Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
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1B_149/2019
Urteil vom 3. September 2019
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Chaix, Präsident,
Bundesrichter Fonjallaz, Muschietti,
Gerichtsschreiber Forster.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Haykaz Zoryan,
gegen
Yvonne Broder,
Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau, Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Strafverfahren; Ausstand,
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen, vom 19. Februar 2019 (SBK.2018.307).
Sachverhalt:
A.
Die Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau führt eine Strafuntersuchung (Nr. KSTA ST.2014.42) gegen A.________ wegen des Verdachts der qualifizierten Widerhandlung gegen das Sportförderungsgesetz, der qualifizierten Widerhandlung gegen das Heilmittelgesetz und der qualifizierten Geldwäscherei. Mit Gesuch vom 6. November 2018 verlangte der Beschuldigte den Ausstand der Untersuchungsleiterin in diesem Verfahren. Diese beantragte mit Stellungnahme vom 13. November 2018 die Abweisung des Ausstandsgesuches, soweit darauf einzutreten sei. Mit Entscheid vom 19. Februar 2019 wies das Obergericht des Kantons Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen, das Ausstandsgesuch ab.
B.
Gegen den Entscheid des Obergerichtes gelangte der Beschuldigte mit Beschwerde vom 27. März 2019 an das Bundesgericht. Er beantragt zur Hauptsache die Aufhebung des angefochtenen Entscheides.
Die betroffene Staatsanwältin und das Obergericht verzichteten je auf eine Stellungnahme. Am 10. Mai 2019 reichte der Beschwerdeführer unaufgefordert eine weitere Eingabe ein.
Erwägungen:
1.
Die allgemeinen Sachurteilsvoraussetzungen (von Art. 78 ff. bzw. Art. 92 Abs. 1 BGG) sind grundsätzlich erfüllt und geben zu keinen Vorbemerkungen Anlass.
2.
Der Beschwerdeführer macht geltend, der angefochtene Ausstandsentscheid verletze Art. 56 lit. f StPO. Der beschwerdegegnerischen Staatsanwältin seien in verschiedenen gegen ihn geführten Strafverfahren (und seit ca. November 2015) diverse Verfahrensfehler zu seinen Ungunsten unterlaufen. Daraus, insbesondere aus der Menge der beanstandeten Fehler, ergebe sich der Anschein einer Befangenheit der Beschwerdegegnerin ihm gegenüber.
2.1. Die Ausstandsgründe für die in einer Strafbehörde tätigen Justizpersonen sind in Art. 56 StPO geregelt. Zu den Strafbehörden gehören neben den Gerichten (Art. 13 StPO) die Strafverfolgungsbehörden, darunter die Organe der Staatsanwaltschaft (Art. 12 lit. b StPO). Von den in Art. 56 lit. a-e StPO geregelten besonderen Ausstandsgründen abgesehen (persönliches Interesse an der Strafsache, Vorbefassung in anderer Stellung, persönliche Beziehung zu Parteien usw.), tritt ein Staatsanwalt oder eine Staatsanwältin in den Ausstand, wenn diese Justizperson "aus anderen Gründen, insbesondere wegen Freundschaft oder Feindschaft mit einer Partei oder deren Rechtsbeistand, befangen sein könnte" (Art. 56 lit. f StPO).
2.2. Befangenheit einer staatsanwaltlichen Untersuchungsleiterin oder eines Untersuchungsleiters ist nach der Praxis des Bundesgerichtes nicht leichthin anzunehmen. Zu bejahen ist sie, wenn nach objektiver Betrachtung besonders krasse oder ungewöhnlich häufige Fehlleistungen der Untersuchungsleitung vorliegen, welche bei gesamthafter Würdigung eine schwere Verletzung der Amtspflichten darstellen und sich einseitig zulasten einer der Prozessparteien auswirken (BGE 143 IV 69 E. 3.2 S. 74 f.; 141 IV 178 E. 3.2.3 S. 180; 138 IV 142 E. 2.3 S. 146; 125 I 119 E. 3e S. 124; 115 Ia 400 E. 3b S. 404; 114 Ia 153 E. 3b/bb S. 158; Urteile 1B_535/2018 vom 16. April 2019 E. 3; 1B_375/2017 vom 7. Februar 2018 E. 2; je mit Hinweisen). Diesbezüglich sind primär die zur Verfügung stehenden Rechtsmittel gegen beanstandete Verfahrenshandlungen auszuschöpfen (vgl. BGE 143 IV 69 E. 3.2 S. 75; 114 Ia 153 E. 3b/bb S. 158 f.; je mit Hinweisen).
