Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
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2C_418/2019
Urteil vom 12. September 2019
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Zünd, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Donzallaz,
Bundesrichterin Hänni,
Gerichtsschreiber Zollinger.
Verfahrensbeteiligte
1. A.C.________,
2. B.C.________,
beide vertreten durch Von Ah & Partner,
Beschwerdeführer,
gegen
Steuerverwaltung des Kantons Thurgau,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Verrechnungssteuer, Steuerperiode 2016,
Beschwerde gegen den Entscheid der Steuerrekurskommission des Kantons Thurgau vom 8. April 2019 (STRE.2018.122).
Sachverhalt:
A.
A.C.________ und B.C.________ waren Eigentümer sämtlicher Aktien der D.________ AG, die am 7. Juni 2016 aus dem Handelsregister des Kantons Thurgau gelöscht wurde. Aus der Liquidation der Gesellschaft ergab sich eine Liquidationsdividende von Fr. 142'526.--. Während die Gesellschaft die Liquidationsdividende mit dem Formular 102 deklarierte und die darauf zu entrichtende Verrechnungssteuer im Betrag von Fr. 49'884.10 abrechnete, führten A.C.________ und B.C.________ die Aktien - nicht aber die Liquidationsdividende - im Wertschriften- und Guthabenverzeichnis der Steuererklärung 2016 auf. Das Gemeindesteueramt Neukirch (Egnach; Kanton Thurgau) bemerkte anlässlich der Prüfung der Steuererklärung 2016 die fehlerhafte Deklaration und verlangte von den beiden steuerpflichtigen Personen zusätzliche Unterlagen. Mit definitiver Veranlagungsverfügung vom 24. November 2017 rechnete das Gemeindesteueramt die Liquidationsdividende im Rahmen der Veranlagung für die Steuerperiode 2016 auf und gewährte dem Ehepaar C.________ die Rückerstattung der Verrechnungssteuer in der Höhe von Fr. 49'884.10. Die Verrechnungssteuer auf der Liquidationsdividende wurde dem Ehepaar C.________ am 18. Dezember 2017 ausbezahlt.
B.
Im Zuge einer Kontrolle der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) stellte sich diese auf den Standpunkt, der Rückerstattungsanspruch des Ehepaars C.________ sei verwirkt. A.C.________ und B.C.________ hätten Fr. 49'884.10 zu viel an Verrechnungssteuer zurückerhalten. Mit Kürzungsverfügung vom 1. Mai 2018 ordnete die ESTV die vorsorgliche Kürzung der zu viel ausbezahlten Verrechnungssteuer im Umfang von Fr. 49'884.10 an. Mit Rückleistungsentscheid vom 7. Juni 2018 informierte die Steuerverwaltung des Kantons Thurgau das Ehepaar C.________ über die Kürzungsverfügung der ESTV und forderte den Verrechnungssteuerbetrag von Fr. 49'884.10 zurück. Gegen den Rückleistungsentscheid erhob das Ehepaar C.________ Beschwerde an die Steuerrekurskommission des Kantons Thurgau. Die Steuerrekurskommission wies das Rechtsmittel mit Entscheid vom 8. April 2019 ab.
C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 6. Mai 2019 gelangen A.C.________ und B.C.________ an das Bundesgericht. Sie beantragen die Aufhebung des Entscheids der Steuerrekurskommission vom 8. April 2019. Die Verrechnungssteuerrückerstattung 2016 sei auf Fr. 49'884.10 festzusetzen.
Sowohl die Steuerrekurskommission als auch die ESTV beantragen die kostenfällige Abweisung der Beschwerde. Die Steuerverwaltung lässt sich nicht vernehmen.
Erwägungen:
1.
Die frist- (Art. 100 Abs. 1 BGG) und formgerecht (Art. 42 BGG) eingereichte Eingabe betrifft eine Angelegenheit des öffentlichen Rechts (Art. 82 lit. a BGG), wobei ein Urteil der Steuerrekurskommission des Kantons Thurgau angefochten ist. Diese Instanz hat als kantonale Rekurskommission im Sinne von Art. 58 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die Verrechnungssteuer vom 13. Oktober 1965 (Verrechnungssteuergesetz, VStG; SR 642.21) in Verbindung mit Art. 54 VStG verfahrensabschliessend entschieden (Art. 90 BGG). Gegen das Urteil der kantonalen Rekurskommission steht die Beschwerde beim Bundesgericht offen (Art. 56 VStG i.V.m. Art. 86 Abs. 2 BGG). Die Beschwerdeführer sind bereits im kantonalen Verfahren als Partei beteiligt gewesen und dort mit ihren Anträgen nicht durchgedrungen. Ausserdem sind sie durch den angefochtenen Entscheid in ihren schutzwürdigen Interessen besonders berührt. Sie sind somit zur Erhebung des Rechtsmittels legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG). Auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist einzutreten.
