Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
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8C_503/2018
Urteil vom 7. März 2019
I. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Frésard, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Wirthlin, Bundesrichterin Viscione,
Gerichtsschreiberin Durizzo.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Petra Oehmke,
Beschwerdeführerin,
gegen
IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Invalidenversicherung (Invalidenrente),
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 31. Mai 2018 (IV.2017.00297).
Sachverhalt:
A.
A.________, geboren 1957, war seit 1998 bei der B.________ AG als Produktionsmitarbeiterin beschäftigt. Am 24. August 2016 meldete sie sich unter Hinweis auf Armschmerzen bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle des Kantons Zürich holte die Akten der SWICA Krankenversicherung ein, darunter insbesondere die Beurteilung des Dr. med. C.________, Facharzt für Neurologie FMH, Institut für interdisziplinäre medizinische Begutachtung D.________, vom 9. September 2016 mit der Bescheinigung einer vollen Arbeitsfähigkeit in der angestammten Tätigkeit. Der Hausarzt Dr. med. E.________ erachtete die Einsatzfähigkeit der rechten Hand und damit die Arbeitsfähigkeit als Montagemitarbeiterin nach einer Abklärung durch Frau Dr. med. F.________, Fachärztin für Neurologie FMH, indessen als erheblich eingeschränkt und empfahl zudem wegen depressiver Entwicklung eine psychiatrische Begutachtung (Berichte vom 20. und vom 24. Januar 2017). Gemäss Einschätzung des regionalen ärztlichen Dienstes (RAD) vom 14. Februar 2017 waren der Versicherten nur noch sehr leichte körperliche Tätigkeiten zuzumuten. Die vom Arbeitgeber ausführlich beschriebenen Anforderungen an der bisherigen Stelle überstiegen das Belastungsprofil. Mit Verfügung vom 21. Februar 2017 lehnte die IV-Stelle den Anspruch auf eine Invalidenrente ab.
B.
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, unter Berücksichtigung eines im vorinstanzlichen Verfahren eingereichten, im Auftrag des Krankenversicherers erstatteten psychiatrisch-neurologischen Gutachtens des Dr. med. G.________, Psychiatrie und Psychotherapie sowie Neurologie FMH, vom 4. April 2017, mit Entscheid vom 31. Mai 2018 teilweise gut. Es hob die angefochtene Verfügung vom 21. Februar 2017 insoweit auf, als damit ein Anspruch auf berufliche Massnahmen verneint wurde, und wies die Sache zu diesbezüglichen weiteren Abklärungen und neuer Verfügung an die IV-Stelle zurück. In Bezug auf die Rente wurde die Beschwerde abgewiesen.
C.
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit dem Antrag, unter Aufhebung des angefochtenen Entscheides sei ihr ab dem 1. März 2017 eine ganze Invalidenrente zuzusprechen. Eventualiter sei die Sache zu weiteren medizinischen und beruflichen Abklärungen an die IV-Stelle zurückzuweisen.
Das Bundesgericht verzichtet auf die Durchführung eines Schriftenwechsels.
Erwägungen:
1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss den Art. 95 f. BGG erhoben werden. Eine - für den Ausgang des Verfahrens entscheidende (vgl. Art. 97 Abs. 1 BGG) - vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung kann das Bundesgericht nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht ( Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG ).
2.
Streitig und zu prüfen ist, ob die vorinstanzlich bestätigte Rentenablehnung vor Bundesrecht standhält. In Frage steht dabei insbesondere die der Ermittlung des Invaliditätsgrades zugrunde liegende Arbeitsfähigkeit gestützt auf das vom Krankenversicherer eingeholte Gutachten des Dr. med. G.________. Umstritten ist des Weiteren, ob der Versicherten angesichts ihres fortgeschrittenen Alters die Verwertung ihrer Restarbeitsfähigkeit zumutbar war.
3.
Das kantonale Gericht hat die für die Beurteilung des Rentenanspruchs nach Art. 28 Abs. 1 IVG massgeblichen Bestimmungen, insbesondere zur Erwerbsunfähigkeit (Art. 7 ATSG) und zur Invalidität (Art. 8 Abs. 1 ATSG), namentlich auch bei psychischen Leiden (BGE 143 V 409 E. 4.2.1 S. 413), sowie zur Ermittlung des Invaliditätsgrades nach der allgemeinen Methode des Einkommensvergleichs (Art. 16 ATSG), zutreffend dargelegt. Richtig wiedergegeben ist auch die Rechtsprechung zur Frage, ob die verbliebene Resterwerbsfähigkeit einer versicherten Person wegen fortgeschrittenen Alters zumutbarerweise noch verwertbar sei (BGE 138 V 457 E. 3.1 S. 459 f.; 107 V 17 E. 2c S. 21; SVR 2016 IV Nr. 58 S. 190, 8C_910/2015 E. 4.2.2; SVR 2003 IV Nr. 35 S. 107, I 462/02 E. 2.3; Urteile 8C_892/2017 vom 23. August 2018 E. 3.2; 8C_645/2017 vom 23. Januar 2018 E. 3.1; 8C_28/2017 vom 19. Juni 2017 E. 3.2 und 3.3; I 392/02 vom 23. Oktober 2003 E. 2.3; I 401/01 vom 4. April 2002 E. 4b). Gleiches gilt schliesslich hinsichtlich der zu beachtenden Regeln zum Beweiswert eines ärztlichen Berichts oder Gutachtens (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232; 125 V 351 E. 3a S. 352). Es wird darauf verwiesen.