2.3. Will eine Partei den Ausstand einer in einer Strafbehörde tätigen Person verlangen, so hat sie der Verfahrensleitung ohne Verzug ein entsprechendes Gesuch zu stellen, sobald sie vom Ausstandsgrund Kenntnis hat; die den Ausstand begründenden Tatsachen sind glaubhaft zu machen (Art. 58 Abs. 1 StPO). Nach der Praxis des Bundesgerichtes sind Ausstandsgründe in der Regel innert etwa einer Woche geltend zu machen; ein Zuwarten während mehrerer Wochen ist hingegen nicht zulässig (Urteile 1B_357/2013 vom 24. Januar 2014 E. 5.3.3; 1B_499/2012 vom 7. November 2012 E. 2.3; je mit Hinweisen).
3.
3.1. In seinem Ausstandsgesuch vom 6. November 2018 verlangt der Beschwerdeführer ausdrücklich den Ausstand der Verfahrensleiterin im aargauischen Untersuchungsverfahren "KSTA ST.2014.42" (wegen qualifizierten Widerhandlungen gegen das Sportförderungsgesetz und das Heilmittelgesetz und wegen qualifizierter Geldwäscherei). In seiner Beschwerdeschrift weitet der Beschuldigte sein vorinstanzlich gestelltes Rechtsbegehren aus, indem er neu den Ausstand der Beschwerdegegnerin "bezüglich sämtlicher rechtshängiger Strafverfahren" gegen ihn verlangt, in welchen diese "bisher als Staatsanwältin tätig war". Auf das erweiterte Rechtsbegehren und die ihm zugrunde liegenden Vorbringen ist nicht einzutreten. Zum einen bilden sie unzulässige Noven (Art. 99 Abs. 2 BGG); zum anderen waren Ausstandsgesuche für andere Verfahren als das Untersuchungsverfahren KSTA ST.2014.42 gar nicht Gegenstand des angefochtenen Entscheides (vgl. Art. 80 Abs. 1 BGG).
3.2. Hinzu kommt, dass Ausstandsgründe unverzüglich nach deren Bekanntwerden geltend zu machen sind (Art. 58 Abs. 1 StPO). Zwar kann es im Einzelfall zulässig erscheinen, in Verbindung mit zeitnah vorgebrachten Ausstandsgründen auch früher beanstandete Prozesshandlungen in eine angemessene "Gesamtwürdigung" einfliessen zu lassen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Bundesgerichtes 1B_357/2013 vom 24. Januar 2014 E. 5.3.1). Der klare Wortlaut des Gesetzes schliesst jedoch ein Vorgehen aus, bei dem eine Partei über einen längeren Zeitraum bzw. verschiedene separate Strafverfahren hinweg gleichsam ein "Privatdossier" über angebliche Prozessfehler einer Justizperson anlegt, diese Rügen aber nicht unverzüglich vorbringt, sondern erst in einem späteren, selbst gewählten Zeitpunkt einem Ausstandsbegehren pauschal zugrunde legt.
Prozessuale Beanstandungen, welche sich nicht auf Prozesshandlungen der Untersuchungsleiterin im Verfahren KSTA ST.2014.42 beziehen, bilden nicht Gegenstand des angefochtenen Entscheides bzw. erweisen sich als grundsätzlich verspätet. Dies gilt namentlich für diverse Vorbringen zu den separaten Strafverfahren STA.2016.8 und ST.2017.122 bzw. zu prozessualen Vorgängen, die viele Monate bzw. sogar Jahre vor dem Ausstandsgesuch vom 6. November 2018 erfolgten.
Was das Untersuchungsverfahren KSTA ST.2014.42 betrifft, liegen insbesondere die Beanstandungen zeitlich weit zurück, im November 2015 habe die Untersuchungsleiterin den Beschwerdeführer angeblich zu Unrecht vom vorzeitigen Strafvollzug in die Untersuchungshaft rückversetzt bzw. 70 Stunden lang ohne Hafttitel in Untersuchungshaft belassen, im Mai 2017 habe eine nicht ordnungsgemässe Hausdurchsuchung stattgefunden, im März 2018 sei ein gesetzwidriger Siegelbruch erfolgt, oder zwischen Januar und März 2018 habe die Untersuchungsleiterin die Herausgabe von Unterlagen zu Unrecht verzögert. Diese prozessualen Vorgänge waren dem Beschwerdeführer bereits mehr als sieben Monate vor seinem Ausstandsgesuch bekannt, und die angeblich bundesrechtswidrigen Verfahrenshandlungen wären mit den entsprechenden Rechtsmitteln anfechtbar gewesen.