2.
Das Bundesgericht prüft das Bundesrecht von Amtes wegen (Art. 106 Abs. 1 BGG) und mit freier Kognition (Art. 95 lit. a BGG), wobei es - unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 2 BGG) - grundsätzlich nur die geltend gemachten Vorbringen beurteilt, sofern allfällige weitere rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (vgl. BGE 142 I 135 E. 1.5 S. 144; 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254; zur qualifizierten Rüge- und Begründungspflicht nach Art. 106 Abs. 2 BGG bei Grundrechts- und Sachverhaltsrügen vgl. BGE 143 II 283 E. 1.2.2 S. 286; 143 I 1 E. 1.4 S. 5; 139 I 229 E. 2.2 S. 232; 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254). Seinem Urteil legt es grundsätzlich den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 BGG).
3.
Beim vorinstanzlichen Urteil handelt es sich um einen Rückleistungsentscheid im Sinne von Art. 58 Abs. 1 VStG, mit dem die Vorinstanz von den Beschwerdeführern die bereits erstattete Verrechnungssteuer zurückverlangt.
3.1. Gemäss Art. 52 Abs. 2 VStG trifft das kantonale Verrechnungssteueramt einen Entscheid über den Rückerstattungsanspruch. Dieser Entscheid kann mit der Veranlagungsverfügung verbunden werden.
3.1.1. Die vom kantonalen Verrechnungssteueramt
bewilligte Rückerstattung der Verrechnungssteuer steht unter dem zeitlich befristeten Vorbehalt einer Überprüfung des Anspruchs durch die ESTV gemäss Art. 57 VStG (vgl. Art. 52 Abs. 4 VStG). Ergibt die Überprüfung, dass die vom Verrechnungssteueramt gewährte Rückerstattung zu Unrecht erfolgt ist, ordnet die ESTV vorsorglich eine entsprechende Kürzung des Betrags an, sofern nicht bereits drei Jahre seit Ende des Kalenderjahres vergangen sind, in dem der Entscheid des kantonalen Verrechnungssteueramts über die Rückerstattung rechtskräftig geworden ist (vgl. Art. 57 Abs. 3 und Abs. 4 VStG). Die
vorsorgliche Kürzung im Sinne von Art. 57 Abs. 3 VStG zeitigt keine Wirkung gegenüber der steuerpflichtigen Person, löst aber die Möglichkeit für ein zusätzliches Verfahren des Kantons gegenüber der durch die beanstandete Rückerstattung begünstigten steuerpflichtigen Person aus (vgl. Knüsel, in: Zweifel/Beusch/Bauer-Balmelli [Hrsg.], Bundesgesetz über die Verrechnungssteuer, 2. Aufl. 2012, N. 1 zu Art. 58). Der Rückleistungsanspruch des Kantons - und damit die Möglichkeit für ein zusätzliches Verfahren - erlischt, wenn er nicht innert sechs Monaten seit Eröffnung der vorsorglichen Kürzung durch einen formellen
Rückleistungsentscheid gegenüber der steuerpflichtigen Person geltend gemacht wird (vgl. Art. 58 Abs. 1 VStG). Aus dieser gesetzlichen Regelung ergibt sich, dass die ESTV die Kürzung gegenüber der steuerpflichtigen Person nicht durchsetzen kann.
Macht das kantonale Verrechnungssteueramt ohne Zustimmung der ESTV die Rückleistung nicht geltend oder hat es sie in seinem rechtskräftig gewordenen Entscheid nicht in der vollen Höhe geltend gemacht, wird die vorsorgliche Kürzung endgültig, sofern sie der Kanton nicht innert neun Monaten nach ihrer Eröffnung durch eine Klage beim Bundesgericht anficht (vgl. Art. 58 Abs. 4 VStG i.V.m. Art. 120 BGG). Dieses bundesgerichtliche Klageverfahren kann losgelöst vom Rückleistungsverfahren nach Art. 58 Abs. 1 VStG im Sinne eines Forderungsstreits zwischen dem Bund und Kanton von der kantonalen Steuerbehörde eingeleitet werden (vgl. Knüsel, a.a.O., N. 7 zu Art. 58).
