Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
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8C_52/2019
Urteil vom 30. April 2019
I. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichterinnen Heine, Viscione,
Gerichtsschreiberin Schüpfer.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Barbara Wyler,
Beschwerdeführerin,
gegen
IV-Stelle des Kantons Zürich,
Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Invalidenversicherung (Rente),
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich
vom 24. Dezember 2018 (IV.2017.00751).
Sachverhalt:
A.
Die 1956 geborene A.________ meldete sich am 14. Oktober 2014 (Eingangsdatum) wegen Schulterproblemen und psychischen Beeinträchtigungen bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die Sozialversicherungsanstalt des Kantons Zürich, IV-Stelle, holte Berichte der behandelnden Ärzte sowie die Akten der Krankentaggeldversicherung ein und führte mit der Versicherten ein Standortgespräch (Protokoll vom 6. November 2014). Zudem veranlasste sie eine polydisziplinäre Untersuchung durch das Zentrum für medizinische Begutachtung, Basel (ZMB). Die Expertise wurde mit Datum vom 11. August 2016 erstattet. Im Vorbescheidverfahren liess A.________ neben einer Invalidenrente auch um die Ausrichtung einer Hilflosenentschädigung ersuchen. Mit Verfügung vom 1. Juni 2017 verneinte die IV-Stelle sowohl den Anspruch auf eine Invalidenrente als auch auf eine Hilflosenentschädigung.
B.
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 24. Dezember 2018 ab.
C.
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen und beantragen, in Aufhebung des angefochtenen Entscheides sei ihr ab 1. April 2014 eine ganze Invalidenrente und eine Entschädigung für eine Hilflosigkeit schweren Grades auszurichten. Eventualiter sei die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit diese über den Antrag betreffend Hilflosenentschädigung befinde. Subeventualiter sei die Sache zu weiteren medizinischen Abklärungen an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen.
Das Bundesgericht führt keinen Schriftenwechsel durch.
Erwägungen:
1.
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss den Art. 95 f. BGG erhoben werden. Eine - für den Ausgang des Verfahrens entscheidende (vgl. Art. 97 Abs. 1 BGG) - vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung kann das Bundesgericht nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht ( Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG ).
Rechtsfragen sind die vollständige Feststellung erheblicher Tatsachen, die Beachtung des Untersuchungsgrundsatzes bzw. der Beweiswürdigungsregeln nach Art. 61 lit. c ATSG und der Anforderungen an den Beweiswert von Arztberichten (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232). Bei den aufgrund dieser Berichte getroffenen Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit und bei der konkreten Beweiswürdigung geht es um Sachverhaltsfragen (nicht publ. E. 1 des Urteils BGE 141 V 585). Frei überprüfbare Rechtsfrage ist hingegen, ob und in welchem Umfang die ärztlichen Feststellungen anhand der Indikatoren nach BGE 141 V 281 auf Arbeitsunfähigkeit schliessen lassen (BGE 141 V 281 E. 7 S. 308; Urteil 8C_613/2018 vom 22. Januar 2019 E. 1.1).
1.2. Eine Sachverhaltsfeststellung ist nicht schon dann offensichtlich unrichtig, wenn sich Zweifel anmelden, sondern erst, wenn sie eindeutig und augenfällig unzutreffend ist (BGE 132 I 42 E. 3.1 S. 44). Es liegt noch keine offensichtliche Unrichtigkeit vor, nur weil eine andere Lösung ebenfalls in Betracht fällt, selbst wenn diese als die plausiblere erscheint (vgl. BGE 129 I 8 E. 2.1 S. 9; Urteil 9C_838/2016 vom 3. März 2017 E. 5.1). Diese Grundsätze gelten auch in Bezug auf die konkrete Beweiswürdigung (Urteil 9C_222/2016 vom 19. Dezember 2016 E. 1.2 mit Hinweis). In diese greift das Bundesgericht auf Beschwerde hin nur bei Willkür (zu diesem Begriff BGE 137 I 1 E. 2.4 S. 5 mit Hinweisen) ein, insbesondere wenn die Vorinstanz offensichtlich unhaltbare Schlüsse zieht, erhebliche Beweise übersieht oder solche grundlos ausser Acht lässt (BGE 132 III 209 E. 2.1 S. 211). Solche Mängel sind in der Beschwerde aufgrund des strengen Rügeprinzips klar und detailliert aufzuzeigen (BGE 130 I 258 E. 1.3 S. 261 f.).
2.
Streitig ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie in Bestätigung der Verfügung der IV-Stelle vom 1. Juni 2017 einen Leistungsanspruch verneinte.
2.1. Das kantonale Gericht hat die rechtlichen Grundlagen betreffend die Erwerbsunfähigkeit (Art. 7 ATSG), die Invalidität (Art. 8 Abs. 1 ATSG, Art. 4 Abs. 1 IVG) und die Beurteilung der Invalidität bei psychischen Erkrankungen (BGE 143 V 418, 141 V 281) zutreffend dargelegt. Gleiches gilt bezüglich des massgebenden Beweisgrads der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (BGE 138 V 218 E. 6 S. 221) und des Beweiswerts von Arztberichten (BGE 125 V 351 E. 3a S. 352). Darauf wird verwiesen.
