Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
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8C_775/2018
Urteil vom 24. April 2019
I. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichter Wirthlin, Bundesrichterin Viscione,
Gerichtsschreiber Hochuli.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Fürsprecher Urs Kröpfli,
Beschwerdeführer,
gegen
IV-Stelle des Kantons Thurgau, Rechts- und Einsprachedienst, St. Gallerstrasse 11, 8500 Frauenfeld,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Invalidenversicherung,
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom 22. August 2018 (VV.2018.85/VV.2018.89).
Sachverhalt:
A.
A.a. A.________, geboren 1965, war Geschäftsführer, Creative Director und Inhaber der B.________ AG, welche 2004 in Konkurs fiel. Für die Folgen eines Motorradunfalles vom 21. Juli 2000 erbrachte die Schweizerische Mobiliar Versicherungsgesellschaft (nachfolgend: Mobiliar) die gesetzlichen Leistungen nach UVG. Das Bundesgericht bestätigte den vorinstanzlich bejahten natürlichen und adäquaten Kausalzusammenhang auch hinsichtlich der psychogenen Unfallfolgen (Urteil 8C_484/2007 vom 3. September 2008).
A.b. Am 17. November 2006 meldete sich A.________ bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Gestützt auf die Ergebnisse einer polydisziplinären Expertise der ABI Aerztliches Begutachtungsinstitut GmbH in Basel vom 14. April 2009 (nachfolgend: 1. ABI-Gutachten) verneinte die IV-Stelle des Kantons Thurgau (nachfolgend: IV-Stelle oder Beschwerdegegnerin) einen Leistungsanspruch, weil der Versicherte gemäss ABI-Gutachten sowohl in der angestammten Tätigkeit als Creative Director als auch in einer angepassten, körperlich leichten bis mittelschweren Tätigkeit voll arbeitsfähig sei (Verfügung vom 21. Juni 2010, letztinstanzlich bestätigt durch Urteil 8C_63/2011 vom 27. Mai 2011). Das Revisionsgesuch gegen das zuletzt genannte Urteil wies das Bundesgericht ab (Urteil 8F_20/2012 vom 25. Januar 2013).
A.c. Am 10. Juni 2013 meldete sich A.________ infolge einer geltend gemachten Verschlechterung seines Gesundheitszustandes erneut bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Gestützt auf das im Auftrag der Unfallversicherung erstellte interdisziplinäre Gutachten des Zentrums für Medizinische Begutachtung (ZMB) in Basel vom 28. Mai 2014 (nachfolgend: 1. ZMB-Gutachten) und den Vergleich vom 3./19. September 2014 richtet die Mobiliar dem Versicherten seit 1. Dezember 2010 eine Invalidenrente basierend auf einem Invaliditätsgrad von 70% sowie eine Integritätsentschädigung von 25% aus (Verfügung der Mobiliar vom 19. September 2014).
Mit Vorbescheid vom 20. November 2013 stellte die Invalidenversicherung dem Versicherten die Ausrichtung einer ganzen Invalidenrente ab 1. Dezember 2013 in Aussicht. Gegen den Zeitpunkt des Rentenbeginns wegen verspäteter Anmeldung liess der Versicherte verschiedene Einwände erheben. Am 14. Mai 2014 kündigte die IV-Stelle eine umfassende polydisziplinäre Neubegutachtung an. Daraufhin verwies der Versicherte auf das demnächst zu erwartende, von der Mobiliar veranlasste ZMB-Gutachten. Mit Blick auf das ZMB-Gutachten (Hinweise auf Abusus von Benzodiazepinen, Schmerzmitteln und Ritalin) ging die IV-Stelle am 14. Juli 2014 davon aus, dass eine stationäre Entzugsbehandlung gegebenenfalls zu einer signifikanten Steigerung der Arbeitsfähigkeit führen könnte, weshalb sie weitere medizinische Abklärungen veranlasste. Am 8. September 2014 liess der