Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
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8C_367/2019
Urteil vom 6. August 2019
I. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichter Wirthlin, Bundesrichterin Viscione,
Gerichtsschreiberin Kopp Käch.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Eva Maria König,
Beschwerdeführer,
gegen
IV-Stelle des Kantons Thurgau, Rechts- und Einsprachedienst,
St. Gallerstrasse 11, 8500 Frauenfeld,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Invalidenversicherung (Invalidenrente),
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau
vom 20. März 2019 (VV.2018.276/E).
Sachverhalt:
A.
A.a. Der 1955 geborene, selbstständigerwerbende A.________ hatte sich am 1. Oktober 2010 wegen Knieproblemen sowie Rückenbeschwerden bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug angemeldet. Die IV-Stelle des Kantons Thurgau klärte die medizinischen und erwerblichen Verhältnisse ab und verneinte mit Verfügungen vom 24. Juni 2011 den Anspruch auf Umschulung wie auch auf eine Invalidenrente. Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau mit Entscheid vom 9. November 2011 ab. Das Bundesgericht hiess die dagegen erhobene Beschwerde mit Urteil vom 7. Mai 2012 teilweise gut und wies die Sache an die IV-Stelle zurück, damit sie nach ergänzenden medizinischen Abklärungen über die Leistungsansprüche neu verfüge.
A.b. Die IV-Stelle holte bei den behandelnden Ärzten aktuelle Berichte ein und liess A.________ am 21. November 2012 bei Dr. med. B.________, Facharzt für Chirurgie und Unfallchirurgie, Regionaler Ärztlicher Dienst (RAD) Ostschweiz, chirurgisch abklären. Im Laufe des Vorbescheidverfahrens reichte der Versicherte diverse neue medizinische Berichte ein, woraufhin die IV-Stelle ein polydisziplinäres Gutachten der ärztlichen Begutachtungsinstitut (ABI) GmbH, Basel, vom 21. November 2016 einholte. Mit Verfügung vom 25. September 2018 sprach sie A.________ für die Zeit vom 1. April 2011 bis 30. November 2012 eine ganze Rente zu. Gleichentags verneinte sie einen Anspruch auf berufliche Massnahmen.
B.
Die gegen die Verfügung betreffend Invalidenrente erhobene Beschwerde hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau mit Entscheid vom 20. März 2019, soweit es darauf eintrat, in dem Sinne teilweise gut, als es feststellte, dass der Versicherte ab 1. April 2011 bis 31. Dezember 2012 Anspruch auf eine ganze und ab 1. Januar 2013 bis 31. Januar 2013 Anspruch auf eine halbe Rente der Invalidenversicherung habe. Im Übrigen wies es die Beschwerde ab.
C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________ beantragen, in Aufhebung des angefochtenen Entscheids und der Verfügung der IV-Stelle betreffend Leistungen der Invalidenversicherung vom 25. September 2018 sei die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung zu berichtigen sowie zu ergänzen und die Sache sei an die IV-Stelle zurückzuweisen, damit sie weitere medizinische Abklärungen treffe und nach deren Abschluss erneut verfüge. Zudem lässt er um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung ersuchen.
Das Bundesgericht hat die vorinstanzlichen Akten eingeholt. Ein Schriftenwechsel wurde nicht durchgeführt.
Erwägungen:
1.
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur Begründung der Beschwerde ( Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG ), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 S. 236 mit Hinweisen).
1.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann eine - für den Ausgang des Verfahrens entscheidende (vgl. Art. 97 Abs. 1 BGG) - Sachverhaltsfeststellung nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Eine Sachverhaltsfeststellung ist nicht schon dann offensichtlich unrichtig, wenn sich Zweifel anmelden, sondern erst, wenn sie eindeutig und augenfällig unzutreffend ist. Es liegt noch keine offensichtliche Unrichtigkeit vor, nur weil eine andere Lösung ebenfalls in Betracht fällt, selbst wenn diese als die plausiblere erscheint. Diese Grundsätze gelten auch in Bezug auf die konkrete Beweiswürdigung; in diese greift das Bundesgericht auf Beschwerde hin nur bei Willkür ein, insbesondere wenn die Vorinstanz offensichtlich unhaltbare Schlüsse zieht, erhebliche Beweise übersieht oder solche grundlos ausser Acht lässt. Solche Mängel sind in der Beschwerde aufgrund des strengen Rügeprinzips (Art. 106 Abs. 2 BGG) klar und detailliert aufzuzeigen (vgl. zum Ganzen BGE 144 V 50 E. 4.2 S. 53).
