Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
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9C_9/2018
Urteil vom 19. Juni 2018
II. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin,
Bundesrichterin Glanzmann, Bundesrichter Parrino,
Gerichtsschreiber Fessler.
Verfahrensbeteiligte
1. A.________,
2. B.________,
Beschwerdeführer,
gegen
Schweizerische Ausgleichskasse SAK, Avenue Edmond-Vaucher 18, 1203 Genf,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Alters- und Hinterlassenenversicherung (Altersrente),
Beschwerde gegen den Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. November 2017 (C-794+795/2017).
Sachverhalt:
A.
A.________ und B.________, beide deutsche Staatsangehörige und seit 2014 miteinander verheiratet, arbeiteten im Zeitraum von 1983 bis 2007 mit Unterbrüchen in der Schweiz. Mit Verfügungen vom 22. November 2016 sprach ihnen die Schweizerische Ausgleichskasse (SAK) jeweils ab 1. November 2016 eine Altersrente der AHV von Fr. 613.- (Ehemann) und Fr. 172.- (Ehefrau) zu, was sie mit Einspracheentscheiden vom 4. Januar 2017 bestätigte.
B.
Die von A.________ und B.________ gemeinsam erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht nach Vereinigung der Verfahren und nach einem zweiten Schriftenwechsel mit Entscheid vom 2. November 2017 ab, soweit es darauf eintrat.
C.
A.________ und B.________ haben Beschwerde eingereicht mit den hauptsächlichen Rechtsbegehren, es seien ihnen die gesamten AHV-Guthaben samt Verzugszinsen abzüglich der bereits bezogenen Altersrenten auszuzahlen; eventualiter seien die Renten bei Anrechnung der schweizerischen und der deutschen Versicherungszeiten neu zu errechnen und inklusive Nachzahlung für die bisher zu wenig bezahlten Renten auszurichten.
Erwägungen:
1.
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. wegen Verletzung von Bundesrecht, einschliesslich von der Schweiz abgeschlossener internationaler Verträge (BGE 135 II 243 E. 2 S. 248), erhoben werden (Art. 95 lit. a BGG). Die Feststellung des Sachverhalts (durch die Vorinstanz; Art. 105 Abs. 1 BGG) kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig [wie die Beweiswürdigung willkürlich; BGE 142 II 433 E. 4.4 S. 444] ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG).
Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dabei prüft es unter Berücksichtigung der Begründungspflicht der Parteien ( Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG sowie Art. 106 Abs. 2 BGG) nur die gerügten Rechtsverletzungen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 138 I 274 E. 1.6 S. 280; 134 I 313 E. 2 S. 315; 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254).
2.
Streitgegenstand bildet die Frage, ob die Vorinstanz zu Recht die von der Beschwerdegegnerin verfügten Altersrenten der AHV von Fr. 613.- (Beschwerdeführer) und Fr. 172.- (Beschwerdeführerin) bestätigt hat.
3.
Die Beschwerdeführer tragen im Wesentlichen dieselben Rügen vor wie in den vorinstanzlichen Rechtsschriften. Sie sind indessen allesamt unbegründet:
3.1. Das Begehren, es seien ihnen die gesamten AHV-Guthaben samt Verzugszinsen abzüglich der bereits bezogenen Altersrenten auszuzahlen, hat die Vorinstanz wegen Fehlens einer rechtlichen Grundlage abgewiesen. Die betreffenden Erwägungen im angefochtenen Entscheid werden nicht substanziiert bestritten. Im Übrigen beruhen die Vorbringen der Beschwerdeführer auf der unzutreffenden Annahme, das "Altersvorsorgekapital" (geleistete AHV-Beiträge) sei vom Gesetzgeber als unantastbar definiert worden. Dagegen spricht der Umstand, dass im Bereich der AHV nicht das Kapitaldeckungsverfahren, sondern das Umlageverfahren (in dem kein persönliches Altersvorsorgekapital existiert) gilt, wie in E. 9.2 des angefochtenen Entscheids zutreffend festgehalten wird.
3.2.
3.2.1. Weiter hat die Vorinstanz in E. 6 des angefochtenen Entscheids dargelegt, dass die im Eventualstandpunkt bestrittene Berechnung der Altersrenten der AHV ohne Berücksichtigung der in Deutschland und allenfalls in anderen EU-Staaten zurückgelegten Versicherungszeiten konform ist mit dem Freizügigkeitsabkommen vom 21. Juni 1999 (FZA; SR 0.142.112.681) und den Rechtsakten der Europäischen Union betreffend die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit, welche es in Art. 1 Abs. 1 Anhang II für anwendbar erklärt. Entgegen den Vorbringen in der Beschwerde ist Art. 52 Abs. 4 mit Anhang II Teil 1 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (SR 0.831.109. 268.1) einschlägig. Diese Bestimmung entspricht inhaltlich Art. 46 Abs. 1 lit. b mit Anhang IV Teil C der bis 31. März 2012 in Kraft gestandenen Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbstständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (Rolf Schuler, in: Europäisches Sozialrecht, Maximilian Fuchs [Hrsg.], 6. Aufl. 2012, N. 1 und 41 zu Art. 52 der Verordnung Nr. 883/2004).