Versicherte der IV-Stelle die Ergebnisse von Laboruntersuchungen zustellen, welche belegen sollten, dass er den von den ZMB-Gutachtern empfohlenen Entzug bereits erfolgreich absolviert hatte. Ohne auf diese Eingabe Bezug zu nehmen, erteilte die IV-Stelle dem Versicherten im Abklärungsverfahren am 14. November 2014 unter Verweis auf die Sanktionsmöglichkeiten nach Art. 43 Abs. 3 ATSG die Auflage, bis Ende Januar 2015 eine vier- bis sechswöchige stationäre Entzugsbehandlung anzutreten und durchzuführen. Nachdem sich die Parteien über das weitere Vorgehen nicht einigen konnten, liess der Versicherte beim Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau am 12. Dezember 2014 Rechtsverzögerungs- bzw. Rechtsverweigerungsbeschwerde einreichen. Insbesondere gestützt auf die Ausführungen des behandelnden Psychiaters Dr. med. C.________ vom 12. Januar 2014 (recte: 2015) hob die IV-Stelle die Auflage der Durchführung einer stationären Entzugsbehandlung auf und kündigte stattdessen eine Verlaufsbegutachtung im ZMB an. Das ZMB erstattete das zweite Gutachten am 24. August 2015 (nachfolgend: 2. ZMB-Gutachten). Ergänzungsfragen der IV-Stelle beantworteten die ZMB-Gutachter am 3. Dezember 2015. Mit Verfügung vom 2. März 2016 hielt die IV-Stelle am Vorbescheid vom 20. November 2013 fest, wonach der Versicherte infolge verspäteter Anmeldung ab 1. Dezember 2013 bei einem Invaliditätsgrad von 100% Anspruch auf eine ganze Invalidenrente hat. Die hiegegen erhobene Beschwerde des Versicherten hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau am 15. Juni 2016 in dem Sinne gut, als es die Verfügung vom 2. März 2016 aufhob und die Sache zwecks Einholung eines Verlaufsgutachtens bei der ABI und anschliessender Neuverfügung über das Leistungsgesuch an die IV-Stelle zurückwies. Auf die hiegegen erhobene Beschwerde des A.________ trat das Bundesgericht nicht ein (Urteil 8C_509/2016 vom 22. August 2016).
A.d. Die ABI erstattete das neue Gutachten am 7. September 2017 (nachfolgend: 2. ABI-Gutachten). Gestützt darauf verneinte die IV-Stelle nach Durchführung des Vorbescheidverfahrens einen Anspruch auf eine Invalidenrente (Verfügung vom 12. März 2018). Zudem forderte sie vom Versicherten die Rückerstattung der vom 1. Dezember 2013 bis 31. März 2018 zu Unrecht erbrachten Invalidenrente im Umfang von gesamthaft Fr. 123'067.- (Verfügung vom 13. März 2018).
B.
Die hiegegen je separat erhobenen Beschwerden des A.________ vereinigte das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau in einem einzigen Verfahren. In der Folge wies es beide Beschwerden ab (Entscheid vom 22. August 2018).
C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________ beantragen, die IV-Stelle habe ihm unter Aufhebung des angefochtenen Gerichtsentscheids und der beiden Verfügungen vom 12. und 13. März 2018 ab 1. Juli 2010 eine ganze Invalidenrente auszurichten. Eventualiter sei die Sache zur Einholung eines interdisziplinären Obergutachtens an die Vorinstanz zurückzuweisen. Subeventualiter sei die Sache an die IV-Stelle zurückzuweisen zur Einholung einer umfassenden gutachterlichen Stellungnahme des ZMB zum 2. ABI-Gutachten.
Während die IV-Stelle und die Vorinstanz auf Abweisung der Beschwerde schliessen, verzichtet das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) auf eine Vernehmlassung.
Erwägungen:
1.
1.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 f. BGG; BGE 135 II 384 E. 2.2.1 S. 389). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG ).
