Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
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9C_241/2018
Urteil vom 2. April 2019
II. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin,
Bundesrichter Meyer, Parrino,
Gerichtsschreiber Attinger.
Verfahrensbeteiligte
IV-Stelle des Kantons Zürich,
Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
Beschwerdeführerin,
gegen
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Michael Grimmer,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Invalidenversicherung (Rückerstattung unrechtmässig bezogener Kinderrenten; Verwirkung),
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich
vom 7. Februar 2018 (IV.2016.00965).
Sachverhalt:
A.
Die IV-Stelle des Kantons Zürich sprach dem 1950 geborenen A.________ ab Dezember 2013 eine ganze Rente der Invalidenversicherung zu (Verfügung vom 9. Mai 2014). Darin eingeschlossen waren zwei Kinderrenten, die eine für B.________, den 2006 geborenen Sohn seiner Ehefrau C.________. Diese Kinderrente wurde ausgerichtet, obwohl aus den vom Versicherten ausgefüllten Formularen und seinen Begleitschreiben mannigfach hervorging, dass B.________ erstens der Stiefsohn von A.________ ist und zweitens nicht im Haushalt der Eheleute in der Schweiz, sondern in der thailändischen Heimat seiner Mutter bei Verwandten lebt. Anfang 2015 meldete sich der Versicherte als Nichterwerbstätiger bei der Ausgleichskasse des Kantons Zürich an. Als er sich im August 2015 für die Altersrente anmeldete, erkannten IV-Stelle und Ausgleichskasse, dass die Voraussetzung der Hausgemeinschaft von Hauptrentenbezüger und Stiefsohn gar nie erfüllt war und die IV-Kinderrente für B.________ demzufolge von Beginn weg zu Unrecht ausgerichtet worden war. Nach Vorbescheid vom 1. Juni 2016 hob die IV-Stelle die Kinderrente mit Verfügung vom 7. September 2016 rückwirkend auf und forderte die unrechtmässig bezogenen Rentenbetreffnisse in Höhe von insgesamt Fr. 18'847.30 von A.________ zurück.
B.
In Gutheissung der dagegen eingereichten Beschwerde hob das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich die Rückerstattungsverfügung wegen Verwirkung vollumfänglich auf (Entscheid vom 7. Februar 2018). Der Anmeldung als Nichterwerbstätiger von Januar 2015 habe A.________ einen Auszug seiner Steuererklärung für das Jahr 2013 beigelegt. Daraus sei hervorgegangen, dass B.________ in Thailand lebe, weshalb die AHV/IV-Behörden bei der gebotenen Aufmerksamkeit bereits damals die Unrechtmässigkeit der für den Stiefsohn ausgerichteten Kinderrente hätten erkennen müssen. Als die IV-Stelle ihren Vorbescheid vom 1. Juni 2016 erlassen habe, sei die einjährige Verwirkungsfrist nach dem Gesagten bereits abgelaufen gewesen.
C.
Die IV-Stelle führt Beschwerde ans Bundesgericht mit dem Antrag auf Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids und Bestätigung ihrer Rückerstattungsverfügung mangels Verwirkung der Rückforderung.
A.________ schliesst auf Abweisung der Beschwerde, während sich das Bundesamt für Sozialversicherungen dazu nicht hat vernehmen lassen.
Erwägungen:
1.
Unter den Verfahrensbeteiligten ist zu Recht unbestritten, dass der Beschwerdegegner für seinen Stiefsohn keinen Anspruch auf Kinderrente hat, weil B.________ nie in die Hausgemeinschaft seiner Mutter und des Versicherten aufgenommen wurde (Art. 49 Abs. 1 AHVV [SR 831.101] in Verbindung mit Art. 25 Abs. 1 und 3 AHVG und Art. 35 Abs. 1 IVG; Urteil H 123/02 vom 24. Februar 2003 E. 2). Ebenfalls nicht streitig ist, dass die zu Unrecht ausgerichtete Kinderrente unabhängig von einem Verschulden des Beschwerdegegners grundsätzlich zurückzuerstatten ist (Art. 25 Abs. 1 erster Satz ATSG [SR 830.1]; vgl. BGE 122 V 134). Im Streite liegt hingegen, ob der Rückforderungsanspruch der Verwaltung verwirkt ist.
2.
2.1. Gemäss Art. 25 Abs. 2 erster Satz ATSG erlischt der Rückforderungsanspruch mit dem Ablauf eines Jahres, nachdem die Versicherungseinrichtung davon Kenntnis erhalten hat, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Jahren nach der Entrichtung der einzelnen Leistung. Bei den genannten Fristen handelt es sich um Verwirkungsfristen (BGE 142 V 20 E. 3.2.2 S. 24; 140 V 521 E. 2.1 S. 525 mit Hinweisen). Im Invalidenversicherungsrecht werden die relative einjährige und die absolute fünfjährige Verwirkungsfrist durch den Erlass eines Vorbescheids im Sinne von Art. 73bis IVV (SR 831.201) gewahrt (BGE 119 V 431 E. 3c S. 434; SVR 2011 IV Nr. 52 S. 155, 8C_699/2010 E. 2).
2.2. Unter der Wendung "nachdem die Versicherungseinrichtung davon Kenntnis erhalten hat", ist der Zeitpunkt zu verstehen, in dem die Verwaltung bei Beachtung der ihr zumutbaren Aufmerksamkeit hätte erkennen müssen, dass die Voraussetzungen für eine Rückerstattung bestehen, oder mit andern Worten, in welchem sich der Versicherungsträger hätte Rechenschaft geben müssen über Grundsatz, Ausmass und Adressat des Rückforderungsanspruchs. Ist für die Leistungsfestsetzung (oder die Rückforderung) das Zusammenwirken mehrerer mit der Durchführung der Versicherung betrauter Behörden notwendig, genügt es für den Beginn des Fristenlaufs, dass die nach der Rechtsprechung erforderliche Kenntnis bei einer der zuständigen Verwaltungsstellen vorhanden ist (BGE 140 V 521 E. 2.1 S. 525; 139 V 6 E. 4.1 S. 8, 106 E. 7.2.1; je mit Hinweisen).