4.
Nach dem angefochtenen Entscheid sei die Beschwerdeführerin in einer Verweistätigkeit mit Rücksicht auf die von Dr. med. G.________ gestellten Diagnosen einer Ulnarisläsion sowie eines Karpaltunnelsyndroms rechts zu 100 % arbeitsfähig. Auch die von Dr. med. G.________ diagnostizierte Anpassungsstörung beziehungsweise längere depressive Reaktion vermöge - entgegen dem Gutachter - keine Arbeitsunfähigkeit zu begründen. Die Verwertung ihrer Restarbeitsfähigkeit sei ihr auch angesichts ihres fortgeschrittenen Alters zuzumuten. Das kantonale Gericht ermittelte, unter Beizug statistischer Tabellenlöhne auf der Seite des Invalideneinkommens, einen rentenausschliessenden Invaliditätsgrad von 2 %. Selbst die Gewährung des höchstzulässigen leidensbedingten Abzuges von 25 %, dessen Berechtigung es nicht näher prüfte, reichte zur Begründung eines Rentenanspruchs nicht aus.
5.
5.1. Die Beschwerdeführerin rügt eine Diskriminierung aufgrund des Alters (Art. 8 Abs. 2 BV). Sie äussert den Verdacht, dass die IV-Stelle bei Versicherten in fortgeschrittenem Alter dazu übergegangen sei, systematisch sowohl auf gründliche Abklärungen als auch auf aufwändige Hilfestellungen bei der beruflichen Wiedereingliederung zu verzichten. Hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten und der Anfechtung des Sachverhalts besteht eine qualifizierte Rügepflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 142 III 364 E. 2.4 S. 368; 138 I 274 E. 1.6 S. 280 f.). Diesen Anforderungen vermögen die spekulativen Vorbringen der Beschwerdeführerin nicht zu genügen. Immerhin ist darauf hinzuweisen, dass die IV-Stelle die Akten des Krankenversicherers beizog, enthaltend eine Vielzahl von Stellungnahmen der behandelnden Spezialärzte, einen Bericht des Hausarztes einholte, dem auch die Ergebnisse der von ihm veranlassten neurologischen Abklärung beilag, und diese Unterlagen dem RAD vorlegte. Auch eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes ist damit nicht erkennbar.
5.2. Die Beschwerdeführerin beanstandet, dass das kantonale Gericht auf das erst im vorinstanzlichen Verfahren aufgelegte, zuhanden des Krankenversicherers erstattete Gutachten des Dr. med. G.________ abgestellt habe. Damit sei ihr rechtliches Gehör verletzt und der Rechtsmittelweg verkürzt worden. Sie selber hat das Gutachten im vorinstanzlichen Verfahren aufgelegt. Sie musste folglich damit rechnen, dass die Vorinstanz dieses Gutachten hinsichtlich seines Beweiswerts, aber auch hinsichtlich der juristischen Abschätzung der Folgen aus den vom Gutachter diagnostizierten gesundheitlichen Beeinträchtigungen im Lichte der Vorgaben von BGE 141 V 281 (E. 5.2.1 S. 306) würdigen würde (vgl. BGE 144 V 50 E. 4.3 S. 53 f.; 140 V 193 E. 3.1 S. 194 f.). Eine Bundesrechtsverletzung liegt daher nicht vor. Im Übrigen ist selbst die Beweiserhebung durch die reformatorisch entscheidende Beschwerdeinstanz statt über eine Rückweisung an die Verwaltung praxisgemäss zulässig (beziehungsweise, unter gegebenen Umständen, geradezu geboten, vgl. BGE 137 V 210 E. 4.4.1.4 S. 264), ohne dass darin eine unzulässige Verkürzung des Rechtswegs erblickt würde. Dass das kantonale Gericht auf das erst im vorinstanzlichen Verfahren aufgelegte Gutachten abgestellt hat, lässt sich daher nicht beanstanden.