1.2. Bei den gerichtlichen Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit sowie bei der konkreten Beweiswürdigung handelt es sich um für das Bundesgericht grundsätzlich verbindliche Tatfragen (BGE 132 V 393 E. 3.2 S. 397 ff.). Dagegen sind frei überprüfbare Rechtsfragen (Urteil 9C_70/2019 vom 21. März 2019 E. 1.2 mit Hinweis) die unvollständige Feststellung rechtserheblicher Tatsachen sowie die Missachtung des Untersuchungsgrundsatzes (Art. 43 Abs. 1, Art. 61 lit. c ATSG ) und der Anforderungen an den Beweiswert ärztlicher Berichte und Gutachten (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232; 125 V 351 E. 3a S. 352).
2.
2.1. Das kantonale Gericht hat die für die Beurteilung der Streitsache massgeblichen rechtlichen Grundlagen zutreffend dargelegt. Es betrifft dies namentlich die Voraussetzungen für die Prüfung einer Neuanmeldung (Art. 87 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 2 IVV) und die dazu ergangene Rechtsprechung, wonach - bei Glaubhaftmachung einer (hier interessierenden) Änderung des Invaliditätsgrads in anspruchserheblicher Weise - analog wie bei einem Revisionsfall nach Art. 17 Abs. 1 ATSG vorzugehen ist (BGE 141 V 9 E. 2.3 S. 10 f.; 133 V 108 E. 5 S. 110 ff.; 130 V 71 E. 3.2.3 S. 77, 343 E. 3.5 S. 349; 117 V 198 E. 3a S. 198). Richtig sind auch die Ausführungen zur Bedeutung ärztlicher Auskünfte bei der Invaliditätsschätzung (BGE 140 V 193 E. 3.2 S. 195; 132 V 93 E. 4 S. 99 f.) und zum Beweiswert medizinischer Berichte und Gutachten (BGE 143 V 124 E. 2.2.2 S. 127; 125 V 351 E. 3a S. 352 mit Hinweis). Darauf wird verwiesen.
2.2. Zu ergänzen ist, dass jede wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen, die geeignet ist, den Invaliditätsgrad und damit den Anspruch zu beeinflussen, Anlass zur Rentenrevision gibt. Liegt in diesem Sinne ein Revisionsgrund vor, ist der Rentenanspruch in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht umfassend ("allseitig") und ohne Bindung an frühere Beurteilungen zu prüfen (BGE 141 V 9 E. 2.3 S. 10).
3.
3.1. Strittig ist, ob die Vorinstanz mit Blick auf das Neuanmeldungsgesuch vom 10. Juni 2013 die von der IV-Stelle am 12. März 2018 verfügte Verneinung eines Rentenanspruchs bei gegebener Aktenlage zu Recht bestätigte.
3.2. Fest steht, dass der für die letzte Verneinung eines Leistungsanspruchs gemäss Verfügung vom 21. Juni 2010 ausschlaggebende Sachverhalt materiell rechtskräftig beurteilt ist (Urteile 8C_63/2011 vom 27. Mai 2011 und 8F_20/2012 vom 25. Januar 2013). Die Feststellung des damals massgebenden Gesundheitszustandes basierte auf den Erkenntnissen des 1. ABI-Gutachtens vom 14. April 2009. Dass - und inwiefern - darauf zurückzukommen wäre, macht der Beschwerdeführer vor Bundesgericht zu Recht nicht (mehr) geltend.
3.3. Zu prüfen bleibt demnach einzig, ob zwischen dem 21. Juni 2010 (letzte rechtskräftige Verneinung eines Rentenanspruchs) und dem 12. März 2018 eine anspruchserhebliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes eingetreten ist (vgl. zur zeitlichen Vergleichsbasis für die Beurteilung einer anspruchserheblichen Änderung BGE 133 V 108). Dass sich der Gesundheitszustand des Versicherten nach der ersten ABI-Begutachtung (zumindest) aus psychiatrischer Sicht verschlechtert hat, steht gemäss insoweit unbestrittenem angefochtenem Entscheid fest. Nach Glaubhaftmachung einer anspruchserheblichen Änderung des Invaliditätsgrades ist der Rentenanspruch in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht umfassend zu prüfen (E. 2.2 hievor).
3.4. Strittig blieben demgegenüber insbesondere die konkrete Feststellung der Gesundheitsschäden sowie das Ausmass der daraus resultierenden Einschränkung der Leistungsfähigkeit vor allem in Bezug auf die angestammte Tätigkeit des Beschwerdeführers.
