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Original
 
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
[img]
8C_251/2018
Urteil vom 20. Juni 2018
I. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichter Wirthlin, Bundesrichterin Viscione,
Gerichtsschreiber Wüest.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dieter Studer,
Beschwerdeführer,
gegen
Schweizerische Mobiliar Versicherungsgesellschaft AG,
Bundesgasse 35, 3011 Bern,
vertreten durch Fürsprecherin Barbara Künzi-Egli,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Unfallversicherung (Unfallbegriff),
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen
vom 6. Februar 2018 (UV 2016/63).
Sachverhalt:
A.
Der 1960 geborene A.________ war bei der Schweizerischen Mobiliar Versicherungsgesellschaft AG (nachfolgend: Mobiliar) obligatorisch gegen die Folgen von Unfällen versichert, als er am 5. Februar 2016 beim Essen von Kartoffelgratin auf einen harten Gegenstand biss, wobei es einen Backenzahn spaltete (Bagatellunfall-Meldung UVG vom 25. April 2016). Nachdem die Mobiliar verschiedene Sachverhaltsabklärungen getätigt hatte, verneinte sie mit Verfügung vom 11. Mai 2016, bestätigt durch Einspracheentscheid vom 27. Juli 2016, ihre Leistungspflicht, weil das für den Unfallbegriff erforderliche Merkmal des ungewöhnlichen äusseren Faktors nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erstellt sei.
B.
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen mit Entscheid vom 6. Februar 2018 ab.
C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________ beantragen, unter Aufhebung des angefochtenen Entscheids seien ihm die zahnärztlichen Pflegeleistungen und Kostenvergütungen gemäss Art. 10-13 UVG für das Ereignis vom 5. Februar 2016 und dessen Folgen auszurichten. Eventualiter sei die Sache zu weiteren Abklärungen an die Vorinstanz oder an die Mobiliar zurückzuweisen.
Das Bundesgericht hat die vorinstanzlichen Akten eingeholt. Es wird kein Schriftenwechsel durchgeführt.
Erwägungen:
1.
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann wegen Rechtsverletzungen gemäss den Art. 95 f. BGG erhoben werden. Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder der Unfallversicherung ist das Bundesgericht - anders als in den übrigen Sozialversicherungsbereichen (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG) - nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).
Steht aber - wie vorliegend - keine Geldleistung, sondern einzig eine (zahnärztliche) Heilbehandlung und damit eine Sachleistung (vgl. Art. 14 ATSG) zur Diskussion, so gelangt die Ausnahmeregelung in Art. 105 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 97 Abs. 2 BGG nicht zur Anwendung. Bezüglich Sachverhaltsfeststellungen gilt deshalb hier die eingeschränkte Kognition (BGE 135 V 412; SVR 2012 UV Nr. 6 S. 21, 8C_191/2011 E. 2 mit Hinweis). Das Bundesgericht kann demnach eine - für den Ausgang des Verfahrens entscheidende (vgl. Art. 97 Abs. 1 BGG) - Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn diese offensichtlich unrichtig ist oder aber auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG). Ansonsten legt es seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG).
1.2. Eine Sachverhaltsfeststellung ist nicht schon dann offensichtlich unrichtig, wenn sich Zweifel anmelden, sondern erst, wenn sie eindeutig und augenfällig unzutreffend ist (BGE 132 I 42 E. 3.1 S. 44). Es liegt noch keine offensichtliche Unrichtigkeit vor, nur weil eine andere Lösung ebenfalls in Betracht fällt, selbst wenn diese als die plausiblere erschiene (vgl. BGE 142 II 369 E. 4.3 S. 380; 129 I 8 E. 2.1 S. 9; Urteil 9C_101/2015 vom 30. November 2015 E. 1.1). Diese Grundsätze gelten auch in Bezug auf die konkrete Beweiswürdigung (vgl. Urteil 9C_753/2015 vom 20. April 2016 E. 1).
1.3. Des Weiteren wendet das Bundesgericht das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG) und ist weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden. Es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann eine Beschwerde mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (vgl. BGE 132 II 257 E. 2.5 S. 262; 130 III 136 E. 1.4 S. 140). Unter Beachtung der Begründungspflicht in Beschwerdeverfahren (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) prüft es indessen nur geltend gemachte Rügen, sofern allfällige weitere rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind. Es ist nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden Fragen, also auch solche, die im letztinstanzlichen Verfahren nicht (mehr) aufgeworfen werden, zu klären (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254).
2.
Die Vorinstanz hat die nach Gesetz und Rechtsprechung massgebenden Grundlagen im angefochtenen Entscheid zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.
3.
