71 Abs. 3 StGB vor. Danach kann die Untersuchungsbehörde im Hinblick auf die Durchsetzung einer Ersatzforderung Vermögenswerte des Betroffenen mit Beschlag belegen. Die Beschlagnahme begründet bei der Zwangsvollstreckung der Ersatzforderung kein Vorzugsrecht zu Gunsten des Staates. Im vorliegenden Fall hat das Obergericht die Voraussetzungen einer Ersatzforderungsbeschlagnahme nach Art. 71 Abs. 3 StGB bejaht.
3.3. Der Beschwerdeführer ist der Auffassung, das Obergericht sei zu Unrecht von einem hinreichenden Tatverdacht ausgegangen (E. 4 hiernach). Zudem bestreitet er die Verhältnismässigkeit der Zwangsmassnahme (E. 5 hiernach). Hinsichtlich der Voraussetzungen der Ersatzforderungsbeschlagnahme wirft er dem Obergericht vor, sich nicht mit seinen Vorbringen auseinandergesetzt zu haben, ohne jedoch darzulegen, worauf er sich konkret bezieht. Darauf ist nicht einzutreten (Art. 42 Abs. 2 BGG).
4.
4.1. Das Obergericht führte aus, es bestehe der Verdacht, dass die D.________ AG - die nach einem Ende 2008 abgewickelten Immobilienverkauf mit einem Verkaufspreis von Fr. 22,5 Mio. sowie einem steuerbaren Reingewinn von Fr. 12 Mio. nicht in der Lage gewesen sei, die anfallenden Steuern zu entrichten - systematisch ausgehöhlt worden sei (Verlustschein direkte Bundessteuer 2008 vom 18. Mai 2016 über ca. Fr. 1,1 Mio; Verlustschein Kantons- und Gemeindesteuern vom 9. November 2015 über ca. Fr. 1,7 Mio.).
Bei der D.________ AG handle es sich um eine Tochtergesellschaft der E.________ AG. Alleiniger Verwaltungsrat der D.________ AG sei bis zum September 2012 der Beschwerdeführer gewesen, nachher der Mitbeschuldigte B.________. Bei der E.________ AG habe bis zum Februar 2010 B.________ und daraufhin der Beschwerdeführer dieses Amt bekleidet.
Ein Anteil von Fr. 6 Mio. aus dem erwähnten Immobilienverkauf sei direkt auf ein Konto der E.________ AG einbezahlt worden. Im Dezember 2010 habe die Generalversammlung der D.________ AG zudem noch eine Dividendenzahlung von Fr. 12,5 Mio. an die E.________ AG beschlossen. Im August 2011 habe die D.________ AG eine Steuerstundung beantragen müssen. Gemäss dem am 5. April 2012 der Eidgenössischen Steuerverwaltung eingereichten Entwurf der Jahresrechnung 2011 hätten die Aktiven der D.________ AG Ende 2011 nur noch aus einer Forderung gegenüber der E.________ AG im Betrag von ca. Fr. 4,9 Mio. bestanden. Im Gegensatz zu diesem Entwurf sei die Forderung im dem Steueramt des Kantons Aargau eingereichten Jahresabschluss 2011 nicht mehr enthalten. Stattdessen werde darin als einziges Aktivum eine Forderung gegenüber B.________ über ca. Fr. 6,6 Mio. aufgeführt. Gegen B.________ seien seit dem Jahr 2011 diverse Betreibungen hängig, im März 2012 sei er gar für eine Forderung von Fr. 22 Mio. betrieben worden. Am 26. November 2014 sei über ihn der Konkurs eröffnet worden. Das Konkursverfahren habe am 6. Juli 2015 mangels Aktiven eingestellt werden müssen. Die D.________ AG habe das Darlehen an B.________ indessen erst am 9. Februar 2015 gekündigt. Somit sei eine Konzentration von ungesicherten Forderungen gegenüber dem überschuldeten B.________ in der D.________ AG erfolgt. Es bestehe der Verdacht, dass der Beschwerdeführer über die Umschuldung zumindest informiert gewesen sei und daran möglicherweise auch mitgewirkt habe. Die Konzentration sei im Ergebnis der E.________ AG zugute gekommen. Als deren Verwaltungsrat habe der Beschwerdeführer indessen auch die Jahresrechnung der Tochtergesellschaft D.________ AG zu überprüfen gehabt. Er sei damit über die Tätigkeit von B.________ bestens informiert gewesen.
