Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
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1B_277/2019
Urteil vom 17. September 2019
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Chaix, Präsident,
Bundesrichter Merkli, Muschietti,
Gerichtsschreiber Mattle.
Verfahrensbeteiligte
A.C.________,
Beschwerdeführer,
gegen
Appellationsgericht Basel- Stadt, Präsidentin.
Gegenstand
Strafverfahren; unentgeltliche Rechtspflege,
Beschwerde gegen die Verfügung des Appellationsgerichts Basel-Stadt, Präsidentin, vom 2. Mai 2019 (BES.2019.75).
Sachverhalt:
A.C.________ erstattete am 14. Oktober 2017 bei der Kantonspolizei des Kantons Basel-Stadt Strafanzeige gegen B.C.________ wegen Verleumdung, eventualiter wegen Prozessbetrug. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt verfügte am 25. März 2019 Nichtanhandnahme dieser Strafanzeige. Am 8. April 2019 focht A.C.________ die Nichtanhandnahmeverfügung beim Appellationsgericht Basel-Stadt an. Dieses verfügte am 2. Mai 2019, dass das Gesuch von A.C.________ um unentgeltliche Rechtspflege wegen Aussichtslosigkeit abgewiesen werde, und forderte ihn dazu auf, einen Kostenvorschuss von Fr. 500.-- zu leisten, ansonsten es nicht auf das Rechtsmittel eintrete.
Mit Eingabe vom 4. Juni 2019 führt A.C.________ Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht. Er beantragt, die Verfügung des Appellationsgerichts vom 2. Mai 2019 sei aufzuheben und die Sache an die Staatsanwaltschaft zurückzuweisen, mit der Anweisung, unverzüglich eine Strafuntersuchung gegen die Täterin zu eröffnen. Dem Beschwerdeführer sei die unentgeltliche Prozessführung zu gewähren. Es sei festzustellen, dass die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt und das Appellationsgericht Basel-Stadt willkürlich das rechtliche Gehör des Beschwerdeführers verletzt hätten. Eventualiter sei festzustellen, dass die Staatsanwaltschaft vorsätzlich Beweisurkunden unterdrückt habe.
Das Appellationsgericht Basel-Stadt hat auf eine Vernehmlassung verzichtet.
Erwägungen:
1.
1.1. Mit dem angefochtenen Entscheid hat die Vorinstanz das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Prozessführung in einem strafrechtlichen Verfahren abgewiesen und ihn zur Leistung eines Kostenvorschusses aufgefordert. Dies stellt einen Zwischenentscheid in Strafsachen (Art. 78 Abs. 1 BGG) dar, der einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil nach Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG bewirken kann (vgl. BGE 140 IV 202 E. 2 S. 203 ff.; 133 IV 335 E. 4 S. 338, mit Hinweisen; 129 I 129 E. 1.1 S. 131). Das Appellationsgericht Basel-Stadt hat als letzte kantonale Instanz (vgl. Art. 81 Abs. 1 BGG) entschieden. Soweit der Beschwerdeführer beantragt, die Sache sei zur Eröffnung einer Strafuntersuchung an die Staatsanwaltschaft zurückzuweisen sowie es sei festzustellen, dass die Staatsanwaltschaft Beweisurkunden vorsätzlich unterdrückt habe, kann nicht darauf eingetreten werden. Diese Vorbringen gehen über den Streitgegenstand hinaus, welcher sich nach der angefochtenen Verfügung und den Beschwerdeanträgen bestimmt (vgl. BGE 142 I 155 E. 4.4.2 S. 156, mit Hinweisen).
1.2. Der Beschwerdeführer macht die Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend und beanstandet, dass ihm die unentgeltliche Rechtspflege nicht gewährt wurde. Zur Geltendmachung dieser Rügen ist er nach der sogenannten "
Star -Praxis" befugt (vgl. Urteil 6B_1039/2017 vom 13. März 2018 E. 1.2.2 mit Hinweisen). Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen für die Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht sind ebenfalls erfüllt. Auf die Beschwerde ist somit einzutreten, soweit die Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids verlangt wird. Wäre der angefochtene Entscheid wie beantragt aufzuheben, wäre die Sache zur formell korrekten Fortsetzung des Verfahrens an die Vorinstanz zurückzuweisen.
2.
Der Beschwerdeführer rügt, dass ihm die Vernehmlassung der Staatsanwaltschaft im vorinstanzlichen Verfahren erst zusammen mit dem Zwischenentscheid über die Verneinung der unentgeltlichen Prozessführung zur Kenntnisnahme zugestellt wurde, ohne dass ihm das Recht auf Replik gewährt worden sei. Dadurch sei sein Anspruch auf rechtliches Gehör im Sinne von Art. 29 BV bzw. Art. 6 EMRK verletzt worden.
2.1.
2.1.1. Gemäss Art. 29 Abs. 2 BV (bzw. Art. 6 EMRK) haben die Parteien Anspruch auf rechtliches Gehör. Das rechtliche Gehör dient einerseits der Sachaufklärung, anderseits stellt es ein persönlichkeitsbezogenes Mitwirkungsrecht beim Erlass eines Entscheides dar, welcher in die Rechtsstellung des Einzelnen eingreift. Der Anspruch umfasst als Mitwirkungsrecht alle Befugnisse, die einer Partei einzuräumen sind, damit sie in einem Verfahren ihren Standpunkt wirksam zur Geltung bringen kann (vgl. BGE 144 I 11 E. 5.3 S. 17, mit Hinweisen). Wie weit dieses Recht geht, lässt sich nicht generell, sondern nur unter Würdigung der konkreten Umstände beurteilen. Entscheidend ist, ob dem Betroffenen ermöglicht wurde, seinen Standpunkt wirksam zur Geltung zu bringen (vgl. BGE 144 I 11 E. 5.3 S. 17 f., mit Hinweisen).