Das kantonale Gericht hat mit überzeugender Begründung erwogen, dass die vom Beschwerdeführer erlittene Zahnschädigung nur möglicherweise - nicht aber überwiegend wahrscheinlich - auf einen Unfall im Rechtssinne zurückzuführen sei. Es stellte fest, der Versicherte habe den fraglichen Gegenstand hinuntergeschluckt, ohne ihn zu identifizieren. Unbestrittenermassen wisse er nicht, wodurch er sich den Zahnschaden zugezogen habe. Soweit er selber die Vermutung geäussert habe, es könnte sich eventuell um ein kleines Steinchen gehandelt haben, sei zu beachten, dass solche Vermutungen über den Fremdkörper rechtsprechungsgemäss für sich allein nichts zur Klärung des Sachverhalts beitragen könnten. Sie liessen keine zuverlässige Beurteilung über die Ungewöhnlichkeit zu. Im zu beurteilenden Fall sei schwer vorstellbar, dass sich ein Steinchen in geschälte und in Scheiben geschnittene Kartoffeln verirrt haben solle. Als nicht stichhaltig erachtete die Vorinstanz auch den Einwand, ein Zahnschaden, wie der Versicherte ihn erlitten habe, könne nur durch das Beissen auf etwas "Hartes" erklärt werden, da medizinische Feststellungen und zahnärztliche Behandlungen den mangelnden Nachweis einer unfallbedingten Schädigung nicht ersetzen könnten. Im Übrigen könne entgegen der Aussagen des Versicherten auch eine Käsekruste als Bestandteil des Kartoffelgratins einen harten Gegenstand darstellen. Das Gericht kam zum Schluss, dass mehrere Ursachen denkbar seien, von denen die eine als ungewöhnlich, die andere aber als nicht ungewöhnlich zu betrachten sei. Es handle sich um einen Fall von Beweislosigkeit, deren Folgen der Versicherte zu tragen habe. Demnach bestehe keine Leistungspflicht des Unfallversicherers.
4.
Was der Beschwerdeführer hiergegen vorbringt, vermag keine andere Beurteilung zu rechtfertigen.
4.1. Wie das kantonale Gericht zutreffend ausführte, hat das Bundesgericht resp. das frühere Eidgenössische Versicherungsgericht in ständiger Rechtsprechung erkannt, dass die blosse Vermutung, der Zahnschaden sei durch einen Fremdkörper verursacht worden, für die Annahme eines ungewöhnlichen äusseren Faktors nicht genügt (vgl. etwa Urteile 8C_2015/2013 vom 4. Juni 2013 E. 3, 8C_1034/2009 vom 28. Juli 2010 E. 4.3, 9C_1095/2009 vom 31. März 2010, 8C_1059/2008 vom 27. Februar 2009 E. 3, K 155/05 vom 23. November 2005 E. 3, RKUV 2004 Nr. U 515 S. 418, U 64/02 E. 2.2, je mit Verweis auf TURTÈ BAER, Die Zahnschädigung als Unfall in der Sozialversicherung, SJZ 1992, S. 324, mit Hinweisen). Dies treffe insbesondere auch dann zu, wenn der fragliche Gegenstand zwar benannt werde, der entsprechende Nachweis aber nicht erbracht werden könne (Urteil K 155/05 vom 23. November 2005 E. 3 mit Hinweisen). Da der Beschwerdeführer den fraglichen Gegenstand verschluckte und deshalb lediglich die Vermutung anstellen konnte, es habe sich um ein kleines Steinchen gehandelt, ist nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz eine Zahnschädigung durch ein Steinchen als nicht überwiegend wahrscheinlich erachtete.
4.2. Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, er habe wiederholt auf die Härte des Gegenstands hingewiesen und ein kleines Steinchen als mögliches corpus delicti genannt, weshalb eine Käsekruste nicht als Schadenursache in Betracht falle, vermag er keine offensichtlich unrichtige Sachverhaltsfeststellung oder willkürliche Beweiswürdigung (zur qualifizierten Rügepflicht hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten vgl. Art. 106 Abs. 2 BGG und BGE 138 I 274 E. 1.6 S. 280 f. mit Hinweisen) der Vorinstanz darzutun. Insbesondere kann nicht gesagt werden, die Feststellung des kantonalen Gerichts, auch eine Käsekruste könne einen harten Gegenstand darstellen, sei schlechterdings unhaltbar (vgl. E. 1.2 hiervor; vgl. auch nicht publiziertes Urteil U 128/89 vom 6. April 1990 betreffend ein hartes Stück Haut eines Lammgigot-Bratens). Der Beschwerdeführer gibt lediglich seine eigene Sichtweise wieder, was nicht genügt.
4.3. Sodann vermag der Beschwerdeführer auch unter Verweis auf die Schwere der Zahnverletzung keine offensichtlich unrichtige Beweiswürdigung der Vorinstanz aufzuzeigen, zumal sich den kurzen zahnärztlichen Angaben nicht entnehmen lässt, eine (harte) Käsekruste sei nicht geeignet, eine Zahnschädigung der erlittenen Art zu bewirken. Zudem kann aus dem Umstand, dass überhaupt eine Schädigung eingetreten ist, nicht auf das Vorliegen eines äusseren Faktors geschlossen werden (BGE 122 V 233 E. 1). Eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes durch die Mobiliar ist nicht auszumachen.
4.4. Schliesslich zielt auch der Verweis des Beschwerdeführers auf das Urteil 9C_1095/2009 vom 31. März 2010 ins Leere; dort hatte die Vorinstanz für das Bundesgericht verbindlich festgestellt, der Versicherte habe beim Verzehr eines Nussgipfels höchstwahrscheinlich auf eine Nussschale gebissen. Demgegenüber steht hier gerade nicht fest, dass die Zahnverletzung durch ein Steinchen im Kartoffelgratin verursacht worden ist. Vielmehr ist vorliegend mit der Vorinstanz von Beweislosigkeit auszugehen, deren Folgen der Beschwerdeführer zu tragen hat, der aus dem unbewiesen gebliebenen Sachverhalt Rechte ableiten will (vgl. BGE 138 V 218 E. 6 S. 222 mit Hinweisen).
5.
Damit hat es beim vorinstanzlichen Entscheid sein bewenden.
6.
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 20. Juni 2018
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Maillard
Der Gerichtsschreiber: Wüest