Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
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6B_542/2019
Urteil vom 28. August 2019
Strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
als präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Oberholzer,
Bundesrichterin Jametti,
Gerichtsschreiberin Pasquini.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführerin,
gegen
1. Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau,
Frey-Herosé-Strasse 20, Wielandhaus, 5001 Aarau,
2. X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Giuseppe Dell'Olivo-Wyss,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Körperverletzung, Willkür,
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, Strafgericht, 1. Kammer, vom 10. Januar 2019 (SST.2018.161).
Sachverhalt:
A.
An einer Veranstaltung am 27. Februar 2016 kamen A.________ und X.________ ins Gespräch. Als es an seinem Wohnort zu sexuellen Handlungen zwischen ihnen kam, befolgte er die Anweisungen von A.________, wonach er ihren Brustbereich nicht berühren dürfe, da sie nach der fünf Wochen zuvor erfolgten Brustoperation noch rekonvaleszent war.
Am Abend des 3. März 2016 erklärte A.________ X.________, dass dieselben Regeln wie beim letzten Treffen gelten würden und er demnach ihren Brustbereich wiederum nicht berühren dürfe. Anschliessend kam es zwischen den beiden mehrfach zu sexuellen Handlungen, anlässlich welcher X.________ diese Anweisung befolgte. Kurz nach Mitternacht kam es zu weiteren sexuellen Handlungen, wobei A.________ den Stütz-Büstenhalter anbehielt. X.________ sass auf einem tiefgelegenen Sitzobjekt im Wintergarten, während A.________ vor ihm kniete und ihn oral befriedigte. X.________ wird vorgeworfen, er habe unvermittelt mit seiner offenen rechten Hand und mit voller Kraft die linke Brust von A.________ gepackt und seine Hand bzw. die Brust in seine Richtung gezogen. Durch diesen Griff an ihre Brust habe A.________ starke Schmerzen erlitten, welche mehrere Minuten angehalten hätten. Infolge des kräftigen Griffs sei es zu einer Drehung des linken Brustimplantats und einer Erweiterung der Implantatkapsel gekommen. A.________ habe am 25. April 2016 erneut operiert werden müssen, wobei ein neues Implantat eingesetzt und die Implantatkapsel verkleinert worden sei. Aufgrund des operativen Eingriffs sei A.________ vom 25. April 2016 bis zum 6. Mai 2016 hospitalisiert und vom 25. April 2016 bis zum 20. Mai 2016 zu 100 % arbeitsunfähig gewesen.
B.
Das Obergericht des Kantons Aargau sprach X.________ am 10. Januar 2019 im Berufungsverfahren gegen das Urteil des Bezirksgerichts Baden vom 7. März 2018 zweitinstanzlich von Schuld und Strafe frei. Die Zivilforderung von A.________ wies es ab.
C.
Mit als staatsrechtliche Beschwerde betitelte Eingabe beantragt A.________, das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau vom 10. Januar 2019 sei aufzuheben. Eventualiter sei die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. A.________ ersucht um unentgeltliche Rechtspflege.
Erwägungen:
1.
1.1. Beim angefochtenen Entscheid handelt es sich um einen Entscheid in Strafsachen. Dagegen steht die Beschwerde in Strafsachen im Sinne von Art. 78 ff. BGG offen. Die falsche Bezeichnung ihrer Beschwerde schadet der Beschwerdeführerin nicht.
1.2. Zur Beschwerde in Strafsachen ist berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat (Art. 81 Abs. 1 lit. a BGG) und ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat (Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG), unter anderen die Privatklägerschaft, wenn der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche auswirken kann (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG).
Die Beschwerdeführerin hat am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen. Die Vorinstanz hat ihre Zivilklage infolge Freispruchs des Beschwerdegegners abgewiesen. Damit wirkt sich der angefochtene Entscheid auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche aus. Die Beschwerdeführerin ist zur Beschwerde in Strafsachen berechtigt.