4.
4.1. Die Vorinstanz stellte für die Ermittlung des medizinisch rechtserheblichen Sachverhalts im hier massgebenden Zeitpunkt des Erlasses der Verfügung vom 12. März 2018 (vgl. BGE 131 V 242 E. 2.1 S. 243 mit Hinweis) auf das 2. ABI-Gutachten vom 7. September 2017 ab. Die IV-Stelle hatte dieses - nach ausdrücklicher Anordnung des kantonalen Gerichts gemäss Rückweisungsentscheid vom 15. Juni 2016 (vgl. dazu Urteil 8C_509/2016 vom 22. August 2016) - bei der ABI in Auftrag gegeben. Laut 2. ABI-Gutachten ist der Versicherte in seiner angestammten, hoch beanspruchenden Tätigkeit als Creative Manager und Geschäftsführer nur zu 20% arbeitsunfähig. Ohne beruflliche oder medizinische Eingliederungsmassnahmen seien ihm die meisten leichten bis mittelschweren, adaptierten Tätigkeiten bei voller Arbeitsfähigkeit zumutbar.
4.2. Demgegenüber rügt der Beschwerdeführer, die Vorinstanz habe den Untersuchungsgrundsatz und die Beweiswürdigungsregeln (Art. 61 lit. c ATSG) verletzt, indem sie bei gegebener Aktenlage ohne Einholung eines Obergutachtens auf das 2. ABI-Gutachten abgestellt habe. Angesichts der konkreten Ausgangslage sei von der zweiten ABI-Begutachtung keine ergebnisoffene Neubeurteilung im Sinne der vom kantonalen Gericht beabsichtigten Verlaufsbegutachtung zu erwarten gewesen. Letzteres habe Bundesrecht verletzt, indem es sich trotz widersprüchlicher Erkenntnisse aus den aktenkundigen Expertisen ohne umfassendes Obergutachten allein auf die Ergebnisse des 2. ABI-Gutachtens abstützte. Nach den schlüssigen ZMB-Gutachten sei auch unter Mitberücksichtigung der neuesten Expertisen des Universitätsspitals Zürich vom März und April 2018 jedenfalls von einer höheren Arbeitsunfähigkeit als nur 20% in der angestammten Tätigkeit auszugehen. Zudem sei bei bundesrechtskonformer Würdigung der Aktenlage - abweichend von den ABI-Gutachtern - von einer unfallbedingten hirnorganischen Schädigung auszugehen (2-S.14).
5.
5.1. Das Bundesgericht trat im Verfahren 8C_509/2016 auf die Beschwerde gegen die vorinstanzliche Anordnung der zweiten ABI-Begutachtung gemäss Rückweisungsentscheid vom 15. Juni 2016 praxisgemäss (BGE 133 V 477 E. 4.2 S. 481 f.) nicht ein, weil der Beschwerdeführer keine Gründe vorbrachte, welche ausnahmsweise eine selbstständige Anfechtbarkeit des Zwischenentscheids hätten rechtfertigen können (Urteil 8C_509/2016 vom 22. August 2016; vgl. auch SVR 2018 UV Nr. 35 S. 123, 8C_896/2017 E. 3). Mit Blick auf die Vorbringen des Versicherten ist nunmehr zu prüfen, ob das kantonale Gericht das Ergebnis der zweiten ABI-Begutachtung zu Recht als offen und nicht vorbestimmt betrachten konnte (vgl. Urteile 9C_731/2017 vom 30. November 2017 E. 3.1 i.f. und SVR 2010 IV Nr. 36 S. 112, 9C_893/2009 E. 1.2.1 mit Hinweisen). Das ist dann nicht der Fall, wenn der Experte die Schlüssigkeit seiner früheren Beurteilung zu überprüfen oder objektiv zu kontrollieren hat (Urteil 8C_89/2007 vom 20. August 2008 E. 6.2, in: SVR 2009 IV Nr. 16 S. 41; Urteil 9C_731/2017 vom 30. November 2017 E. 3.1 i.f.).
