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Original
 
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
[img]
9C_274/2019
Urteil vom 17. Juli 2019
II. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin,
Bundesrichterin Glanzmann, Bundesrichter Parrino,
Gerichtsschreiber Fessler.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
gegen
Sozialversicherungsamt Schaffhausen,
AHV-Ausgleichskasse,
Oberstadt 9, 8200 Schaffhausen,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Ergänzungsleistung zur AHV/IV,
Beschwerde gegen den Entscheid
des Obergerichts des Kantons Schaffhausen
vom 2. April 2019 (63/2018/42).
Sachverhalt:
A.
A.________ bezog ab 1. November 2017 Ergänzungsleistungen (EL) zur Altersrente der AHV. Im April 2018 verlegte er den Wohnsitz von X.________ nach Schaffhausen Mit Verfügung vom 7. Juni 2018 verneinte das Sozialversicherungsamt Schaffhausen, AHV-Ausgleichskasse, einen EL-Anspruch ab 1. Mai 2018, woran es mit Einspracheentscheid vom 31. Juli 2018 festhielt.
B.
Die Beschwerde des A.________ wies das Obergericht des Kantons Schaffhausen mit Entscheid vom 2. April 2019 ab.
C.
A.________ hat Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erhoben mit dem Rechtsbegehren, der Entscheid des kantonalen Obergerichts vom 2. April 2019 sei aufzuheben, und das Sozialversicherungsamt Schaffhausen, AHV-Ausgleichskasse, sei zu verpflichten, ihm die Ergänzungsleistungen zur AHV ab 11. April 2018 auszurichten.
Erwägungen:
1.
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter anderem wegen Verletzung von Bundesrecht erhoben werden (Art. 95 lit. a BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zu Grunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig [wie die Beweiswürdigung willkürlich; BGE 142 II 433 E. 4.4 S. 444] ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG; vgl. auch Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG; zur Rüge- und Begründungspflicht der Parteien Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG sowie BGE 138 I 171 E. 1.4 S. 176 und BGE 133 II 249 E. 1.4.1 und E. 1.4.2 S. 254).
2.
Streitgegenstand bildet der Anspruch des Beschwerdeführers auf Ergänzungsleistungen zur Altersrente der AHV ab 1. Mai 2018 (bis 31. Dezember 2018; BGE 128 V 39). Dabei stellt sich einzig die Frage, ob ein Verzichtsvermögen nach Art. 11 Abs. 1 lit. g ELG anzurechnen ist.
3.
Die jährliche Ergänzungsleistung entspricht dem Betrag, um den die anerkannten Ausgaben die anrechenbaren Einnahmen übersteigen (Art. 9 Abs. 1 ELG). Als Einnahmen angerechnet werden unter anderem Einkünfte und Vermögenswerte, auf die verzichtet worden ist (Art. 11 Abs. 1 lit. g ELG). Der anzurechnende Betrag von Vermögenswerten, auf die verzichtet worden ist, wird jährlich um 10'000 Franken vermindert (Art. 17a Abs. 1 ELV). Nach der Rechtsprechung ist der Tatbestand des Art. 11 Abs. 1 lit. g ELG erfüllt, wenn der Anspruchsberechtigte ohne rechtliche Verpflichtung und ohne adäquate Gegenleistung auf Einkünfte oder Vermögen verzichtet hat (BGE 140 V 267 E. 2.2 S. 270; 131 V 329 E. 4.2 S. 332; Urteil 9C_31/2018 vom 23. Mai 2018 E. 6.1.1). Bei Vorliegen einer ausserordentlichen Abnahme des Vermögens hat die EL-ansprechende Person im Rahmen ihrer Mitwirkungspflicht bei der Abklärung des rechtserheblichen Sachverhalts (Art. 43 Abs. 1 und Art. 61 lit. c ATSG i.V.m. Art. 2 ATSG und Art. 1 Abs. 1 ELG; BGE 121 V 204 E. 6c S. 210) darzutun bzw. diejenigen Tatsachen zu behaupten und soweit möglich auch zu belegen, die überwiegend wahrscheinlich einen Vermögensverzicht ausschliessen (Urteil 9C_904/2011 vom 5. März 2012 E. 4.2).
4.
Die Beschwerdegegnerin berücksichtigte bei der Berechnung des EL-Anspruchs ab 1. Mai 2018 einen Vermögensverzicht in der Höhe von Fr. 529'700.-, was die Vorinstanz im Wesentlichen mit folgender Begründung bestätigt hat: Der Beschwerdeführer bestreite den von der Beschwerdegegnerin berechneten Vermögensrückgang von 1998 bis 2007 von insgesamt Fr. 917'127.- nicht. Unter Berücksichtigung, dass er gegenüber den Steuerbehörden für die Jahre 2000 bis 2006 ein Gesamteinkommen von mehr als Fr. 500'000.- deklariert habe, resultiere selbst bei geltend gemachten Lebenshaltungskosten von jährlich Fr. 108'000.- für die Jahre 2001 bis 2007 ein beträchtlicher Vermögensrückgang von rund Fr. 450'000.-. Sodann belege der Beschwerdeführer seine Darstellungen zu seinen Anlagegeschäften, welche ohnehin mit erheblichen Widersprüchen behaftet seien, nicht, sondern er mache geltend, alle diesbezüglichen Unterlagen seien nicht mehr vorhanden. Gegenüber der vorher zuständig gewesenen EL-Durchführungsstelle (Sachverhalt lit. A) habe er angegeben, mit dem im Januar 1998 bezogenen Pensionskassenguthaben von netto Fr. 922'251.- anfangs spekuliert zu haben, bis er 2000 zur Bank B.________ gewechselt hätte. Im Ergebnis sei dem Beschwerdeführer der Nachweis nicht gelungen, dass die Vermögensabnahme von 1998 bis 2007 mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf schlechte Börsengeschäfte bzw. nicht spekulative Anlagegeschäfte zurückzuführen war.
