Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
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5A_996/2017
Urteil vom 29. Mai 2018
II. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Escher, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Marazzi, Bovey,
Gerichtsschreiber Levante.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführerin,
gegen
C.________ AG,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Michael Hochstrasser,
Beschwerdegegnerin,
Betreibungsamt Kreuzlingen.
Gegenstand
Grundpfandverwertung,
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Thurgau, als kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs, vom 16. November 2017 (BS.2017.17).
Sachverhalt:
A.
A.a. Das Betreibungsamt Kreuzlingen führt auf Ersuchen der Bank D.________ gegen die C.________ AG eine Betreibung auf Pfandverwertung für deren Liegenschaften Nr. vvv und Nr. www in U.________ durch. A.________ ist Grundpfandgläubigerin im zweiten Rang auf den zur Verwertung anstehenden Liegenschaften. Am 2. August 2017 informierte das Betreibungsamt Kreuzlingen sie über die anstehende Verwertung der beiden Liegenschaften. Dagegen reichte A.________ eine Beschwerde beim Bezirksgericht Kreuzlingen als unterer Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen und alsdann beim Obergericht des Kantons Thurgau als kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs ein. Sie verlangte erfolglos, dass die Liegenschaften nicht wie vom Betreibungsamt vorgesehen ohne Belastung gemäss Art. 135 SchKG, sondern mit Belastung gemäss Art. 142 SchKG zu versteigern sind.
A.b. Am 5. September 2017 fand die Versteigerung der Liegenschaften statt. Dagegen erhob A.________ erneut Beschwerde. Sie machte Rechtsverzögerung und Rechtsverweigerung in Bezug auf die Verteilung des Verwertungserlöses geltend. Das Bezirksgericht wies die Beschwerde am 19. Oktober 2017 ab. Das Obergericht wies den Beschwerdeweiterzug mit Entscheid vom 16. November 2017 ab, soweit darauf einzutreten war.
B.
Mit Eingabe vom 10. Dezember 2017 (Postaufgabe) ist A.________ an das Bundesgericht gelangt. Die Beschwerdeführerin beantragt die Aufhebung des obergerichtlichen Entscheides und die Anweisung an das Betreibungsamt, ihr für die beiden Inhaberschuldbriefe aus dem Verwertungserlös unverzüglich den Betrag von Fr. 588'746.30 zu überweisen.
Sie stellt ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege.
Es sind die kantonalen Akten, indes keine Vernehmlassungen eingeholt worden.
Erwägungen:
1.
1.1. Angefochten ist der Entscheid einer oberen kantonalen Aufsichtsbehörde über die Verteilung des Erlöses aus einer Zwangsverwertung, mithin eine Schuldbetreibungs- und Konkurssache. Dagegen ist die Beschwerde in Zivilsachen unabhängig eines Streitwertes gegeben (Art. 19 SchKG i.V.m. Art. 72 Abs. 2 lit. a, Art. 74 Abs. 2 lit. c und Art. 75 Abs. 1 BGG ).
1.2. Mit der vorliegenden Beschwerde kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). In der Beschwerde ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 140 III 86 E. 2). Die Verletzung verfassungsmässiger Rechte ist ebenfalls zu begründen, wobei hier das Rügeprinzip gilt (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 143 II 283 E. 1.2.2).
2.
2.1. Die Beschwerdeführerin besteht nach wie vor auf der sofortigen Auszahlung des ihr aus der Versteigerung vom 5. September 2017 zustehenden Verwertungserlöses, da ihr Anspruch in den Lastenverzeichnissen eingetragen und dagegen innert der gesetzlichen Frist keine Aberkennungsklage erhoben worden sei.
2.2. Die Vorinstanz verweist demgegenüber auf den Umstand, dass die Lastenverzeichnisse der versteigerten Liegenschaften nicht rechts-kräftig seien und daher zur Zeit eine Auszahlung nicht in Frage komme.
3.
