Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
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1B_167/2018
Urteil vom 31. Mai 2018
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Karlen, Eusebio,
Gerichtsschreiber Störi.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Pascal Tschan,
gegen
Staatsanwaltschaft des Kantons Bern,
Region Bern-Mittelland,
Amtshaus Bern, Hodlerstrasse 7, 3011 Bern.
Gegenstand
Strafverfahren; Entsiegelung,
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonalen Zwangsmassnahmengerichts des Kantons Bern, Gerichtspräsident, vom 28. Februar 2018
(KZM 18 355 ZIJ).
Sachverhalt:
A.
Die Staatsanwaltschaft des Kantons Bern Region Bern-Mittelland führt gegen A.________ eine Strafuntersuchung wegen Drogenhandels. Am 11. Februar 2018 liess sie bei B.________, der Freundin von A.________, eine Hausdurchsuchung durchführen, bei welcher sein Handy beschlagnahmt und auf seinen Antrag versiegelt wurde.
Am 27. Februar 2018 beantragte die Staatsanwaltschaft, das sichergestellte Handy zu entsiegeln. Das Zwangsmassnahmengericht des Kantons Bern trat auf dieses Gesuch am 28. Februar 2018 nicht ein und stellte fest, dass die Staatsanwaltschaft befugt sei, das Handy zu durchsuchen.
B.
Mit Beschwerde vom 29. März 2018 beantragt A.________, diesen Entscheid aufzuheben und die Sache an das Zwangsmassnahmengericht zu neuer Beurteilung zurückzuweisen. In verfahrensrechtlicher Hinsicht beantragt er, seiner Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen und ihm unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung zu gewähren.
C.
Das Zwangsmassnahmengericht verzichtet auf Vernehmlassung.
D.
Das präsidierende Mitglied der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung erkannte der Beschwerde am 30. April 2018 aufschiebende Wirkung zu.
Erwägungen:
1.
1.1. Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid in einer strafrechtlichen Angelegenheit; dagegen steht die Beschwerde in Strafsachen offen (Art. 78 Abs. 1, Art. 80 Abs. 1, Art. 90 BGG ). Er schliesst das Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer allerdings nicht ab; es handelt sich um einen Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 Abs. 1 BGG. Gegen einen solchen ist die Beschwerde u.a. zulässig, wenn er einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil rechtlicher Natur (BGE 133 IV 139 E. 4) bewirken kann (lit. a).
1.2. Wird im Entsiegelungsverfahren ausreichend substanziiert geltend gemacht, dass einer Entsiegelung geschützte Geheimhaltungsrechte entgegenstehen, droht nach der Praxis des Bundesgerichts ein nicht wieder gutzumachender Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG, weil die Offenbarung eines Geheimnisses nicht rückgängig gemacht werden kann. Beruft sich der Betroffene dagegen auf andere Gründe, aus denen die Entsiegelung unzulässig sein soll, wie etwa Beschlagnahmehindernisse oder Nichtverwertbarkeitsgründe, droht ihm in der Regel kein nicht wiedergutzumachender Nachteil, weil er die Unverwertbarkeit dieser Beweismittel vor dem Sachrichter geltend machen kann (zum Ganzen: Urteile 1B_351/2016 vom 16. November 2016 E. 1.3 und 1.4; 1B_273/2015 vom 21. Januar 2016 E. 1.3; vgl. auch BGE 141 IV 289 E. 1.2 f. S. 291 f.).
Der Beschwerdeführer macht geltend, auf dem sichergestellten Handy befänden sich persönliche Korrespondenz sowie intime Fotos von Dritten; es handle sich daher um höchstpersönliche Aufzeichnungen im Sinne von Art. 264 Abs. 1 lit. b StPO. Damit beruft er sich auf ein besonderes Geheimhaltungsinteresse, womit die Beschwerde unter dem Gesichtspunkt von Art. 93 Abs. 1 BGG zulässig ist.
1.3. Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass, womit auf die Beschwerde einzutreten ist.
2.
Das Zwangsmassnahmengericht ist auf das Entsiegelungsgesuch der Staatsanwaltschaft nicht eingetreten mit der Begründung, der Beschwerdeführer habe zwar rechtzeitig die Siegelung des Handys verlangt, das Gesuch aber nicht begründet, weshalb die Staatsanwaltschaft befugt gewesen wäre, von einer Siegelung abzusehen und das Handy direkt zu durchsuchen. Diesen für den Beschwerdeführer nachteiligen Entscheid hat es gefällt, ohne ihm vorgängig Gelegenheit gegeben zu haben, sich zum Entsiegelungsantrag der Staatsanwaltschaft und zur in Aussicht gekommenen, unerwarteten Art der Verfahrenserledigung zu äussern.
Mit diesem Vorgehen hat das Zwangsmassnahmengericht, wie der Beschwerdeführer zu Recht rügt, sowohl Art. 107 Abs. 1 lit. d StPO als auch unmittelbar seinen Anspruch auf rechtliches Gehör von Art. 29 Abs. 2 BV verletzt. Die Gehörsverletzung ist offensichtlich und wiegt schwer, womit eine Heilung ausgeschlossen ist (vgl. BGE 137 I 195 E. 2.3.2, 133 I 100 E. 4.9). Die Beschwerde ist somit gutzuheissen, der angefochtene Entscheid aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zu neuem Entscheid zurückzuweisen.
3.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Kosten zu erheben (Art. 66 Abs. 4 BGG). Hingegen hat der Kanton Bern den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren zu entschädigen ( Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG ), womit das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung insoweit gegenstandslos wird. Der vom Verteidiger in Rechnung gestellte Zeitaufwand von 10 ¾ Stunden erscheint allerdings angesichts der einfachen und klaren Sachlage überhöht, weshalb seine Honorarnote von Fr. 2'964.10 angemessen zu kürzen ist.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen, der angefochtene Entscheid des Zwangsmassnahmengerichts des Kantons Bern vom 28. Februar 2018 aufgehoben und die Sache zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückgewiesen.
2.
Es werden keine Kosten erhoben.
3.
Der Kanton Bern hat A.________ für das bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 2'000.-- zu bezahlen.
4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft des Kantons Bern, Region Bern-Mittelland, und dem Kantonalen Zwangsmassnahmengericht des Kantons Bern, Gerichtspräsident, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 31. Mai 2018
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Merkli
Der Gerichtsschreiber: Störi