5.2. Der Beschwerdeführer macht geltend, die ABI-Gutachter hätten unter den gegebenen Umständen anlässlich der zweiten Begutachtung die weitere gesundheitliche Entwicklung seit der ersten ABI-Begutachtung nicht mehr ergebnisoffen beurteilen können. Ob dies schon vor der Auftragserteilung zur zweiten ABI-Begutachtung absehbar war, kann hier - wie nachfolgend (E. 5.3) zu zeigen ist - offenbleiben. Zumindest waren die Vorzeichen einer ergebnisoffenen umfassenden Neubeurteilung hinsichtlich des Verlaufs der gesundheitlichen Entwicklung seit dem 1. ABI-Gutachten nicht optimal. Denn die IV-Stelle hatte sich nach Kenntnisnahme vom 1. ZMB-Gutachten zunächst dafür entschieden, zwecks Abklärung des gesundheitlichen Verlaufs seit der 1. ABI-Begutachtung beim ZMB eine zweite Begutachtung in Auftrag zu geben. Die explorierenden Spezialärzte hatten bereits im 1. ZMB-Gutachten kritisiert, dass anlässlich der ersten ABI-Begutachtung keine dem neuesten Stand der Technik entsprechenden MRI-Untersuchungen des Schädels und keine neuropsychologische Testung durchgeführt worden seien. In ihrem zweiten Gutachten nahmen die ZMB-Experten noch deutlicher Stellung und beanstandeten, die Beurteilung gemäss 1. ABI-Gutachten, wonach der Unfall keine organische Persönlichkeitsveränderung zur Folge gehabt habe, sei nicht nachvollziehbar. In den Akten fänden sich klare fremdanamnestische Angaben, welche für eine solche Persönlichkeitsveränderung sprächen. Auch die mit neueren Methoden durchgeführten MRI-Aufnahmen zeigten klare Hinweise auf eine stattgefundene hirnorganische Traumatisierung. Nach Kenntnisnahme vom 2. ZMB-Gutachten und den ergänzenden Präzisierungen des ZMB vom 3. Dezember 2015 schlossen sich auch die Ärzte des Regionalen Ärztlichen Dienstes (RAD) der Invalidenversicherung den Einschätzungen der ZMB-Gutachter an. In der Folge hielt die IV-Stelle mit Verfügung vom 2. März 2016 am Vorbescheid vom 20. November 2013 fest, wonach der Versicherte ab 1. Dezember 2013 bei einem Invaliditätsgrad von 100% Anspruch auf eine ganze Invalidenrente habe. Nachdem die IV-Stelle mit Verfügung vom 2. März 2016 dem 2. ZMB-Gutachten folgte und sich damit auf den medizinisch deutlich vom 1. ABI-Gutachten abweichenden Standpunkt stellte, war zumindest nicht auszuschliessen, dass die ABI-Gutachter bei der vorinstanzlich angeordneten zweiten Begutachtung auf die Kritik der ZMB-Gutachter am 1. ABI-Gutachten antworten würden.
5.3. Ungeachtet dieser praxisgemäss (vgl. hievor E. 5.1 i.f.) ungünstigen Ausgangslage verletzte das kantonale Gericht Bundesrecht, indem es dem 2. ABI-Gutachten unter den gegebenen Umständen volle Beweiskraft zuerkannte.
5.3.1. Soweit die Vorinstanz insbesondere gestützt auf das 2. ABI-Gutachten die Auffassung vertrat, die psychischen Beeinträchtigungen würden vorwiegend auf subjektiven Vorbringen des Beschwerdeführers und nicht auf objektivierbaren Befunden beruhen, ignoriert diese Feststellung nicht nur die aktenkundigen fremdanamnestischen Angaben der ehemaligen Lebenspartnerin des Versicherten, sondern insbesondere auch die zahlreichen Berichte zu den wiederholten stationären Hospitalisierungen aus psychischen Gründen ab Januar 2004 sowie die ausführlichen Angaben der psychiatrisch behandelnden Fachärzte und Therapeuten. Entgegen der Vorinstanz und den ABI-Gutachtern bestätigen auch die aktuellsten Expertisen des Spitals D.________ zuhanden der Krankenpflegeversicherung vom März und April 2018 unter anderem die von den ZMB-Gutachtern und den behandelnden Ärzten gestellte Diagnose eines organischen Psychosyndroms nach Schädelhirntrauma (ICD-10 F07.2) bzw. einer organischen Persönlichkeitsstörung (ICD-10 F07.0).