Anlass zur vorliegenden Beschwerde gibt die Verteilung des Erlöses aus einer Zwangsversteigerung von Liegenschaften.
3.1. Im Rahmen der Zwangsverwertung von Grundstücken gelten folgende Grundsätze.
3.1.1. Vor der Versteigerung ermittelt das Betreibungsamt die auf dem Grundstück ruhenden Lasten anhand der Eingaben der Berechtigten und eines Auszugs aus dem Grundbuch (Art. 140 Abs. 1 i.V.m. Art. 138 Abs. 2 Ziff. 3 SchKG). Das Betreibungsamt stellt den Beteiligten das Lastenverzeichnis zu und setzt ihnen gleichzeitig eine Bestreitungsfrist von zehn Tagen (Art. 140 Abs. 2; Art. 73d VZG). Ist eine Bestreitung erfolgt, so setzt das Betreibungsamt den Beteiligten in Anwendung von Art. 106-109 SchKG eine Frist von 20 Tagen zur Klageerhebung beim zuständigen Gericht. Im Lastenbereinigungsverfahren wird für die laufende Betreibung über den im Lastenverzeichnis aufgenommenen Anspruch nach Bestand, Umfang, Rang und Fälligkeit befunden, soweit dieser bestritten worden ist. Allerdings kann der Schuldner den Bestand und die Höhe der Forderung nicht durch Bestreitung des Lastenverzeichnisses erneut in Frage stellen, wenn er seinerzeit keinen Rechtsvorschlag erhoben hat oder dem Gläubiger die Rechtsöffnung bewilligt worden ist (BGE 118 III 22 E. 2a). Nicht Gegenstand des Lastenbereinigungsverfahrens kann die Frage sein, wem ein Anspruch am Pfand zusteht, worüber im Widerspruchsverfahren zu entscheiden ist (BGE 123 III 367 E. 3), oder wem eine Pfandforderung zusteht (BGE 87 III 64 E. 2). Zudem sind rein formelle Fehler des Lastenverzeichnisses von der Aufsichtsbehörde im Rahmen einer Beschwerde zu klären (BGE 141 III 141 E. 4.2).
3.1.2. Ist die Versteigerung des Grundstückes durchgeführt, so sind die im Lastenverzeichnis enthaltenen fälligen Forderungen sofort nach Eingang des Zuschlagspreises zu bezahlen, sofern das Lastenverzeichnis in Rechtskraft erwachsen ist. Dies gilt auch, wenn die Schlussverteilung für die Pfändungsgläubiger noch nicht möglich ist (Art. 79 Abs. 3 VZG). Die Verteilung an die Pfandgläubiger und an die Pfändungsgläubiger kann grundsätzlich unabhängig voneinander vorgenommen werden. Die Verteilungsliste kann inbezug auf den Bestand, den Betrag und den Rang der pfandgesicherten Forderung nicht mehr mit Beschwerde angefochten werden, da dem Betreibungsamt keine materielle Prüfungsbefugnis zusteht (SCHOBER, in: Kurzkommentar VZG, 2011, N. 29, 30 zu Art. 79).
3.2. Im Hinblick auf die Versteigerung vom 5. September 2017 berichtigte das Betreibungsamt die für die Grundstücke Nr. vvv und Nr. www am 2. Dezember 2013 bereits aufgelegten Lastenverzeichnisse und legte diese am 7. August 2017 erneut auf. Es führte in der Position Nr. 03 als Gläubigerin der grundpfandversicherten Forderung (Inhaberschuldbrief im 2. Rang) an Stelle von E.________ neu die Beschwerdeführerin für den Betrag von Fr. 200'000.-- plus Zinsen und Kosten auf. Dazu vermerkte es, dass gegen diese Eingabe eine Klage auf Aberkennung des Anspruchs hängig sei und dass nach Rechtskraft des Entscheides diese Forderung allenfalls berichtigt und im Verteilungsplan entsprechend berücksichtigt werde. Die Vorinstanz stützte sich auf diesen Sachverhalt und kam zum Schluss, dass die in den Lastenverzeichnissen aufgenommene Forderung der Beschwerdeführerin noch nicht rechtskräftig sei. Damit seien die Voraussetzungen nicht erfüllt, um der Beschwerdeführerin ihren Anteil aus dem Versteigerungserlös bereits auszuzahlen.
