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Original
 
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
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9C_594/2018
Urteil vom 6. Mai 2019
II. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin,
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Glanzmann,
Gerichtsschreiberin N. Möckli.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Oskar Gysler,
Beschwerdeführerin,
gegen
IV-Stelle des Kantons Zürich,
Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Invalidenversicherung (Invalidenrente; Neuanmeldung),
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich
vom 22. Juni 2018 (IV.2017.00596).
Sachverhalt:
A.
A.a. Mit Verfügung vom 11. Februar 2015 verneinte die IV-Stelle des Kantons Zürich einen Leistungsanspruch der 1970 geborenen, zuletzt als Mitarbeiterin in der Produktion tätigen A.________. Betreffend das Leistungsgesuch der Versicherten vom 5. März 2015 verfügte die IV-Stelle am 4. Juni 2015 dessen Abweisung.
A.b. Im Dezember 2015 meldete sich A.________ insbesondere unter Hinweis auf das IQ-Abklärungsergebnis erneut zum Leistungsbezug bei der Invalidenversicherung an. Darauf trat die IV-Stelle nach Rücksprache mit dem Regionalen Ärztlichen Dienst (RAD; Stellungnahmen vom 2. Februar bzw. 14. April 2016 und 23. März 2017) nicht ein (Vorbescheid vom 3. Mai 2016, Verfügung vom 11. April 2017).
B.
Die dagegen erhobene Beschwerde hiess das Sozialversicherungsgericht mit Entscheid vom 22. Juni 2018 insoweit teilweise gut als in der angefochtenen Verfügung auf das Leistungsbegehren um berufliche Eingliederung nicht eingetreten wurde und wies die Angelegenheit in diesem Punkt an die IV-Stelle zurück. Im Übrigen wies es die Beschwerde ab.
C.
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen und beantragen, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben, soweit damit der Leistungsanspruch abgewiesen worden sei. Es sei ihr eine ganze Invalidenrente zuzusprechen. Ferner sei festzustellen, dass infolge Nichtbehandlung der Beschwerden vom 4. März 2015 und 2. Juli 2015 eine formelle Rechtsverweigerung vorliege. Eventualiter sei die Angelegenheit zu weiteren Abklärungen zurückzuweisen.
Die Beschwerdegegnerin lässt auf Abweisung der Beschwerde schliessen. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Stellungnahme.
Erwägungen:
1.
1.1. Streitgegenstand im vorliegenden Verfahren ist (BGE 134 V 418 E. 5.2.1 S. 426; 131 V 164 E. 2.1; 125 V 413 E. 1a S. 414), ob der angefochtene Entscheid vom 22. Juni 2018, der die Verfügung vom 11. April 2017 bestätigte, Bundesrecht verletzt, indem die Eingabe der Beschwerdeführerin von Dezember 2015 als Neuanmeldung qualifiziert und darauf nicht eingetreten worden war. Der beschwerdeführerische Antrag auf eine IV-Rente liegt somit ausserhalb des durch den vorinstanzlichen Entscheid bestimmten Anfechtungsgegenstandes. Aus der Beschwerdebegründung geht jedoch hervor, dass die Beschwerdeführerin generell eine materiell-rechtliche Prüfung des Rentenanspruchs durch die IV-Stelle fordert. Insoweit ist auf die Beschwerde einzutreten.
1.2. Im Übrigen wird angesichts des Verfahrensausgangs offengelassen, inwiefern auf die anderen Rechtsbegehren mit Blick auf Art. 99 Abs. 2 BGG sowie den Anfechtungsgegenstand einzutreten ist. Ebenfalls kann darauf verzichtet werden zu prüfen, ob die Vorbringen der Beschwerdeführerin gegen die Rechtsbeständigkeit der Verfügungen vom 11. Februar 2015 bzw. 4. Juni 2015 auf unzulässigen Noven beruhen (Art. 99 Abs. 1 BGG), ist gemäss dem nachfolgend Erwogenen (E. 3) doch ohnehin eine massgebende Veränderung seit der letzten materiellen Anspruchsprüfung mit der Verfügung vom 11. Februar 2015 glaubhaft.
2.
2.1. Die Neuanmeldung wird - analog einem Gesuch um Leistungsrevision - nur materiell geprüft, wenn die versicherte Person glaubhaft macht, dass sich die tatsächlichen Verhältnisse seit der letzten, rechtskräftigen Entscheidung in einem für den Rentenanspruch erheblichen Mass verändert haben (Art. 87 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 2 IVV; BGE 130 V 71 E. 2.2 S. 72 mit Hinweisen). Gelingt ihr dies nicht, so wird auf das Gesuch nicht eingetreten. Ist die anspruchserhebliche Änderung glaubhaft gemacht, ist die Verwaltung verpflichtet, auf das neue Leistungsbegehren einzutreten und es in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht umfassend zu prüfen (vgl. BGE 117 V 198 E. 4b S. 200). Mit dem Beweismass des Glaubhaftmachens sind herabgesetzte Anforderungen an den Beweis verbunden; die Tatsachenänderung muss also nicht nach dem im Sozialversicherungsrecht sonst üblichen Grad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (BGE 126 V 353 E. 5b S. 360) erstellt sein. Es genügt, dass für das Vorhandensein des geltend gemachten rechtserheblichen Sachumstandes wenigstens gewisse Anhaltspunkte bestehen, auch wenn durchaus noch mit der Möglichkeit zu rechnen ist, bei eingehender Abklärung werde sich die behauptete Änderung nicht erstellen lassen. Erheblich ist eine Sachverhaltsänderung, wenn angenommen werden kann, der Anspruch auf eine Invalidenrente (oder deren Erhöhung) sei begründet, falls sich die geltend gemachten Umstände als richtig erweisen sollten (SVR 2016 IV Nr. 57 S. 188, 9C_367/2016 E. 2.2 mit Hinweisen).
