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Original
 
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
8C_98/2019
Urteil vom 18. Juli 2019
I. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichterin Heine, Bundesrichter Wirthlin,
Gerichtsschreiberin Durizzo.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Advokat Nicolai Fullin,
Beschwerdeführerin,
gegen
HDI Global SE,
Dufourstrasse 46, 8008 Zürich,
vertreten durch Rechtsanwalt Martin Bürkle,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Unfallversicherung (Kausalzusammenhang),
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau
vom 12. Dezember 2018 (VBE.2018.293).
Sachverhalt:
A.
A.________, geboren 1964, war seit dem 15. Januar 2016 als Pflegefachfrau im Krankenheim C.________angestellt und bei der HDI Global SE (nachfolgend: HDI) für die Folgen von Berufs- und Nichtberufsunfällen sowie Berufskrankheiten versichert. Am 3. März 2016 rutschte sie auf einem Parkplatz auf Glatteis aus und stürzte. Gemäss Bericht des Notfallzentrums der Klinik D.________ vom gleichen Tag zog sie sich dabei Kontusionen am Schulterblatt und am Ellenbogen links zu. Am 18. Juli und am 10. November 2016 wurde sie an der Schulter operiert. Gestützt auf die Aktenberichte ihrer Vertrauensärztin Dr. med. E.________ vom 20. Februar 2017 und vom 5. Februar 2018 lehnte die HDI eine Leistungspflicht ab dem 1. Mai 2016 mit Verfügung vom 1. März 2017 und Einspracheentscheid vom 7. März 2018 ab mit der Begründung, dass zu diesem Zeitpunkt der Vorzustand, wie er sich ohne Unfall eingestellt hätte (Status quo sine vel ante), wieder hergestellt gewesen sei.
B.
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit Entscheid vom 12. Dezember 2018 ab.
C.
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit dem Antrag, unter Aufhebung des angefochtenen Entscheides seien ihr auch über den 30. April 2016 Versicherungsleistungen zuzusprechen, eventualiter sei darüber nach weiteren medizinischen Abklärungen neu zu entscheiden.
Die HDI lässt auf Abweisung der Beschwerde schliessen. Das Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf eine Stellungnahme. Die Parteien äussern sich mit je einer weiteren Eingabe.
Erwägungen:
1.
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 S. 236 mit Hinweisen).
1.2. Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).
2.
Streitig ist, ob die vorinstanzliche Bestätigung der Leistungseinstellung per 1. Mai 2016 durch die HDI vor Bundesrecht standhält. Zur Frage steht dabei, ob die Verneinung der natürlichen Kausalität der danach noch anhaltenden Beschwerden an der linken Schulter mit dem Unfall vom 3. März 2016 gestützt auf die versicherungsinternen ärztlichen Stellungnahmen rechtens war.
3.
Das kantonale Gericht hat das für die Leistungspflicht des Unfallversicherers nach Art. 6 Abs. 1 UVG vorausgesetzte Erfordernis des natürlichen Kausalzusammenhangs (BGE 142 V 435 E. 1 S. 438; 129 V 177 E. 3.1 und 3.2 S. 181) zutreffend dargelegt. Ebenso richtig wiedergegeben hat es die Rechtsprechung zur Haftung für die Verschlimmerung beziehungsweise zum Entfallen der vom Unfallversicherer einmal anerkannten Leistungspflicht bei Teilursächlichkeit des Unfalls nach Wiederherstellung des Gesundheitszustandes, wie er unmittelbar vor dem Unfall bestanden hat (Status quo ante) oder wie er sich nach dem schicksalsmässigen Verlauf eines krankhaften Vorzustandes auch ohne Unfall früher oder später eingestellt hätte (Status quo sine; SVR 2016 UV Nr. 18 S. 55, 8C_331/2015 E. 2.1.1; SVR 2010 UV Nr. 31 S. 125, 8C_816/2009 E. 4.3; Urteile 8C_781/2017 vom 21. September 2018 E. 5.1; 8C_326/2008 vom 24. Juni 2008 E. 3.2 und 4). Gleiches gilt hinsichtlich der diesbezüglichen Beweislast des Unfallversicherers (SVR 2011 UV Nr. 4 S. 12, 8C_901/2009 E. 3.2; RKUV 1994 Nr. U 206 S. 328 E. 3b; Urteil 8C_387/2018 vom 16. November 2018 E. 3.5). Zutreffend dargelegt sind auch die bei der Beurteilung des Beweiswerts eines ärztlichen Berichts oder Gutachtens zu beachtenden Regeln (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232; 125 V 351 E. 3a S. 352), namentlich bei versicherungsinternen Stellungnahmen (BGE 139 V 225 E. 5.2 S. 229; 135 V 465 E. 4.4 S. 469 f.; 125 V 351 E. 3b/ee S. 353 f.; 122 V 157 E. 1d S. 162) und bei Aktenberichten (SVR 2010 UV Nr. 17 S. 63, 8C_239/2008 E. 7.2; SZS 2008 S. 393, I 1094/06 E. 3.1.1 in fine; Urteil U 10/87 vom 29. April 1988 E. 5b, nicht publ. in: BGE 114 V 109, aber in: RKUV 1988 Nr. U 56 S. 366; Urteil 8C_780/2016 vom 24. März 2017 E. 6.1). Es wird darauf verwiesen.