1.3. Die Feststellungen zum Gesundheitszustand einer versicherten Person und der daraus resultierenden Arbeits (un) fähigkeit, die das Sozialversicherungsgericht gestützt auf medizinische Untersuchungen trifft, sind tatsächlicher Natur und vom Bundesgericht daher nur beschränkt überprüfbar (E. 1.2 hiervor). Gleiches gilt für die konkrete Beweiswürdigung. Dagegen sind die Beachtung des Untersuchungsgrundsatzes und der Beweiswürdigungsregeln Rechtsfragen, die das Bundesgericht im Rahmen der den Parteien obliegenden Begründungs- bzw. Rügepflicht frei prüft (statt vieler: Urteil 9C_457/2014 vom 16. Juni 2015 E. 1.2, nicht publ. in: BGE 141 V 405, aber in: SVR 2016 BVG Nr. 11 S. 47).
2.
2.1. Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur soweit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG), was in der Beschwerde näher darzulegen ist. Der vorinstanzliche Verfahrensausgang allein bildet noch keinen hinreichenden Anlass im Sinne von Art. 99 Abs. 1 BGG für die Zulässigkeit von unechten Noven, die bereits im kantonalen Verfahren ohne Weiteres hätten vorgebracht werden können. Das Vorbringen von Tatsachen, die sich erst nach dem angefochtenen Entscheid ereigneten oder entstanden (echte Noven), ist vor Bundesgericht unzulässig (BGE 143 V 19 E. 1.2 S. 22 f. mit Hinweisen). Kausal durch den vorinstanzlichen Entscheid verursacht oder rechtswesentlich und damit zulässig sind Sachumstände, die im kantonalen Entscheid neu und erstmals Rechtserheblichkeit gewinnen, indem sich die kantonale Instanz auf einen Rechtstitel beruft, der von den Parteien bis dahin nicht thematisiert wurde, und ihn ihrem Urteil als massgebliches Entscheidmotiv zugrunde legt (vgl. Urteile 8C_377/2018 vom 7. Februar 2019 E. 2.1 mit Hinweisen; 8C_184/2009 vom 25. August 2009 E. 4.3.1 mit Hinweis, in: ARV 2010 S. 141; 9C_920/2008 vom 16. April 2009 E. 2, nicht publ. in: BGE 135 V 163 aber in: SVR 2009 BVG Nr. 30 S. 109).
2.2. Der Beschwerdeführer lässt neu zwei Arztberichte vom 23. Mai 2017 und 21. März 2018 einreichen. Da die Frage des Gesundheitszustandes bereits vor Vorinstanz ein zentrales Thema war, hat nicht erst der angefochtene Entscheid zum Vorbringen der neuen Beweismittel Anlass gegeben. Der Beschwerdeführer legt zudem in keiner Weise dar und es ist auch nicht ersichtlich, weshalb die Berichte nicht bereits im kantonalen Verfahren hätten beigebracht werden können. Diese (unechten) Noven haben somit unbeachtet zu bleiben.
3.
Streitig und zu prüfen ist, ob das kantonale Gericht Bundesrecht verletzte, indem es in Abänderung der Verfügung der IV-Stelle vom 25. September 2018 dem Versicherten ab 1. April 2011 bis 31. Dezember 2012 eine ganze und ab 1. Januar 2013 bis 31. Januar 2013 eine halbe Rente der Invalidenversicherung zusprach.