2.2. Geht es um psychische Erkrankungen wie beispielsweise eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, ein damit vergleichbares psychosomatisches Leiden (vgl. BGE 140 V 8 E. 2.2.1.3 S. 13 f.) oder depressive Störungen leicht- bis mittelgradiger Natur, sind für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit systematisierte Indikatoren beachtlich, die - unter Berücksichtigung leistungshindernder äusserer Belastungsfaktoren einerseits und Kompensationspotentialen (Ressourcen) andererseits - erlauben, das tatsächlich erreichbare Leistungsvermögen einzuschätzen (BGE 143 V 409 und 418; BGE 141 V 281 E. 2 ff. S. 285 ff.).
Rechtsprechungsgemäss liegt allerdings regelmässig dann kein versicherter Gesundheitsschaden vor, wenn die Leistungseinschränkung auf Aggravation oder einer ähnlichen Konstellation beruht. Dies trifft namentlich zu, wenn: eine erhebliche Diskrepanz zwischen den geschilderten Schmerzen oder Einschränkungen und dem gezeigten Verhalten oder der Anamnese besteht; intensive Schmerzen angegeben werden, deren Charakterisierung jedoch vage bleibt; keine medizinische Behandlung und Therapie in Anspruch genommen wird; demonstrativ vorgetragene Klagen auf den Sachverständigen unglaubwürdig wirken; schwere Einschränkungen im Alltag behauptet werden, das psychosoziale Umfeld jedoch weitgehend intakt ist. Nicht per se auf Aggravation weist blosses verdeutlichendes Verhalten hin (BGE 141 V 281 E. 2.2.1 S. 287).
3.
Im angefochtenen Entscheid wird dargelegt, die Gutachter des ZMB hätten übereinstimmend festgehalten, die Beschwerdeführerin habe in keinster Weise kooperiert und damit aussagekräftige Untersuchungen verunmöglicht. Da keine allseitigen und umfassenden Untersuchungen hätten vorgenommen werden können, könne nicht unbesehen auf die Einschätzung der Gutachter abgestellt werden. Aus orthopädischer Sicht bestehe gemäss Expertise eine volle Arbeitsfähigkeit in der angestammten Tätigkeit der Versicherten. Die psychiatrische Gutachterin sei zwar zum Schluss gekommen, es liege eine Einschränkung der gesamten psychischen Funktionsfähigkeit vor. Indessen habe sie gleichzeitig darauf hingewiesen, dass sich aufgrund der Untersuchung keine logische Diagnose stellen liesse. Die Verschlechterung des Gesundheitszustandes nach der Kündigung der Arbeitsstelle und das Verhalten während der Begutachtung würden auf eine massive Aggravation beziehungsweise eine histrionische Verarbeitung hindeuten. Das kantonale Gericht fand in Würdigung der medizinischen Akten zudem ein widersprüchliches Verhalten der Versicherten. Es stellte fest, der Ansicht der psychiatrischen Gutachterin, es liege eine massive Aggravation vor, sei zu folgen. Eine krankheitsbedingte Unmöglichkeit zu Kooperation sei nicht belegt. Damit liege ein Ausschlussgrund für die Annahme einer psychischen Einschränkung der Arbeitsfähigkeit vor. Da aus orthopädischer Sicht eine vollständige Arbeitsfähigkeit in der angestammten Tätigkeit bestehe, sei ein invalidisierender Gesundheitsschaden zu verneinen. Weil die Beschwerdeführerin sämtliche Untersuchungen verunmöglicht habe, sei nicht ersichtlich, inwiefern weitere medizinische Abklärungen neue entscheidrelevante Erkenntnisse liefern könnten.
4.
4.1. Die Beschwerdeführerin bringt unter anderem vor, die Gutachter des ZMB hätten ihr eine 100%ige Arbeitsunfähigkeit in jeder Tätigkeit attestiert. Dieser Beurteilung habe sich auch die Psychiaterin des regionalen ärztlichen Dienstes (RAD) der IV-Stelle angeschlossen. Entgegen dem angefochtenen Entscheid liege keine Aggravation vor. Vielmehr sei es ihr aufgrund ihrer vollständigen psychiatrischen Einschränkungen nicht möglich gewesen, zu kooperieren.
