Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Original
 
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
[img]
2C_114/2018
Urteil vom 18. Juli 2019
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Seiler, Präsident,
Bundesrichter Zünd,
Bundesrichterin Aubry Girardin,
Bundesrichter Donzallaz,
Bundesrichter Stadelmann,
Gerichtsschreiber Matter.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Markus Weidmann,
gegen
Steuerverwaltung des Kantons Zug,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Direkte Bundessteuer 2007 bis 2016; Staats- und Gemeindesteuer des Kantons Zug 2007 bis 2016,
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug, Abgaberechtliche Kammer, vom 28. November 2017 (A 2016 21).
Sachverhalt:
A.
A.________ war bis zum 15. Juni 2007 in U.________/ZG gemeldet, ehe er sich nach Dubai in die Vereinigten Arabischen Emirate abmeldete. Am 5. Juli 2012 erliess die Steuerverwaltung des Kantons Zug eine Domizilverfügung, wonach der Steuerpflichtige seinen Wohnsitz bis zum 15. Juni 2007 in U.________/ZG, von da an in Zug/ZG hatte.
B.
Nachdem die Stadt und der Kanton Luzern gegenüber A.________ mit Domizilverfügung und Einspracheentscheid die unbeschränkte Steuerhoheit ab der Periode 2007 in Anspruch genommen hatten, wandte sich das Kantonsgericht Luzern im Rahmen des Beschwerdeverfahrens an die Eidgenössische Steuerverwaltung und ersuchte um Klärung der schweizerischen sowie der kantonalen Veranlagungszuständigkeit. Diese Klärung dränge sich auf, da der Betroffene seine Steuerpflicht in den Kantonen Luzern und Zug bestreite, im Kanton Graubünden über Grundeigentum verfüge, sich aber allein im Ausland als unbeschränkt steuerpflichtig erachte.
Mit Feststellungsentscheid vom 20. Mai 2015 erwog die Eidgenössische Steuerverwaltung, dass der Kanton Zug gegenüber dem Pflichtigen für die Veranlagung der direkten Bundessteuer zwischen dem 15. Juni 2007 und zum 31. Dezember 2012 zuständig sei. Die im Kanton Luzern erfolgte Inanspruchnahme der unbeschrankten Steuerhoheit sei nichtig.
C.
Am 28. Juni 2017 wies die Steuerverwaltung des Kantons Zug eine Einsprache von A.________ gegen die Domizilverfügung vom 5. Juli 2012 ab und befand, dessen unbeschränkte Steuerpflicht liege hinsichtlich der direkten Bundessteuer und der Staatssteuer im Kanton bzw. in der Stadt Zug, was vom 16. Juni 2007 bis Ende Dezember 2012, zudem noch während den Perioden 2013 bis und mit 2016 zu gelten habe. Gegen den Einspracheentscheid gelangte der Betroffene erfolglos an das Verwaltungsgericht des Kantons Zug.
D.
Am 1. Februar 2018 hat A.________ Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht eingereicht. Er beantragt, das verwaltungsgerichtliche Urteil vom 28. November 2017 aufzuheben und festzustellen, dass er für die Zeit ab dem 15. Juni 2007 in der Schweiz für die direkte Bundessteuer nicht steuerpflichtig sei, ebensowenig im Kanton bzw. in der Stadt Zug für Kantons- und Gemeindesteuern. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an das Verwaltungsgericht des Kantons Zug zurückzuweisen.
E.
Die Steuerverwaltung des Kantons Zug hat auf eine Vernehmlassung verzichtet. Das Verwaltungsgericht des Kantons Zug stellt den Antrag, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Ebenfalls auf Abweisung schliesst die Eidgenössische Steuerverwaltung für den Bereich der direkten Bundessteuer.
Erwägungen:
I. Prozessuales
1.