5.
5.1. Der Beschwerdeführer bringt vor, im Zeitraum von 1998 bis 2007 hätten die Lebenshaltungskosten jährlich Fr. 88'500.- betragen. Die Altersrente der AHV (ab 1. November 2001) und das Erwerbseinkommen aus Mandaten verschiedener Auftraggeber hätten sich auf rund Fr. 60'000.- belaufen. Durch diese "Budgetentlastungen" sei der Wertverlust der 1998 getätigten Aktienanlagen (ca. Fr. 850'000.-) in den Jahren 2000 bis 2003 von rund 50 % aufgewogen worden. Zudem seien von 1998 bis 2004 Zinsen für die Hypothek auf der 2005 verkauften Liegenschaft zu bezahlen gewesen. Ab 2008 habe er wieder eine regelmässige Erwerbstätigkeit aufgenommen. Unter diesen Umständen könne kein Vermögensverzicht angenommen werden, da er auch rechtlich verpflichtet gewesen sei, alle Ausgabenposten zu bezahlen.
Damit nimmt der Beschwerdeführer eine eigene Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung vor und er legt dar, welche rechtlichen Schlüsse daraus zu ziehen sind, ohne sich mit den diesbezüglichen Erwägungen im angefochtenen Entscheid auseinanderzusetzen, womit er seiner Begründungspflicht nicht genügt (E. 1). Abgesehen davon übersieht er, dass die Vorinstanz sogar unter der Annahme von Lebenshaltungskosten von jährlich Fr. 108'000.- für die Jahre 2001 bis 2007 einen Vermögensrückgang von rund Fr. 450'000.- festgestellt hat (E. 4).
5.2. Wie der Beschwerdeführer sodann geltend macht, sind "Geldanlagen vom Prinzip her immer mit gewissen unvorhersehbaren Risiken verbunden". Die Anlage von Vermögen an sich stellt denn auch keinen Vermögensverzicht dar (Urteil 9C_904/2011 vom 5. März 2012 E. 4.1). Ebenso ist, wie er vorbringt, im Regelbeweismass (hier der überwiegenden Wahrscheinlichkeit) Spielraum vorhanden, der es dem Gericht gestattet, auf Beweisschwierigkeiten des Leistungsansprechers Rücksicht zu nehmen (BGE 121 V 204 E. 6b S. 207). In diesem Zusammenhang weist er darauf hin, wegen der Aufbewahrungsfrist von zehn Jahren hätten keine weiteren Steuer- und Bankunterlagen eingeholt werden können. Aus diesen Vorbringen ergibt sich indessen nichts zu seinen Gunsten:
Wie die Vorinstanz festgestellt hat, hatte der Beschwerdeführer - nach eigenen Angaben - mit dem im Januar 1998 bezogenen Pensionskassenguthaben anfangs spekuliert. Diese Sachverhaltsfeststellung ist nicht bereits deshalb offensichtlich unrichtig und damit für das Bundesgericht nicht verbindlich (E. 1), wenn davon ausgegangen wird, er habe "unter Anweisung der Bank gehandelt" bzw. das Vermögen "auf Rat der Bankberater vor allem in Aktien" angelegt, wie er geltend macht. Ein solches Mandat schliesst (hoch-) risikoreiche Anlagen nicht aus (zur Aufklärungspflicht der Banken in Bezug auf Verlustrisiken Urteil 4A_301/2007 vom 31. Oktober 2007 E. 2.3 mit Hinweisen, in: SJ 2008 I S. 149). Abgesehen davon ist über die Ausgestaltung der Geschäftsbeziehungen mit der damaligen Bank des Beschwerdeführers nichts bekannt. Davon hängt indessen entscheidend ab, inwiefern er sich das Anlageverhalten des oder der Beauftragten im ergänzungsleistungsrechtlichen Kontext anrechnen lassen muss (Urteil 9C_904/2011 vom 5. März 2012 E. 4.1).
5.3. Nach dem Gesagten ist von einem Verzichtsvermögen von mindestens Fr. 450'000.- auszugehen (E. 4 und 5.1). Es kann offenbleiben, ob darüber hinaus ein Vermögensverzicht (von höchstens Fr. 529'700.-; Art. 107 Abs. 1 BGG) vorliegt. Auch bei einem Vermögen von Fr. 450'000.-, auf welches im Sinne von Art. 11 Abs. 1 lit. g ELG verzichtet worden ist, resultiert ein Einnahmenüberschuss. Die Beschwerde ist somit unbegründet.
6.
Ausgangsgemäss wir der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Obergericht des Kantons Schaffhausen und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 17. Juli 2019
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Pfiffner
Der Gerichtsschreiber: Fessler