Ist vorsorglich eine Kürzung angeordnet worden, steht es dem kantonalen Verrechnungssteueramt demzufolge offen,
entweder von derjenigen Person, die in den Genuss der beanstandeten Rückerstattung gelangt ist, gestützt auf Art. 58 Abs. 1 VStG deren Rückleistung zu verlangen und/oder die vorsorgliche Kürzung der ESTV nach Art. 58 Abs. 4 VStG klageweise anzufechten
oder die Kürzung selbst zu tragen.
3.1.2. Vom Rückleistungsverfahren nach Art. 58 Abs. 1 VStG zu unterscheiden ist das Verfahren gegen die (teilweise)
verweigerte Rückerstattung der Verrechnungssteuer. Gegen den Entscheid über die Rückerstattung des kantonalen Verrechnungssteueramts kann innert 30 Tagen nach Eröffnung bei der gleichen Behörde schriftlich Einsprache erhoben werden (vgl. Art. 53 VStG). Der Einspracheentscheid kann sodann bei der kantonalen Rekurskommission mit Beschwerde angefochten werden (vgl. Art. 54 VStG), bevor der Zugang an das Bundesgericht offensteht (vgl. Art. 56 i.V.m. Art. 86 Abs. 2 BGG). Während beim Rückerstattungsverfahren im Sinne von Art. 52 ff. VStG der Anspruch auf Rückerstattung der Verrechnungssteuer zu beurteilen ist, handelt es sich beim Rückleistungsverfahren im Sinne von Art. 58 Abs. 1 VStG um ein Verfahren über die Rückleistung der gewährten Verrechnungssteuerrückerstattung.
3.2. Art. 23 VStG in der alten Fassung und Art. 23 Abs. 1 VStG in der Fassung vom 28. September 2018 bestimmt, dass eine steuerpflichtige Person, die mit der Verrechnungssteuer belastete Einkünfte oder Vermögen, woraus solche Einkünfte fliessen, entgegen gesetzlicher Vorschrift der zuständigen Steuerbehörde nicht angibt, den Anspruch auf Rückerstattung der von diesen Einkünften abgezogenen Verrechnungssteuer verwirkt. Die Verwirkung tritt gemäss dem mit Fassung vom 28. September 2018 neu eingefügten Absatz 2 des Art. 23 VStG nicht ein, wenn die Einkünfte oder Vermögen in der Steuererklärung fahrlässig nicht angegeben wurden (zum Begriff der Fahrlässigkeit im Sinne von Art. 23 Abs. 2 VStG und dessen Abgrenzung vom Eventualvorsatz vgl. Urteile 2C_37/2019 vom 16. August 2019 E. 3; 2C_1066/2018 vom 21. Juni 2019 E. 4.1) und in einem noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Veranlagungs-, Revisions- oder Nachsteuerverfahren nachträglich angegeben werden (lit. a) oder von der Steuerbehörde aus eigener Feststellung zu den Einkünften oder Vermögen hinzugerechnet werden (lit. b). Die Übergangsbestimmung zu Art. 23 Abs. 2 VStG regelt sodann, dass die Bestimmung rückwirkend für Ansprüche gilt, die seit dem 1. Januar 2014 entstanden sind, sofern über den Anspruch auf Rückerstattung der Verrechnungssteuer noch nicht rechtskräftig entschieden worden ist (vgl. Art. 70d VStG; zum grundsätzlich anwendbaren Recht vgl. BGE 139 II 243 E. 11.1 S. 259; 127 II 306 E. 7c S. 315 f.; 126 III 431 E. 2a S. 434; Urteile 2C_1134/2018 vom 11. Juni 2019 E. 2.1; 1C_397/2015 vom 9. August 2016 E. 3.3). Diese Bestimmungen sind am 1. Januar 2019 in Kraft getreten (vgl. AS 2019 S. 436).
4.