1.3. In einer Beschwerde an das Bundesgericht ist darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid das Recht im Sinne von Art. 95 BGG verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG). Insbesondere eine Verletzung von Grundrechten ist präzise zu rügen, und die Rüge ist zu begründen (Art. 106 Abs. 2 BGG). Nur soweit die Beschwerde diesen Anforderungen genügt, ist darauf einzutreten. Nicht der Fall ist dies etwa, wenn die Beschwerdeführerin pauschal behauptet, der Inhalt des Verhandlungsprotokolls stimme nicht mit der Audioaufnahme der Berufungsverhandlung überein und verberge wichtige Beweise oder wenn sie, ohne entsprechende Belege zu benennen, ausführt, aktenkundig seien Bemühungen der Vorinstanz, die Benutzung der Audioaufnahme zu verhindern (Beschwerde S. 3).
2.
2.1. Die Beschwerdeführerin wirft der Vorinstanz eine willkürliche Beweiswürdigung sowie die Verletzung des Grundsatzes "in dubio pro reo", von Art. 139 Abs. 2 StPO und des rechtlichen Gehörs vor (Beschwerde S. 3 ff.).
2.2. Die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; vgl. auch Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG ). Offensichtlich unrichtig im Sinne von Art. 97 Abs. 1 BGG ist die Sachverhaltsfeststellung, wenn sie willkürlich ist (BGE 143 IV 241 E. 2.3.1 S. 244; 143 I 310 E. 2.2 S. 313; je mit Hinweis; zum Begriff der Willkür BGE 143 IV 241 E. 2.3.1 S. 244; 141 III 564 E. 4.1 S. 566; je mit Hinweisen). Dem Grundsatz "in dubio pro reo" kommt in seiner Funktion als Beweiswürdigungsregel im Verfahren vor dem Bundesgericht keine über das Willkürverbot von Art. 9 BV hinausgehende Bedeutung zu (BGE 144 IV 345 E. 2.2.3.1-2.2.3.3 S. 348 ff.; 143 IV 500 E. 1.1 S. 503 mit Hinweis). Eine entsprechende Rüge muss explizit vorgebracht und substanziiert begründet werden (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 143 IV 500 E. 1.1 S. 503). Auf ungenügend begründete Rügen oder rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein (vgl. Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG ; BGE 143 IV 347 E. 4.4 S. 354 f.; 142 III 364 E. 2.4 S. 368; 141 IV 369 E. 6.3 S. 375; je mit Hinweisen).
2.3.
2.3.1. Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die vorinstanzliche Beurteilung ihrer Aussagen. Die Vorinstanz setzt sich eingehend und nachvollziehbar mit den Ausführungen der Beschwerdeführerin auseinander (Urteil S. 13 ff. E. 4.5). Sie kommt zum Schluss, das Aussageverhalten der Beschwerdeführerin weise mit der dargelegten Aggravation der Vorwürfe, dem mit der Zeit unnatürlich zunehmenden Detaillierungsgrad ihrer Erzählungen sowie den verschiedenen Widersprüchen sowohl innerhalb ihrer Aussagen wie auch gegenüber ihrem Verhalten nach dem vermeintlichen Vorfall verschiedene Merkmale auf, welche gegen die Richtigkeit ihrer belastenden Aussagen sprechen würden. Unter Berücksichtigung der nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung anzuwendenden Methode, mit welcher Aussagen auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen seien (sog. Nullhypothese), könne bei den Schilderungen der Beschwerdeführerin angesichts der Vielzahl der dargelegten Ungereimtheiten und Widersprüche nicht von deren Wahrheit ausgegangen werden (Urteil S. 21 E. 4.7). Die Beschwerdeführerin beschränkt sich in ihrer Beschwerde darauf, ihre Sicht der Dinge zu schildern oder zu erklären, das kantonale Verfahren, namentlich die Verhandlungen, seien gezielt darauf ausgerichtet gewesen, sie und ihre Glaubwürdigkeit zu diskreditieren, was unter anderem daran ersichtlich sei, dass zu Unrecht die Methode der Nullhypothese angewendet worden sei. Allerdings zeigt sie damit nicht auf und es ist auch nicht ersichtlich, dass und inwiefern die vorinstanzlichen Feststellungen willkürlich sind. Entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin versucht die Vorinstanz auch nicht, ihre Glaubwürdigkeit zu untergraben, wenn sie einleitend den Wortlaut der Anklageschrift wiedergibt (Beschwerde S. 5; Urteil S. 2 E. 1).