5.3.2. Nicht Ausdruck einer ergebnisoffenen und unvoreingenommenen Neubeurteilung sind sodann die Interpretationen der ABI-Gutachter in Bezug auf die anamnestischen Angaben des Versicherten, worauf sie ihre Kritik an den beiden ZMB-Gutachten abstützten. Laut 2. ABI-Gutachten (S. 61) hätte angeblich gereicht, wenn einer der ZMB-Gutachter in den Auszug aus dem individuellen Konto (IK-Auszug) geschaut hätte, um zu erkennen, dass die subjektiven Angaben des Beschwerdeführers zu seiner Arbeitsunfähigkeit unzutreffend gewesen seien. Dabei verkennen die ABI-Gutachter, dass der Versicherte als Geschäftsführer seiner damaligen Firma "B.________ AG" sowohl über ein versichertes AHV-pflichtiges Einkommen gemäss IK-Auszug als auch über einen Lohnfortzahlungsanspruch bei Arbeitsunfähigkeit verfügte. Dennoch wichen die ABI-Gutachter mit ihrer Interpretation der IK-Einträge ohne nachvollziehbare Anhaltspunkte von den im vorderen Teil des ABI-Gutachtens (S. 27) wertungsfrei wiedergegebenen anamnestischen Erläuterungen des Beschwerdeführers ab. So liess Letzterer verlauten, nach dem Unfall im Juli 2000 habe er sein früheres Rendement nicht mehr erreicht. Er sei sein eigener Chef gewesen in seiner Agentur. Niemand habe ihn auf seine Fehler aufmerksam gemacht, bevor seine Firma 2004 in Konkurs gegangen sei. Bis dahin habe er nach dem Unfall "von der Substanz" gelebt, weshalb es schliesslich zum Konkurs kam. Inwiefern sich aus dem IK-Auszug gegenteilige Schlussfolgerungen aufdrängen, legten die ABI-Gutachter nicht dar und ist nicht ersichtlich. Die Angaben des Versicherten stimmen auch mit der Tatsache überein, dass er sich erst im November 2006 erstmals bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug anmeldete (vgl. hievor Sachverhalt lit. A.b). Dies, obwohl er insbesondere in den ersten Monaten und Jahren nach dem Unfall vom 21. Juli 2000 mehrere stationäre Heilbehandlungs- und Rehabilitationsaufenthalte mit entsprechenden Arbeitsausfällen hinzunehmen hatte. Das kantonale Gericht schloss sich zwecks Entkräftung aller abweichenden medizinischen Expertisen und Beurteilungen insbesondere mit Blick auf die beiden ZMB-Gutachten der nicht nachvollziehbaren Kritik laut 2. ABI-Gutachten an, indem es die medizinische Sachverhaltsfeststellung auf die zuletzt genannte Expertise abstützte. Dem angefochtenen Entscheid ist nicht zu folgen, soweit die Vorinstanz das 2. ABI-Gutachten damit als schlüssig und nachvollziehbar erkannt hat.