4.
Nach der Vorinstanz waren die versicherungsinternen Berichte der Frau Dr. med. E.________, die sich ihrerseits auf die radiologische Stellungnahme des PD Dr. med. F.________ vom 15. Februar 2017 stützte, voll beweiskräftig. Danach habe die Beschwerdeführerin beim Unfall vom 3. März 2016 durch einen Direktanprall Kontusionen am linken Schulterblatt und am linken Ellbogen erlitten. Diese hätten zu einer vorübergehenden Verschlimmerung des Zustandes der degenerativ vorgeschädigten Schulter geführt. Der Vorzustand sei nach acht Wochen wiederhergestellt gewesen.
Die Beschwerdeführerin macht geltend, es bestünden deutliche Zweifel an den versicherungsinternen Stellungnahmen der Frau Dr. med. E.________, nachdem mehrere Fachärzte die gegenteilige Auffassung vertreten hätten. Es seien bei den bildgebenden Untersuchungen Sehnenschädigungen festgestellt worden, die nach Ansicht ihrer behandelnden Ärzte - auch aufgrund der bei den Operationen zusätzlich erhobenen Befunde - unfallbedingt seien. Die dadurch verursachten Beschwerden seien über den 30. April 2016 hinaus behandlungsbedürftig gewesen. Sie bemängelt die versicherungsinternen Stellungnahmen auch insoweit, als die Vertrauensärztin nicht über einen geeigneten Facharzttitel zur Beurteilung der Unfallkausalität verfüge und keine persönliche Untersuchung stattgefunden habe. Auf die versicherungsinternen Berichte hätte daher nicht abgestellt werden dürfen; allenfalls wären weitere medizinische Abklärungen angezeigt gewesen.
5.
5.1. Was der vorinstanzlichen Verwertung der versicherungsinternen Stellungnahme als Aktenbericht grundsätzlich entgegengestanden hätte, wird beschwerdeweise nicht substanziiert. Insbesondere ist angesichts der Vielzahl von Berichten über die durchgeführten bildgebenden Untersuchungen sowie die Operationen nicht erkennbar, dass der medizinische Sachverhalt unklar geblieben und weshalb eine persönliche Untersuchung der Versicherten erforderlich gewesen wäre. Inwieweit der Facharzttitel für physikalische Medizin und Rehabilitation die Vertrauensärztin zur Beurteilung der Unfallkausalität im vorliegenden Fall nicht befähigt hätte, wird beschwerdeweise ebenfalls nicht näher dargelegt. Das kantonale Gericht berücksichtigte zudem ausdrücklich, dass sich die Vertrauensärztin bei ihrer Einschätzung auch auf die von ihr eingeholte radiologische Stellungnahme des PD Dr. med. F.________ zu sämtlichen bildgebenden Untersuchungen sowie auf die von ihr eingehend dargestellte medizinische Fachliteratur gestützt habe.
5.2.
