Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
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9C_786/2018
Urteil vom 13. Mai 2019
II. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin,
Bundesrichterin Glanzmann, Bundesrichter Parrino,
Gerichtsschreiberin N. Möckli.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Volker Pribnow,
Beschwerdeführer,
gegen
IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Invalidenversicherung (Invalidenrente),
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 24. September 2018 (IV.2017.00131).
Sachverhalt:
A.
Der seit 1998 als selbständiger Unternehmensberater tätige A.________ meldete sich im August 2007, nachdem sein Psychiater Dr. med. B.________ und der Vertrauensarzt der Krankentaggeldversicherung Dr. med. C.________, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, die Arbeitsfähigkeit aufgrund einer schweren Depression als aufgehoben einstuften (Bericht des Dr. med. C.________ vom 2. Februar 2007), bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die weiteren Untersuchungen bei Dr. med. D.________, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie am 4. Februar 2008 (Bericht vom 21. April 2008) und dem Regionalen Ärztlichen Dienst (RAD) am 4. April 2008 (Bericht vom 22. April 2008) bestätigten dieses Krankheitsbild.
Im Januar 2009 erstattete die Krankentaggeldversicherung gegen den Versicherten wegen des Verdachts auf Versicherungsbetrug Strafanzeige. Dieses Verfahren wurde am 12. September 2013 eingestellt (vgl. auch Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich vom 26. Mai 2014). In der Folge holte die IV-Stelle des Kantons Zürich ein medizinisches Gutachten bei der MEDAS Zentralschweiz ein, welches am 6. Januar 2016 erstattet wurde. Nach durchgeführtem Vorbescheidverfahren verneinte die Verwaltung mit Verfügung vom 13. Dezember 2016 einen Leistungsanspruch des Versicherten.
B.
Die dagegen erhobene Beschwerde hiess das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich insoweit teilweise gut, als dass es vom 1. August 2007 bis 31. Juli 2008 einen Anspruch auf eine ganze Rente erkannte (Entscheid vom 24. September 2018).
C.
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen und beantragen, der vorinstanzliche Entscheid sei insoweit aufzuheben, als ihm ab 1. August 2007 und bis auf weiteres eine ganze Rente zuzusprechen sei.
Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung.
Erwägungen:
1.
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).
2.
Die Vorinstanz hat die gesetzlichen Bestimmungen über den Begriff der Invalidität (Art. 8 Abs. 1 ATSG), insbesondere auch bei psychischen Leiden (BGE 143 V 409 und 418), sowie den Umfang des Rentenanspruchs ( Art. 28 Abs. 1 und 2 IVG bzw. Art. 28 Abs. 1 IVG in der bis zum 31. Dezember 2007 gültigen Fassung) und den Beginn des Rentenanspruchs (Art. 29 IVG in der bis zum 31. Dezember 2007 gültigen Fassung) richtig wiedergegeben. Richtig erwähnt der angefochtene Entscheid ferner, dass einer rückwirkend verfügten befristeten oder abgestuften Rente Revisionsgründe unterlegt sein müssen (BGE 133 V 263 E. 6.1 S. 263), wobei sich der Zeitpunkt der Herauf-, Herabsetzung oder Aufhebung der Rente nach Art. 88a IVV bestimmt (BGE 121 V 264 E. 6b/dd S. 275 mit Hinweis). Darauf ist zu verweisen.
3.
3.1. Die Vorinstanz stellte fest, die diagnoserelevanten Befunde liessen von August 2006 bis April 2008 auf eine schwer ausgeprägte depressive Episode schliessen und die Prüfung der einzelnen Indikatoren führe zum Schluss, dass auf die medizinische Beurteilung einer vollständigen Leistungsunfähigkeit abgestellt werden könne. Der Krankheitsverlauf zwischen Mai 2008 und Januar 2015 sei zwar nicht dokumentiert, es könne jedoch mit Blick auf die gute Prognose in den Berichten der Dres. med. D.________ und C.________ sowie der Angaben im beweiskräftigen Gutachten vom 6. Januar 2016, wonach alsdann keine vollständige Arbeitsunfähigkeit mehr vorgelegen habe, überwiegend wahrscheinlich davon ausgegangen werden, dass sich eine Verbesserung einstellt habe, was sich u.a. der Tagesstruktur entnehmen lasse. Für den Zeitraum ab Februar 2015 sei auf das Gutachten vom 6. Januar 2016 abzustellen, wonach kein Gesundheitsschaden ausgewiesen sei, der eine Arbeitsunfähigkeit begründe.
