Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
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9C_478/2019
Urteil vom 30. September 2019
II. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin,
Bundesrichter Meyer, Parrino,
Gerichtsschreiberin Dormann.
Verfahrensbeteiligte
A.________, vertreten durch
CAP Rechtsschutz-Versicherungsgesellschaft AG,
Beschwerdeführerin,
gegen
IV-Stelle des Kantons Zürich,
Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Invalidenversicherung,
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich
vom 25. Juni 2019 (IV.2017.00317).
Sachverhalt:
A.
Die 1964 geborene A.________, Mutter zweier Söhne (geb. 1982 und 1987), war zuletzt in einem Teilpensum (laut Angaben der Arbeitgeberin 11,25 Stunden pro Woche) als Unterhaltsreinigerin erwerbstätig, bis sie im August 2010 das Arbeitsverhältnis "aus Gesundheitsgründen" kündigte. Im Februar 2016 meldete sie sich bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Nach Abklärungen - insbesondere Einholung des polydisziplinären (Innere Medizin, Rheumatologie, Psychiatrie) Gutachtens des Swiss Medical Assessement- and Business-Centers (SMAB) vom 27. Oktober 2016 - und Durchführung des Vorbescheidverfahrens verneinte die IV-Stelle des Kantons Zürich mit Verfügung vom 2. März 2017 einen Rentenanspruch.
B.
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 25. Juni 2019 ab.
C.
A.________ lässt mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragen, unter Aufhebung des Entscheids vom 25. Juni 2019 sei ihr eine ganze Invalidenrente zuzusprechen.
Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Stellungnahme.
Erwägungen:
1.
1.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 f. BGG; BGE 135 II 384 E. 2.2.1 S. 389). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG ).
1.2. Eine Sachverhaltsfeststellung ist nicht schon dann offensichtlich unrichtig, wenn sich Zweifel anmelden, sondern erst, wenn sie eindeutig und augenfällig unzutreffend ist. Eine offensichtlich unrichtige Sachverhaltsfeststellung weist damit die Tragweite von Willkür auf. Es liegt noch keine offensichtliche Unrichtigkeit vor, nur weil eine andere Lösung ebenfalls in Betracht fällt, selbst wenn diese als die plausiblere erscheint. Eine Sachverhaltsfeststellung ist etwa dann offensichtlich unrichtig, wenn das kantonale Gericht den Sinn und die Tragweite eines Beweismittels offensichtlich falsch eingeschätzt, ohne sachlichen Grund ein wichtiges und für den Ausgang des Verfahrens entscheidendes Beweismittel nicht beachtet oder aus den abgenommenen Beweisen unhaltbare Schlüsse gezogen hat. Solche Mängel sind in der Beschwerde aufgrund des strengen Rügeprinzips (vgl. Art. 106 Abs. 2 BGG) klar und detailliert aufzuzeigen (BGE 144 V 50 E. 4.2 S. 53 mit Hinweisen; Urteil 9C_752/2018 vom 12. April 2019 E. 1.2).
2.
2.1. Das kantonale Gericht hat dem SMAB-Gutachten vom 27. Oktober 2016 in Bezug auf den medizinischen Sachverhalt Beweiskraft beigemessen. Sodann hat es sich einlässlich mit den Indikatoren gemäss BGE 141 V 281 befasst und ist zum Schluss gelangt, dass bei der Beschwerdeführerin keine invalidenversicherungsrechtlich relevante Arbeitsunfähigkeit vorliege. Folglich hat es (ohne vorgängige Klärung des hypothetischen Erwerbsstatus; vgl. Art. 28a Abs. 1 und 3 IVG ) einen Leistungsanspruch verneint.
2.2. Die Beschwerdeführerin beruft sich insbesondere auf die Einschätzungen des psychiatrischen SMAB-Gutachters, der nur noch eine Tätigkeit von wenigen Stunden pro Woche für zumutbar hielt, und macht geltend, die Vorinstanz hätte nicht von dieser ärztlichen Arbeitsfähigkeitsschätzung abweichen dürfen.
3.