3.3. Die Beschwerdeführerin führt aus, dass sie auf entsprechende Aufforderung nach der Versteigerung die beiden Inhaberschuldbriefe dem Betreibungsamt abgeliefert habe. Sie habe gestützt auf Treu und Glauben darum erwartet, dass ihre mit diesen Schuldbriefen pfandgesicherten Architekturhonorare nun sofort bezahlt würden. Dies sei nicht geschehen, weshalb die Weigerung des Betreibungsamtes eine Verletzung von Art. 135 Abs. 1 SchKG darstelle.
3.3.1. Im vorliegenden Fall gehen die strittigen Grundpfandforderungen den Forderungen der betreibenden Grundpfandgläubigerin im Range nach. Sie sind per 31. Dezember 2012 gekündigt worden und daher fällig. Damit werden sie nicht überbunden, sondern sind vorweg aus dem Verwertungserlös zu bezahlen (Art. 135 Abs. 1 SchKG). Werden sie durch den Verwertungserlös nicht oder nur zum Teil gedeckt, so müssen die Pfandrechte in diesem Umfang gelöscht werden. Soweit die Gläubiger einen Verlust erlitten haben, wird ihnen eine Bescheinigung ausgestellt, dass ihre Forderungen ungedeckt geblieben sind (Art. 158 Abs. 1 SchKG, Art. 120 VZG). Diese Folge drängt sich hier wie bei der Verwertung auf Antrag des Pfandgläubigers auf, da ebenso ein Fall von Realisierung des Pfandrechts vorliegt (BGE 125 III 252 E. 2a; BGE 106 II 183 E. 2; KREN KOSTKIEWICZ, Kurzkommentar VZG, 2011, N. 4 zu Art. 110; PIOTET, in: Commentaire romand, Poursuite et faillite, 2005, N. 2 zu Art. 135; KÄSER/HÄCKI, in: Kurzkommentar SchKG, 2. Aufl. 2014, N. 26 zu Art. 156). Das Betreibungsamt ist aus diesem Grunde verpflichtet, die Titel über die durch die Versteigerung ganz oder teilweise untergegangenen Grundpfandrechte vor der Verteilung einzufordern (Art. 69 Abs. 1 i.V.m. Art. 102 VZG). Damit ist die Aufforderung des Betreibungsamtes an die Beschwerdeführerin, die beiden Inhaberschuldbriefe abzuliefern im Hinblick auf die spätere Erstellung des Kollokationsplans und die anschliessende Verteilung nicht zu beanstanden.
3.3.2. Aus der Ablieferung kann die Beschwerdeführerin indes keinen Anspruch auf sofortige Zahlung ableiten. Der von ihr angerufene Art. 135 Abs. 1 SchKG hält fest, welche fälligen Schulden aus dem Versteigerungserlös vorweg bezahlt werden, mithin, in welcher Reihenfolge bei der Betreibung auf Pfändung die Schulden beglichen werden. Hingegen sagt diese Bestimmung nichts über den Zeitpunkt der Zahlung. Sie gilt auch für die Betreibung auf Pfandverwertung (Art. 156 SchKG).
3.4. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin sind ihre grundpfändlich gesicherten Forderungen zudem rechtskräftig und daher nach der Versteigerung sofort zu begleichen. Ihrer Darstellung zufolge sind gegen die Eintragung ihrer Grundpfänder in den am 7. August 2017 neu aufgelegten Lastenverzeichnissen keine Einsprachen erfolgt.
