BGer 6B_155/2018
 
BGer 6B_155/2018 vom 22.06.2018
 
6B_155/2018
 
Urteil vom 22. Juni 2018
 
Strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Denys, Präsident,
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
Bundesrichter Oberholzer,
Gerichtsschreiber Briw.
 
Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Marcel Baeriswyl,
Beschwerdeführer,
gegen
Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern, Maulbeerstrasse 10, 3011 Bern,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Entlassung aus der stationären Massnahme
(Art. 59 StGB),
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Bern, 1. Strafkammer, vom 4. Januar 2018 (SK 17 376).
 
Erwägungen:
1. Am 22. Mai 2008 verurteilte das Kreisgericht V Burgdorf-Fraubrunnen X.________ (Jg. 1976) wegen mehrfacher versuchter und vollendeter sexueller Handlungen mit Kindern sowie wegen Pornografie (unter Widerruf des bedingten Vollzugs für eine einschlägige Vorstrafe) zu einer Freiheitsstrafe von 4 ½ Jahren. Es ordnete eine stationäre therapeutische Massnahme nach Art. 59 StGB an und schob den Vollzug der Freiheitsstrafe auf.
X.________ trat die Massnahme vorzeitig am 28. August 2007 an. Er flüchtete am 17. Oktober 2008 während eines begleiteten Urlaubs, wurde am 28. Januar 2010 in Spanien verhaftet und am 16. September 2010 an die Schweiz ausgeliefert, wo die Massnahme am 2. November 2010 zunächst in den Anstalten Thorberg fortgesetzt (vgl. Urteil 6B_584/2012vom 10. Mai 2013) und am 23. Juli 2015 verlängert wurde (Urteil 6B_822/2015 vom 7. Dezember 2015).
Das Amt für Justizvollzug, Bewährungs- und Vollzugsdienste (BVD), hob die Massnahme am 8. März 2018 wegen Aussichtslosigkeit per 12. März 2018 auf. X.________ wurde am 12. März 2018 in vollzugsrechtliche Sicherheitshaft im Regionalgefängnis Burgdorf versetzt. Die BVD beantragten die Aufrechterhaltung der Sicherheitshaft bis zum rechtskräftigen Entscheid über die Verwahrung. Das Zwangsmassnahmengericht bewilligte sie am 15. März 2018. Das Obergericht wies die Beschwerde von X.________ am 5. April 2018 ab.
X.________ beantragte vor Bundesgericht mit Beschwerde in Strafsachen, den Beschluss des Obergerichts vom 5. April 2018 aufzuheben und ihn unverzüglich aus der Sicherheitshaft zu entlassen. Das Bundesgericht wies die Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat (Urteil 1B_201/2018 vom 15. Mai 2018).
2. Das Amt für Justizvollzug des Kantons Bern (früher: ASMV; heute und nachfolgend: BVD) wies am 18. Dezember 2015 die von X.________ beantragte Versetzung in ein offenes Vollzugsregime ab. Die Polizei- und Militärdirektion des Kantons Bern (POM) wies am 18. Februar 2016 die BVD an, die Verlegung in eine geschlossene Abteilung einer offenen Massnahmenvollzugseinrichtung umgehend in die Wege zu leiten. Die BVD wiesen ihn am 23. September 2016 zur Weiterführung der Massnahme in die JVA Solothurn ein. Die POM wies am 13. Dezember 2016 das Massnahmenzentrum St. Johannsen an, den nächsten freien Platz auf der Beobachtungs- und Triagestation (BeoT) mit X.________ zu besetzen; bis dahin habe er in der JVA Solothurn zu verbleiben. Das Obergericht entschied am 9. Mai 2017, die Massnahme mangels Verfügbarkeit eines Therapieplatzes aufzuheben und ihn zu entlassen, sofern er bis zum 15. Juli 2017 nicht in eine geschlossene Abteilung einer offenen Vollzugseinrichtung eintreten könne. Die BVD versetzten ihn am 30. Juni 2017 per 6. Juli 2017 in die BeoT. Seine Beschwerde wies die POM am 5. September 2017 ab.
Die 1. Strafkammer des Obergerichts wies am 4. Januar 2018 die Beschwerde von X.________ gegen den Entscheid der POM (ausser zur Höhe der Entschädigung des amtlichen Anwalts) kostenpflichtig ab, soweit sie darauf eintrat.