Die
Vorinstanzerwägt, der mit der Veranlagungsverfügung vom 24. November 2017 verbundene Entscheid über den Anspruch auf Rückerstattung der Verrechnungssteuer im Sinne von Art. 52 Abs. 2 VStG sei unangefochten geblieben und in Rechtskraft erwachsen. Damit sei über den Rückerstattungsanspruch bereits rechtskräftig entschieden worden. Gemäss Art. 70d VStG komme der seit 1. Januar 2019 geltende Art. 23 Abs. 2 VStG nicht rückwirkend zur Anwendung.
Die
Beschwerdeführer beanstanden die vorinstanzliche Auffassung, wonach der Anspruch auf Rückerstattung der Verrechnungssteuer verwirkt sei, da Art. 23 Abs. 2 lit. b VStG in Verbindung mit Art. 70d VStG infolge rechtskräftig abgeschlossener Veranlagung nicht rückwirkend auf den 1. Januar 2014 zur Anwendung gelange. Sie legen im Wesentlichen dar, für sie habe kein Grund bestanden, gegen die Veranlagungsverfügung vom 24. November 2017 ein Rechtsmittel einzulegen. Sie hätten vor dem rechtskräftigen Abschluss der Veranlagung der Steuerperiode 2016 nicht voraussehen können, dass die ESTV am 1. Mai 2018 eine Kürzungsverfügung erlassen werde. Die Änderung des Verrechnungssteuergesetzes vom 28. September 2018 sehe für die Fälle der Kürzung des Verrechnungssteueranspruchs nach Art. 57 Abs. 3 VStG und der Aufforderung zur Rückleistung nach Art. 58 Abs. 1 VStG keine Übergangsbestimmungen analog zu Art. 70d VStG vor. Dadurch entstehe eine Gesetzeslücke, die zu einer Ungleichbehandlung all jener steuerpflichtigen Personen führe, über deren Pflicht zur Rückleistung der Verrechnungssteuerrückerstattung vor Inkrafttreten der Gesetzesänderung per 1. Januar 2019 entschieden worden sei.
5.
Die Übergangsregelung in Art. 70d VStG erfasst ohne Weiteres die Sachverhalte, bei denen der Entscheid über den Rückerstattungsanspruch im Sinne von Art. 52 Abs. 2 VStG noch nicht ergangen und das Veranlagungsverfahren mithin nicht rechtskräftig abgeschlossen ist. Ausserdem werden davon die Sachverhalte erfasst, bei denen einer steuerpflichtigen Person ein nach dem 1. Januar 2014 entstandener Rückerstattungsanspruch verweigert wird und dieser Entscheid - gegebenenfalls aufgrund eines hängigen Rechtsmittelverfahrens - noch nicht in Rechtskraft erwachsen ist. Sind solche Verfahren betreffend die Rückerstattung der Verrechnungssteuer noch nicht rechtskräftig abgeschlossen, gelten die seit dem 1. Januar 2014 entstandenen Ansprüche unter den Voraussetzungen von Art. 23 Abs. 2 VStG nicht als verwirkt, und die Rückerstattung ist zu gewähren.
Vorliegend ist die Rückerstattung des Anspruchs, der nach dem 1. Januar 2014 entstanden ist, indes im Rahmen der Veranlagungsverfügung im Sinne von Art. 52 Abs. 2 VStG gewährt worden und die Veranlagungsverfügung vom 24. November 2017 ist in formelle Rechtskraft erwachsen. Es stellt sich somit die Frage, ob die Steuerbehörden auch in diesem Fall - also im Rahmen eines auf eine Kürzungsverfügung gestützten Rückleistungsentscheids nach Art. 58 Abs. 1 VStG - die Verrechnungssteuer bereits rückwirkend ab dem 1. Januar 2014 oder erst mit dessen Inkrafttreten am 1. Januar 2019 unter den Voraussetzungen von Art. 23 Abs. 2 VStG nicht mehr zurückfordern können. Für die Beantwortung dieser Frage ist darauf abzustellen, was unter dem Begriff der Rechtskraft des Entscheids über den Anspruch auf Rückerstattung der Verrechnungssteuer im Sinne von Art. 70d VStG zu verstehen ist.
5.1. Hierzu gilt es zunächst zu beurteilen, welche Rechtsnatur dem Rückleistungsentscheid im Sinne von Art. 58 Abs. 1 VStG zukommt.
