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Original
 
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
[img]
6B_1076/2018, 6B_1077/2018, 6B_1078/2018
Urteil vom 16. November 2018
Strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Denys, Präsident,
Bundesrichter Rüedi,
Bundesrichterin Jametti,
Gerichtsschreiberin Unseld.
Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Advokat Dieter Roth,
Beschwerdeführerin,
gegen
6B_1076/2018
1. Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau,
2. A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Martin Basler,
Beschwerdegegnerinnen,
6B_1077/2018
1. Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau,
2. B.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Martin Basler,
Beschwerdegegner,
6B_1078/2018
1. Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau,
2. C.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Martin Basler,
Beschwerdegegnerinnen.
Gegenstand
Nichtanhandnahme (Freiheitsberaubung etc.); Nichteintreten,
Beschwerden gegen die Entscheide des Obergerichts des Kantons Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen, vom 19. September 2018 (SBK.2018.122/123/124).
Erwägungen:
1.
Die Beschwerdeführerin trug und warf am 30. Dezember 2016 diverse persönliche Sachen und Möbelstücke aus ihrem Haus. Sie wurde daraufhin von der Regionalpolizei, welche von der Nachbarschaft avisiert worden war, der Psychiatrischen Klinik D.________ zugeführt, wo sie vom Amtsarzt Dr. E.________ in fürsorgerische Unterbringung eingewiesen wurde. Als bewegungseinschränkende Massnahme wurde am 30. Dezember 2016 bis am 1. Januar 2017 die "Isolation geschlossen" angeordnet. Am 31. Dezember 2016 wurden der Beschwerdeführerin zudem gegen ihren Willen Psychopharmaka (Clopixol und Valium) verordnet und verabreicht. Die Isolation wurde am 1. Januar 2017 bis am 4. Januar 2017 verlängert. Am 4. Januar 2017 wurde die Beschwerdeführerin auf die geschlossene Abteilung verlegt. Gegen die fürsorgerische Unterbringung erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde, welche mit Verfügung des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau vom 10. Januar 2017 als gegenstandslos abgeschrieben wurde, nachdem die fürsorgerische Unterbringung von der Psychiatrischen Klinik D.________ per 9. Januar 2017 aufgehoben und die Beschwerdeführerin am 10. Januar 2017 entlassen worden war.
Die Beschwerdeführerin erstattete am 27. März 2017 Strafanzeige gegen drei Ärzte der Psychiatrischen Klinik D.________, wobei sie geltend machte, sie sei gegen ihren Willen festgehalten und medikamentös behandelt worden. Die Staatsanwaltschaft Brugg-Zurzach verfügte am 13. April 2018 je mit separater Verfügung die Nichtanhandnahme der Strafsache gegen die drei Ärzte. Die von der Beschwerdeführerin dagegen erhobenen Beschwerden wies das Obergericht des Kantons Aargau am 19. September 2018 ab.
Die Beschwerdeführerin gelangt dagegen mit Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht.
2.
Die drei Beschwerdeverfahren sind zu vereinigen (vgl. Art. 71 BGG i.V.m. Art. 24 Abs. 2 lit. b BZP; BGE 133 IV 215 E. 1 S. 217; 126 V 283 E. 1 S. 285; 113 Ia 390 E. 1 S. 394).
3.
Die Privatklägerschaft ist zur Beschwerde in Strafsachen nur berechtigt, wenn der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche auswirken kann (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG). Bei den Zivilansprüchen im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG geht es in erster Linie um Ansprüche auf Schadenersatz und Genugtuung gemäss Art. 41 ff. OR, die üblicherweise vor den Zivilgerichten geltend gemacht werden müssen. Die Privatklägerschaft muss im Verfahren vor Bundesgericht darlegen, aus welchen Gründen sich der angefochtene Entscheid inwiefern auf welche Zivilforderung auswirken kann. Das Bundesgericht stellt an die Begründung der Legitimation strenge Anforderungen. Genügt die Beschwerde diesen nicht, kann darauf nur eingetreten werden, wenn aufgrund der Natur der untersuchten Straftat ohne Weiteres ersichtlich ist, um welche Zivilforderung es geht (BGE 141 IV 1 E. 1.1 S. 4 f. mit Hinweisen).