Die für die Beurteilung der Streitsache massgeblichen Rechtsgrundlagen sind im angefochtenen Entscheid zutreffend dargelegt worden. Darauf wird verwiesen (Art. 109 Abs. 3 BGG).
4.
4.1. Das kantonale Gericht hat in Würdigung der medizinischen Aktenlage festgestellt, dass der Beschwerdeführer in der angestammten Tätigkeit als Boots- oder Küchenbauer zu 100% arbeitsunfähig sei, dass ihm aber für eine körperlich leichte, adaptierte Tätigkeit mangels anderslautender Berichte ab 1. November 2012 eine 100%ige Arbeits- und Leistungsfähigkeit attestiert werden könne. Es stützte sich dabei insbesondere auf das polydisziplinäre Gutachten der ABI vom 21. November 2016.
4.2. Die durch das kantonale Gericht getroffenen Tatsachenfeststellungen, namentlich die aus den medizinischen Unterlagen gewonnenen Erkenntnisse, sind im letztinstanzlichen Prozess grundsätzlich verbindlich (vgl. E. 1 hievor). Im Rahmen der eingeschränkten Sachverhaltskontrolle (Art. 97 Abs. 1 BGG) ist es nicht Aufgabe des Bundesgerichts, die schon im vorangehenden Verfahren aufliegenden ärztlichen Berichte neu zu beurteilen und die rechtsfehlerfreie Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz hinsichtlich der medizinisch begründeten Verminderung des Leistungsvermögens und des Ausmasses der trotz gesundheitlicher Beeinträchtigungen verbleibenden Arbeitsfähigkeit zu korrigieren.
4.3. Die Vorbringen des Beschwerdeführers zeigen keine offensichtliche Unrichtigkeit der vorinstanzlichen Schlussfolgerungen auf:
4.3.1. Das kantonale Gericht hat die medizinische Aktenlage pflichtgemäss gewürdigt. Wie es dargelegt hat, erfüllt das polydisziplinäre Gutachten der ABI vom 21. November 2016 die von der Rechtsprechung gestellten Anforderungen; es beruht auf eigenen Untersuchungen, eingehender Anamneseerhebung und setzt sich insbesondere auch mit den anderen medizinischen Berichten auseinander.
4.3.2. Auf ein im Verfahren nach Art. 44 ATSG eingeholtes Gutachten ist rechtsprechungsgemäss abzustellen, wenn nicht konkrete Indizien gegen die Zuverlässigkeit der Expertise sprechen (BGE 137 V 210 E. 1.3.4 S. 227; vgl. auch Urteil 8C_182/2019 vom 19. Juni 2019 E. 2.2). Solche vermag der Versicherte nicht darzutun, zumal er weitgehend die bereits vorinstanzlich erhobenen Einwendungen wiederholt, mit denen sich das kantonale Gericht einlässlich auseinandergesetzt hat. Soweit der Beschwerdeführer wie bereits vor Vorinstanz rügt, es wären weitere Abklärungen zur Auswirkung einer neurogenen Blasenentleerungsstörung auf die Arbeitsfähigkeit erforderlich (gewesen), ist darauf hinzuweisen, dass es grundsätzlich den begutachtenden Ärztinnen und Ärzten überlassen ist, über Art und Umfang der aufgrund der konkreten Fragestellung erforderlichen Untersuchungen zu befinden (vgl. Urteile 8C_603/2017 vom 20. März 2018 E. 3.3.2, 8C_639/2011 vom 5. Januar 2012 E. 4.3.4, 8C_362/2010 vom 11. März 2011 E. 4.2.1). Vorliegend hat die IV-Stelle eine umfassende Abklärung in den Bereichen Allgemeine/Innere Medizin, Psychiatrie, Orthopädie, Neurologie, Urologie und Ophtalmologie angeordnet. Die verschiedenen Gutachter haben den Versicherten untersucht und ihre schlüssige Beurteilung in Kenntnis der medizinischen Vorakten abgegeben. Wie das kantonale Gericht aufgezeigt hat, finden sich mit Bezug auf die Arbeitsfähigkeit keine zu berücksichtigenden abweichenden Arztberichte, weshalb die Rüge, die Gutachter hätten sich mit divergierenden medizinischen Berichten kritisch und ausführlich auseinandersetzen müssen, ins Leere geht. Soweit der Hausarzt Dr. med. C.________, Allgemeine Medizin FMH, am 6. Dezember 2013 eine vollständige Arbeitsunfähigkeit ab 12. März 2013 attestiert hatte, kann daraus mit dem kantonalen Gericht nichts anderes abgeleitet werden, zumal als Grund für die attestierte Arbeitsunfähigkeit lediglich Krankheit angegeben worden war. Die Vorinstanz hat denn auch zu Recht auf die Erfahrungstatsache hingewiesen, wonach behandelnde Ärzte im Hinblick auf ihre auftragsrechtliche Vertrauensstellung in Zweifelsfällen eher zugunsten ihrer Patienten aussagen (BGE 135 V 465 E. 4.5 S. 470; 135 V 351 E. 3a/cc S. 353; Urteil 8C_821/2018 vom 18. Juni 2019 E. 5.2 mit weiteren Hinweisen).