5.1.1. Nach Art. 52 Abs. 2 VStG trifft das Verrechnungssteueramt einen Entscheid über den Rückerstattungsanspruch, der auch verbunden mit der Veranlagungsverfügung erfolgen kann. In beiden Fällen erlässt das Verrechnungssteueramt eine Verfügung im Sinne von Art. 5 Abs. 1 VwVG über den Rückerstattungsanspruch. Gegen diese Verfügung kann innert 30 Tagen nach der Eröffnung bei der verfügenden Steuerbehörde schriftlich Einsprache erhoben werden (vgl. Art. 53 Abs. 1 VStG). Mit dem Ablauf der Einsprachefrist erwächst die Verfügung unabhängig von einer materiellen Fehlerhaftigkeit in formelle Rechtskraft. Sie ist demzufolge mit einem ordentlichen Rechtsmittel nicht mehr anfechtbar (vgl. Cuccarède-Zenklusen, Instrumente der steuerpflichtigen Person zur Änderung rechtskräftiger Verfügungen und Entschiede, 2014 S. 23 f.; Looser, in: Zweifel/Beusch [Hrsg.], Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden [StHG], 3. Aufl. 2017, N. 2 zu Vor Art. 51-53a; Meyer-Blaser, Die Abänderung formell rechtskräftiger Verwaltungsverfügungen in der Sozialversicherung, ZBl 95/1994 S. 343). Formell rechtskräftige Steuerverfügungen können grundsätzlich nicht abgeändert werden (vgl. BGE 121 II 273 E. 1a/bb S. 277; Urteile 2C_339/2017 vom 24. Mai 2018 E. 2.1; 2C_230/2012 vom 24. September 2012 E. 3.2).
Entgegen dieses steuerrechtlichen Grundsatzes steht der Entscheid über die gewährte Verrechnungssteuerrückerstattung unter dem Vorbehalt einer Überprüfung des Anspruchs durch die ESTV (vgl. Art. 52 Abs. 4 VStG i.V.m. Art. 57 VStG). Nach der gesetzlichen Konzeption kann die Verfügung des kantonalen Verrechnungssteueramts nach Eintritt der formellen Rechtskraft explizit inhaltlich geändert werden. Diese Konzeption stimmt mit der bundesgerichtlichen Rechtsprechung überein, wonach es der Eigenart des öffentlichen Rechts und der Natur der öffentlichen Interessen entspricht, dass ein Verwaltungsakt, der dem Gesetz nicht oder nicht mehr entspricht, nicht unabänderlich ist (vgl. BGE 120 IV 297 E. 3e S. 299; 94 I 336 E. 4 S. 343; Urteile 1C_126/2015 vom 5. November 2015 E. 7.1). Deshalb kann eine materiell unrichtige Verfügung nach Ablauf der Rechtsmittelfrist unter bestimmten Voraussetzungen abgeändert werden (vgl. BGE 121 II 273 E. 1a/aa S. 276; Urteil 1C_43/2007 vom 9. April 2008 E. 5.3). Mit Blick auf die Änderung einer materiell unrichtigen Verfügung über die Verrechnungssteuerrückerstattung bestehen im Verrechnungssteuergesetz unter anderem zeitliche Voraussetzungen. Der Rückleistungsanspruch des Kantons erlischt, wenn er nicht innert sechs Monaten seit Eröffnung der vorsorglichen Kürzungsverfügung der ESTV durch einen Entscheid bei der steuerpflichtigen Person geltend gemacht wird (vgl. Art. 58 Abs. 1 VStG). Nach Ablauf von drei Jahren seit Ende des Kalenderjahres, in dem der Entscheid des Verrechnungssteueramts über die Rückerstattung formell rechtskräftig geworden ist, kann die Kürzung sodann nur noch in Verbindung mit einem Strafverfahren angeordnet werden (vgl. Art. 57 Abs. 4 VStG; vgl. auch Art. 12 VStrR [SR 313.0]). Die inhaltliche Unabänderlichkeit der Verfügung tritt folglich zeitlich verzögert und gestaffelt ein.