1.1. Das angefochtene Urteil ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts, die unter keinen der Ausschlussgründe von Art. 83 BGG fällt. Der Steuerpflichtige ist zur Beschwerde legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG). Auf das frist- und formgerecht eingereichte Rechtsmittel ist einzutreten.
1.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, dieser sei offensichtlich unrichtig oder beruhe auf einer Rechtsverletzung im Sinn von Art. 95 BGG (Art. 105 Abs. 2 BGG). Die betroffene Person muss rechtsgenügend dartun, dass und inwiefern der festgestellte Sachverhalt in diesem Sinn mangelhaft erscheint und die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG i.V.m. Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG). Rein appellatorische Kritik an der Sachverhaltsermittlung und Beweiswürdigung genügt den Begründungs- und Rügeanforderungen nicht (vgl. BGE 139 II 404 E. 10.1 S. 445 mit Hinweisen).
II. Direkte Bundessteuer
2.
2.1. Aus Art. 108 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer (SR 642.11; DBG) ergibt sich: Ist der Ort der Veranlagung im Einzelfall ungewiss oder streitig, so wird dieser Ort, wenn mehrere Kantone in Frage kommen, von der Eidgenössischen Steuerverwaltung bestimmt. Deren Verfügung unterliegt der Beschwerde nach den allgemeinen Bestimmungen über die Bundesrechtspflege.
2.2. In Anwendung von Art. 108 DBG und auf Ersuchen der Steuerbehörden des Kantons Luzern entschied die Eidgenössische Steuerverwaltung im vorliegenden Fall mit Feststellungsentscheid vom 20. Mai 2015 über den interkantonalen Zuständigkeitskonflikt zwischen den Kantonen Zug und Luzern (zusätzlich allenfalls noch Graubünden) und wies die Besteuerungskompetenz dem Kanton Zug zu.
2.3. Vorfrageweise klärte der Entscheid die internationale Zuständigkeit zugunsten der Schweiz. Das erfolgte entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers, der geltend machte, seine persönliche Zugehörigkeit habe sich während den massgeblichen Steuerperioden in den Arabischen Emiraten befunden.
Dieser Entscheid erwuchs unangefochten in Rechtskraft.
2.4. Vor Bundesgericht wendet der Beschwerdeführer ein, der Feststellungsentscheid der Eidgenössischen Steuerverwaltung sei nichtig, weil er - namentlich aufgrund einer falschen Auslegung von Art. 108 DBG - durch eine nicht zuständige Behörde erlassen worden sei. Deshalb könne ihm, auch wenn er unangefochten geblieben sei, keinerlei Rechtskraft zukommen.
Welche Bedeutung der Feststellungsentscheid der EStV vom 20. Mai 2015 im vorliegenden Verfahren hat, kann unter den gegebenen Umständen offen bleiben. Denn das Verwaltungsgericht hat für den Fall, dass der Feststellungsentscheid der Eidgenössischen Steuerverwaltung sich als nichtig erweisen sollte, seine Würdigung des Einzelfalls auf eine Begründung gestützt, die vom genannten Entscheid der Bundesbehörde vollumfänglich unabhängig ist (vgl. E. 5 einleitend des angefochtenen Urteils und unten E. 3 - 5).
3.
3.1. Noch vor dem Entscheid der Eidgenössischen Steuerverwaltung erging nämlich die Domizilverfügung, mit der die Steuerverwaltung des Kantons Zug am 5. Juli 2012 für die direkte Bundessteuer (wie für die Staatssteuer, vgl. dazu unten E. 6) festlegte, dass die persönliche Zugehörigkeit des Beschwerdeführers zwischen dem 16. Juni 2007 und Ende Dezember 2012 im Kanton und in der Stadt Zug lag. Diese Beurteilung wurde auf Einsprache hin auch für die Perioden 2013 bis und mit 2016 für bundesrechtskonform eingestuft. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht den Einspracheentscheid - auch unabhängig vom Feststellungsentscheid vom 20. Mai 2015 (vgl. oben E. 2.4) - bestätigt und seiner Prüfung die gültigen gesetzlichen Bestimmungen sowie die dazu ergangene bundesgerichtliche Rechtsprechung zugrunde gelegt (vgl. zum Ganzen u.a. BGE 132 I 29 E. 4.1 S. 35 f.; 125 I 54 E. 2a S. 56; 123 I 289 E. 2b S. 294; Urteil 2C_472/2010 vom 18. Januar 2011 E. 2.1 u. 2.2 in: StR 66/2011 S. 425; je m.w.H.).