3.2. Der Beschwerdeführer bringt im Wesentlichen vor, die Festsetzung einer Verbesserung des psychischen Gesundheitszustandes ab Mai 2008 sei willkürlich, weil diese Annahme auf einer Prognose beruhe, die nicht fachärztlich überprüft worden sei. Auch das Gutachten vom 6. Januar 2016 erbringe den Nachweis einer erheblichen Veränderung nicht, da dieses keine verwertbare Aussage zur Arbeitsfähigkeit beinhalte.
4.
4.1. Gemäss der gutachterlichen Einschätzung erkrankte der Beschwerdeführer im August 2006 an einer schweren depressiven Episode, welche bis im April 2008 noch nicht vollständig remittiert war. Der psychiatrische Gutachter erachtete für diesen Zeitraum eine volle Arbeitsunfähigkeit als ausgewiesen. Vor dieser medizinischen Einschätzung sowie dem Bericht des RAD vom 22. April 2008, indem noch eine schwere depressive Störung diagnostiziert wurde, ist die Feststellung der Vorinstanz n icht offensichtlich unrichtig, der Beschwerdeführer habe von August 2006 bis April 2008 an einer schwer ausgeprägten depressiven Episode gelitten. Auch die vorinstanzliche Erwägung, die Standardindikatoren stützten die medizinische Einschätzung einer aufgehobenen Arbeitsfähigkeit, verletzt kein Bundesrecht: Gemäss den verbindlichen Sachverhaltsfeststellungen des kantonalen Gerichts bestand dannzumal neben der im Sommer 2006 entwickelten massiven Depression eine ressourcenhemmende Belastung mit den Beschwerden aufgrund der HWS-Distorsion im März 2007, die sozialen Kontakte beschränkten sich auf die Familie, und wesentliche Alltagsaktivitäten bestanden nicht, insbesondere hat der Beschwerdeführer ausweislich der Akten in diesem Zeitraum sein Büro nicht regelmässig aufgesucht.
4.2. Die Vorinstanz erwog weiter, das Gutachten vom 6. Januar 2016 sei beweiskräftig und danach bestehe kein invalidisierender Gesundheitsschaden mehr.
Der Gutachter stellte basierend auf seinen psychiatrischen Untersuchungen vom 19. August 2015 und 24. September 2015 lediglich noch eine höchstens leichtgradige depressive Episode fest und stufte diese als ohne wesentliche Einschränkung der Arbeitsfähigkeit ein. Diese lege artis gewonnene Einschätzung des Gutachters überzeugt umfassend, weshalb entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers mit dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit spätestens seit der Begutachtung kein invalidisierender Gesundheitsschaden mehr vorliegt.
4.3. Im Nachfolgenden ist zu prüfen, ob das kantonale Gericht Bundesrecht verletzt hat, indem es eine Verbesserung bereits ab Mai 2008 als ausgewiesen erachtete und anhand der Standardindikatoren schloss, dass kein invalidisierender Gesundheitsschaden mehr bestand.
4.3.1. Der Krankheitsverlauf des Versicherten zeigte bereits im Februar 2008 eine teilweise Remission der psychischen Beschwerden. Dr. med. D.________ erhob bei seiner Untersuchung vom 4. Februar 2008 noch eine mittelgradige depressive Episode, und Dr. med. B.________ legte im Bericht vom 8. Februar 2008 dar, es bestehe eine mittelgradige bis gelegentlich schwere depressive Episode. Vergleichbares führte Dr. med. B.________ in seiner Zeugeneinvernahme am 21. Dezember 2010 aus, so habe sich der Gesundheitszustand des Versicherten seit September 2007 tendenziell verbessert. Im Vergleich zum Krankheitsbeginn habe sich der Zustand klinisch um etwa 50 % gebessert, inwieweit eine vielleicht theoretische Restarbeitsfähigkeit von ca. 50 % umsetzbar wäre, sei jedoch offen. Damit vereinbar sind die gutachterlichen Ausführungen in der Expertise vom 11. November 2015, dass während des Strafverfahrens (Strafanzeige vom 12. Januar 2009 und Einstellungsverfügung vom 12. September 2013 bzw. Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich vom 26. Mai 2014) keine schwere Depression mehr vorgelegen habe, da sich ansonsten unter der Belastung des Strafverfahrens eine höhere Vulnerabilität hätte zeigen müssen.
4.3.2.