Als Zivilansprüche im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG gelten solche, die ihren Grund im Zivilrecht haben und deshalb ordentlicherweise vor dem Zivilgericht durchgesetzt werden müssen. Nicht in diese Kategorie gehören Ansprüche, die sich aus öffentlichem Recht ergeben. Öffentlich-rechtliche Ansprüche, auch solche aus Staatshaftungsrecht, können nicht adhäsionsweise im Strafprozess geltend gemacht werden und zählen nicht zu den Zivilansprüchen im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG (BGE 131 I 455 E. 1.2.4 S. 461; 128 IV 188 E. 2.2 f. S. 191 f.).
4.
Bei den angezeigten Personen handelt es sich um Mitarbeiter der F.________ AG, einer Aktiengesellschaft im Eigentum des Kantons Aargau. Im Kanton Aargau richten sich die Rechtsbeziehungen zwischen Spitalaktiengesellschaften und privaten Dritten grundsätzlich nach dem Privatrecht (vgl. § 12 Abs. 1 des Spitalgesetzes des Kantons Aargau vom 25. Februar 2003 [SpiG/AG; SAR 331.200]; § 1 des Haftungsgesetzes des Kantons Aargau vom 24. März 2009 [HG/AG; SAR 150.200]; KURT MEIER, Haftung für ärztliche Tätigkeit in öffentlichen Spitälern, HAVE 4/2012 S. 472). Insoweit könnte die Beschwerdeführerin im Strafverfahren gegen die angezeigten Personen grundsätzlich Zivilansprüche geltend machen. Dennoch legt sie in ihren Beschwerden nicht dar, dass sie dies zu tun gedenkt bzw. welche Zivilforderungen ihr gegen die angezeigten Personen zustehen könnten. Dies ist auch nicht ohne Weiteres ersichtlich, da aufgrund der Vorbringen der Beschwerdeführerin unklar ist, was sie den angezeigten Ärzten in strafrechtlicher Hinsicht genau vorwirft.
5.
Die Beschwerdeführerin macht in ihren Beschwerden im Wesentlichen geltend, sie gehe davon aus, dass sie vor ihrer Einweisung in die Psychiatrische Klinik D.________ von Drittpersonen mit Drogen oder Medikamenten in einen ausserordentlichen Zustand versetzt wurde. Sie habe indes weder sich selbst noch Drittpersonen akut gefährdet, sondern sie habe bloss ihr gehörende Gegenstände aus dem Haus getragen und geworfen. Es habe entgegen den behandelnden Ärzten weder eine wahnhafte Störung noch eine paranoide Schizophrenie oder sonst eine Geisteskrankheit vorgelegen. Ihre wirren Reaktionen seien erst nach der Zwangsmedikation eingetreten. Sie sei bei ihrer Einweisung nicht lege artis untersucht worden. Insbesondere hätten die behandelnden Ärzte weder einen Drogentest durchgeführt noch Kontakt mit ihrem Hausarzt aufgenommen, um Unverträglichkeiten und Gefahren bezüglich Nebenwirkungen von Medikamenten abzuklären. Die falsche und unvollständige Untersuchung vor der Zwangsmedikation könne - nebst dem Tatbestand der Körperverletzung - auch den Tatbestand von Art. 127 StGB erfüllen. Sie sei konkret gefährdet worden, da die behandelnden Ärzte nicht hätten wissen können, wie die verabreichten Medikamente allenfalls mit anderen Medikamenten (oder auch Drogen), welche sie im Körper gehabt habe, interagieren konnten.
Damit legt die Beschwerdeführerin in ihren Beschwerden nicht rechtsgenügend dar, dass es bei der Zwangsmedikation zu Unverträglichkeiten oder Wechselwirkungen mit bestimmten anderen Medikamenten (oder Drogen) und damit zu einer Körper- oder Gesundheitsschädigung kam. Sie konzentriert sich vielmehr darauf, eine blosse Gefährdung ihrer Gesundheit aufgrund der Möglichkeit von solchen Unverträglichkeiten oder Wechselwirkungen mit nicht namentlich erwähnten weiteren Medikamenten geltend zu machen.