X.________ beantragt vor Bundesgericht mit Beschwerde in Strafsachen, (1.) den vorinstanzlichen Beschluss aufzuheben, (2.) die Massnahme (Art. 59 StGB) umgehend aufzuheben und ihn definitiv zu entlassen; weitere Rechtsbegehren (3.-8.) stellt er zu Verfahrenskosten und Entschädigungen sowie zur unentgeltlichen Rechtspflege vor den kantonalen Behörden.
3. Auf den ersten Teil des Primärbegehrens, die Massnahme "umgehend aufzuheben", ist nicht einzutreten. Die BVD hatten die Massnahme am 8. März 2018 per 12. März 2018 aufgehoben (oben E. 1). Der seinem heutigen Antrag entsprechende Entscheid erging nach dem angefochtenen Beschluss, weshalb es sowohl am Anfechtungsobjekt wie am Rechtsschutzinteresse fehlt.
Auf den zweiten Teil des Primärbegehrens, "ihn definitiv zu entlassen", ist nicht einzutreten. Das Bundesgericht wies seine gegen die Sicherheitshaft gerichtete Beschwerde wegen Wiederholungsgefahr ab, soweit es darauf eintrat (Urteil 1B_201/2018 vom 15. Mai 2018 E. 5.5).
Der Beschwerdeführer behauptet Voreingenommenheit und ein abgekartetes Spiel des Direktors der JVA St. Johannsen in Absprache mit dem Berner Regierungsrat. Er werde präventiv weggesperrt und habe keine Möglichkeit, auf Gang und Ergebnis des Verfahrens Einfluss zu nehmen (vgl. dagegen die zahlreichen von ihm provozierten Entscheide oben E. 1 und 2). Er sei über Monate nicht von unabhängigem Personal therapiert und betreut worden. Die Therapeuten seien voreingenommen und äusserten sich über rechtliche Fragen. Er behauptet Rechtsverweigerung und -verzögerung und eine offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhalts. Verletzt seien Art. 6 EMRK, Art. 29 Abs. 1 und 2 BV sowie Art. 9 BV i.V.m. Art. 62c Abs. 1 lit. c i.V.m. Art. 377 Abs. 3 StGB.
In der Begründung ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG; dazu BGE 140 III 115 E. 2 S. 116). Für die Anfechtung des Sachverhalts gilt das strenge Rügeprinzip (Art. 97 Abs. 1 und Art. 106 Abs. 2 BGG; dazu BGE 141 IV 249 E. 1.3.1 S. 253). Wird die BV oder die EMRK als verletzt behauptet, besteht eine qualifizierte Rügepflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG; dazu BGE 142 III 364 E. 2.4 S. 367 f.; Urteil 6B_272/2018 vom 15. Mai 2018 E. 3.4). Die Begründung muss in der Beschwerdeschrift selbst enthalten sein. Verweisungen auf andere Rechtsschriften oder die Akten reichen nicht aus (BGE 140 III 115 E. 2 S. 116).
Der Beschwerdeführer beachtet die Begründungsobliegenheiten nicht. Die Vorbringen sind nicht nachvollziehbar. Auf eine appellatorische Beschwerdeführung ist nicht einzutreten.
4. Bei diesem Verfahrensausgang sowie mangels Begründung ist auf die Begehren hinsichtlich Kosten und Entschädigung sowie unentgeltlicher Rechtspflege im kantonalen Verfahren (oben E. 2) nicht einzutreten.
5. Auf die Beschwerde ist nicht einzutreten. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist wegen Aussichtslosigkeit des Rechtsbegehrens abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdeführer belegt eine Mittellosigkeit nicht (BGE 125 IV 161 E. 4 S. 164 f.). Die Vorinstanz stellt fest, er verfüge über kein Einkommen und sei mittellos (Beschluss Ziff. 29). Die Gerichtskosten sind praxisgemäss herabzusetzen (Art. 66 Abs. 1 i.V.m. Art. 65 Abs. 2 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1. Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
3. Die Gerichtskosten von Fr. 1'200.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
4. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Obergericht des Kantons Bern, 1. Strafkammer, und dem Amt für Justizvollzug des Kantons Bern, Bewährungs- und Vollzugsdienste, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 22. Juni 2018
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Denys
Der Gerichtsschreiber: Briw