5.3.3. Angesichts der komplexen unfallbedingten Schädigung des rechten Schultergelenks mit zahlreichen operativen Eingriffen und anhaltenden chronischen Schmerzen sowie mit Blick auf die umfangreiche Dokumentation zu den langjährigen Abklärungs- und Behandlungsbemühungen hinsichtlich der psychischen Beschwerden erscheint unhaltbar, dass die beiden ZMB-Gutachten laut 2. ABI-Gutachten insbesondere in internistischer und psychiatrischer Hinsicht vorwiegend auf subjektiven Angaben des Versicherten beruhen sollen. Dementsprechend trifft die auf dem 2. ABI-Gutachten basierende vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung offensichtlich nicht zu, wonach erstmals rund sieben Jahre nach dem Unfall eine psychiatrisch bedingte Arbeitsunfähigkeit attestiert worden sei. Laut Bericht des Prof. Dr. med. E.________ vom 14. Februar 2004 steht vielmehr fest, dass der Beschwerdeführer bereits am 20. Januar 2004 erstmals wegen akuter Suizidalität bei depressivem Zustandsbild notfallmässig zur stationären Behandlung in die Psychiatrische Klinik F.________ eingewiesen werden musste. Im Übrigen ist das IV-Dossier zu den in den ersten Jahren nach dem Unfall vom 21. Juli 2000 erforderlichen medizinischen Massnahmen offensichtlich lückenhaft, zumal die entsprechenden Akten der Unfallversicherung jedenfalls nicht vollständig ins IV-Dossier integriert wurden. Inwiefern die ABI-Gutachter vor diesem Hintergrund anlässlich der zweiten Exploration im April/Mai 2017 den zusätzlich neu aufgetretenen Aspekten einer zweifachen Retraumatisierung der rechten Schulter durch den zweiten Motorradunfall mit Schädelhirntrauma vom 31. Mai 2016 und einen weiteren Sturz auf die rechte Schulter vom 4. Dezember 2016 angemessen Rechnung trugen, ist bei gegebener Aktenlage nicht abschätzbar.
5.3.4. Indem das kantonale Gericht ausschlaggebend auf das 2. ABI-Gutachten abstellte, hat es demnach Bundesrecht verletzt. Die massgeblich auf einer nicht nachvollziehbaren, einseitigen Interpretation von IK-Einträgen beruhende Kritik der ABI-Gutachter an den beiden gleichwertigen ZMB-Gutachten bildet keine zuverlässige und widerspruchsfreie Grundlage für die Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts hinsichtlich des Gesundheitsschadens und dessen Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit im relevanten Zeitraum zwischen dem 21. Juni 2010 und 12. März 2018 (vgl. E. 3.3 hievor). Mit Blick auf die umfangreiche medizinischen Aktenlage konnte die Vorinstanz nicht ohne Einholung eines gerichtlichen Gutachtens darauf schliessen, dass der Versicherte seit dem 21. Juni 2010 (vgl. E. 3.3 hievor) in seiner anspruchsvollen angestammten Tätigkeit nie in einem anspruchsbegründenden Ausmass in seiner Leistungsfähigkeit eingeschränkt war. Angesichts des in tatsächlicher Hinsicht massgebenden Vergleichszeitpunktes vom 12. März 2018 (vgl. E. 4.1) und der bis dahin mitzuberücksichtigenden Entwicklung des Gesundheitszustandes (vgl. E. 5.3.3 i.f.) ist auch das 2. ZMB-Gutachten vom 24. August 2015 jedenfalls für die aktuellste letzte Periode nicht beweiskräftig. Das gerichtliche Gutachten wird diesem Umstand und insbesondere auch der vorinstanzlichen Kritik an der medizinischen Aktenlage Rechnung tragen, wonach die behandelnden und begutachtenden Ärzte - abgesehen von den ABI-Gutachtern - angeblich ohne objektivierbare Tests und Symptomvalidierungen auf die subjektiven Angaben des Beschwerdeführers abgestellt hätten. Unter den gegebenen Umständen ist die Einholung eines umfassenden und neutralen gerichtlichen Obergutachtens unumgänglich. Die Sache ist daher an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit sie entsprechend verfahre.
6.
Die Rückweisung der Sache zu erneuter Abklärung gilt für die Frage der Auferlegung der Gerichtskosten sowie der Parteientschädigung als vollständiges Obsiegen im Sinn von Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG (Art. 68 Abs. 2 BGG; BGE 141 V 281 E. 11.1 S. 312). Mithin hat die unterliegende IV-Stelle die Gerichtskosten zu tragen und dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung auszurichten.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen und der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom 22. August 2018 aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.
3.
Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2800.- zu entschädigen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 24. April 2019
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Maillard
Der Gerichtsschreiber: Hochuli