BGer 8C_331/2019
 
BGer 8C_331/2019 vom 18.09.2019
 
8C_331/2019
 
Urteil vom 18. September 2019
 
I. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichterin Viscione, Bundesrichter Abrecht,
Gerichtsschreiberin Kopp Käch.
 
Verfahrensbeteiligte
Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Zürich, Abteilung Arbeitslosenversicherung, Stampfenbachstrasse 32, 8001 Zürich,
Beschwerdeführer,
gegen
A.________,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Arbeitslosenversicherung (Einstellung in der Anspruchsberechtigung),
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 25. März 2019 (AL.2018.00013).
 
Sachverhalt:
A. Der 1992 geborene A.________ war seit 24. November 2015 als Lager- und Produktionsmitarbeiter bei der B.________ AG angestellt gewesen. Nachdem die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis auf den 31. März 2017 gekündigt hatte, meldete er sich zur Arbeitsvermittlung an und stellte Antrag auf Arbeitslosenentschädigung. Mit Verfügung vom 29. November 2017 stellte das Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Zürich (AWA) A.________ wegen ungenügender persönlicher Arbeitsbemühungen in der Kontrollperiode Oktober 2017 für die Dauer von sieben Tagen in der Anspruchsberechtigung ein. Daran hielt es mit Einspracheentscheid vom 20. Dezember 2017 fest.
B. Die dagegen erhobene Beschwerde hiess das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 25. März 2019 teilweise gut und reduzierte die Dauer der Einstellung in der Anspruchsberechtigung auf vier Tage.
C. Das AWA führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und der Einspracheentscheid vom 20. Dezember 2017 zu bestätigen.
A.________ und das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) verzichten auf eine Vernehmlassung.
 
Erwägungen:
1. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die Verletzung von Bundesrecht (Art. 95 lit. a BGG), einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens (vgl. BGE 132 V 292 E. 3.3 S. 399), sowie eine offensichtlich unrichtige oder auf einer Verletzung von Art. 95 beruhende Sachverhaltsfeststellung (Art. 97 Abs. 1 BGG) gerügt werden. Eine Angemessenheitskontrolle ist dem Bundesgericht verwehrt; es überprüft zwar frei, ob der angefochtene Akt verhältnismässig ist (BGE 134 V 153 E. 4.2 S. 157), hingegen kann es nicht sein eigenes Ermessen - im Sinne einer Überprüfung der Zweckmässigkeit (Opportunität) - an die Stelle desjenigen der zuständigen Behörden setzen (BGE 124 II 114 E. 1b S. 116 mit Hinweisen; Urteil 8C_302/2019 vom 22. August 2019 E. 1).
2. Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie die von der Verwaltung verfügte Einstellungsdauer von sieben Tagen auf deren vier reduzierte. Nicht mehr strittig ist vor Bundesgericht die grundsätzliche Einstellung des Versicherten in der Anspruchsberechtigung wegen ungenügender persönlicher Arbeitsbemühungen in der Kontrollperiode Oktober 2017.
 
3.
3.1. Die Dauer der Einstellung in der Anspruchsberechtigung bemisst sich nach dem Grad des Verschuldens und beträgt je Einstellungsgrund höchstens 60 Tage (Art. 30 Abs. 3 AVIG). Der Bundesrat kann eine Mindestdauer der Einstellung vorschreiben (Art. 30 Abs. 3
3.2. Die Festlegung der Einstellungsdauer beschlägt eine typische Ermessensfrage, deren Beantwortung letztinstanzlicher Korrektur nur mehr dort zugänglich ist, wo das kantonale Gericht sein Ermessen rechtsfehlerhaft ausgeübt hat, also bei Ermessensüberschreitung oder -unterschreitung sowie bei Ermessensmissbrauch. Ermessensmissbrauch ist gegeben, wenn die Behörde zwar im Rahmen des ihr eingeräumten Ermessens bleibt, sich aber von unsachlichen, dem Zweck der massgebenden Vorschriften fremden Erwägungen leiten lässt, oder allgemeine Rechtsprinzipien, wie das Verbot von Willkür und von rechtsungleicher Behandlung, das Gebot von Treu und Glauben sowie den Grundsatz der Verhältnismässigkeit verletzt (BGE 137 V 71 E. 5.1 S. 72 f. mit Hinweis auf BGE 132 V 393 E. 3.3 S. 399). Dagegen liegt Ermessensüberschreitung vor, wenn die Behörde Ermessen walten lässt, wo ihr das Gesetz keines einräumt, oder wo sie statt zweier zulässiger Lösungen eine dritte wählt. In diesem Zusammenhang ist auch die Ermessensunterschreitung bedeutsam, die darin besteht, dass die entscheidende Behörde sich als gebunden betrachtet, obschon sie nach Gesetz berechtigt wäre, nach Ermessen zu handeln, oder dass sie auf Ermessensausübung ganz oder teilweise von vornherein verzichtet (BGE 137 V 71 E. 5.2 S. 73; 116 V 307 E. 2 S. 310; Urteil 8C_556/2016 vom 23. November 2016 E. 4.1, in: ARV 2016 S. 308; vgl. auch Urteil 8C_528/2018 vom 18. Januar 2019 E. 4.2 mit Hinweisen).
3.3. Im Gegensatz zur Kognition des Bundesgerichts ist diejenige der Vorinstanz in diesem Zusammenhang nicht auf Rechtsverletzung beschränkt, sondern erstreckt sich auch auf die Beurteilung der Angemessenheit der Verwaltungsverfügung. Bei der Angemessenheit geht es um die Frage, ob der zu überprüfende Entscheid, den die Behörde nach dem ihr zustehenden Ermessen im Einklang mit den allgemeinen Rechtsprinzipien in einem konkreten Fall getroffen hat, nicht zweckmässigerweise anders hätte ausfallen sollen. Allerdings darf das kantonale Gericht sein Ermessen nicht ohne triftigen Grund an die Stelle desjenigen der Verwaltung setzen; es muss sich somit auf Gegebenheiten abstützen können, die seine abweichende Ermessensausübung als naheliegender erscheinen lassen (BGE 137 V 71 E. 5.2 S. 73; 126 V 75 E. 6 S. 81; Urteile 8C_747/2018 vom 20. März 2019 E. 4.3, 8C_528/2018 vom 18. Januar 2019 E. 4.3 und 8C_777/2017 vom 2. August 2018 E. 4.3).
 