2.2. Ob eine anspruchserhebliche Änderung im Sinne von Art. 87 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 2 IVV glaubhaft gemacht ist, ist eine Tatfrage (Urteil 8C_325/2016 vom 31. August 2016 E. 2.2 mit Hinweisen). Die diesbezügliche vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung kann das Bundesgericht nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG). Frei zu beurteilende Rechtsfrage ist hingegen, wie hohe Anforderungen an das Glaubhaftmachen im Sinne von Art. 87 Abs. 3 IVV zu stellen sind (Urteil 8C_325/2016 vom 31. August 2016 E. 2.2 mit Hinweisen).
3.
3.1. Die IV-Stelle hielt in der Verfügung vom 11. Februar 2015 fest, die Beschwerdeführerin sei ab dem 1. Dezember 2014 in ihrem angestammten Beruf (Produktionsmitarbeiterin bei der B.________ AG) wieder voll arbeitsfähig; es liege keine Invalidität im Sinne von Art. 8 ATSG vor. Die Vorinstanz kam im angefochtenen Entscheid zum Schluss, es bestünden keine Anhaltspunkte für eine Verschlechterung des Gesundheitszustands und auch die erwerblichen Auswirkungen seien seit dieser Verfügung vom 11. Februar 2015 gleich geblieben. Im Zusammenhang mit dem Anspruch auf berufliche Massnahmen schloss das kantonale Gericht dagegen eine gesundheitlich bedingte Invalidität nicht aus. Es ist widersprüchlich einerseits von einem gleich gebliebenen Sachverhalt seit der Verfügung vom 11. Februar 2015, mit der eine Invalidität verneint worden ist, auszugehen und andererseits betreffend die beruflichen Massnahmen eine Invalidität anzunehmen. Dieser Widerspruch resultiert aus einer offensichtlich unrichtigen Rechtsanwendung durch die Vorinstanz: Gemäss dem angefochtenen Entscheid soll es der Beschwerdeführerin trotz ihrer geringen Intelligenz (weiterhin) möglich sein, ihre bisherige Tätigkeit oder einer anderen intellektuell wenig anspruchsvollen Arbeit nachzugehen. Diese Formulierung lässt offen, ob dieser Umstand nach wie vor mit dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit gegeben ist oder ob nicht doch Anhaltspunkte vorliegen, die gegen diese Annahme sprechen.
3.2. Die Beschwerdeführerin bestreitet, vermittlungsfähig zu sein und über eine Leistungsfähigkeit in der freien Wirtschaft zu verfügen.
Gemäss den Akten kündigte die B.________ AG der Beschwerdeführerin per 31. Dezember 2014. In der Folge war es dieser nicht mehr möglich, im ersten Arbeitsmarkt Fuss zu fassen. Diesbezüglich sind ab März 2015 erhebliche Probleme dokumentiert. Dr. med. C.________, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, legte dar, die Beschwerdeführerin sei wegen der Intelligenz mit dem Bewerben überfordert, diese verstehe die Formulare nicht und sei nicht in der Lage, sich zu bewerben (Berichte vom 3. März 2015, 4. März 2015 und 21. März 2015). Das Regionale Arbeitsvermittlungszentrum (RAV) erkannte in der Folge, die Beschwerdeführerin sei nicht vermittlungsfähig, da diese nicht in der Lage sei, sich gemäss ihren Richtlinien zu bewerben. Die Akten zeigen, dass sich die vorinstanzliche Schlussfolgerung, der Beschwerdeführerin sollte es möglich sein, ihre bisherige Tätigkeit oder einer anderen intellektuell wenig anspruchsvollen Arbeit nachzugehen, im hier massgebenden Zeitpunkt nicht rechtsgenüglich erstellen lässt. Daran ändert die Stellungnahme des RAD vom 2. Februar bzw. 14. April 2016 nichts, enthält diese zu diesem Thema keine Aussage, wurde darin doch lediglich ausgeführt, der Beschwerdeführerin sei die letzte Tätigkeit in der Produktion möglich, ohne zu berücksichtigen, dass die Beschwerdeführerin diese Anstellung per 31. Dezember 2014 verloren hat (vgl. auch RAD-Stellungnahme vom 23. März 2017). Es bestehen somit konkrete Anhaltspunkte nach der Verfügung vom 11. Februar 2015, die darauf hinweisen, dass sich die erwerblichen Auswirkungen, die im Zusammenhang mit der Intelligenzminderung stehen, nach der erhaltenen Kündigung per 31. Dezember 2014 verändert haben.
Die IV-Stelle hat daher auf die Neuanmeldung von Dezember 2015 einzutreten. Sie hat eine umfassende medizinische und berufliche Abklärung zu veranlassen, und gestützt darauf sind die Leistungsansprüche der Beschwerdeführerin erneut zu prüfen.
4.
Ausgangsgemäss hat die Beschwerdegegnerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG) und der Beschwerdeführerin eine Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 2 BGG).
Das Bundesgericht erkennt:
1.
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 22. Juni 2018 und die Verfügung der IV-Stelle des Kantons Zürich vom 11. April 2017 werden aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verfügung im Sinne der Erwägungen an die Beschwerdegegnerin zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.
3.
Die Beschwerdegegnerin hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'800.- zu entschädigen.
4.
Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten und der Parteientschädigung des vorangegangenen Verfahrens an das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich zurückgewiesen.
5.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 6. Mai 2019
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Pfiffner
Die Gerichtsschreiberin: Möckli