Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
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9C_362/2019
Urteil vom 21. Juni 2019
II. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin,
Bundesrichterinnen Glanzmann, Moser-Szeless,
Gerichtsschreiber Fessler.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
gegen
IV-Stelle Bern,
Scheibenstrasse 70, 3014 Bern,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Invalidenversicherung,
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 2. April 2019 (200 17 1075 IV).
Sachverhalt:
A.
A.a. A.________ meldete sich im November 2011 bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle Bern klärte die gesundheitlichen und erwerblichen Verhältnisse ab. Im Juni 2017 ordnete sie eine (zweite) polydisziplinäre Begutachtung an, woran sie mit Verfügung vom 8. November 2017 festhielt. Dagegen erhob der Versicherte Beschwerde, wobei er um unentgeltliche Rechtspflege und Sistierung des Verfahrens bis zur Einigung mit seiner Rechtsschutzversicherung hinsichtlich deren Leistungspflicht ersuchte. Mit Verfügung vom 3. Januar 2018 wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, beide Begehren ab. Mit Urteil 9C_136/2018 vom 6. August 2018 hob das Bundesgericht Dispositiv-Ziffer 3 (unentgeltliche Rechtspflege), 4 (Kostenvorschuss) und 5 (Sistierung) dieses Erkenntnisses auf und wies die Sache an die Vorinstanz zurück, damit sie im Sinne der Erwägungen verfahre.
A.b. Mit Verfügung vom 9. Januar 2019 hob der Instruktionsrichter des kantonalen Verwaltungsgerichts die längstens bis Ende 2018 belassene Sistierung des Verfahrens auf und wies das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ab. Die dagegen erhobene Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wies das Bundesgericht mit Urteil 9C_128/2019 vom 18. März 2019 ab, soweit es darauf eintrat.
A.c. Mit Eingabe vom 1. April 2019 teilte A.________ mit, die Rechtsschutzversicherung habe die Übernahme der gesamten Prozesskosten zugesichert; ein Rechtsanwalt habe sich bereit erklärt, für ihn tätig zu werden. Er ersuchte um Sistierung des Verfahrens, damit der Rechtsvertreter die Beschwerde verbessern könne.
B.
Mit Entscheid vom 2. April 2019 wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, die Beschwerde des A.________ gegen die Verfügung vom 8. November 2017 ab, soweit darauf einzutreten war.
C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt A.________ in der Hauptsache unter anderem, der Entscheid vom 2. April 2019 sei aufzuheben und es sei ihm für das kantonale Verfahren eine anwaltliche Vertretung zu ermöglichen, "damit das Recht auf rechtskundige Eingaben gewahrt werden kann". Weiter ersucht er um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren und darum, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zu erteilen.
Erwägungen:
1.
1.1. Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter anderem wegen Verletzung von Bundesrecht erhoben werden (Art. 95 lit. a BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zu Grunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig [wie die Beweiswürdigung willkürlich; BGE 142 II 433 E. 4.4 S. 444] ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG; vgl. auch Art. 97 Abs. 1 BGG).
1.2. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden. Es kann - im Rahmen der den Parteien obliegenden Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 sowie Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 138 I 171 E. 1.4 S. 176; 133 II 249 E. 1.4.1 und E. 1.4.2 S. 254 mit Hinweisen) - die Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen oder mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (BGE 134 V 250 E. 1.2 S. 252; 132 II 257 E. 2.5 S. 262; Urteil 9C_335/2018 vom 16. Januar 2019 E. 2.2).
2.
2.1. Der angefochtene Entscheid ist ein - selbständig eröffneter - Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG. Die Beschwerde ist somit nur zulässig, wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (Abs. 1 lit. a) oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (Abs. 1 lit. b), welcher Tatbestand hier indessen nicht in Betracht fällt. Dies gilt auch in Bezug auf die von der Vorinstanz verneinte Frage, ob dem gemäss Eingabe des Beschwerdeführers vom 1. April 2019 von der Rechtsschutzversicherung als Rechtsvertreter akzeptierten Rechtsanwalt Gelegenheit zur (allfälligen) Beschwerdeergänzung zu geben war (vgl. Urteil 1B_170/2017 vom 9. Juni 2017 E. 1.1-2).