2.3.2. Als unbehelflich erweisen sich die Einwände der Beschwerdeführerin in Bezug auf die vorinstanzliche Würdigung der Arztberichte. Die Vorinstanz stellt hierzu fest, es sei davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin dem behandelnden Arzt erst am 18. März 2016, mithin rund 2 ½ Wochen später, über den vermeintlichen Vorfall informiert habe. Ihre anlässlich der Haupt- und der Berufungsverhandlung gemachte Aussage, wonach sie ihren Arzt kurz nach dem Vorfall entsprechend informiert haben wolle, widerspreche folglich den Angaben des Arztes. Wenn die Beschwerdeführerin ihren Arzt tatsächlich kurz nach dem Vorfall informiert hätte, hätte dieser anlässlich der Kontrolluntersuchung vom 7. März 2016 die betroffene Brust auf allfällige Beeinträchtigungen untersucht und dies auch in seinem Konsultationsbericht vom 7. März 2016 erwähnt; was jedoch nicht der Fall sei (Urteil S. 18 E. 4.5.4). Diese Feststellung ist selbst dann nicht zu beanstanden, wenn die am 7. März 2016 vorgenommene Kontrolluntersuchung die rechte und nicht die linke Brust betraf (Beschwerde S. 5). Die Vorinstanz hält ohne Willkür weiter fest, entgegen der von der Beschwerdeführerin vertretenen Auffassung würden auch die Diagnose und weiteren Ausführungen des behandelnden Arztes die dem Beschwerdegegner vorgeworfene Tathandlung nicht zu beweisen vermögen. Zusammenfassend ergebe sich anhand der Einschätzungen des Mediziners zwar, dass die dem Beschwerdegegner vorgeworfene Handlung aus medizinischer Sicht geeignet wäre, eine Verletzung nach der Art der eingetretenen zu verursachen. Allerdings würden auch andere äussere Einflüsse (anderweitige kräftige Manipulation, Trauma) als grundsätzlich denkbare Ursache erkannt. Insgesamt würden die Arztberichte den Vorwurf gegen den Beschwerdegegner weder erhärten noch widerlegen (Urteil S. 19 f. E. 4.6).
2.3.3. Insgesamt zeigt die Beschwerdeführerin nicht auf, dass die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung offensichtlich unrichtig ist. Die Vorinstanz durfte aufgrund der dargelegten Beweislage den Vorwurf der Körperverletzung im Zweifel als nicht erstellt erachten und den Beschwerdegegner gestützt auf den Grundsatz "in dubio pro reo" freisprechen, ohne dabei in Willkür zu verfallen. Die Beschwerde ist insoweit unbegründet.
3.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Die Gerichtskosten sind der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist wegen Aussichtslosigkeit der Rechtsbegehren abzuweisen ( Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG ). Die um unentgeltliche Rechtspflege ersuchende Person hat ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie ihre finanziellen Verpflichtungen und den aktuellen Grundbedarf darzulegen und zu belegen (BGE 125 IV 161 E. 4). Gemäss Steuerveranlagung hat die Beschwerdeführerin im Jahr 2017 ein steuerbares Einkommen von Fr. 69'844.-- erzielt (act. 10/2). Sie bezieht seit September 2018 eine monatliche Unterhaltsrente von Fr. 3'640.-- (act. 9 S. 2). Ihren aktuellen Grundbedarf legt die Beschwerdeführerin nicht dar, weshalb ihre finanziellen Verhältnisse nicht abschliessend geprüft werden können.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Strafgericht, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 28. August 2019
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Das präsidierende Mitglied: Jacquemoud-Rossari
Die Gerichtsschreiberin: Pasquini