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Original
 
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
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6B_352/2019
Urteil vom 14. August 2019
Strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Denys, Präsident,
Bundesrichter Rüedi,
Bundesrichterin Jametti,
Gerichtsschreiberin Pasquini.
Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Oliver Lücke,
Beschwerdeführer,
gegen
Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern, Nordring 8, 3013 Bern,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Mehrfache Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz; Verstoss gegen Art. 6 EMRK,
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Bern, 2. Strafkammer, vom 20. November 2018 (SK 17 240).
Sachverhalt:
A.
X.________ wird vorgeworfen, sich der Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz (BetmG; SR 812.121), mehrfach begangen in der Zeit von ca. Frühling 2011 bis Oktober/November 2012 in Sumiswald und anderswo, durch Finanzierung sowie Betrieb von mehreren Hanfindooranlagen, Anbau von Hanf zur Gewinnung von Betäubungsmitteln nicht ausschliesslich zum Eigenkonsum, Herstellung, Besitz, Kauf, Veräusserung und Verschaffen von Cannabis sowie Anstaltentreffen dazu schuldig gemacht zu haben.
B.
B.a. Das Regionalgericht Emmental-Oberaargau sprach X.________ am 30. Oktober 2014 von den Anschuldigungen der Widerhandlungen gegen das BetmG in drei Fällen sowie von den Vorwürfen des Siegelbruchs, des Bruchs amtlicher Beschlagnahme und der Irreführung der Rechtspflege frei. Indessen verurteilte es ihn wegen der mehrfachen Widerhandlung gegen das BetmG (neun Fälle) zu einer bedingt vollziehbaren Freiheitsstrafe von 14 Monaten und zu einer Busse von Fr. 1'000.--.
Auf Berufung von X.________ stellte das Obergericht des Kantons Bern mit Beschluss vom 9. Februar 2016 die Rechtskraft der Freisprüche, der dafür dem Kanton Bern auferlegten Verfahrenskosten und der ausgerichteten Entschädigungen fest. Es hob das Urteil des Regionalgerichts Emmental-Oberaargau vom 30. Oktober 2014 aufgrund wesentlicher Verfahrensmängel teilweise auf und wies die Sache an das Regionalgericht zurück.
B.b. Das Regionalgericht Emmental-Oberaargau sprach X.________ mit Urteil vom 3. Mai 2017 von der Anschuldigung der Widerhandlung gegen das BetmG (Ende September/Anfang Oktober 2011) frei. Es erklärte ihn der mehrfachen Widerhandlung gegen das BetmG (acht Vorfälle), begangen in der Zeit von Oktober 2011 bis Oktober/November 2012, schuldig und verurteilte ihn zu einer bedingten Geldstrafe von 330 Tagessätzen zu Fr. 60.-- und zu einer Busse von Fr. 1'800.--.
Auf Berufung von X.________ bestätigte das Obergericht des Kantons Bern am 20. November 2018 den Schuldspruch und verurteilte ihn zu einer bedingt vollziehbaren Geldstrafe von 325 Tagessätzen zu Fr. 60.-- sowie zu einer Busse von Fr. 1'800.--.
C.
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt im Wesentlichen, das Urteil vom 20. November 2018 sei aufzuheben. Das Strafverfahren sei wegen Verstösse gegen Art. 6 EMRK unter Kosten- und Entschädigungsfolgen für den Kanton Bern einzustellen. Eventualiter sei die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Erwägungen:
1.
Auf die Beschwerde ist nicht einzutreten, soweit der Beschwerdeführer vorbringt, er rüge bereits jetzt, dass das Bundesgericht in seinem Entscheid die Rechtsprechung des EGMR vergessen werde, was ein weiterer Verstoss gegen Art. 6 EMRK darstelle (Beschwerde S. 9 f. Ziff. 18). Anfechtungsobjekt der Beschwerde ist das Urteil des Obergerichts des Kantons Bern vom 20. November 2018 als letztinstanzlicher kantonaler Entscheid (Art. 80 Abs. 1 BGG).
2.
Der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers hat die Rüge der Konventionswidrigkeit der Spruchkörperbildung des Bundesgerichts, die er im vorliegenden Verfahren zwar nicht mehr gesondert rügen will, obwohl er dann aber trotzdem Ausführungen dazu vornimmt (Beschwerde S. 4 Ziff. 5), bereits bei früheren Gelegenheiten erhoben. Das Bundesgericht ist in zahlreichen Urteilen jeweils zum Schluss gelangt, dass die Besetzung des Spruchkörpers am Bundesgericht verfassungs- und konventionskonform geregelt ist (BGE 144 I 37 E. 2; z. Bsp. Urteile 6B_1447/2017 vom 21. Dezember 2018 E. 2; 9C_550/2018 vom 26. November 2018 E. 1; 6B_1442/2017 vom 24. Oktober 2018 E. 3 nicht publ. in BGE 144 I 234). Es besteht kein Anlass, hierauf zurückzukommen. Für die Begründung kann auf die bisher ergangene und dem Rechtsvertreter bekannte Rechtsprechung verwiesen werden.