2.2. Der nicht wieder gutzumachende Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG ist rechtlicher Natur, wobei die blosse Möglichkeit genügt, dass ein solcher besteht (BGE 137 V 314 E. 2.2.1 S. 317). Das setzt voraus, dass er durch einen späteren günstigen Entscheid nicht oder nicht mehr vollständig behoben werden kann. Soweit der nicht wieder gutzumachende Nachteil nicht offenkundig ist, hat die Beschwerde führende Partei darzutun, dass ein solcher gegeben ist (BGE 141 III 80 E. 1.2 S. 81; Urteil 9C_136/2018 vom 6. August 2018 E. 2.2).
3.
3.1. Auf die Beschwerde kann von vornherein nicht eingetreten werden, soweit sie den Fragenkatalog betrifft, welcher den Experten im Rahmen der im Juni 2017 angeordneten, mit Verfügung vom 8. November 2017 bestätigten polydisziplinären Begutachtung vorzulegen ist. Nach der Rechtsprechung können Entscheide kantonaler Versicherungsgerichte oder des Bundesverwaltungsgerichts betreffend Modalitäten der Anordnung einer Begutachtung von hier nicht interessierenden Ausnahmen (formelle Ablehnung von Experten) abgesehen nicht an das Bundesgericht weitergezogen werden (BGE 138 V 271; Urteil 9C_336/2017 vom 19. Juni 2017). Daran ändert die Aufhebung des IV-Rundschreibens Nr. 339 vom 9. September 2015, welches im Anhang einen "Fragenkatalog in Form eines für die IV-Stellen verbindlichen Auftrags für die medizinische Begutachtung in der Invalidenversicherung" enthielt, nichts. Die gemäss dem IV-Rundschreiben vom 3. Januar 2018 neu massgebenden Anhänge VI, VII, VIII des Kreisschreibens über das Verfahren in der Invalidenversicherung (KSVI) werden im Rahmen der im Grundsatz unbestrittenen Begutachtung selbstredend zu beachten sein.
3.2. Im Weitern ist fraglich, ob hinsichtlich der von der Vorinstanz abgelehnten Ansetzung einer Frist zur Beschwerdeergänzung durch den von der Rechtsschutzversicherung akzeptierten anwaltlichen Rechtsvertreter ein nicht wiedergutzumachender Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG gegeben ist. Der Beschwerdeführer bringt diesbezüglich einzig vor, es könne entscheidend sein, dass "der mandatierte Anwalt die korrekte Rechtslage und den korrekten Sachverhalt darlegen kann". Damit nimmt er offensichtlich Bezug auf die Aussage im Urteil 9C_136/2018 vom 6. August 2018 E. 3.1, wonach unter dem Gesichtspunkt der Erfolgsaussichten eine rechtsgenügliche Beschwerde nicht gleichgesetzt werden kann mit einer rechtskundig (optimal) begründeten Beschwerde. Die Frage kann aus den nachstehenden Gründen offenbleiben.
4.
4.1. Die Vorinstanz hat eine Ergänzung der Beschwerde als nicht nötig erachtet, weil sie rechtsgenüglich begründet sei und der Beschwerdeführer seine Sicht der Dinge namentlich in der Eingabe vom 27. Februar 2019) habe darlegen können. Es komme dazu, dass das Bundesgericht im Urteil 9C_128/2019 vom 18. März 2019 E. 5.3.2 festgehalten habe, eine weitere Sistierung des Verfahrens widerspräche dem Beschleunigungsgebot. Im Übrigen habe der Beschwerdeführer bereits am 8. März 2019 Kenntnis davon erhalten, dass seine Rechtsschutzversicherung die ganzen Anwaltskosten (einschliesslich Einarbeitungsaufwand) übernehme, was er nicht umgehend, sondern erst nach Eröffnung des Urteils 9C_128/2019 vom 18. März 2019 mitgeteilt habe. Ebenso sei er offensichtlich nicht besorgt gewesen, dass sein Anwalt sofort Kenntnis von den Akten erhielt. Ein derartiges Verhalten sei rechtsmissbräuchlich, widerspreche Treu und Glauben, sodass eine Fristansetzung zur Beschwerdeergänzung auch deswegen nicht erteilt werden könne.