3.2.2. Nach der unter der Herrschaft der Verordnung Nr. 1408/71 ergangenen, somit nach wie vor gültigen Rechtsprechung sind bei der Berechnung der Altersrente der AHV die in einem anderen Vertragsstaat zurückgelegten Versicherungszeiten nicht zu berücksichtigen. Es findet kein Totalisierungs- und Proratisierungsverfahren statt, welches darin besteht, dass die Höhe des Rentenbetrags jedes Staates im Verhältnis zwischen den dort zurückgelegten Versicherungszeiten und der Gesamtheit der in den verschiedenen Staaten zurückgelegten Versicherungszeiten festgesetzt wird (BGE 130 V 51 E. 5.2-4 S. 54 ff.). Soweit darin eine Ungleichbehandlung gegenüber Schweizer Bürgern zu erblicken ist, welche aufgrund ihrer Lebenssituation in der Regel eine längere Versicherungszeiten aufwiesen und weit häufiger in den Genuss einer Vollrente (vgl. Art. 34 ff. AHVG) kämen, wie die Beschwerdeführer rügen, liegt sie in der Konzeption der Verordnungen Nr. 1408/71 und Nr. 883/2004 selbst begründet. Diesen geht es nicht um die inhaltliche Angleichung nationaler Systeme sozialer Sicherheit im Sinne einer Harmonisierung (BGE 142 V 538 E. 6.3.2.3 S. 545); vielmehr haben sie "eigenständige Systeme (...) bestehen lassen, die eigenständige Forderungen gegen eigenständige Träger gewähren, gegen die dem Leistungsberechtigten unmittelbare Ansprüche zustehen" (BGE 130 V 51 E. 5.5 S. 56; Schuler, a.a.O., N. 3 zu Art. 52 der Verordnung Nr. 883/2004; vgl. auch BGE 143 V 402 E. 6.1 S. 406 zur Reichweite des Gleichbehandlungsgebots nach Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1408/71 und Art. 4 der Verordnung Nr. 883/04, verglichen mit dem Diskriminierungsverbot nach Art. 2 FZA).
3.3. Soweit die Verletzung verschiedener Verfassungsbestimmungen, insbesondere Art. 26 BV (Eigentumsgarantie), gerügt wird, genügen die diesbezüglichen Vorbringen offensichtlich den qualifizierten Begründungsanforderungen nicht (E. 1; vgl. BGE 137 V 57 E. 1.3 S. 60).
3.4. Nicht von Bedeutung ist sodann, ob EU-Bürger insgesamt im Verhältnis mehr Beiträge zahlen als Leistungen beziehen verglichen mit den Schweizer Bürgern, wie die Beschwerdeführer unter Hinweis auf die AHV-Statistik 2016 geltend machen. Es geht um den konkreten Einzelfall.
3.5. Den vorinstanzlichen Erwägungen zur Frage, ob die Aufklärungs- und Begründungspflicht nach Art. 27 ATSG verletzt worden sei, halten die Beschwerdeführer vorab entgegen, seit 1971 habe die Schweiz bzw. die AHV die umzugswilligen EU-Bürger öffentlich und auch persönlich bei Anfrage über mögliche Rechtsnachteile und potenzielle Verluste beim "AHV-Altersvorsorgekapital" (E. 3.1) zu informieren gehabt. Woraus sich diese angebliche Verpflichtung ergeben soll, ist indessen nicht ersichtlich und wird auch nicht näher dargelegt. Soweit im Übrigen eine Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben (nach Art. 5 Abs. 2 BV oder nach Art. 9 BV; zum Verhältnis dieser beiden Verfassungsbestimmungen vgl. Urteil 1P.701/2004 vom 7. April 2005 E. 4.2) gerügt werden soll, sind die Anforderungen an die hier geltende Rügepflicht nicht erfüllt (E. 1). Die weiteren Vorbringen betreffen nicht die entscheidenden Erwägungen der Vorinstanz zu Art. 27 ATSG, sondern Ausführungen, welche sie "der Vollständigkeit halber" gemacht hat.
3.6. Die Berechnung der Altersrenten durch die Vorinstanz nach den einschlägigen Gesetzes- und Verordnungsbestimmung wird nicht bestritten. Es besteht kein Anlass zu einer näheren Prüfung.
4.
Nach dem Gesagten ist weder eine Verletzung von (Bundes- oder Staatsvertrags-) Recht dargetan, noch ist eine solche offensichtlich (E. 1). Die Beschwerde ist unbegründet.
5.
Ausgangsgemäss werden die Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.- werden den Beschwerdeführern auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Bundesverwaltungsgericht und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 19. Juni 2018
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Pfiffner
Der Gerichtsschreiber: Fessler