2.1.2. Der Anspruch einer Partei, im Rahmen eines Gerichtsverfahrens zu replizieren, bildet einen Teilgehalt des verfassungsmässigen Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV). Im Anwendungsbereich von Art. 6 Ziff. 1 EMRK ist es den Gerichten nicht gestattet, einer Partei das Äusserungsrecht zu eingegangenen Stellungnahmen bzw. Vernehmlassungen der übrigen Verfahrensparteien, unteren Instanzen und weiteren Stellen abzuschneiden. Die Partei ist vom Gericht nicht nur über den Eingang dieser Eingaben zu orientieren; sie muss ausserdem die Möglichkeit zur Replik haben (vgl. BGE 138 I 484 E. 2.1 S. 485 f.; 133 I 98 E. 2.1 S. 99).
2.1.3. Da der Anspruch auf rechtliches Gehör formeller Natur ist, führt seine Verletzung ungeachtet der materiellen Begründetheit des Rechtsmittels grundsätzlich zur Gutheissung der Beschwerde und zur Aufhebung des angefochtenen Entscheides. Nach der Rechtsprechung kann aber selbst eine schwerwiegende Verletzung des rechtlichen Gehörs geheilt werden, wenn und soweit die Rückweisung zu einem formalistischen Leerlauf und damit zu unnötigen Verzögerungen führen würde, die mit dem (der Anhörung gleichgestellten) Interesse der betroffenen Partei an einer beförderlichen Beurteilung der Sache nicht zu vereinbaren wären. Voraussetzung hierfür ist, dass die heilende Instanz selber in Bezug auf die vom Gehörsmangel betroffenen Aspekte die gleiche Kognition hat wie die untere Instanz (vgl. BGE 142 II 218 E. 2.8.1 S. 226 f., mit Hinweisen; 137 I 195 E. 2.3.2 S. 197 f.).
2.2. Vorliegend hat die Vorinstanz den Antrag des Beschwerdeführers auf unentgeltliche Prozessführung abgelehnt und ihm erst mit dem Entscheid die Stellungnahme der Staatsanwaltschaft zur Kenntnisnahme zugestellt. In ihrer Begründung stützt sie sich ausdrücklich auf die Stellungnahme der Staatsanwaltschaft.
Dadurch, dass die Vorinstanz die Stellungnahme der Staatsanwaltschaft nicht zur Replik an den Beschwerdeführer zustellte, verletzte sie dessen Anspruch auf rechtliches Gehör. Dies gilt umso mehr, als sich die Vorinstanz in ihrem Entscheid unmittelbar auf die Ausführungen in der Vernehmlassung der Staatsanwaltschaft stützte, ohne selber ausführlich zu begründen, weshalb die Beschwerde aussichtslos sei.
Zu prüfen bleibt, ob diese Gehörsverletzung im Verfahren vor Bundesgericht geheilt werden kann. In seiner Beschwerde an das Bundesgericht bringt der Beschwerdeführer vor, dass er nicht mit dem Sachverhalt einverstanden sei, den die Staatsanwaltschaft in ihrer Vernehmlassung beschreibe. Er behauptet namentlich, dass er einen Strafantrag bei der Kantonspolizei Basel-Stadt formgerecht und mündlich gestellt habe. Damit bringt er eine Sachverhaltsrüge vor, die den Entscheid über die unentgeltliche Prozessführung unter Umständen beeinflussen könnte. Das Bundesgericht legt seinem Urteil grundsätzlich den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG) und berichtigt oder ergänzt ihn bloss, wenn er offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Aufgrund dieser im Vergleich zur Vorinstanz eingeschränkten Kognition bezüglich des Vorbringens des Beschwerdeführers (vgl. Art. 393 Abs. 2 lit. b StPO) kommt eine Heilung der Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör durch das Bundesgericht nicht in Frage.
2.3. Damit ist die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen, ohne dass in der Sache selbst, das heisst über die unentgeltliche Prozessführung, zu entscheiden ist.
3.
Die Beschwerde ist gutzuheissen und die Sache zur formell korrekten Fortführung des Verfahrens an die Vorinstanz zurückzuweisen. Bei diesem Verfahrensausgang sind für das bundesgerichtliche Verfahren keine Gerichtskosten zu erheben (vgl. Art. 66 Abs. 1 und 4 BGG ). Eine Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen, da der Beschwerdeführer nicht anwaltlich vertreten ist und im vorliegenden Fall kein besonderer Aufwand angefallen und belegt ist (vgl. Art. 68 Abs. 2 BGG e contrario; vgl. BGE 133 III 439 E. 4 S. 446; 129 V 113 E. 4.1 S. 116). Damit ist das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung im bundesgerichtlichen Verfahren gegenstandslos.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen, soweit darauf einzutreten ist. Der Beschluss des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt vom 2. Mai 2019 wird aufgehoben und die Sache zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurückgewiesen.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.
4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer und dem Appellationsgericht Basel-Stadt, Präsidentin, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 17. September 2019
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Chaix
Der Gerichtsschreiber: Mattle