4.2. Der Beschwerdeführer rügt, die Argumentation der Vorinstanz verletze in der Begründung und im Ergebnis sein Recht auf anwaltliche Vertretung, auf Behandlung nach Treu und Glauben, auf Waffengleichheit und ein faires Verfahren sowie seinen Anspruch auf rechtliches Gehör. Dabei verweist er auf Art. 5 Abs. 3 und Art. 9 BV , Art. 29 Abs. 1 und 2 BV sowie Art. 6 Ziffer 1 EMRK. Mit seinen Vorbringen, soweit sie den qualifizierten Begründungsanforderungen bei Verfassungsrügen genügen (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254), vermag er indessen keine Rechtsverletzung darzutun.
4.2.1. Wie das Bundesgericht im Urteil 9C_136/2018 vom 6. August 2018 E. 4.1 erkannt hat, darf ein kantonales Versicherungsgericht über das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege nicht vorab entscheiden und es hat das Verfahren auf entsprechenden Antrag zu sistieren, wenn zwischen dem Rechtsuchenden und seiner Rechtsschutzversicherung Meinungsverschiedenheiten in Bezug auf die Erfolgsaussichten der Beschwerde als eine Voraussetzung für die Übernahme des Prozesskostenrisikos bestehen, welche nicht vor Ablauf der Rechtsmittelfrist beigelegt werden können. Schranke bildet das Beschleunigungsgebot nach Art. 29 Abs. 1 BV und Art. 61 lit. a ATSG. Die Auffassung der Rechtsschutzversicherung betreffend die Erfolgsaussichten des Prozesses bindet das Gericht nicht; es kann sich insofern nicht anders verhalten als bei einem nicht anwaltlich vertretenen Rechtsuchenden, der die unentgeltliche Rechtspflege beantragt. Dem Begehren ist nur zu entsprechen, wenn das Rechtsmittel bei summarischer Prüfung nicht aussichtslos ist (Urteile 2C_590/2018 vom 8. Mai 2019 E. 3.2 und 8C_941/2015 vom 15. Februar 2016 E. 2.2; vgl. auch Art. 29 Abs. 3 BV) oder nicht (offensichtlich) begründet.
4.2.2. Die Vorinstanz hat in E. 3.1-3 des angefochtenen Entscheids dargelegt, dass die Kritik betreffend die im Grundsatz unbestrittene polydisziplinäre Begutachtung (Fragenkatalog, Auswahl[-Verfahren] der Gutachterstelle, Qualifikation der Experten) unbegründet ist. Aufgrund ihrer Erwägungen, denen der Beschwerdeführer lediglich seine eigene Rechtsauffassung entgegenhält, ohne darauf Bezug zu nehmen und sich damit auseinanderzusetzen, was nicht genügt (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 138 I 171 E. 1.4 S. 176), muss die Beschwerde gegen die Verfügung vom 8. November 2017 als aussichtslos bezeichnet werden. Es verletzt daher kein (Bundes-) Recht, dass die Vorinstanz keine Frist zur Beschwerdeergänzung angesetzt hat.
4.3. Nach dem Gesagten hält der angefochtene Entscheid im Ergebnis (E. 1.2) vor Bundesrecht Stand. Die Beschwerde, soweit zulässig, ist unbegründet.
5.
Mit dem Entscheid in der Sache ist die Frage der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde gegenstandslos.
6.
Von der Erhebung von Gerichtskosten ist abzusehen (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist somit obsolet.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 21. Juni 2019
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Pfiffner
Der Gerichtsschreiber: Fessler