3.1. Bei der Beurteilung der Arbeits (un) fähigkeit stützt sich die Verwaltung und im Beschwerdefall das Gericht auf Unterlagen, die von ärztlichen und gegebenenfalls auch anderen Fachleuten zur Verfügung zu stellen sind. Ärztliche Aufgabe ist es, den Gesundheitszustand zu beurteilen und dazu Stellung zu nehmen, in welchem Umfang und bezüglich welcher Tätigkeiten die versicherte Person arbeitsunfähig ist. Hinsichtlich des Beweiswertes eines Arztberichtes ist entscheidend, ob dieser für die streitigen Belange umfassend ist, auf allseitigen Untersuchungen beruht, auch die geklagten Beschwerden berücksichtigt, in Kenntnis der Vorakten (Anamnese) abgegeben worden ist, in der Beurteilung der medizinischen Zusammenhänge sowie der medizinischen Situation einleuchtet und ob die Schlussfolgerungen der Experten begründet sind (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232; 125 V 351 E. 3a S. 352 mit Hinweis).
Geht es um psychische Erkrankungen wie eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, ein damit vergleichbares psychosomatisches Leiden (vgl. BGE 140 V 8 E. 2.2.1.3 S. 13 f.) oder depressive Störungen leicht- bis mittelgradiger Natur (BGE 143 V 409 und 418), sind für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit systematisierte Indikatoren beachtlich, die - unter Berücksichtigung leistungshindernder äusserer Belastungsfaktoren einerseits und Kompensationspotentialen (Ressourcen) anderseits - erlauben, das tatsächlich erreichbare Leistungsvermögen einzuschätzen (BGE 141 V 281 E. 2 S. 285 ff., E. 3.4-3.6 und 4.1 S. 291 ff.).
3.2. Bei den gerichtlichen Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit handelt es sich grundsätzlich um Tatfragen (BGE 132 V 393 E. 3.2 S. 397 ff.). Ebenso stellt die konkrete Beweiswürdigung eine Tatfrage dar. Dagegen sind die unvollständige Feststellung rechtserheblicher Tatsachen sowie die Missachtung des Untersuchungsgrundsatzes und der Anforderungen an die Beweiskraft ärztlicher Berichte und Gutachten Rechtsfragen (Urteile 8C_673/2016 vom 10. Januar 2017 E. 3.2 und 9C_899/2017 vom 9. Mai 2018 E. 2.1). Gleiches gilt für die Frage, ob und in welchem Umfang die Feststellungen in einem medizinischen Gutachten anhand der rechtserheblichen Indikatoren auf Arbeitsunfähigkeit schliessen lassen (BGE 141 V 281 E. 7 S. 308 f.; Urteil 9C_504/2018 vom 3. Dezember 2018 E. 1.2).
3.3.
3.3.1. Mit Bezug auf die Indikatoren gemäss BGE 141 V 281 hat die Vorinstanz festgestellt, die Versicherte leide an keinen die Arbeitsfähigkeit einschränkenden somatischen Beeinträchtigungen. Der psychiatrische Gutachter habe eine Arbeitsunfähigkeit von 90 % attestiert, was aber weder mit der gestellten Diagnose einer mittelschweren Depression noch mit den erhobenen Befunden übereinstimme; er habe die Arbeitsunfähigkeit nur mit der Chronifizierung des Leidens und dadurch herabgesetzten Ressourcen begründet. Es liege seit Jahren eine (chronifizierte) mittelgradig ausgeprägte Depression vor. Die Versicherte sei aber im Alltag nicht massgeblich eingeschränkt. Sie erledige selbstständig ihre Körperpflege, die körperlich nicht belastenden Haushaltsarbeiten, Einkäufe und die Zubereitung des (kalten) Mittagessens; sie gehe spazieren, treffe Freundinnen oder telefoniere mit ihnen; ausserdem fahre sie mit der Familie in die frühere Heimat in die Ferien. Die einzige Einschränkung, die möglicherweise auf eine depressionsbedingte Vergesslichkeit zurückzuführen sei, sei der Umstand, dass sie dem Wunsch ihres Mannes entsprechend den Herd nicht betätige, wenn sie allein sei. In der psychiatrischen Exploration habe die Versicherte sich freundlich gezeigt, den Kontakt aufrechterhalten können, die Fragen offen und ohne Vorbehalte beantwortet; Aufmerksamkeit und Konzentration hätten nicht nachgelassen, und weder in der Merkfähigkeit noch im Kurz- oder Langzeitgedächtnis seien Einschränkungen feststellbar gewesen. Die psychotherapeutische Behandlung werde seit Jahren etwa einmal monatlich beansprucht und habe eine Stabilisierung und Teilremission des Leidens bewirkt. Angesichts der niedrigen Therapiefrequenz und des Umstands, dass die Versicherte manchmal vergesse, die Medikamente einzunehmen, sei kein ausgeprägter Leidensdruck ausgewiesen. Komorbiditäten lägen keine vor. Persönliche Ressourcen seien ausreichend vorhanden, könnten aber gemäss Gutachter mangels Willenskraft nicht mobilisiert werden. Die Versicherte lebe in einer intakten Familie und werde vom Ehemann, von den Söhnen und Schwiegertöchtern unterstützt. Sie habe einen kleinen, aber engen Freundeskreis mit regelmässigen persönlichen und telefonischen Kontakten.