Es bestehe gestützt auf diese Umstände ein hinreichender Verdacht insbesondere der ungetreuen Geschäftsbesorgung und der Misswirtschaft. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass der Beschwerdeführer in der Zwischenzeit einen Teil der Steuerschuld beglichen und weitere Bemühungen zu deren Tilgung angestellt habe.
4.2. Der Beschwerdeführer macht geltend, die Ausschüttung der Dividende von Fr. 12 Mio. sei zivilrechtlich vollkommen zulässig gewesen. Auch die per 1. Januar 2011 erfolgte Umschuldung bzw. Zusammenfassung der Forderungen gegen B.________ sei rechtlich nicht zu beanstanden. Die Forderungen seien aber keineswegs wertlos und ungesichert gewesen. Zum einen sei B.________ zu jenem Zeitpunkt noch nicht überschuldet gewesen, es seien lediglich Betreibungen hängig gewesen. Zum andern sei die Zusammenfassung der Forderungen in der D.________ AG mit gleichzeitiger Sicherstellung erfolgt. Hierfür habe B.________ seine 50 Inhaberaktien à nominell Fr. 1'000.-- an der E.________ AG dem Beschwerdeführer übergeben. Dies hätten die einvernommenen Personen (der Beschwerdeführer, F.________ und B.________) einhellig ausgesagt. Auch die Stammanteile an der G.________ GmbH hätten als Sicherheit für die Forderungen gedient. Zudem ignoriere die Vorinstanz die Zusicherung des Verwaltungsrats der E.________ AG im Stundungsgesuch vom 30. August 2011 sowie im Anhang zur Jahresrechnung 2015, die von der D.________ AG geschuldeten Steuern, sollten diese von ihr nicht mehr bezahlt werden können, zu übernehmen bzw. zu begleichen. Hiervon abweichende Feststellungen der Vorinstanz würden gegen das Willkürverbot verstossen. Schliesslich habe er sich auf den Buchhalter F.________ verlassen (Art. 21 StGB).
4.3. Die Beschlagnahme setzt gemäss Art. 197 Abs. 1 lit. b StPO einen hinreichenden Tatverdacht voraus. Ein dringender Tatverdacht wie bei der Untersuchungs- und Sicherheitshaft (Art. 221 Abs. 1 StPO) ist nicht erforderlich (Urteil 1B_636/2011 vom 9. Januar 2012 E. 2.2.3).
Nach der Rechtsprechung hat das Bundesgericht im Gegensatz zum erkennenden Sachrichter bei der Prüfung des hinreichenden Tatverdachts keine erschöpfende Abwägung sämtlicher belastender und entlastender Beweise vorzunehmen. Zu prüfen ist vielmehr, ob aufgrund der bisherigen Untersuchungsergebnisse genügend konkrete Anhaltspunkte für eine Straftat und eine Beteiligung der beschuldigten Person daran vorliegen, die Strafbehörden somit das Bestehen eines hinreichenden Tatverdachts mit vertretbaren Gründen bejahen durften. Hinweise auf eine strafbare Handlung müssen erheblich und konkreter Natur sein, um einen hinreichenden Tatverdacht begründen zu können (BGE 141 IV 87 E. 1.3.1 S. 90; 124 IV 313 E. 4 S. 316; Urteil 1B_109/2016 vom 12. Oktober 2016 E. 4.2; je mit Hinweisen). Am Anfang der Strafuntersuchung stellt die Rechtsprechung an den hinreichenden Tatverdacht noch weniger hohe Anforderungen (BGE 122 IV 91 E. 4 S. 96; Urteil 1B_258/2017 vom 2. März 2018 E. 2.2 mit Hinweis).