5.2.1. Die Beschwerdeführerin beruft sich auf die Einschätzung des Dr. med. G.________, Chirurgie FMH, Spital H._________, der sie am 18. Juli 2016 operiert hatte. Seinem Bericht vom 3. August 2016 war zu entnehmen, dass er die Schädigungen an der linken Schulter (Impingement bei Bursitis subacromialis, partielle Ruptur am Ansatz der Bizepssehne sowie Partialruptur der Supraspinatussehne) auf ein Abduktionstrauma des Schultergelenks zurückführe. Vor dem Unfall hätten keine Beschwerden bestanden. Zudem sei durch den Unfall eine leichte AC-[Acromioclavicular-, Schultereck-]Gelenksarthrose traumatisiert worden. Die perioperativ erhobenen Befunde - gemäss Operationsbericht vom 2. September 2016 eine SLAP (superior labrum anterior posterior) -I-Läsion - seien ebenfalls eindeutig einem Trauma zuzuordnen. Die Rupturstellen seien nicht degenerativer Natur, zumal sich keine anderen diesbezüglichen Hinweise gefunden hätten. Des Weiteren sei, wie beschwerdeweise geltend gemacht wird, auch Dr. med. I.________, Orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparates FMH, nach der von ihm durchgeführten zweiten Operation davon ausgegangen, dass, wegen einer Begleitverletzung am Ellbogen, von einer traumatischen Ursache der Rotatorenmanschettenverletzungen auszugehen sei.
5.2.2. Nach der Vorinstanz liessen sich damit keine auch nur geringen Zweifel an der versicherungsinternen Einschätzung begründen. Nach dem Unfall seien - bei schmerzhafter, aber ansonsten nicht eingeschränkter Beweglichkeit - keine ossären Läsionen oder Fehlstellungen beziehungsweise Prellmarken, Hämatome oder Schwellungen festgestellt worden. Dies sprach für das kantonale Gericht - abgesehen von den durch die Kontusion verursachten Beschwerden - gegen eine unfallbedingte Schädigung der linken Schulter. Ein Widerspruch gegenüber den echtzeitlichen Berichten über die Notfallversorgung in der Klinik D.________ sowie über die bildgebenden Untersuchungen (CT beziehungsweise MRT) der linken Schulter im Röntgeninstitut L.________ am 18. März und am 14. April 2016 ist darin nicht auszumachen. Die von Dr. med. G.________ festgestellten Befunde liessen sich nach der von Frau Dr. med. E.________ angeführten medizinischen Wissenschaft nicht auf den erlittenen Unfall zurückführen.
Anders zu urteilen wäre, so die Vorinstanz, nur unter Annahme der von den behandelnden Ärzten geäusserten Theorie, dass die Versicherte auf den ausgestreckten Arm gestürzt sei beziehungsweise sich beim versuchten Abwehren des Sturzes eine Abduktionsverletzung an der Schulter zugezogen habe. Dieser Unfallmechanismus wäre grundsätzlich geeignet gewesen, die festgestellten Schädigungen an der Rotatorenmanschette zu verursachen. Ein solcher war nach der Vorinstanz jedoch auszuschliessen. Die von der Versicherten vorgebrachte Version widerspreche sowohl ihren Schilderungen anlässlich der Notfallkonsultation, wonach sie auf die linke Körperseite gefallen sei, als auch dem Umstand, dass dort keine äusseren Verletzungen wie insbesondere Schürfwunden, etwa an der Hand, festgestellt worden seien. Zudem wären in diesem Fall entsprechende Verletzungen an der Schulter bildgebend sichtbar gewesen, die jedoch wie erwähnt ebenfalls fehlten. Bei der geltend gemachten Ellbogenverletzung handle es sich gemäss dem vertrauensärztlichen Radiologen und Frau Dr. med. E.________ nicht um eine Fraktur und damit auch nicht um einen unfallbedingten Gesundheitsschaden. Er vermöge daher die Theorie der Abduktion des Arms ebenfalls nicht zu stützen. Schliesslich sei die von Dr. med. G.________ anlässlich seiner zweiten Operation festgestellte SLAP-I-Läsion nach der im versicherungsinternen Gutachten angeführten medizinischen Literatur definitionsgemäss degenerativ bedingt und bilde daher keinen Anhaltspunkt für eine unfallbedingte Schulterverletzung.
5.2.3. Inwiefern die Feststellungen des kantonalen Gerichts unrichtig oder sonstwie bundesrechtswidrig wären, ist nicht erkennbar. Mangels auch nur geringer Zweifel an den versicherungsinternen Stellungnahmen durfte praxisgemäss darauf abgestellt und auf weitere Abklärungen verzichtet werden. Die vorinstanzlich bestätigte Leistungseinstellung per 1. Mai 2016 nach Abheilung der kontusionsbedingten Schulterbeschwerden ist nicht zu beanstanden.
6.
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 BGG). Die Gerichtskosten werden der unterliegenden Beschwerdeführerin auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 18. Juli 2019
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Maillard
Die Gerichtsschreiberin: Durizzo