Die Beschwerdeführerin beanstandet, das Verhalten der angezeigten Ärzte hätte genauer untersucht werden müssen, um überprüfen zu können, ob allenfalls trotz gesetzlicher Grundlage für eine fürsorgerische Unterbringung und Zwangsmedikation ein strafrechtliches Verhalten vorliege. Selbst wenn die Zwangsmassnahme vom Amtsarzt formell korrekt angeordnet worden wäre, bedeute dies noch nicht, dass die Voraussetzungen für die weitere fürsorgerische Unterbringung und auch die Zwangsmedikation ebenfalls gegeben gewesen seien bzw. kein unverhältnismässiges oder gar strafbares Verhalten der Ärzte vorgekommen sei (vgl. Beschwerden S. 8). Diese Ausführungen zeigen, dass die Beschwerden insgesamt auf eine zivilrechtliche Überprüfung der Anordnungen der behandelnden Ärzte während der fürsorgerischen Unterbringung, insbesondere der Isolation während fünf Tagen und der Zwangsmedikation, unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismässigkeit hinauslaufen, ohne dass die Beschwerdeführerin konkrete Anhaltspunkte für ein strafbares Verhalten dartut. Diese geht selber davon aus, sie habe sich vor ihrer Einweisung in die Klinik D.________ in einem ausserordentlichen Zustand befunden und Gegenstände aus ihrem Haus getragen und geworfen. Schwer nachvollziehbar ist daher ihre durch nichts belegte Behauptung, ihre wirren Reaktionen seien entgegen den Arztberichten erst nach der Zwangsmedikation aufgetreten.
Da sich die Beschwerdeführerin nicht zu ihren allfälligen Zivilforderungen äussert, ist sie in der Sache nicht zur Beschwerde gegen die Nichtanhandnahme der Strafverfahren legitimiert.
6.
Die Privatklägerschaft kann mit Beschwerde in Strafsachen ungeachtet der Legitimation in der Sache im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG eine Verletzung ihrer Parteirechte rügen, die ihr nach dem Verfahrensrecht, der Bundesverfassung oder der EMRK zustehen und deren Missachtung auf eine formelle Rechtsverweigerung hinausläuft. Zulässig sind Rügen, die formeller Natur sind und von der Prüfung der Sache getrennt werden können. Das nach Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG erforderliche rechtlich geschützte Interesse ergibt sich diesfalls aus der Berechtigung, am Verfahren teilzunehmen (BGE 141 IV 1 E. 1.1 S. 5; 138 IV 78 E. 1.3 S. 79 f.; 136 IV 29 E. 1.9 S. 40).
7.
Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung ihres Anspruchs auf ein faires Verfahren und auf rechtliches Gehör. Eine Begründung dafür kann der Beschwerde allerdings nicht entnommen werden, weshalb diese insofern den Begründungsanforderungen von Art. 42 Abs. 2 BGG nicht zu genügen vermag. Soweit die Beschwerdeführerin die Verletzung ihres Anspruchs auf ein faires Verfahren und auf rechtliches Gehör auf die unrichtige Sachverhaltsfeststellung und die gestützt darauf erfolgte Nichtanhandnahme ihrer Strafanzeige zurückführt, geht es bei ihrer Kritik nicht um eine formelle Rechtsverweigerung, sondern um eine materielle Überprüfung, ob die Nichtanhandnahme gerechtfertigt war. Darauf ist nicht einzutreten.
8.
Auf die Beschwerden ist im Verfahren nach Art. 109 BGG nicht einzutreten. Die Gerichtskosten sind der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Verfahren 6B_1076/2018, 6B_1077/2018 und 6B_1078/2018 werden vereinigt.
2.
Auf die Beschwerden wird nicht eingetreten.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 16. November 2018
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Denys
Die Gerichtsschreiberin: Unseld