2.3. Auf welchem Wege die Versicherungseinrichtung vom Rückforderungsanspruch Kenntnis erhält, spielt grundsätzlich keine Rolle. So hat sich eine Ausgleichskasse das Wissen um einen zur Rentenrückforderung Anlass gebenden Sachverhalt rechtsprechungsgemäss auch dann anrechnen zu lassen, wenn ihr dieser im Zusammenhang mit der beitragsrechtlichen Erfassung des Rentenbezügers als Nichterwerbstätiger oder als Arbeitgeber zur Kenntnis gelangte (BGE 139 V 6 E. 5.2 S. 10 f.; Urteil I 26/93 vom 25. Oktober 1995 E. 4d).
3.
3.1. Die Vorinstanz hat zutreffend festgestellt, dass hier IV-Stelle und Ausgleichskasse des Kantons Zürich bei der Festsetzung und Auszahlung der Invalidenrente zusammenzuwirken hatten (Art. 57 Abs. 1 lit. c, f und g sowie Art. 60 Abs. 1 lit. a, b und c IVG; BGE 139 V 106 E. 7.2.1 S. 107). Mit Blick auf die in E. 2.2 und 2.3 hievor dargelegte Rechtsprechung ist dem kantonalen Gericht auch insofern beizupflichten, als sich die IV-Stelle das bei der Ausgleichskasse vorhandene Wissen um einen zur Rentenrückforderung Anlass gebenden Sachverhalt auch dann anrechnen lassen müsste, wenn dieser der Kasse im Zusammenhang mit der beitragsrechtlichen Erfassung des Rentenbezügers als Nichterwerbstätiger zur Kenntnis gelangt wäre.
3.2. Ein derartiger Sachverhalt gelangte der Ausgleichskasse im vorliegenden Fall jedoch nicht vor August 2015 zur Kenntnis: Aus der erwähnten Steuererklärung geht zwar hervor, dass B.________ in Thailand lebt. Hingegen fehlt es an jeglichem Hinweis, dass es sich bei ihm um einen Stiefsohn handelt. Vielmehr findet er sich gemeinsam mit D.________, einem leiblichen Sohn des Beschwerdegegners, für den seinerzeit ebenfalls eine Kinderrente ausgerichtet wurde, unter der Rubrik "Kinder ausserhalb Ihres Haushaltes". Angesichts dieser Umstände sah sich die Ausgleichskasse (neben der Erfassung des Beschwerdegegners als Nichterwerbstätiger) zu Recht nicht zu irgendwelchen Weiterungen oder Abklärungen hinsichtlich des (Kinder-) Rentenanspruchs des Versicherten veranlasst. Denn der Umstand, dass der Aufenthaltsort von B.________ von demjenigen des Beschwerdegegners abweicht, ist im vorliegenden Zusammenhang einzig aufgrund seines Status als Stiefsohn relevant (E. 1 hievor am Anfang). So wurde denn in der Steuererklärung auch für den leiblichen Sohn eine Adresse angegeben, welche nicht mit derjenigen des Versicherten übereinstimmt (was für den diesbezüglichen Kinderrentenanspruch keinerlei Konsequenzen zeitigt). Konnte nach dem Gesagten anlässlich der Anmeldung als Nichterwerbstätiger Anfang 2015 von der Ausgleichskasse nicht erwartet werden, dass sie den Rentenanspruch überprüfe oder von der IV-Stelle überprüfen lasse, begann die einjährige Verwirkungsfrist nach Art. 25 Abs. 2 erster Satz ATSG erst im August 2015 zu laufen, als sich der Beschwerdegegner zum Bezug der Altersrente anmeldete. Die Frist war im Zeitpunkt des Vorbescheids vom 1. Juni 2016 noch nicht abgelaufen (vgl. E. 2.1 hievor in fine), weshalb die gegen den Beschwerdegegner gerichtete Rückforderungsverfügung über Fr. 18'847.30 rechtens war.
3.3. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz ist der hier zu beurteilende Fall nicht vergleichbar mit denjenigen, welche der in E. 2.3 angeführten Rechtsprechung zugrundelagen. Dort ging es um Zivilstandsänderungen von Rentenbezügern, welche der Ausgleichskasse im Zusammenhang mit deren beitragsrechtlichen Erfassung zur Kenntnis gelangten. Im Gegensatz zur Auslandsadresse des (nicht als Stiefsohn erkennbaren) Kindes wirkten sich die Änderungen im Zivilstand (Wiederverheiratung eines Witwenrentenbezügers bzw. Scheidung eines IV-Rentners mit Zusatzrente für die Ehefrau) offenkundig auf den Rentenanspruch aus und bildeten somit einen unmittelbar zur Rentenrückforderung Anlass gebenden Sachverhalt.
4.
Der unterliegende Beschwerdegegner trägt die Verfahrenskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 7. Februar 2018 wird aufgehoben und die Rückerstattungsverfügung der IV-Stelle des Kantons Zürich vom 7. September 2016 wird bestätigt.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdegegner auferlegt.
3.
Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten des vorangegangenen Verfahrens an das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich zurückgewiesen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 2. April 2019
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Pfiffner
Der Gerichtsschreiber: Attinger