Diesbezüglich stellte das kantonale Gericht fest, im Gutachten vom 11. August 2016 fänden sich keine Belege, welche für eine krankheitsbedingte Unmöglichkeit zur Kooperation sprächen. Eine solche ergebe sich insbesondere auch nicht aus der Bemerkung des internistischen Gutachters. Zwar habe dieser festgehalten, schon bei der Begrüssung werde ersichtlich, dass die Versicherte nicht kooperieren könne. Diese Bemerkung sei jedoch von einem Gutachter erfolgt, der über keine Fachausbildung im Bereich der Psychiatrie verfüge. Aus diesem Grund eigne sie sich nicht, eine krankheitsbedingte Unmöglichkeit zur Kooperation zu belegen. Ein entsprechender Befund oder eine Diagnose, welche für die behauptete Unmöglichkeit sprechen würden, liegen somit nicht vor. Auch die Beschwerdeführerin macht keine solchen geltend. Die Vorinstanz stützte ihre Feststellung, dass das Verhalten der Explorandin bei der Begutachtung nicht auf einen Gesundheitsschaden zurückzuführen, sondern durch Aggravation bedingt war, zusätzlich auf zahlreiche Widersprüche in den Akten. Die Vorbringen in der Beschwerde sind unbehelflich. Die eigenen Darstellungen der Versicherten zu den gutachterlichen Ausführungen vermögen die Beweiswürdigung des kantonalen Gerichts nicht als willkürlich oder unhaltbar erscheinen zu lassen.
4.2. Weiter macht die Beschwerdeführerin geltend, es sei nicht genügend abgeklärt worden, ob tatsächlich von einer Aggravation auszugehen sei. Die IV-Stelle und das kantonale Gericht hätten ihre Abklärungspflicht beziehungsweise den Untersuchungsgrundsatz verletzt, indem sie von einer solchen ausgegangen seien.
4.2.1. Ausgangspunkt der Anspruchsprüfung nach Art. 4 Abs. 1 und Art. 6 ff. IVG sowie insbesondere Art. 7 Abs. 2 ATSG ist die medizinische Befundlage. Eine Einschränkung der Leistungsfähigkeit kann immer nur dann anspruchserheblich sein, wenn sie Folge einer Gesundheitsbeeinträchtigung ist, die fachärztlich einwandfrei diagnostiziert worden ist (BGE 141 V 281 E. 2.1 S. 285 mit Hinweis). Fehlt es daran, hat die Folgen der Beweislosigkeit die materiell beweisbelastete versicherte Person zu tragen (BGE 141 V 281 E. 6 S. 308).
4.2.2. Das kantonale Gericht stützte sich mit seiner Feststellung einer Aggravation auf die Ausführungen der psychiatrischen Gutachterin in der ZMB-Expertise. Weiter hat es zu Recht nicht auf die im Gutachten vom 11. August 2016 genannten Diagnosen und die von den Gutachtern attestierte volle Arbeitsunfähigkeit abgestellt. Die psychiatrische Gutachterin kam aufgrund erheblicher Unstimmigkeiten zum Schluss, aus der Untersuchung liesse sich psychiatrisch kaum eine logische Diagnose ziehen. Die Anamnese sei nicht schlüssig. Kognitive Testungen seien aufgrund fehlender Kooperation nicht möglich gewesen. Die Expertin gelangte einzig aufgrund "fremdanamnestisch glaubhaft" geschilderter Einschränkungen zu ihren Schlussfolgerungen. Von einer schlüssigen und widerspruchsfreien Anspruchsgrundlage kann bei einer ausschliesslich auf fremdanamnestischen Auskünften von Familienmitgliedern beruhenden Diagnose nicht gesprochen werden. Auf der Grundlage des Gutachtens kann damit nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf das Vorliegen eines invalidisierenden Gesundheitsschadens geschlossen werden. Die Vorinstanz hat in vorweggenommener Beweiswürdigung auf die Abnahme weiterer Beweise verzichtet. Diesbezüglich kann einzig Willkür gerügt werden (Urteil 8C_708/2018 vom 26. März 2019 E. 5.3 mit Hinweis auf BGE 136 I 229 E. 5.3 S. 236). Dass die vorinstanzliche antizipierte Beweiswürdigung willkürlich gewesen sein soll, vermag die Beschwerdeführerin nicht in rechtsgenüglicher Weise darzulegen. Aufgrund des unkooperativen Verhaltens der Versicherten (vgl. vorne E. 4.1) kann denn auch von einer weiteren Begutachtung nicht mit neuen Erkenntnissen gerechnet werden. Damit hat das kantonale Gericht einen invalidisierenden Gesundheitsschaden zu Recht verneint.
4.3. Schliesslich rügt die Beschwerdeführerin eine Rechtsverweigerung, weil sich das kantonale Gericht nicht zu ihrem Antrag auf Hilflosenentschädigung geäussert habe.
Dass aus somatischer Sicht eine Hilflosigkeit vorliegen würde, ist nicht ersichtlich und wird von der Beschwerdeführerin auch nicht geltend gemacht. Gemäss Art. 42 Abs. 3 IVG muss für die Annahme einer Hilflosigkeit einer Person, die nur in ihrer psychischen Gesundheit beeinträchtigt ist, mindestens ein Anspruch auf eine Viertelsrente gegeben sein. Da weder in somatischer noch in psychischer Hinsicht ein invalidisierender Gesundheitsschaden vorliegt, musste sich die Vorinstanz nicht zu den Leistungen der Invalidenversicherung und somit auch nicht zu einer solchen auf Hilflosenentschädigung äussern. Eine Rechtsverweigerung liegt damit nicht vor.
5.
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 30. April 2019
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Maillard
Die Gerichtsschreiberin: Schüpfer