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Original
 
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
[img]
1C_331/2019
Urteil vom 23. September 2019
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Chaix, Präsident,
Bundesrichter Fonjallaz, Kneubühler,
Gerichtsschreiberin Hänni.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Daniel Glasl,
Beschwerdeführer,
gegen
Bundesamt für Polizei (fedpol).
Gegenstand
Gesuch um Löschung beziehungsweise Berichtigung der Daten,
Beschwerde gegen die Zwischenverfügung des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung I,
vom 14. Mai 2019 (A-7131/2018).
Sachverhalt:
A.
A.________ stellte am 19. Oktober 2016 bei der Schweizerischen Botschaft in B.________ ein Gesuch um Aufenthaltsbewilligung. In diesem Zusammenhang verfasste das Bundesamt für Polizei (fedpol) zuhanden des Staatssekretariats für Migration (SEM) einen vertraulichen Amtsbericht sowie eine parteiöffentliche Zusammenfassung dieses Berichts. In dieser wurde dargelegt, dass A.________ polizeilich bekannt sei; fedpol betrachtete seine Anwesenheit als Gefährdung der öffentlichen Sicherheit sowie als Reputationsrisiko für die Schweiz. Am 7. Juni 2017 zog A.________ sein Gesuch um Aufenthaltsbewilligung beim SEM zurück.
B.
Mit Schreiben vom 6. Februar 2018 ersuchte A.________ um Auskunft über die Bearbeitung von Daten zu seiner Person in den von fedpol betriebenen Informationssystemen. Am 20. Februar 2018 teilte fedpol A.________ mit, dass die Auskunft zu den Informationssystemen Bundesdelikte (JANUS) und der Meldestelle für Geldwäscherei (GEWA) gemäss Art. 8 des Bundesgesetzes vom 13. Juni 2008 über die polizeilichen Informationssysteme des Bundes (BPI; SR 361) aufgeschoben werde. Auf Anfrage von A.________ teilte der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte (EDÖB) diesem mit, dass entweder keine Daten über ihn unrechtmässig bearbeitet würden oder dass im Falle von Fehlern bei der Datenbearbeitung oder betreffend den Aufschub eine Empfehlung zu deren Behebung an fedpol gerichtet worden sei (vgl. Art. 8 Abs. 2 BPI).
C.
Am 20. September 2018 ersuchte A.________ das fedpol um Löschung von dessen Briefen an das SEM aus dem Datenverarbeitungssystem des fedpol und um Anweisung des SEM, ebenso in Bezug auf sein eigenes Datenverarbeitungssystem zu verfahren. Er stellte weiter den Antrag, es seien stattdessen korrigierte Fassungen der Briefe aufzunehmen und es seien sämtliche Informationen betreffend die Vorhaltungen im Amtsbericht vom 6. Januar 2017 zu löschen bzw. zu berichtigen.
Fedpol wies dieses Gesuch mit Verfügung vom 13. November 2018 ab, soweit es darauf eintrat.
D.
Mit Eingabe vom 14. Dezember 2018 erhob A.________ gegen diese Verfügung Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht.
Am 14. März stellte er ein Gesuch um Einsicht in die vollständigen Prozessakten. Das Bundesverwaltungsgericht wies dieses Gesuch mit selbständig eröffneter Zwischenverfügung vom 14. Mai 2019 ab.
E.
Gegen diese Zwischenverfügung hat A.________ am 13. Juni 2019 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht erhoben. Er beantragt deren Aufhebung und die Gewährung der Akteneinsicht in die vollständigen Verfahrensakten; soweit diese für vertraulich befunden würden, sei ihm zumindest über den wesentlichen Inhalt der vertraulichen Akten Kenntnis zu geben. Eventualiter sei die Zwischenverfügung aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Daneben stellte er verschiedene Prozessanträge: In der für die Öffentlichkeit bestimmten Fassung des bundesgerichtlichen Entscheids seien die Vorwürfe gegen ihn vollständig zu schwärzen und die Namen der Verfahrensparteien zu anonymisieren. Weiter sei auf die öffentliche Auflage des nicht anonymisierten Dispositivs und Rubrums zu verzichten und auszuschliessen, dass Dritten ein Gesuch um Einsichtnahme in das nicht anonymisierte Urteil bewilligt werde. Eine allfällige mündliche Entscheidberatung habe zudem unter vollständigem Ausschluss der Öffentlichkeit zu erfolgen. Eventualiter seien andere sachdienliche Schutzmassnahmen zur Wahrung seiner Persönlichkeitsrechte im Ermessen des Gerichts anzuordnen.
F.
Fedpol verweist auf seine Vernehmlassung vom 27. Februar 2019 an das Bundesverwaltungsgericht um darzulegen, weshalb dem Beschwerdeführer keine Akteneinsicht in den vertraulichen Amtsbericht zu gewähren sei. Das Bundesverwaltungsgericht verweist seinerseits auf die angefochtene Zwischenverfügung.