5.1.2. Verlangt das kantonale Verrechnungssteueramt die durch die ESTV beanstandete Rückerstattung von der steuerpflichtigen Person zurück, macht sie von der gesetzlichen Möglichkeit für ein zusätzliches Verfahren Gebrauch (vgl. Art. 58 Abs. 1 VStG; vgl. auch Knüsel, a.a.O., N. 1 zu Art. 58). Sie leitet damit ein Rückleistungsverfahren ein, das mit einem Revisionsverfahren vergleichbar ist (vgl. Art. 59 Abs. 1 VStG i.V.m. Art. 66 ff. VwVG; Art. 147 ff. des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer vom 14. Dezember 1990 [DBG; SR 642.11]). Das Ergebnis des Rückleistungsverfahrens nach Art. 58 Abs. 1 VStG - der Rückleistungsentscheid - stellt einen Widerruf einer materiell fehlerhaften, formell rechtskräftigen Rückerstattungsverfügung dar (vgl. Guckelberger, Der Widerruf von Verfügungen im schweizerischen Verwaltungsrecht, ZBl 6/2007 S. 294). Beim Rückleistungsentscheid handelt es sich ebenso um eine Verfügung im Sinne von Art. 5 Abs. 1 VwVG, zumal der Widerruf eines Verwaltungsakts selbst ein Verwaltungsakt ist (vgl. Saladin, Der Widerruf von Verwaltungsakten, 1960 S. 128). Gegen die verfügte Rückleistung kann wiederum Beschwerde erhoben werden (vgl. Art. 58 Abs. 2 VStG).
5.1.3. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Verfügung über die Rückleistung nach Art. 58 Abs. 1 VStG als Widerruf der formell rechtskräftigen Verfügung über die Rückerstattung nach Art. 52 Abs. 2 VStG zu betrachten ist. Folglich wird in die inhaltliche Rechtsbeständigkeit des Rückerstattungsentscheids eingegriffen, während die formelle Rechtskraft dieser Verfügung unangetastet bleibt. Indessen beginnt die Rechtsmittelfrist gegen die Verfügung über die Rückleistung zu laufen.
5.2. Sodann ist zu prüfen, was der Wille des Gesetzgebers beim Erlass von Art. 70d VStG gewesen ist, wenn er die Rückwirkung nur für Ansprüche auf Rückerstattung der Verrechnungssteuer vorsieht, über die noch nicht rechtskräftig entschieden worden ist.
5.2.1. In der mit der bundesrätlichen Botschaft dem Parlament unterbreiteten Fassung von Art. 70d VStG sah die Änderung des Verrechnungssteuergesetzes eine Anknüpfung an die Einsprachefrist vor (BBl 2018 S. 2351) :
"Artikel 23 Absatz 2 ist anwendbar, wenn die Frist für die Einsprache gegen die Veranlagung im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Änderung [...] noch nicht abgelaufen ist."
Damit hätten bei noch laufender Veranlagung auch Leistungen, die mehrere Jahre vor Inkrafttreten entstanden waren, unter die Neuerung fallen können. Massgebend sei der abstrakte Fristenlauf, wobei es unerheblich sei, ob und wann Einsprache erhoben worden wäre (vgl. Botschaft zu einer Änderung des Verrechnungssteuergesetzes vom 28. März 2018, BBl 2018 2325 ff. S. 2340 und S. 2343). Die ursprünglich vorgesehene übergangsrechtliche Regelung hätte demzufolge die rückwirkende Anwendbarkeit an die formelle Rechtskraft des Entscheids über den Rückerstattungsanspruch geknüpft. Spätestens im Zeitpunkt, in dem die formelle Rechtskraft der Veranlagung eingetreten wäre, hätte Art. 23 Abs. 2 VStG keine rückwirkende Anwendung mehr gefunden.
5.2.2. Im parlamentarischen Gesetzgebungsprozess wurde vom Vorschlag des Bundesrats indes massgeblich abgewichen. In der am 29. Mai 2018 im Nationalrat diskutierten Fassung lautete die einschlägige Übergangsbestimmung wie folgt (AB 2018 N S. 625) :
"Artikel 23 Absatz 2 gilt für Ansprüche, die seit dem 1. Januar 2014 entstanden sind."
Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrats beabsichtigte mit der Änderung, dass "nicht alle Fälle, die seit dem 1. Januar 2014 abgehandelt wurden, neu aufgerollt werden sollen; vielmehr geht es nur noch um die nicht rechtskräftig abgeschlossenen Fälle" (Votum des Kommissionssprechers Leo Müller; AB 2018 N S. 621). In den parlamentarischen Beratungen kamen dennoch Bedenken an den Auswirkungen der Übergangsregelung auf. In diesem Sinne warf der Kommissionssprecher explizit die Frage zu Handen des Ständerats auf, ob das Übergangsrecht oder die Rückwirkungen auch auf rechtskräftige - und vor allem mit Urteilen - abgeschlossene Fälle zur Anwendung kommen sollte oder nicht (vgl. AB 2018 N S. 624). Weiter anerkannte der Kommissionssprecher, dass eigentlich zu sagen wäre, Art. 23 Abs. 2 VStG "gilt nur für offene [...], nicht für rechtskräftig abgeschlossene Fälle". Der Ständerat habe noch die Chance, diese Frage zu klären und klar zu legiferieren (AB 2018 N S. 625 f.).
5.2.3. In der Debatte des Ständerats vom 10. September 2018 wurde ausgeführt, dass der Nationalrat eine explizite Rückwirkung befürwortet habe, dies auch für Fälle, die bereits entschieden seien. Wenn diese Rückwirkungsklausel ins Gesetz aufgenommen würde, könnte dies im Extremfall dazu führen, dass auch alte rechtskräftige Entscheide aufgehoben würden (vgl. AB 2018 S S. 597). Aus diesem Grund beantragte die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerats, dem bundesrätlichen Entwurf zuzustimmen (vgl. E. 5.2.1 hiervor). Indessen folgte der Ständerat letztlich gestützt auf die im Nationalrat aufgeworfenen Bedenken dem Antrag seiner Minderheit, der die nunmehr in Kraft stehende Fassung von Art. 70d VStG vorgeschlagen hatte (vgl. E. 3.2 i.f. hiervor). Demnach soll die Rückwirkung nur gelten, sofern über den Anspruch auf Rückerstattung der Verrechnungssteuer noch nicht rechtskräftig entschieden worden ist. Damit sollte verhindert werden, dass "die Regelung auch auf rechtskräftige Entscheide anwendbar" ist (AB 2018 S S. 597 f.).
5.2.4. In der parlamentarischen Beratung vom 20. September 2018 stimmte der Nationalrat dem Beschluss des Ständerats vom 10. September 2018 zu. Mit Blick auf Art. 70d VStG wurde erwähnt, dass der Ständerat eine bessere Formulierung beschlossen habe. Beide Räte stimmten in der am 28. September 2018 erfolgten Schlussabstimmung der seit 1. Januar 2019 in Kraft stehenden Fassung von Art. 70d VStG zu. Aus den parlamentarischen Beratungen wird ersichtlich, dass die in Art. 70d VStG erwähnte Rechtskraft ("noch nicht rechtskräftig entschieden") an die formelle Rechtskraft des Entscheids über den Anspruch auf Rückerstattung der Verrechnungssteuer anknüpft. Nach dem gesetzgeberischen Willen findet die Regelung in Art. 23 Abs. 2 VStG demnach übergangsrechtlich keine rückwirkende Anwendung, sobald über den seit dem 1. Januar 2014 entstandenen Rückerstattungsanspruch formell rechtskräftig entschieden worden ist.
5.3. Nach Auffassung der Beschwerdeführer besteht eine übergangsrechtliche Gesetzeslücke, die zu einer Ungleichbehandlung all jener steuerpflichtigen Personen führe, über deren Pflicht zur Rückleistung der Verrechnungssteuerrückerstattung vor Inkrafttreten der Gesetzesänderung per 1. Januar 2019 erstmals entschieden worden sei (vgl. auch Holenstein/von Ah, Kreisschreiben ESTV Nr. 40 - Klappe die Zweite, ASA 86 Nr. 6-7 S. 366).
5.3.1. Den Beschwerdeführern ist im Grundsatz zuzustimmen. Der Gesetzgeber wollte mit der Übergangsbestimmung in erster Linie verhindern, dass für die steuerpflichtige Person negative Verfügungen, die vor dem 1. Januar 2019 in formelle Rechtskraft erwachsen sind, wieder neu beurteilt werden können. Hingegen hat die steuerpflichtige Person keinen Anlass gegen eine für sie positive Verfügung mit einem Rechtsmittel vorzugehen. Kommt die Steuerbehörde nachträglich von Amtes wegen auf eine - nach ihrer Auffassung - materiell unrichtige Verfügung zurück und widerruft diese, steht es der steuerpflichtigen Person nach den allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts und der ausdrücklichen Regelung in Art. 58 Abs. 2 VStG zu, dagegen ein Rechtsmittel zu erheben. Folglich beginnt wiederum eine Rechtsmittelfrist zu laufen. Zugleich ist damit dargetan, dass im Umfang des verfügten Widerrufs über den (erneut) beurteilten (strittigen) Anspruch noch nicht formell rechtskräftig im Sinne von Art. 70d VStG entschieden worden ist.