4.
4.1. Das kantonale Gericht führte bezüglich Herabsetzung der Einstellungsdauer von sieben auf vier Tage aus, die von der Verwaltung verfügte Einstellung in der Anspruchsberechtigung für sieben Tage entspreche einer Sanktion im mittleren Bereich eines leichten Verschuldens. Dabei sei grundsätzlich zu Recht berücksichtigt worden, dass der Versicherte bereits wegen ungenügender persönlicher Arbeitsbemühungen in der Anspruchsberechtigung eingestellt worden sei, wie auch, dass er einen Zwischenverdienst erziele. In Würdigung der gesamten persönlichen Umstände des Beschwerdegegners erscheine indes eine Einstellung von vier Tagen als gerechtfertigt. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass der Versicherte trotz der aufgezeigten qualitativen Mängel bei den Arbeitsbemühungen regelmässig namhafte und konstante Suchbemühungen ausgewiesen habe und mit dem im Vergleich zum versicherten Verdienst hohen Zwischenverdienst einen nicht unbeachtlichen Teil zur Schadenminderung beitrage.
4.2. Es steht fest und ist unbestritten, dass der Beschwerdegegner in den letzten zwei Jahren bereits wegen ungenügender Arbeitsbemühungen in der Anspruchsberechtigung eingestellt werden musste.
4.3. Die für die Dauer der Einstellung relevante Beurteilung des Verschuldens erfolgt mit Blick auf das bisherige Verhalten der Versicherten, wobei - wie in E. 3.1 hiervor dargelegt - die Einstellungsdauer gemäss Art. 45 Abs. 5 AVIV angemessen zu verlängern ist, wenn die versicherte Person während der letzten zwei Jahre wiederholt in der Anspruchsberechtigung eingestellt wurde. Das Beschwerde führende AWA weist zu Recht darauf hin, dass praxisgemäss bei zweitmals ungenügenden Arbeitsbemühungen während der Kontrollperiode nach der Weisung des SECO gemäss AVIG-Praxis ALE (Rz. D79, Ziff. 1.C Nr. 2) eine Einstellung in der Anspruchsberechtigung von fünf bis neun Tagen erfolgt. Die Verwaltungsweisungen sind für das Gericht grundsätzlich nicht verbindlich. Dieses soll sie bei seiner Entscheidung aber berücksichtigen, sofern sie eine dem Einzelfall angepasste und gerecht werdende Auslegung der anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen zulassen. Das Gericht weicht also nicht ohne triftigen Grund von Verwaltungsweisungen ab, wenn diese eine überzeugende Konkretisierung der rechtlichen Vorgaben darstellen. Insofern wird dem Bestreben der Verwaltung, durch interne Weisungen eine rechtsgleiche Gesetzesanwendung zu gewährleisten, Rechnung getragen (BGE 141 V 362 E. 2.4 S. 368). Das bedeutet, wie das AWA zu Recht vorbringt, dass die erwähnte, gemäss SECO-Raster vorgesehene Einstellungsdauer von fünf bis neun Tagen im Sinne einer Gleichbehandlung der versicherten Personen in einer vergleichbaren Lage ohne triftigen Grund nicht unterschritten werden soll. Den diesbezüglich von der Vorinstanz erwähnten Zwischenverdienst wie auch das Verhalten des Beschwerdegegners hat das AWA in der Verfügung vom 29. November 2017 und im Einspracheentscheid vom 20. Dezember 2017, wie das kantonale Gericht selber erwähnt, bereits verschuldensmindernd berücksichtigt.
4.4. Zusammenfassend lagen keine triftigen Gründe vor, um in das Verwaltungsermessen einzugreifen. Das AWA siedelte die erneut ungenügenden Arbeitsbemühungen des Beschwerdegegners unter Berücksichtigung seines Verhaltens in angemessener Weise im mittleren Bereich des leichten Verschuldens an, weshalb das kantonale Gericht in unzulässiger Weise in die pflichtgemässe Ermessensausübung der Verwaltung eingriff. Die Beschwerde ist mithin begründet.
5. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat der Beschwerdegegner die Verfahrenskosten zu tragen (Art. 65 Abs. 4 lit. a in Verbindung mit Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG).
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:
1. Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 25. März 2019 wird aufgehoben und der Einspracheentscheid des Amtes für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Zürich vom 20. Dezember 2017 bestätigt.
2. Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdegegner auferlegt.
3. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, dem Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) und der Unia Arbeitslosenkasse, Zürich, schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 18. September 2019
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Maillard
Die Gerichtsschreiberin: Kopp Käch