Mit Schreiben vom 28. August 2019 verzichtete A.________ auf eine Replik. Auf seinen Antrag hin wurde ihm am 4. September 2019 eine Kopie des vom Bundesverwaltungsgerichts eingereichten Aktenverzeichnisses zugestellt.
Erwägungen:
1.
Bei der angefochtenen Verfügung handelt es sich um einen Zwischenentscheid, der das Verfahren um Löschung bzw. Berichtigung nicht abschliesst.
1.1. Beschwerden gegen selbständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide sind nur zulässig, wenn sie die Zuständigkeit oder den Ausstand betreffen (Art. 92 BGG), einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG) oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG). Diese Voraussetzungen sollen dazu führen, dass sich das Bundesgericht möglichst nur einmal mit einer Sache befassen muss (BGE 144 III 475 E. 1.2 S. 479 mit Hinweisen; in BGE 135 II 30 nicht publizierte E. 1.3.2).
1.2. Die angefochtene Zwischenverfügung betrifft weder die Zuständigkeit noch den Ausstand. Eine Gutheissung der Beschwerde würde auch nicht sofort einen Endentscheid herbeiführen. Es gilt daher zu prüfen, ob der Zwischenentscheid einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken könnte.
2.
2.1. Ein nicht wieder gutzumachender Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG liegt vor, wenn dieser auch durch einen für den Beschwerdeführer günstigen späteren Entscheid nicht oder nicht mehr vollständig behoben werden kann (BGE 144 III 475 E. 1.2 S. 479; 136 II 165 E. 1.2.1 S. 170; je mit Hinweisen).
2.2. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung bewirkt die Beschränkung der Akteneinsicht grundsätzlich keinen nicht wieder gutzumachenden Nachteil, da sie - wie die Ablehnung eines Beweisantrags oder jede andere Verweigerung des rechtlichen Gehörs - bei der Anfechtung des Endentscheids voll wirksam gerügt werden kann (vgl. Urteil 2C_599/2007 vom 5. Dezember 2007 E. 2.2 betr. Steuerrecht; Urteil 9C_1072/2009 vom 29. Januar 2010 E. 4 betr. Sozialversicherungsrecht). Anders verhält es sich im umgekehrten Fall der Gewährung der Akteneinsicht, weil eine bereits gewährte Akteneinsicht nicht wieder rückgängig gemacht werden kann (Urteil 2C_599/2007 vom 5. Dezember 2007 E. 2.2).
Eine Ausnahme besteht nur im Strafprozessrecht, wo aufgrund der speziellen Verfahrensgarantie in Art. 101 Abs. 1 StPO ein nicht wieder gutzumachender Nachteil bejaht wird, wenn das Akteneinsichtsrechts nach erfolgter erster Einvernahme der beschuldigten Person verweigert wird (Urteil 1B_597/2011 vom 7. Februar 2012 E. 1.2; anders vor der ersten Einvernahme, vgl. BGE 137 IV 172 E. 2.3-2.7 S. 174 ff.).
2.3. Nach Ansicht des Beschwerdeführers begründet der Umstand, dass er in Unkenntnis der Beilagen, insbesondere des umstrittenen Amtsberichts, nicht substanziiert zur Beschwerdeantwort von fedpol Stellung nehmen kann, einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil. Er sähe sich gezwungen, im Umkehrung rechtsstaatlicher Prinzipien seine Unschuld zu beweisen, wobei er - in Unkenntnis der ihm konkret vorgeworfenen Handlungen - alle möglichen Bereiche seines Lebens und Wirkens offenlegen müsse. Diese Informationen könnten ihm trotz Anonymisierung des Endentscheids zugeordnet werden, was sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletze. Auch dies stelle einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil dar.
2.4. Entgegen den Ausführungen des Beschwerdeführers begründet die Einschränkung der Akteneinsicht für ihn keinen nicht wieder gutzumachenden Nachteil. Weist das Bundesverwaltungsgericht sein Gesuch um Löschung bzw. Berichtigung ab, so kann er mit der Beschwerde gegen den Endentscheid auch die Nichtgewährung der Akteneinsicht voll wirksam rügen (Art. 93 Abs. 3 BGG). Bejaht das Bundesgericht eine Verletzung des Akteneinsichtsrechts, so führt dies grundsätzlich zur Aufhebung des angefochtenen Entscheids und zur Rückweisung an die Vorinstanz, um nach Gewährung der Akteneinsicht neu zu entscheiden. Diesfalls erhielte der Beschwerdeführer im zweiten Rechtsgang die Gelegenheit, sich substanziiert zum Amtsbericht und zur Vernehmlassung von fedpol zu äussern. Der Nachteil kann somit durch einen für den Beschwerdeführer günstigen Entscheid des Bundesgerichts vollständig behoben werden.