4.4. Der Vorinstanz ist keine Bundesrechtsverletzung vorzuwerfen, wenn sie vor dem Hintergrund des aktuellen Stands der Untersuchungen einen hinreichenden Tatverdacht auf ungetreue Geschäftsbesorgung (Art. 158 StGB) und Misswirtschaft (Art. 165 StGB) bejahte. Die Zusammenfassung der Forderungen gegen B.________ bei der D.________ AG erfolgte zu einem Zeitpunkt, als gegen diesen gemäss den vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen bereits diverse Betreibungen hängig waren, auch wenn es erst später zum Konkurs kam. Dass das Obergericht dem Einwand, die Forderungen gegen B.________ seien pfandgesichert gewesen, keine Beachtung schenkte, ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Die Staatsanwaltschaft hat in ihrer Stellungnahme im vorinstanzlichen Verfahren darauf hingewiesen, dass es für die Verpfändungen keinerlei Belege gebe. Ihre Einschätzung, die betreffenden Aussagen seien nachträgliche Schutzbehauptungen, erscheint nachvollziehbar. Bei den Beteiligten handelt es sich um geschäftsgewandte Personen und es ist nicht anzunehmen, sie hätten ein derart bedeutsames Rechtsgeschäft rein mündlich abgewickelt. Nicht von entscheidender Bedeutung ist schliesslich das Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe sich auf die Angaben des Buchhalters F.________ verlassen. Der hinreichende Tatverdacht ist somit erstellt und eine Verletzung von Art. 197 Abs. 1 lit. b StPO ebenso zu verneinen wie eine willkürliche Sachverhaltsfeststellung (Art. 9 BV).
5.
5.1. Das Obergericht hat mit eingehender Begründung auch die Verhältnismässigkeit der Zwangsmassnahme bejaht. Die Kontosperre betreffe einen Betrag von etwas mehr als Fr. 300'000.--. Die Staatsanwaltschaft gehe von einem Deliktsbetrag von Fr. 3'000'000.-- aus. Soweit aus den Akten ersichtlich, hätten bisher ausser einem Guthaben der E.________ AG von EUR 823'372.57 keine weiteren Vermögenswerte sichergestellt werden können.
5.2. Der Beschwerdeführer bestreitet dagegen die Erforderlichkeit der Kontosperre. Soweit ersichtlich erstmals im bundesgerichtlichen Verfahren macht er geltend, es hätten stattdessen die bereits erwähnten Inhaberaktien der E.________ AG und die Stammanteile der G.________ GmbH beschlagnahmt werden können. Dass deren Marktwert ausreichend hoch ist, um die mutmassliche Deliktssumme zu decken, erscheint indessen nicht als gesichert. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass bereits Aktiven der E.________ AG im Umfang von EUR 823'372.57 beschlagnahmt worden sind, weshalb in diesem Umfang eine Beschlagnahmung der Aktien derselben Gesellschaft keine zusätzliche Sicherheit bieten würde.
Das Obergericht hat insgesamt zu Recht angenommen, dass keine mildere Massnahme zur Verfügung steht und die Bedeutung der Straftat die Zwangsmassnahme rechtfertigt (Art. 197 Abs. 1 lit. c und d StPO).
6.
Die Beschwerde ist aus diesen Gründen abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.
Bei diesem Verfahrensausgang trägt der Beschwerdeführer die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens (Art. 66 Abs. 1 BGG). Er hat keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.
4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft, der Oberstaatsanwaltschaft und dem Obergericht des Kantons Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 28. Mai 2018
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Merkli
Der Gerichtsschreiber: Dold