BGer 6B_892/2018
 
BGer 6B_892/2018 vom 28.01.2019
 
6B_892/2018
 
Urteil vom 28. Januar 2019
 
Strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Denys, Präsident,
Bundesrichter Oberholzer,
Bundesrichter Rüedi,
Gerichtsschreiber Briw.
 
Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Fürsprecher Dr. Urs Oswald,
Beschwerdeführerin,
gegen
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau, Frey-Herosé-Strasse 20, Wielandhaus, 5001 Aarau,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Revision (gewerbsmässiger Betrug),
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts
des Kantons Aargau, Strafgericht, 1. Kammer, vom 7. August 2018 (SST.2018.205).
 
Sachverhalt:
A. Das Bezirksgericht Baden hatte X.________ am 26. April 2017 wegen gewerbsmässigen Betrugs zu einer Freiheitsstrafe von 3 1/2 Jahren verurteilt. Die dagegen erhobene Berufung war am 14. Dezember 2017 durch das Obergericht des Kantons Aargau abgewiesen worden, dessen Urteil unangefochten in Rechtskraft erwuchs.
B. X.________ stellte am 31. Juli 2018 ein Revisionsgesuch gestützt auf Art. 410 Abs. 1 lit. a StPO mit den Anträgen, das Urteil des Bezirksgerichts Baden betreffend die Ziff. 2 bis und mit 5.2 aufzuheben und sie vom Vorwurf des gewerbsmässigen Betrugs freizusprechen; eventualiter sei das Urteil in Ziff. 3 aufzuheben und sie zu einer bedingten Gefängnisstrafe von maximal 12 Monaten zu verurteilen; es sei dem Gesuch die aufschiebende Wirkung zu erteilen und ihr die amtliche Verteidigung zu gewähren.
Das Obergericht des Kantons Aargau trat am 7. August 2018 auf das Revisionsgesuch nicht ein, wies das Gesuch um Gewährung der amtlichen Verteidigung ab und auferlegte der Gesuchstellerin die Kosten von Fr. 1'000.--.
C. X.________ beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, das Revisionsgesuch gutzuheissen, das Urteil des Bezirksgerichts Baden in den Ziff. 2 bis und mit 5.2 aufzuheben, sie freizusprechen und die Verfahrenskosten auf die Staatskasse zu nehmen; eventualiter sei das Urteil des Bezirksgerichts Baden in Ziff. 3 abzuändern, sie mit einer Freiheitsstrafe von maximal 12 Monaten zu bestrafen, ihr den bedingten Strafvollzug zu gewähren, die Verfahrenskosten nach Ermessen zu verlegen, die Kosten des Revisionsverfahrens auf die Staatskasse zu nehmen und ihr eine Parteientschädigung auszurichten.
 