3.1.1. Gemäss Art. 3 Abs. 1 DBG sind natürliche Personen aufgrund persönlicher Zugehörigkeit steuerpflichtig, wenn sie ihren steuerrechtlichen Wohnsitz oder Aufenthalt in der Schweiz bzw. im Kanton haben. Einen solchen Wohnsitz hat eine Person, wenn sie sich hier mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält oder wenn ihr das Bundesrecht hier einen besonderen gesetzlichen Wohnsitz zuweist (Art. 3 Abs. 2 DBG).
Als Wohnsitz einer Person gilt der Ort, an dem sich faktisch der Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen befindet. Dieser bestimmt sich nach der Gesamtheit der objektiven, äusseren Umstände, aus denen sich diese Interessen erkennen lassen, nicht nach den bloss erklärten Wünschen der steuerpflichtigen Person. Der steuerrechtliche Wohnsitz ist insofern nicht frei wählbar; eine bloss affektive Bevorzugung des einen oder anderen Ortes fällt nicht ins Gewicht.
3.1.2. Für eine Wohnsitzverlegung (vgl. Art. 8 Abs. 2 DBG) genügt es nicht, die Verbindungen zum bisherigen Wohnsitz zu lösen. Massgeblich ist vielmehr, dass nach den gesamten Umständen ein neuer Wohnsitz begründet worden ist. Niemand kann an mehreren Orten zugleich Wohnsitz haben. Der einmal begründete Wohnsitz bleibt grundsätzlich bis zum Erwerb eines neuen bestehen. Nicht entscheidend ist deshalb in der Regel, wann der Steuerpflichtige sich am bisherigen Wohnort abgemeldet oder diesen verlassen hat. Begibt er sich ins Ausland, bleibt er in der Schweiz steuerpflichtig, bis er nachweisbar im Ausland einen neuen Wohnsitz begründet.
3.1.3. Die Steuerbehörden haben die den Steuerwohnsitz konstituierenden Sachverhaltselemente zwar von Amtes wegen abzuklären (Art. 123 Abs. 1 DBG). Der Steuerwohnsitz ist als steuerbegründende Tatsache grundsätzlich von den Steuerbehörden nachzuweisen. Der Steuerpflichtige ist jedoch zur Mitwirkung und namentlich zu umfassender Auskunftserteilung über die für die Besteuerung massgebenden Umstände verpflichtet (vgl. Art. 124 ff. DBG). Dass eine Wohnsitzverlegung stattgefunden hat, ist somit vom Steuerpflichtigen im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht darzulegen. Dazu gehört nicht nur die endgültige Lösung der Verbindungen zum bisherigen Wohnsitz, sondern auch die Darstellung der Umstände, welche zur Begründung des neuen Wohnsitzes geführt haben.
3.2. Das Verwaltungsgericht hat im angefochtenen Urteil sorgfältig all die verschiedenen Indizien aufgelistet, die gegen eine Wohnsitznahme in Dubai und für das Weiterbestehen eines Wohnsitzes in der Schweiz bzw. im Kanton sowie in der Stadt Zug sprechen (vgl. dort E. 5a bis 5c, S. 21 - 24). Aus den gesamten Umständen hat es bundesrechtskonform und im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichts (vgl. oben E. 3.1.1 - 3.1.3) den Schluss gezogen, dass der Beschwerdeführer für die Zeit zwischen vom 16. Juni 2007 und dem 31. Dezember 2016 für die direkte Bundessteuer gemäss Art. 3 und Art 8 Abs. 2 DBG weiterhin der Steuerzuständigkeit des Kantons Zug untersteht.