4.3.3. Die dargelegte Festsetzung der Arbeitsfähigkeit basiert auf medizinischen Grundlagen, nicht auf allgemeiner Lebenserfahrung, und beschlägt daher entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht eine Rechtsfrage, sondern eine vom Bundesgericht nur beschränkt überprüfbare Frage tatsächlicher Natur.
4.4. Zusammenfassend beruhen die vorinstanzlichen Annahmen zum Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit des Versicherten weder auf offensichtlich unrichtigen noch auf sonstwie rechtsfehlerhaften Tatsachenfeststellungen. Weil von zusätzlichen medizinischen Abklärungsmassnahmen keine neuen entscheidwesentlichen Aufschlüsse zu erwarten sind, konnte und kann auf weitergehende medizinische Erhebungen und Gutachten verzichtet werden (antizipierte Beweiswürdigung; BGE 141 I 60 E. 3.3 S. 64; 136 I 229 E. 5.3 S. 236 f. mit Hinweis).
5.
Das kantonale Gericht hat im Weiteren dargelegt, dass der Rentenbeginn auf den 1. April 2011 festzusetzen war. Es hat aufgezeigt, dass der Beschwerdeführer in jenem Zeitpunkt für sämtliche Tätigkeiten eine vollständige Arbeitsunfähigkeit aufwies, dass er jedoch in einer adaptierten Tätigkeit ab 17. September 2012 zu 50% und ab 1. November 2012 vollumfänglich arbeitsfähig war. Nach Festsetzung des Validen- und Invalideneinkommens stellte die Vorinstanz in Abweichung von der Verfügung der IV-Stelle vom 25. September 2018 fest, dass der Versicherte ab 1. April 2011 bis 31. Dezember 2012 Anspruch auf eine ganze und ab 1. Januar 2013 bis 31. Januar 2013 Anspruch auf eine halbe Rente der Invalidenversicherung habe.
Mit diesen Erwägungen setzt sich der Beschwerdeführer nicht ansatzweise auseinander, weshalb auf die nicht zu beanstandende Begründung im angefochtenen Entscheid verwiesen wird, welcher das Bundesgericht nichts beizufügen hat. Beim angefochtenen Entscheid hat es mithin sein Bewenden.
6.
Die Beschwerde ist offensichtlich unbegründet. Sie wird daher im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG ohne Durchführung eines Schriftenwechsels, mit summarischer Begründung und unter Verweis auf die Ausführungen des kantonalen Gerichts (Art. 102 Abs. 1 und Art. 109 Abs. 3 BGG ) erledigt.
7.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege im bundesgerichtlichen Verfahren ist wegen Aussichtslosigkeit abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG). Dem Beschwerdeführer sind demnach die Gerichtskosten aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 6. August 2019
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Maillard
Die Gerichtsschreiberin: Kopp Käch