Dasselbe gilt, soweit der Beschwerdeführer unter Hinweis auf die Amtsdauer der Bundesrichter von sechs Jahren sowie auf Versuche politischer Einflussnahme über die Androhung der Nichtwiederwahl und auf die Mandatssteuer generell eine Beeinträchtigung der Unabhängigkeit der Bundesrichter geltend macht (Beschwerde S. 4 ff. Ziff. 6 ff.; z. Bsp. Urteile 1B_491/2018 vom 11. Januar 2019 E. 3.4; 1B_275/2018 vom 28. Juni 2018 E. 3.4). Auch insofern kann auf die einschlägigen Entscheide verwiesen werden. Dass die Richter der Strafrechtlichen Abteilung in Bezug auf den konkreten Fall befangen wären, macht der Beschwerdeführer nicht geltend. Sodann legt er nicht dar, inwiefern in diesem Zusammenhang Art. 13 EMRK tangiert sein soll. Schliesslich hat das Bundesgericht bereits im Urteil 6B_1124/2018 vom 18. März 2019 erwogen, aus dem Umstand, dass der EGMR von einer sechsjährigen Amtsdauer mit Wiederwahlmöglichkeit zu einer einmaligen Amtsdauer von neun Jahren übergegangen sei, könne nicht gefolgert werden, eine Amtsdauer von sechs Jahren sei zu kurz und mit Art. 6 EMRK unvereinbar (E. 2.1.1). Gleiches gilt, soweit der Beschwerdeführer rügt, die Amtszeit am Obergericht des Kantons Bern von sechs Jahren mit der Möglichkeit einer Wiederwahl sei zu kurz bemessen, um die Unabhängigkeit der Richterschaft zu garantieren (Beschwerde S. 6 f. Ziff. 10).
Im Zusammenhang mit der als Verstoss gegen Art. 6 EMRK gerügten Empfehlung der Justizkommission bei der Wiederwahl der vorinstanzlichen Richter gemäss Art. 21a Abs. 2 des kantonalen Gesetzes vom 11. Juni 2009 über die Organisation der Gerichtsbehörden und der Staatsanwaltschaft (GSOG; BSG 161.1) legt der Beschwerdeführer keine willkürliche Anwendung kantonalen Rechts dar (Beschwerde S. 7 Ziff. 11). Im Übrigen hat das Bundesgericht die Vereinbarkeit der Norm mit Konventions- und Verfassungsrecht bestätigt (Urteil 6B_1124/2018 vom 18. März 2019 E. 3.2.2).
3.
Der Beschwerdeführer beanstandet, dass die Staatsanwaltschaft nicht an der Berufungsverhandlung teilgenommen habe, was u.a. seinen Anspruch auf ein kontradiktorisches Verfahren verletze (Beschwerde S. 6 Ziff. 9, S. 8 Ziff. 13 f. und S. 9 Ziff. 17). Der Einwand ist unbegründet. Wie das Bundesgericht im ebenfalls den beschwerdeführerischen Anwalt involvierenden Urteil 6B_373/2018 vom 7. September 2018 erwogen hat (E. 3), ist die Staatsanwaltschaft nach Art. 337 StPO nur dann zur persönlichen Teilnahme an der Hauptverhandlung verpflichtet, wenn sie eine Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr oder eine freiheitsentziehende Massnahme beantragt (Abs. 3) oder wenn die Verfahrensleitung die persönliche Vertretung der Anklage durch die Staatsanwaltschaft anordnet (Abs. 4). Beides behauptet der Beschwerdeführer nicht und ist nicht ersichtlich. Er legt auch keine anderweitige Verletzung des einschlägigen Verfahrensrechts dar.
4.
Hinsichtlich der Rügen der Verletzung von Art. 6 Abs. 3 lit. d EMRK aufgrund (angeblich) nicht erfolgter Konfrontationseinvernahmen (Beschwerde S. 8 f. Ziff. 13 ff.) und der fehlenden effizienten Verteidigung des Beschwerdeführers sowie des Verstosses gegen das Prinzip der Unmittelbarkeit (Beschwerde S. 10 f. Ziff. 20 f.) kann auf die zutreffenden eingehenden Erwägungen der Vorinstanz verwiesen werden (Urteil S. 12 ff. E. 8.2 und S. 15 ff. E. 8.3), mit denen sich der Beschwerdeführer nicht bzw. nicht substanziiert auseinandersetzt.
5.
Zusammenfassend ist kein Verstoss gegen die EMRK, insbesondere gegen Art. 6 EMRK, dargetan. Abgesehen davon würden die vom Beschwerdeführer vorgetragenen Rügen nicht zur Einstellung des Verfahrens führen, wie er es beantragt. Der Beschwerdeführer macht nicht geltend, dass Prozessvoraussetzungen definitiv nicht erfüllt werden könnten oder Prozesshindernisse aufgetreten seien (siehe Art. 319 Abs. 1 lit. d i.V.m. Art. 329 Abs. 4 und Art. 379 StPO). Vor diesem Hintergrund ist auch unerfindlich, was er unter Anrufung von Art. 17 EMRK (Verbot des Missbrauchs der Konventionsrechte durch einen Staat, eine Gruppe oder eine Person) aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) in Sachen Navalnyy gegen Russland vom 15. November 2018, Nr. 29580/12, für sich ableiten will (Beschwerde S. 11 Ziff. 22). Er zeigt weder ein System von Verstössen auf, noch einen exzessiven Machtgebrauch oder -missbrauch bzw. die Absicht von Justiz oder Gesetzgeber, jegliche Form von Ausdruck seiner persönlichen Freiheiten (Rede, Versammlung etc.) zu limitieren. Ein mit dem erwähnten Urteil des EGMR vergleichbarer Fall liegt hier offensichtlich nicht vor.
6.
Auf die Anträge betreffend den beschlagnahmten Geldbetrag, der Kontensperren, die Löschung des DNA-Profils und der Rückzahlungs- sowie Nachzahlungspflicht (Beschwerde S. 2 f.) ist mangels Begründung nicht einzutreten.
7.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, 2. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 14. August 2019
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Denys
Die Gerichtsschreiberin: Pasquini