Erwägungen:
1. Die Beschwerdeführerin hält einleitend fest, vor der Vorinstanz sei vorab die Ausgangslage dargelegt worden. Die im Rahmen dieser Ausführungen verurkundeten Beilagen 2 bis und mit 6 befänden sich in den kantonalen Akten und würden nicht nochmals ins Recht gelegt.
Rechtsschriften haben die Beweismittel zu enthalten, und die Urkunden, auf die sich die Partei als Beweismittel beruft, sind beizulegen (Art. 42 Abs. 1 und 3 BGG). Auf die kantonalen Eingaben zu verweisen, ist nach konstanter Rechtsprechung nicht zulässig (BGE 138 IV 47 E. 2.8.1 S. 54). Darauf ist nicht einzutreten (Urteil 6B_735/2016 vom 24. Oktober 2017 E. 2, nicht publ. in: BGE 144 IV 1). Es ist nicht Aufgabe des Bundesgerichts, die Akten von sich aus nach entsprechenden Beweismitteln zu durchsuchen (Urteil 6B_1298/2017 vom 4. Juni 2018 E. 1.2.2). Als Minimum hätte die Beschwerdeführerin das Urteil beizulegen gehabt, dessen Revision sie verlangt.
Ebenfalls nicht einzutreten ist auf die in die Beschwerdeschrift einkopierten mehrseitigen Ausführungen des kantonalen Revisionsgesuchs (Urteil 6B_653/2018 vom 24. September 2018 E. 1.3). In der Begründung ist darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 1 BGG). Es sollen nicht bloss die Rechtsstandpunkte, die im kantonalen Verfahren eingenommen wurden, erneut bekräftigt werden, die Kritik soll an den vorinstanzlichen Erwägungen ansetzen; unabdingbar ist damit eine Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Entscheid (Urteil 6B_1416/2017 vom 29. November 2018 E. 1.4 mit zahlreichen Hinweisen).
2. Die Beschwerdeführerin begründet ihr Revisionsgesuch damit, sie sei von ihrem Ehemann für den Fall mit den Tod bedroht worden, dass sie bei den betrügerischen Handlungen nicht mitmache, und erklärt, das sei eine neue Tatsache (Beschwerde S. 11).
Die Vorinstanz verkenne die unbestreitbare Tatsache, dass die Beschwerdeführerin während des gesamten Verfahrens nie geltend gemacht habe, sie sei von ihrem Ehemann mit dem Tod bedroht worden. Im Rahmen des Revisionsbegehrens offenbare sie sich zum ersten Mal. Es gehe nicht darum, früher gemachte Aussagen anders zu würdigen, sondern völlig neue Fakten festzustellen und aufgrund dieser Fakten eine Neubeurteilung vorzunehmen.
Die Beschwerdeführerin trägt in dieser Weise Behauptungen vor, ohne sie in irgendeiner Weise zu substanziieren oder zu belegen. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern auf eine derartige rein appellatorische Beschwerde eingetreten werden könnte. Das ist nicht justiziabel.
3. Wie die Vorinstanz zunächst festhält, kann Gegenstand des Revisionsgesuchs einzig das obergerichtliche Berufungsurteil vom 14. Dezember 2017 bilden. Das Berufungsgericht fällt ein neues Urteil, welches das erstinstanzliche Urteil ersetzt (Art. 408 StPO). Unbeeindruckt von dieser vorinstanzlichen Belehrung beantragt die Beschwerdeführerin die Revision des Urteils des Bezirksgerichts Baden vom 26. April 2017. Da die Beschwerdeschrift die Rechtsbegehren zu enthalten hat (Art. 42 Abs. 1 BGG) und das Bundesgericht nicht über die Begehren der Parteien hinausgehen darf (Art. 107 Abs. 1 BGG), ist auch aus diesem Grund auf die Beschwerde nicht einzutreten.
4. Die Vorinstanz geht trotzdem auf die Ausführungen der Beschwerdeführerin ein, soweit sich diese auf das obergerichtliche Urteil beziehen (Urteil S. 2). Es handle sich dabei aber nicht um neue Tatsachen. Vielmehr sei die Frage, ob der Ehemann der Gesuchstellerin Druck auf diese ausgeübt hatte, bereits Thema des obergerichtlichen Urteils gewesen. Die Gesuchstellerin habe in ihrer Berufungsbegründung ausgeführt, sie habe gar nicht anders handeln können; es sei gerichtsnotorisch, dass eine Ehefrau eines Kosovaren es sich gar nicht leisten könne, nicht so zu handeln, wie es der Ehemann von ihr verlange. Bezugnehmend auf diese Ausführungen habe das Obergericht ausgeführt, sofern sie damit den Strafmilderungsgrund im Sinne von Art. 48 lit. a Ziff. 4 StGB geltend mache, sei ein Druck von einer gewissen Stärke vorausgesetzt. Ein solcher sei nicht ersichtlich, zumal sie sich damit begnüge, auf ihren kulturellen Hintergrund hinzuweisen und sie und ihr Ehemann seit Jahrzehnten in der Schweiz lebten. Sie sei zuvor bereits einmal verheiratet gewesen und sei vor dem Unfall ihres Ehemannes arbeitstätig gewesen. Die Beschwerdeführerin sei im Berufungsverfahren in der Lage gewesen, unter Hinweis auf ihren kulturellen Hintergrund zu behaupten, sie habe auf Veranlassung ihres Ehemannes und als Ehefrau eines Kosovaren gar keine andere Möglichkeit gehabt. Die heutigen Vorbringen, es habe eine "Nötigung, ja Erpressung" unter Androhung von Gewalt oder Tod vorgelegen, gründeten auf derselben Behauptung. Es lägen offensichtlich keine neuen Tatsachen im Sinne von Art. 410 Abs. 1 lit. a StPO vor. Auf das Revisionsgesuch sei gemäss Art. 412 Abs. 2 StPO nicht einzutreten.
5. Gemäss Art. 410 Abs. 1 lit. a StPO kann, wer durch ein rechtskräftiges Strafurteil beschwert ist, die Revision verlangen, wenn neue, vor dem Entscheid eingetretene Tatsachen oder neue Beweismittel vorliegen, die geeignet sind, einen Freispruch oder eine wesentlich mildere Bestrafung der verurteilten Person herbeizuführen. Beweismittel legt die Beschwerdeführerin nicht vor. Blosse Hypothesen sind keine revisionsrechtlich relevanten Tatsachen. Revisionsrechtlich gelten Tatsachen und Beweismittel als neu, wenn das Gericht im Zeitpunkt der Urteilsfällung keine Kenntnis von ihnen hatte, sie ihm mithin nicht in irgendeiner Form zur Beurteilung vorlagen. Nicht als neu gelten Beweismittel, wenn sie vom Richter in ihrer Tragweite falsch gewürdigt worden sind (eingehend Urteil 6F_29/2018 vom 14. Dezember 2018 E. 2.1 mit zahlreichen Nachweisen).
In casu setzte sich das Obergericht im Sachurteil mit der Behauptung auseinander, dass die Beschwerdeführerin als Frau eines Kosovaren vor dem kosovarischen Hintergrund "gar keine andere Möglichkeit gehabt" habe. Im Rahmen des Revisionsgesuchs wird lediglich dieses Vorbringen im Sinne einer "Nötigung, ja Erpressung" bekräftigt. Es könnte sich lediglich fragen, ob das Obergericht die damalige insinuierende und offenbar bereits ebenfalls nicht substanziierte Behauptung in ihrer Tragweite verkannt oder falsch gewürdigt haben sollte. Dies würde selbst bejahendenfalls keine Revisionstatsache begründen. Die Beschwerdeführerin legt nicht dar, dass die Vorinstanz den Begriff der neuen Tatsache verkannt oder die massgebenden Umstände willkürlich gewürdigt hätte.
6. Auf die Beschwerde ist nicht einzutreten. Der Beschwerdeführerin sind die bundesgerichtlichen Kosten aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1. Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
2. Der Beschwerdeführerin werden die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- auferlegt.
3. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Strafgericht, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 28. Januar 2019
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Denys
Der Gerichtsschreiber: Briw