Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
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6B_137/2019
Urteil vom 8. Oktober 2019
Strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Denys, Präsident,
Bundesrichter Rüedi,
Bundesrichterin Jametti,
Gerichtsschreiber Weber.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Urs Bertschinger,
Beschwerdeführer,
gegen
Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Vereitelung von Massnahmen zur Feststellung
der Fahrunfähigkeit,
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen, Strafkammer, vom 25. September 2018 (ST.2017.65-SK3).
Sachverhalt:
A.
Das Untersuchungsamt Altstätten wirft A.________ vor, die Grenzwacht habe bei dessen Einreise in die Schweiz am 12. Mai 2016 um 00.01 Uhr beim Grenzübergang Diepoldsau-Schmitter einen Betäubungsmittelwischtest an der Stirn durchgeführt, welcher positiv auf Kokain reagiert habe. Die daraufhin verständigte Polizei habe bei A.________ eine Urinprobe zur Durchführung eines Betäubungsmittelschnelltests angeordnet. Eine solche habe A.________ jedoch vehement verweigert.
B.
Das Kreisgericht Rheintal verurteilte A.________ am 14. März 2017 wegen Vereitelung von Massnahmen zur Feststellung der Fahrunfähigkeit zu einer bedingten Geldstrafe von 85 Tagessätzen zu je Fr. 10.-- und einer Busse von Fr. 200.--.
Das Kantonsgericht St. Gallen bestätigte am 25. September 2018 das kreisgerichtliche Urteil, soweit dieses nicht bereits in Rechtskraft erwachsen war.
C.
A.________ beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, der Entscheid des Kantonsgerichts sei aufzuheben und er sei vom Vorwurf der Vereitelung von Massnahmen zur Feststellung der Fahrunfähigkeit freizusprechen. Eventualiter sei der Entscheid aufzuheben und die Sache zu neuer Entscheidung an das Kantonsgericht zurückzuweisen. A.________ stellte ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege, welches das Bundesgericht am 15. März 2019 (Verfügung 6B_137/2019) abwies.
Erwägungen:
1.
1.1. Der Beschwerdeführer rügt Verletzungen von Art. 197 Abs. 1 lit. b StPO, Art. 198 Abs. 1 lit. a StPO und sinngemäss Art. 91a Abs. 1 SVG. Nach dem Betäubungsmittelwischtest durch die Grenzwacht habe ein hinreichender Tatverdacht auf Fahrunfähigkeit infolge Kokainkonsums bestanden. Bei Vorliegen dieses Verdachts sei die Polizei nicht mehr zur Anordnung einer Blut- und Urinprobe berechtigt. Aufgrund der Anzeichen von Fahrunfähigkeit, welche nicht auf Alkoholeinfluss zurückzuführen gewesen seien, hätte eine Blutprobe angeordnet werden müssen. Vom ihn behandelnden Arzt Dr. med. B.________ hätte er sich zu einer solchen überreden lassen. Auf die zwangsweise Untersuchung mittels Urin- und Blutprobe habe der Pikett-Staatsanwalt verzichtet. Mangels rechtmässiger Anordnung durch die Staatsanwaltschaft falle eine Bestrafung gemäss Art. 91a SVG ausser Betracht.
1.2. Die Vorinstanz erwägt, der Betäubungsmittelschnelltest anhand einer Urinprobe stelle eine Voruntersuchung dar, welche die Polizei ohne Anordnung durch die Staatsanwaltschaft durchführen könne. Der Beschwerdeführer hätte der rechtmässigen Aufforderung der Polizei zur Mitwirkung Folge leisten müssen (angefochtener Entscheid, E. III. 1.b S. 4). Er habe sich einer Urinprobe ohne Rechtfertigungsgrund widersetzt. Er sei deshalb der Vereitelung von Massnahmen zur Feststellung der Fahrunfähigkeit schuldig zu sprechen (angefochtener Entscheid, E. III. 1.c S. 6).