3.4.1. Zu Recht behauptet die Beschwerdeführerin nicht, dass gegen die vom Betreibungsamt berichtigten Lastenverzeichnisse eine Beschwerde wegen formeller Mängel erhoben worden ist. Ausgangspunkt ist daher die für die Versteigerung vom 5. September 2017 aufgelegte Fassung. Demnach finden sich bei den grundpfandversicherten Forderungen in der Position Nr. 03 die Inhaberschuldbriefe der Beschwerdeführerin. Dieser Eintrag beruht auf der Bestätigung des Grundbuchamtes U.________ vom 12. Dezember 2016, wonach A.________ als neue Grundpfandgläubigerin der Inhaberschuldbriefe eingetragen worden ist (Beleg uuu vom 6. Dezember 2016). Gestrichen wurden hingegen die in der Fassung vom 2. Dezember 2013 in der Position Nr. 03 aufgenommenen Inhaberschuldbriefe von E.________. Das aktuelle Lastenverzeichnis gibt somit einzig die grundbuchrechtliche Situation wieder. Damit ist aber noch nichts über den materiellen Bestand dieser Lasten gesagt. Wie vom Betreibungsamt in den Lastenverzeichnissen der Grundstücke Nr. vvv und Nr. www vermerkt, ist gegen die Position Nr. 03 ein Verfahren auf Aberkennung des Anspruchs hängig. Die Klage wurde am 8. Januar 2014 von der C.________ AG gegen E.________ beim Bezirksgericht Kreuzlingen eingereicht (Verfahren K.2014.1). Es ist Sache des Richters über den in den Lastenverzeichnissen aufgenommenen Anspruch (Position Nr. 03) im Rahmen der Rechtsbegehren nach Bestand, Umfang, Rang und Fälligkeit zu entscheiden. Wem ein solcher Anspruch zusteht, kann nicht im Beschwerdeverfahren (Art. 17 SchKG) beurteilt werden.
3.4.2. Damit kann der Beschwerdeführerin nicht gefolgt werden, soweit sie darauf besteht, dass ihr Anspruch nicht bestritten worden und keine Aberkennungsklage gegen sie eingereicht worden sei, womit ihre Position Nr. 03 in den Lastenverzeichnissen in Rechtskraft erwachsen sei. Mit dieser Sichtweise blendet sie aus, dass in den Lastenverzeichnissen vom 2. Dezember 2013 in der Position Nr. 03 eine grundpfandversicherte Forderung von E.________ aufgenommen worden war. Die anschliessende Aberkennungsklage ist nach wie vor hängig und keinesfalls "unerfindlich" oder Gegenstand eines "Scheinprozesses". Der Richter wird - wie bereits gesagt - über diesen Anspruch zu entscheiden haben. Inwiefern eine Verletzung der Verfahrensregeln vorliegen soll, wenn die Vorinstanz zum Ergebnis gelangt ist, dass auf Seiten des Betreibungsamtes keine Möglichkeit bestehe, aufgrund der Position Nr. 03 eine Zahlung an die Beschwerdeführerin vorzunehmen, wird nicht dargetan.
3.5. Nicht einzugehen ist auf die Ausführungen der Beschwerdeführerin zur Vorgeschichte der nunmehr zwangsverwerteten Grundstücke und die gegenüber dem Betreibungsamt in diesem Zusammenhang erhobenen Vorwürfe. Ein Zusammenhang mit dem vorliegenden Verfahren ist nicht erkennbar.
4.
Nach dem Gesagten ist das Vorgehen des Betreibungsamtes nicht zu beanstanden. Der Beschwerde ist daher insgesamt kein Erfolg beschieden. Zufolge bereits von vornherein bestehender Aussichtslosigkeit der Anträge der Beschwerdeführerin ist ihr Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG). Ausgangsgemäss werden die Gerichtskosten der Beschwerdeführerin auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Betreibungsamt Kreuzlingen und dem Obergericht des Kantons Thurgau, als kantonaler Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 29. Mai 2018
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Das präsidierende Mitglied: Escher
Der Gerichtsschreiber: Levante