3.3.2. Dass diese Feststellungen auf einer Rechtsverletzung beruhen oder offensichtlich unrichtig (vgl. E. 1.2) sein sollen, wird nicht substanziiert dargelegt und ist auch nicht ersichtlich. Insbesondere sind - auch wenn der psychiatrische Experte "in Anlehnung an das Mini-ICF" gewisse Beeinträchtigungen beschrieb - weder im psychiatrischen SMAB-Gutachten noch im Bericht der behandelnden Psychiaterin Dr. med. B.________ vom 6. Mai 2016 besonders stark ausgeprägte objektive Befunde ausgewiesen. Daran ändert auch nichts, dass es krankheitsbedingt Schwankungen im Befinden resp. "gute" und "schlechte" Tage geben kann. Allein die subjektiven Angaben und Behauptungen der Beschwerdeführerin genügen nicht für die Annahme einer erheblichen Einschränkung. Demnach bleiben die vorinstanzlichen Feststellungen für das Bundesgericht verbindlich (vgl. E. 1.1).
3.4. Weshalb und inwiefern die Versicherte objektiv "kaum in der Lage" sein soll, "Willenskräfte zu mobilisieren", leuchtet insbesondere angesichts der vorhandenen Ressourcen (vgl. E. 3.1 Abs. 2) nicht ein und legt weder sie selbst noch der Experte nachvollziehbar dar. Eine "Invalidisierungsüberzeugung", wie sie der Gutachter bei der Versicherten feststellte, ist rechtlich unbeachtlich. Weiter stellten zwar die SMAB-Gutachter aus internistischer und rheumatologischer Sicht Diagnosen, sie attestierten aber diesbezüglich explizit eine uneingeschränkte Arbeitsfähigkeit für die frühere Reinigungstätigkeit und vergleichbare Arbeiten. Sodann kann unter dem Gesichtspunkt der Konsistenz nicht von einer nahezu vollständigen Einstellung der privaten Aktivitäten gesprochen werden. Das kantonale Gericht hat somit kein Recht verletzt, indem es unter Berücksichtigung der weiteren konkreten Umstände (E. 3.3) und im Lichte von BGE 141 V 281 einen invalidenversicherungsrechtlich relevanten Gesundheitsschaden verneint hat.
3.5. Schliesslich stellt es auch keine Rechtsverletzung dar, dass die Vorinstanz die Stellungnahme des Arztes des Regionalen Ärztlichen Dienstes (RAD) vom 3. November 2016 nicht "beanstandet" hat. Dessen Erkenntnis, wonach "die Beurteilung einer AUF von 90 % im Rahmen einer mittelgradigen Schwere der Depression (...) aus versicherungsmedizinischer Sicht nicht ohne weiteres plausibel" sei, bedarf keiner (fach-) ärztlichen Qualifikation und ist von Rechts wegen zu beachten (vgl. E. 3.2 in fine). Die Beschwerde ist auch in diesem Punkt unbegründet.
4.
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat die Beschwerdeführerin die Kosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 30. September 2019
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Pfiffner
Die Gerichtsschreiberin: Dormann