1.3. Der Vereitelung von Massnahmen zur Feststellung der Fahrunfähigkeit gemäss Art. 91a Abs. 1 SVG macht sich schuldig, wer sich als Motorfahrzeugführer vorsätzlich einer Blutprobe, einer Atemalkoholprobe oder einer anderen vom Bundesrat geregelten Voruntersuchung, die angeordnet wurde oder mit deren Anordnung gerechnet werden musste, oder einer zusätzlichen ärztlichen Untersuchung widersetzt oder entzogen hat oder den Zweck dieser Massnahmen vereitelt hat. Damit soll verhindert werden, dass der korrekt sich einer Massnahme zur Feststellung der Fahrunfähigkeit unterziehende Fahrzeugführer schlechter wegkommt als derjenige, der sich ihr entzieht oder sie sonstwie vereitelt (BGE 145 IV 50 E. 3.1 mit Hinweisen).
Gemäss Art. 55 Abs. 1 SVG können Fahrzeugführer sowie an Unfällen beteiligte Strassenbenützer einer Atemalkoholprobe unterzogen werden. Weist die betroffene Person Anzeichen von Fahrunfähigkeit auf und sind diese nicht oder nicht allein auf Alkoholeinfluss zurückzuführen, so kann sie weiteren Voruntersuchungen, namentlich Urin- und Speichelproben unterzogen werden (Art. 55 Abs. 2 SVG). Ei ne Blutprobe muss u.a. dann angeordnet werden, wenn Anzeichen von Fahrunfähigkeit vorliegen, die nicht auf Alkoholeinfluss zurückzuführen sind (vgl. Art. 55 Abs. 3 lit. a SVG).
Gemäss Art. 10 Abs. 1 der Strassenverkehrskontrollverordnung vom 28. März 2007 (SKV; SR 741.013) kann die Polizei zur Feststellung des Alkoholkonsums Vortestgeräte verwenden, die Auskunft über die Alkoholisierung geben. Bestehen Hinweise dafür, dass die kontrollierte Person wegen einer anderen Substanz als Alkohol fahrunfähig ist und in diesem Zustand ein Fahrzeug geführt hat, so kann die Polizei zum Nachweis von Betäubungs- oder Arzneimitteln namentlich im Urin, Speichel oder Schweiss Vortests durchführen (Art. 10 Abs. 2 SKV).
Die nach Art. 10 Abs. 2 SKV erforderlichen Hinweise dafür, dass die kontrollierte Person wegen einer anderen Substanz als Alkohol fahrunfähig ist und in diesem Zustand ein Fahrzeug geführt hat, sind nicht mit einem hinreichenden Tatverdacht im Sinne von Art. 197 Abs. 1 lit. b StPO gleichzusetzen (BGE 145 IV 50 E. 3.5).
1.4. Dem Standpunkt des Beschwerdeführers kann nicht gefolgt werden. Er ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Polizei bei ihm und im Gegensatz zum BGE 143 IV 313 zugrunde liegenden Sachverhalt, worauf er verweist, keine Blut-, sondern eine Urinprobe anordnete (vgl. Sachverhalt A. hiervor sowie kant. Akten, act. 5).
Die Vorinstanz verurteilte den Beschwerdeführer in der Folge denn auch nicht wegen Vereitelung einer Blutprobe, sondern wegen Vereitelung einer anderen vom Bundesrat geregelten Voruntersuchung im Sinne von Art. 91a Abs. 1 SVG. Urinproben sind solche vom Bundesrat geregelte Voruntersuchungen (vgl. Art. 55 Abs. 2 SVG und Art. 10 Abs. 2 SKV) und die Verweigerung der polizeilich angeordneten Urinprobe zur Durchführung eines Betäubungsmittelschnelltests durch den Beschwerdeführer ist die Vereitelungshandlung, welche zum vorinstanzlichen Schuldspruch führte. Ob, wie der Beschwerdeführer vorbringt, im Anschluss an den von der Grenzwacht am 12. Mai 2016 durchgeführten Betäubungsmittelwischtest zusätzlich eine Blutprobe hätte angeordnet werden müssen (vgl. Art. 55 Abs. 3 aSVG und Art. 13 Abs. 1 lit. a aSKV in den bis zum 30. September 2016 geltenden Fassungen), kann alsdann offen bleiben. Aus dem Verzicht des damals zuständigen Pikett-Staatsanwalts auf eine entsprechende Anordnung lässt sich jedenfalls kein Rückschluss auf die Rechtmässigkeit der zuvor von der Polizei angeordneten und weniger aufwendigen Urinprobe ziehen.