Die Verweigerung der Akteneinsicht bedeutet auch keine Ausweitung der Mitwirkungspflicht des Beschwerdeführers (Art. 13 Abs. 1 lit. a VwVG) : Kann er mangels Kenntnis der geheimen Akten nicht substanziiert zur Beschwerdeantwort des fedpol Stellung nehmen, kann ihm nicht vorgeworfen werden, er hätte seine Mitwirkungspflicht verletzt. Es ist ihm somit freigestellt, ob er weitergehende Informationen über sich preisgeben möchte. Diesfalls wäre es am Bundesverwaltungsgericht, nur die entscheidwesentlichen Aussagen im Urteil zu berücksichtigen und - sofern nötig - angemessene Massnahmen zum Schutz der Geheimsphäre des Beschwerdeführers zu treffen.
2.5. Nach dem Gesagten ist auf die Beschwerde nicht einzutreten.
3.
Zu prüfen sind noch die prozessualen Anträge des Beschwerdeführers.
3.1. Nach Art. 27 Abs. 2 BGG erfolgt die Veröffentlichung der Entscheide grundsätzlich in anonymisierter Form. Auch im vorliegenden Fall wird die für die Öffentlichkeit bestimmte Fassung des Urteils anonymisiert. Es besteht dagegen kein Anlass, Teile der für die Öffentlichkeit bestimmten Fassung des bundesgerichtlichen Entscheids zu schwärzen, da der Sachverhalt sehr kurz gehalten ist und insbesondere die Vorwürfe gegenüber dem Beschwerdeführer nicht näher umschrieben werden.
3.2. Der Beschwerdeführer verlangt sodann, es sei auf eine öffentliche Auflage des nicht anonymisierten Dispositivs und Rubrums zu verzichten.
Der Grundsatz der Öffentlichkeit von Verfahren vor staatlichen Gerichten ergibt sich für die Verhandlungen und die Urteilsverkündung insbesondere aus Art. 30 Abs. 3 BV, Art. 6 Ziff. 1 EMRK und Art. 14 Abs. 1 UNO-Pakt II (BGE 133 I 106 E. 8.1. S. 107; Urteil 2C_949/2010 vom 18. Mai 2011 E. 7.1). Soweit in einem gerichtlichen Verfahren keine öffentliche mündliche Verhandlung und keine öffentliche Urteilsberatung stattfinden, besteht die Öffentlichkeit des Verfahrens darin, dass das Urteil öffentlich verkündet wird. Dies geschieht gemäss Art. 59 Abs. 3 BGG durch die öffentliche Auflage von Dispositiv und Rubrum während 30 Tagen. Die Auflage erfolgt in nicht anonymisierter Form, soweit das Gesetz nicht eine Anonymisierung verlangt (Art. 60 des Reglements für das Bundesgericht vom 20. November 2006 [BGerR; SR 173.110.131]).
Für den vorliegenden Fall besteht keine gesetzliche Verpflichtung, das Dispositiv nur in anonymisierter Form aufzulegen. Andere Ausnahmen sind nur anzunehmen, wenn durch die nicht anonymisierte Auflage des Dispositivs das Persönlichkeitsrecht des Beschwerdeführers schwer beeinträchtigt würde (Urteile 2C_949/2010 vom 18. Mai 2011 E. 7.2 mit Hinweis). Dem ist vorliegend nicht so: Der Entscheid des Bundesgerichts betrifft nur die Akteneinsicht und enthält keine Informationen zu den Vorwürfen gegenüber dem Beschwerdeführer. Im Übrigen ergibt sich aus den Verfahrensakten, dass in den Medien bereits ausführlich über die Vorwürfe von fedpol gegenüber dem Beschwerdeführer berichtet wurde. Die Auflage eines anonymisierten Dispositivs würde daran nichts ändern.
3.3. Der Beschwerdeführer beantragt weiter, es sei auszuschliessen, dass Dritten ein Gesuch um Einsichtnahme in das nicht anonymisierte Urteil bewilligt werde. Soweit sich dieser Antrag auf die Einsichtnahme in Rubrum und Dispositiv anlässlich der öffentlichen Auflage nach Art. 60 BGerR bezieht, kann auf das oben Gesagte (oben E. 3.2) verwiesen werden. Ansonsten haben Dritte grundsätzlich nur Zugriff auf das anonymisierte Urteil (oben E. 3.1).
3.4. Schliesslich ist der Antrag auf Ausschluss der Öffentlichkeit vom Verfahren gegenstandslos, da im vorliegenden Verfahren keine öffentliche mündliche Verhandlung stattfindet.
4.
Auf die Beschwerde ist somit nicht einzutreten und die Prozessanträge sind abzuweisen, soweit sie sich nicht als gegenstandslos erweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen und es sind keine Parteientschädigungen zuzusprechen (Art. 66 und 68 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.
4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Bundesamt für Polizei (fedpol) und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung I, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 23. September 2019
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Chaix
Die Gerichtsschreiberin: Hänni