4.3.2.1. In Übereinstimmung mit dieser gesundheitlichen Verbesserung präsentierte sich - wie die Vorinstanz zutreffend feststellte - in der Folge auch ein deutlich anderes Aktivitätsniveau als in der Phase von August 2006 bis April 2008 (vgl. E. 4.1). Bei der Observation durch den Krankentaggeldversicherer im Juni und Juli 2008 sowie der anschliessenden polizeilichen Überwachung (telefonische Überwachung vom 9. August 2008 bis 9. Februar 2009; Auswertung der Internetdaten vom 15. April 2009 bis 2. Juli 2009; polizeiliche Observation vom 15. bis 24. April 2009) zeigte sich, dass der Beschwerdeführer nun täglich mehrere Stunden in seinem Büro verbrachte. Der Beschwerdeführer gab bei der Einvernahme durch die Staatsanwaltschaft am 22. November 2011 auch zu, im Juni 2008 sei er "sicher etwa 10 Stunden im Büro" gewesen. Im Zeitraum vom 9. August 2008 bis 9. Februar 2009 konnten über die vom Beschwerdeführer und seiner Gesellschaften registrierten Telefonnummern 4'977 Telefonverbindungen zu 238 verschiedenen Kontakten im In- und Ausland registriert werden. Diese müssen dem Beschwerdeführer angerechnet werden, denn Mitarbeiter beschäftigte dieser in diesem Zeitraum keine mehr. Diese Tagesstruktur mit seinen Aktivitäten lässt auf vorhandene Ressourcen des Beschwerdeführers schliessen. Daran ändert nichts, dass dem Beschwerdeführer keine gewinnbringende erwerbliche Tätigkeit nachgewiesen werden konnte, zeigte sich doch bereits rund zwei Jahre vor Krankheitsausbruch ein deutlicher Einkommens-/Gewinneinbruch, sodass der Beschwerdeführer mit seinem Privatvermögen sein Unternehmen unterstützen musste (Ermittlungsbericht der Kantonspolizei Zürich vom 8. Oktober 2010; Auszug aus dem individuellen Konto). Nach Einstellung des Strafverfahrens hat der Beschwerdeführer zudem zahlreiche Reisen (Oman, Bangkok, Phuket, Singapur, Florenz) unternommen, was auch auf Ressourcen hinweist.
4.3.2.2. Neben den zahlreichen telefonischen Kontakten verfügte der Beschwerdeführer über eine soziale Integration mit persönlichen Beziehungen, die sich, soweit ersichtlich, nicht wesentlich von jenen vor Krankheitsausbruch unterscheidet (vgl. Auskunft der Ehefrau vom 24. September 2015und die Einschätzung des Gutachters, wonach der Beschwerdeführer eher ein Einzelgänger sei : Er besuchte seine Freundin und hatte einen guten Kontakt zu seinen Kindern. Auch diesbezüglich bestehen somit keine Hinweise auf eine eingeschränkte Leistungsfähigkeit.
4.3.2.3. Das kantonale Gericht stellte weiter fest, der Beschwerdeführer habe sich noch niederfrequent durch Dr. med. B.________ behandeln lassen und auf die Inanspruchnahme von stationären therapeutischen Optionen verzichtet. Es schliesst daraus auf einen geringen Leidensdruck. Diese Feststellungen sind auch vor dem Hintergrund, dass eine komplexe psychopharmakologische Behandlung stattgefunden hat, nicht offensichtlich unrichtig.
4.3.2.4. Andere die Leistungsfähigkeit einschränkende Umstände stellte weder die Vorinstanz fest noch macht der Beschwerdeführer geltend, dass solche ab Mai 2008 noch vorgelegen haben. Zusammenfassend ist somit zu schliessen, dass sich die schwere Depression ab Februar 2008 allmählich zurückbildete. Der Beschwerdeführer war nach Februar 2008 in der Lage mit Arbeitsversuchen zu beginnen und im Juni 2008 hatte er bereits wieder eine hohe Präsenz im Büro. Es ist somit aufgrund dieser Umstände mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ausgewiesen, dass sich die von Dr. med. med. C.________ im Bericht vom 2. Februar 2007 und Dr. med. D.________ im Bericht vom 21. April 2008 prognostizierte gesundheitliche Verbesserung realisiert hat. Mit Blick auf die Standardindikatoren ist aus juristischer Sicht auf eine uneingeschränkte Arbeitsfähigkeit zu schliessen. Der Einwand des Beschwerdeführers, eine Arbeitsfähigkeit sei medizinisch nicht belegt, vermag daran nichts zu ändern. Denn die Frage, ob ein psychisches Leiden eine rentenbegründende Invalidität zu bewirken vermag, ist rechtlicher Natur (BGE 141 V 281 E. 7 S. 308; Urteil 8C_181/2018 vom 7. August 2018 E. 1).
4.4. Nach dem Dargelegten verletzt der angefochtene Entscheid kein Bundesrecht, indem darin ab Mai 2008 auf eine gesundheitliche Verbesserung geschlossen und betreffend die Folgezeit ein invalidisierender Gesundheitsschaden verneint wurde.
5.
Der Beschwerdeführer unterliegt mit seiner Beschwerde, weshalb er die Gerichtskosten zu tragen hat (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Das Bundesgericht erkennt:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 13. Mai 2019
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Pfiffner
Die Gerichtsschreiberin: Möckli