3.3. Zum Untersuchungsverfahren KSTA ST.2014.42 hat der Beschwerdeführer in seinem Ausstandsbegehren vom 6. November 2018 - noch einigermassen zeitnah und verfahrenskohärent - Folgendes vorgebracht:
Am 29. März 2018 habe sein Verteidiger die Untersuchungsleiterin um Zustellung "sämtlicher Datenträger" ersucht, was diese am 17. Mai 2018 abgelehnt habe. Dagegen habe er Beschwerde erhoben. In seiner Beschwerdereplik vom 27. Juni 2018 habe er ausführen lassen, dass es ihm "gleichgültig sei, in welcher Form er die Datenträger erhält (Kopie oder Original) ". Erst auf entsprechenden "gerichtlichen Druck hin" habe die Untersuchungsleiterin ihm am 28. September 2018 entsprechende Kopien zugestellt. Diese sei von der kantonalen Beschwerdeinstanz zudem (im August 2018) angewiesen worden, ihm einen Verfahrensordner zukommen zu lassen, was bis zum Zeitpunkt des Ausstandsgesuches nicht geschehen sei. Vollständige Einsicht in die Untersuchungsakten habe er bis dahin nicht erhalten, was sein rechtliches Gehör (bzw. Art. 101 StPO) verletzt habe. Daraus ergebe sich der Anschein einer "Abneigung und Befangenheit" der Beschwerdegegnerin ihm gegenüber.
3.4. Aus diesen Vorbringen werden, auch bei einer angemessenen "Gesamtbetrachtung", keine besonders krassen oder ungewöhnlich häufigen Verfahrensfehler im Sinne der oben dargelegten Praxis des Bundesgerichtes ersichtlich, die den Ausstand der Untersuchungsleiterin von Bundesrechts wegen als geboten erscheinen liessen. Diesbezüglich kann ergänzend auf die Erwägungen der Vorinstanz verwiesen werden:
Das Obergericht weist namentlich darauf hin, dass der fragliche Verfahrensordner für das vom Beschuldigten selber angehobene kantonale Beschwerdeverfahren benötigt worden sei. Der betreffende Beschwerdeentscheid vom 31. August 2018 sei den Parteien am 5. September 2018 zugestellt worden und am 6. Oktober 2018 in Rechtskraft erwachsen. Die gesamten Verfahrensakten (mit dem fraglichen Ordner) seien am 25. Oktober 2018 an die Staatsanwaltschaft retourniert worden, wo sie am 29. Oktober 2018 eingetroffen seien. Anschliessend habe die Staatsanwaltschaft ein neues Aktenverzeichnis über die gesamten umfangreichen Untersuchungsakten anlegen und den vom Beschwerdeführer gewünschten Verfahrensordner neu paginieren müssen. Schon am 6. November 2018, acht Kalendertage nach Eingang der Akten bei der Staatsanwaltschaft, habe der Beschwerdeführer sein Ausstandsgesuch gestellt und dabei moniert, der fragliche Ordner bzw. weitere Akten seien ihm zu Unrecht vorenthalten worden.
Nach zutreffender Ansicht des Obergerichtes kann der Untersuchungsleiterin nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass die Akten nicht bereits Anfang November 2018 dem Verteidiger zugestellt wurden. Falls dieser den gewünschten Ordner derart dringend hätte einsehen müssen, hätte es ihm im Übrigen frei gestanden, die Akten direkt nach deren Eingang Ende Oktober 2018 auf der Geschäftsstelle der Staatsanwaltschaft einzusehen und sich Kopien davon erstellen zu lassen. Wie die Vorinstanz erwägt, kann auch "keine Rede davon sein", dass die Untersuchungsleiterin sich nicht gewillt gezeigt hätte, den Anordnungen des Obergerichtes in dessen Entscheid vom 31. August 2018 nachzukommen (vgl. angefochtener Entscheid, S. 5 f., E. 2.3.2-2.4.1).
Die restlichen Vorbringen des Beschwerdeführers seien als verspätet zu betrachten. Dies gelte insbesondere für das von ihm kritisierte Ausbleiben einer Stellungnahme der Untersuchungsleiterin zum (im März 2018) angeblich erfolgten Siegelbruch. Im Übrigen treffe die Behauptung des Beschwerdeführers nicht zu, wonach die Untersuchungsleiterin ihm eine solche Stellungnahme zugesichert hätte (vgl. angefochtener Entscheid, S. 5 f. E. 2.3.2).
4.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.
Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen (Art. 68 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit auf sie einzutreten ist.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Obergericht des Kantons Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 3. September 2019
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Chaix
Der Gerichtsschreiber: Forster