5.3. Inwiefern die vorinstanzlichen Feststellungen bezüglich der noch zumutbaren Arbeitsfähigkeit offensichtlich unrichtig wären, vermag die Beschwerdeführerin nicht darzutun. Das kantonale Gericht hat das Leistungsvermögen in psychischer Hinsicht (Diagnose: Anpassungsstörung beziehungsweise längere depressive Reaktion, ICD-10 F43.21) praxisgemäss zulässigerweise eigenständig nach den normativen Vorgaben gemäss BGE 141 V 281 beurteilt, nachdem das Gutachten seinerseits noch nicht darauf ausgerichtet war (BGE 144 V 50 E. 4.3 S. 53 f.; Urteile 8C_635/2018 vom 21. Dezember 2018 E. 6.1; 8C_154/2018 vom 13. Dezember 2018 E. 4.2.3). Eine Anmassung medizinischer Fachkompetenz geht damit nicht einher, handelt es sich dabei doch um eine Überprüfung in rechtlicher Hinsicht. Eine diesbezügliche offensichtlich unrichtige Tatsachenfeststellung wird nicht dargetan und ist - genauso wie eine anderweitige Bundesrechtsverletzung - nicht erkennbar. Inwiefern Wechselwirkungen mit den somatischen Nacken-Schulter-Arm-Schmerzen, bedingt durch eine Nervenläsion sowie ein Karpaltunnelsyndrom, zu Unrecht unberücksichtigt geblieben wären, lässt sich nicht ersehen. Das kantonale Gericht hat für das Bundesgericht verbindlich, da nicht offensichtlich unrichtig, festgestellt, dass die Beschwerdeführerin allein aus somatischer Sicht in einer leidensangepassten Tätigkeit voll arbeitsfähig sei. Soweit schliesslich geltend gemacht wird, dass nur berufliche Eingliederungsmassnahmen Rückschlüsse auf die Arbeitsfähigkeit (vor allem aus psychiatrischer Sicht) zuliessen, wird beschwerdeweise nicht weiter ausgeführt, inwiefern es dem Gutachten diesbezüglich an Schlüssigkeit und der Vorinstanz an einer zuverlässige Grundlage für die Beurteilung gefehlt hätte.
6.
Was das für die Frage der Verwertbarkeit der Restarbeitsfähigkeit massgebliche Alter betrifft (s. BGE 138 V 457), wird bestritten, dass auf den Zeitpunkt des Gutachtens des Dr. med. G.________ vom 4. April 2017 abzustellen sei. Die Beschwerdeführerin sei nach seiner Einschätzung lediglich zu 50 und nicht zu 100 %, wie von der Vorinstanz angenommen, arbeitsfähig gewesen. Dem ist entgegenzuhalten, dass Dr. med. G.________ angab, mit entsprechender psychiatrischer, auch medikamentöser, Therapie sei eine Steigerung auf 100 % innert acht bis zehn Wochen zu erreichen. Damit ist nicht als bundesrechtswidrig zu beanstanden, wenn die Vorinstanz im vorliegenden Fall von einem massgeblichen Alter von 60 Jahren ausging. Für das Bundesgericht verbindlich sind des Weiteren auch die Feststellungen, dass der Beschwerdeführerin noch ein breites Spektrum an Hilfstätigkeiten offenstehe und dass sie über eine Ausbildung als Schuhmacherin sowie eine langjährige Berufserfahrung in verschiedenen Tätigkeiten verfüge. Schliesslich wird beschwerdeweise nicht substanziiert, inwiefern sich ihre Belastbarkeit anhand des psychiatrischen Gutachtens nicht zuverlässig hätte beurteilen lassen beziehungsweise ihre Persönlichkeitsstruktur einer Selbsteingliederung entgegenstünde. Die vom Bundesgericht frei überprüfbare (BGE 140 V 267 E. 2.4 S. 270; Urteil 8C_28/2017 vom 19. Juni 2017 E. 1.3) Schlussfolgerung des kantonalen Gerichts, dass der weiterhin zu 100 % arbeitsfähigen Versicherten die Verwertung ihrer Restarbeitsfähigkeit auf einem ausgeglichenen Arbeitsmarkt (vgl. Art. 16 ATSG) trotz ihres fortgeschrittenen Alters zuzumuten sei, lässt sich mit Blick auf die diesbezüglich restriktive Praxis nicht als bundesrechtswidrig beanstanden. Hat das kantonale Gericht die Verwertbarkeit der Arbeitsfähigkeit trotz des fortgeschrittenenen Alters der Rentengesuchstellerin zu Recht bejaht, vermag sie aus dem Prinzip "Eingliederung vor Rente" keinen Anspruch auf berufliche Massnahmen abzuleiten, der der Rentenablehnung entgegenstünde.
7.
In erwerblicher Hinsicht wird der angefochtene Entscheid nicht beanstandet und gibt keinen Anlass zu Weiterungen.
8.
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 BGG). Die Gerichtskosten werden der unterliegenden Beschwerdeführerin auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 7. März 2019
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Das präsidierende Mitglied: Frésard
Die Gerichtsschreiberin: Durizzo