5.3.2. Eine Gesetzeslücke besteht entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer jedoch nicht. Vielmehr kann der Gesetzgeber nicht derart verstanden werden, dass er eine steuerpflichtige Person, die erst aufgrund des Widerrufs einer für sie positiven Verfügung ein Rechtsmittel erhebt, in anderer Weise behandeln will als eine steuerpflichtige Person, die bereits aufgrund einer für sie negativen Verfügung ein Rechtsmittel ergreift. In diesem Sinne darf es für die Anwendbarkeit der Übergangsbestimmung von Art. 70d VStG keine Rolle spielen, ob über den Rückerstattungsanspruch bereits in einer für die steuerpflichtige Person positiven Verfügung (gewährte Rückerstattung) formell rechtskräftig entschieden worden ist. Solange sich die steuerpflichtige Person im Rahmen der ordentlichen Rechtsmittelfristen gegen die von der Steuerbehörde erneut vorgenommene negative Anspruchsbeurteilung (Rückleistung der gewährten Rückerstattung) zur Wehr setzen kann, ist darüber noch nicht rechtskräftig entschieden worden. Dieses Verständnis ist im Einklang mit dem Willen des Gesetzgebers, der beim Erlass der Übergangsbestimmung in erster Linie einen Sachverhalt mit einer noch nicht rechtskräftig beurteilten negativen Verfügung vor Augen hatte. Art. 23 Abs. 2 VStG findet vorliegend demzufolge ebenfalls übergangsrechtlich Anwendung, da der zu beurteilende Anspruch nach dem 1. Januar 2014 entstanden, Art. 23 Abs. 2 VStG i.V.m. Art. 70d VStG während des hängigen Rechtsmittelverfahrens in Kraft getreten und die Rückleistung mithin nicht rechtskräftig beurteilt ist. Abschliessend ist anzumerken, dass der rückwirkenden Anwendung von Art. 23 Abs. 2 VStG auch nicht entgegensteht, dass der Kanton Thurgau die vorsorgliche Kürzung der ESTV möglicherweise nicht klageweise nach Art. 58 Abs. 4 VStG angefochten hat.
6.
Zusammenfassend ergibt sich, dass in der vorliegenden Angelegenheit Art. 23 Abs. 2 VStG rückwirkend zur Anwendung gelangt. Die Beschwerde erweist sich daher als begründet, weshalb sie gutzuheissen ist. Der Entscheid vom 8. April 2019 ist aufzuheben. Die Vorinstanz hat unter Anwendung des seit dem 1. Januar 2019 in Kraft stehenden Art. 23 Abs. 2 VStG zu prüfen, ob die mit Verfügung vom 24. November 2017 den Beschwerdeführern bewilligte Rückerstattung der Verrechnungssteuer im Rahmen des Rückleistungsverfahrens zurückverlangt werden kann. Die Vorinstanz wird dabei insbesondere zu beurteilen haben, ob die Beschwerdeführer fahrlässig im Sinne von Art. 23 Abs. 2 VStG die Liquidationsdividende nicht deklariert haben (zum Begriff der Fahrlässigkeit im Sinne von Art. 23 Abs. 2 VStG und dessen Abgrenzung vom Eventualvorsatz vgl. Urteile 2C_37/2019 vom 16. August 2019 E. 3; 2C_1066/2018 vom 21. Juni 2019 E. 4.1). Bei diesem Verfahrensausgang sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 66 Abs. 4 BGG). Der Kanton Thurgau hat den Beschwerdeführern eine Parteientschädigung für das bundesgerichtliche Verfahren auszurichten (Art. 68 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid vom 8. April 2019 der Steuerrekurskommission des Kantons Thurgau wird aufgehoben.
2.
Die Sache wird zur Neubeurteilung der Angelegenheit im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen.
3.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
4.
Der Kanton Thurgau hat die Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'000.-- zu entschädigen.
5.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, der Steuerrekurskommission des Kantons Thurgau und der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 12. September 2019
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Das präsidierende Mitglied: Zünd
Der Gerichtsschreiber: Zollinger