4.
Was der Beschwerdeführer gegen das angefochtene Urteil vorbringt, vermag kein anderes Ergebnis zu rechtfertigen. Erfolglos wendet er sich namentlich gegen die vom Verwaltungsgericht - für den Fall einer Nichtigkeit - unabhängig vom Feststellungsentscheid der Eidgenössischen Steuerverwaltung vorgenommene Beurteilung (vgl. oben E. 3), aufgrund derer es ebenfalls auf einen weiterbestehenden Wohnsitz in der Schweiz bzw. im Kanton und in der Stadt Zug geschlossen hat.
4.1. Die diesbezüglichen Ausführungen in der Beschwerdeschrift vor Bundesgericht sind zwar umfangreich (vgl. dort S. 31 - 51), sie beschränken sich aber vollumfänglich darauf, dem angefochtenen Urteil die eigene abweichende Auffassung in Bezug auf die massgeblichen Fakten und die Beweislage entgegenzuhalten, was nicht hinreichend ist, um die vorinstanzliche Sachverhaltsermittlung bzw. Beweiswürdigung als geradezu offensichtlich unrichtig erscheinen zu lassen, wie das mit Blick auf Art. 105 Abs. 2 BGG erforderlich wäre (vgl. oben E. 1.2). Das Verwaltungsgericht hat seiner Beurteilung eine Vielzahl zusammenhängender Indizien zugrunde gelegt und diese in seinem Urteil sorgfältig dargelegt. Es ist nicht ersichtlich, wie die Ausführungen in der Beschwerdeschrift (vgl. dazu auch oben E. 3.2.3) geeignet wären, diese Indizienfülle bzw. die daraus gezogene Beweis- und Rechtswürdigung in genügender Weise zu erschüttern.
4.2. Daran vermag auch nichts zu ändern, wenn der Beschwerdeführer vorbringt, bestimmte Indizien zugunsten einer Wohnsitznahme in Dubai würden im angefochtenen Urteil nicht einmal erwähnt, geschweige denn diskutiert oder gewichtet.
4.3. Im Einklang mit der bundesgerichtlichen Rechtsprechung hat die Vorinstanz übrigens offen lassen können, ob es sich beim Beschwerdeführer um einen sogenannten Weltenbummler handelt (vgl. E. 6a des angefochtenen Urteils).
5.
Die vorinstanzliche Auslegung von Art. 3 und Art. 8 Abs. 2 DBG erweist sich somit als bundesrechtskonform. Die Beschwerde ist demzufolge abzuweisen, soweit sie die direkte Bundessteuer betrifft.
III. Kantons- und Gemeindesteuern
6.
Die für die Kantons- und Gemeindesteuern massgeblichen Bestimmungen (vgl. u.a. Art. 3 Abs. 1 und 2, Art. 4b Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden vom 14. Dezember 1990 [SR 642.14; StHG]; § 3 und § 11 Abs. 2 des Steuergesetzes des Kantons Zug vom 25. Mai 2000 [632.1; StG/ZG]) stimmen mit denjenigen zur direkten Bundessteuer überein. Die Anwendung dieser Vorschriften muss somit zum gleichen Ergebnis führen. Das gilt sowohl für die Perioden 2007 bis 2012 wie auch für diejenigen zwischen 2013 und 2016 (vgl. oben Sachverhalt/C und E. 3.1).
IV. Kostenfolgen
7.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (vgl. Art. 65 f. BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Betreffend die direkte Bundessteuer wird die Beschwerde abgewiesen.
2.
Betreffend die Kantons- und Gemeindesteuern wird die Beschwerde abgewiesen.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zug, Abgaberechtliche Kammer, und der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 18. Juli 2019
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Seiler
Der Gerichtsschreiber: Matter