Für die Anordnung sowie Durchführung von Voruntersuchungen, Vortests resp. Betäubungsmittelschnelltests ist die Polizei zuständig (Art. 10 Abs. 2 SKV, BGE 145 IV 50 E. 3.5 mit Hinweisen). Daran ändert ein allfälliger Tatverdacht im Sinne von Art. 197 Abs. 1 lit. b StPO wegen Fahrens in fahrunfähigem Zustand nichts. Weder sind Hinweise auf Fahrunfähigkeit laut Art. 10 Abs. 2 SKV mit einem solchen Tatverdacht (vgl. E. 1.3 hiervor), noch ist eine Voruntersuchung mit einer durch die Staatsanwaltschaft anzuordnenden Massnahme zur Feststellung der Fahrunfähigkeit nach Art. 198 Abs. 1 lit. a StPO gleichzusetzen. Ferner sieht das Gesetz für Blutproben, nicht aber für die weniger einschneidenden Voruntersuchungen, eine zwangsweise Durchsetzung vor. Folglich steht der Einwand, mit dem Ergebnis des durch die Grenzwache durchgeführten Betäubungsmittelwischtests habe bereits ein hinreichender Tatverdacht vorgelegen, der Anordnungskompetenz der Polizei hinsichtlich einer Urinprobe zur Durchführung eines Betäubungsmittelschnelltests, nicht entgegen.
Nicht zu beanstanden ist schliesslich, dass die Polizei einen Betäubungsmittelschnelltest anordnete, nachdem schon die Grenzwacht mit dem Betäubungsmittelwischtest einen Vortest mit positivem Ergebnis auf Kokain durchgeführt hatte. Auch ohne einen entsprechenden Vortest und unabhängig davon, ob die Polizei oder die Grenzwacht einen solchen durchführte, können sich für die Polizei Hinweise dafür ergeben, dass die kontrollierte Person wegen einer anderen Substanz als Alkohol fahrunfähig ist und in diesem Zustand ein Fahrzeug geführt hat. Nach Art. 55 Abs. 2 SVG kann eine Person mit Anzeichen von Fahrunfähigkeit, welche nicht oder nicht allein auf Alkoholeinfluss zurückzuführen sind, sodann "weiteren Voruntersuchungen, namentlich Urin- und Speichelproben", mithin mehreren Voruntersuchungen, unterzogen werden. Auch Art. 10 Abs. 2 SKV räumt der Polizei ausdrücklich die Möglichkeit mehrerer Vortests bei nur einer kontrollierten Person ein. Aus Art. 10 Abs. 4 SKV, wonach auf weitere Untersuchungen verzichtet wird, wenn die Vortests ein negatives Resultat ergeben und die kontrollierte Person keine Anzeichen von Fahrunfähigkeit aufweist, ergibt sich ebenso die Zulässigkeit der Durchführung mehrerer Vortests.
Demzufolge verletzt die Vorinstanz kein Bundesrecht, indem sie den Beschwerdeführer der Vereitelung von Massnahmen zur Feststellung der Fahrunfähigkeit laut Art. 91a Abs. 1 SVG schuldig spricht.
2.
Die Beschwerde ist abzuweisen. Die Gerichtskosten sind ausgangsgemäss dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht St. Gallen, Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 8. Oktober 2019
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Denys
Der Gerichtsschreiber: Weber