Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
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6B_787/2019
Urteil vom 24. Oktober 2019
Strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Denys, Präsident,
Bundesrichter Oberholzer,
Bundesrichter Rüedi,
Gerichtsschreiber Matt.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Kenad Melunovic Marini,
Beschwerdeführer,
gegen
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Versuchter Raub,
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts
des Kantons Aargau, Strafgericht, 1. Kammer,
vom 23. Mai 2019 (SST.2019.8).
Sachverhalt:
A.
Am 22. August 2018 verurteilte das Bezirksgericht Aarau A.________ unter anderem wegen versuchten Raubes, Tragens einer Waffe ohne Bewilligung und diversen Betäubungsmitteldelikten zu 4.5 Jahren Freiheitsstrafe und Fr. 1'000.-- Busse. Dies teilweise als Zusatzstrafe zu zwei Strafbefehlen, deren bedingt gewährten Vollzug das Bezirksgericht widerrief. Schliesslich ordnete es eine stationäre Massnahme für junge Erwachsene nach Art. 61 StGB an, zu deren Gunsten es den Strafvollzug aufschob. Auf Berufung von A.________ hin bestätigte das Obergericht des Kantons Aargau das erstinstanzliche Urteil am 23. Mai 2019.
B.
Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt A.________, er sei vom Vorwurf des versuchten Raubes freizusprechen und zu höchstens zwei Jahren Freiheitsstrafe zu verurteilen. Eventualiter sei die Sache an das Obergericht zurückzuweisen. Er ersucht um unentgeltliche Rechtspflege.
Erwägungen:
1.
1.1. Des Raubes macht sich schuldig, wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Androhung gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben oder nachdem er den Betroffenen zum Widerstand unfähig gemacht hat, einen Diebstahl begeht, oder, wer, bei einem Diebstahl auf frischer Tat ertappt, Nötigungshandlungen nach Absatz 1 begeht, um die gestohlene Sache zu behalten ( Art. 140 Ziff. 1 Abs. 1 und 2 StGB ).
Nach der auf die einschlägige Literatur gestützten bundesgerichtlichen Rechtsprechung stellt der Raubtatbestand eine in Diebstahlsabsicht begangene qualifizierte Nötigung dar, um damit eine Eigentumsverschiebung herbeizuführen. Ein derartiges Nötigungsmittel ist die Gewalt. Darunter ist die unmittelbare physische Einwirkung auf den Körper zu verstehen. Den Grundtatbestand erfüllt bereits, wer das Opfer durch Gewalt veranlasst, die Wegnahme einer Sache zu dulden. Die Gewalt muss darauf gerichtet sein, den Widerstand des Opfers zu brechen. Der Einsatz von Nötigungsmitteln, der unter Zurücklassung der Beute allein die Flucht ermöglichen soll, erfüllt mangels Verknüpfung der qualifizierten Nötigung mit der Eigentumsverletzung den Tatbestand nicht. Indes erfordert dieser nicht, dass die Sicherung der Beute einziges Handlungsziel ist. Will der Täter durch seine Nötigungshandlungen sowohl die Beute als auch seine Flucht sichern, so ist Art. 140 Ziff. 1 Abs. 2 StGBerfüllt. In subjektiver Hinsicht verlangt der Tatbestand - über die Diebstahlsabsicht hinaus - Vorsatz, der sich auf die Ausführung der Nötigungshandlung gegenüber dem Opfer zum Zwecke eines Diebstahls bezieht. Der Täter muss also die Wegnahme der Sache erzwingen wollen oder zumindest in Kauf nehmen, dass er den Widerstand des Opfers durch die ausgeübte Gewalt bricht (vgl. zum Ganzen: BGE 133 IV 207 E. 4.2 ff.; Urteile 6B_651/2018 vom 17. Oktober 2018 E. 6.3; 6B_776/2016 vom 8. November 2016 E. 2.3; je mit Hinweisen).
1.2.
1.2.1. Der Beschwerdeführer bestreitet den Anklagesachverhalt nicht. Demnach ist erstellt, dass er sich in der Nacht vom 17./18. Februar 2017 zum Hinterausgang des Pub B.________ in C.________ begab und auf den Geschäftsführer wartete, wobei er eine Schreckschusspistole auf sich trug. Als dieser aus dem Pub kam, trat der Beschwerdeführer an ihn heran und sagte ihm, er müsse keine Angst haben, er (der Beschwerdeführer) wolle nur das Geld. Das Opfer liess dieses indes sogleich fallen und ging auf den Beschwerdeführer los. Anlässlich des folgenden Gerangels fielen die Kontrahenten zu Boden und der Beschwerdeführer schlug etwa sechsmal mit der Schreckschusspistole auf den Kopf des Opfers. Dieses konnte die Pistole schliesslich behändigen. Da der Geschäftsführer offenbar darüber erstaunt war, dass es sich um eine Schreckschusspistole handelte, konnte sich der Beschwerdeführer aufrappeln und ohne Beute fliehen.
1.2.2. Der Beschwerdeführer wendet gegen die rechtliche Qualifikation seiner Tat als versuchter Raub ein, es liege höchstens ein versuchter Diebstahl vor, da er die mitgeführte Schreckschusspistole entgegen der ursprünglichen Absicht nicht als Drohmittel eingesetzt habe, wovon auch die Vorinstanz ausgehe. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Der Beschwerdeführer scheint zu verkennen, dass auch die Anwendung von Gewalt zur Erlangung der (Diebes) beute resp. zur Überwindung des Widerstandes des Opfers den Tatbestand des (versuchten) Raubes erfüllt. Er behauptet zudem nicht, er habe die unbestrittenermassen ausgeübte Gewalt - er schlug dem Opfer mehrfach mit der Schreckschusspistole gegen den Kopf - allein zur Ermöglichung seiner Flucht eingesetzt. Es ist im Gegenteil davon auszugehen, dass er damit zumindest auch die Beute sichern wollte. Aus seinen Ausführungen erhellt, dass der Beschwerdeführer, nachdem sich das Opfer geweigert hatte das Geld auszuhändigen, leicht ohne Beute und ohne Anwendung von Gewalt hätte flüchten können. So hat er dem sich wehrenden Privat- und Strafkläger zunächst einen Faustschlag ins Gesicht versetzt, worauf jener kurz zurückgetreten sei. Als das Opfer wiederum auf ihn zugekommen sei, habe der Beschwerdeführer diesen gestossen und ihn mit der Schreckschusspistole geschlagen. Es entlastet ihn daher nicht, dass er entgegen seinem ursprünglichen Tatplan die Schreckschusspistole nicht als Nötigungsmittel einsetzte. Er behauptet insbesondere nicht, er habe dem Opfer die Beute überraschend entreissen wollen. Ebenso wenig bestreitet er den Einsatz von Gewalt. Es kann offen bleiben, ob der inkriminierte Versuch bereits mit dem Ansprechen des Opfers begann, wie die Vorinstanz annimmt. Im Übrigen ist unerfindlich, weshalb es sich allein deshalb "nur" um einen versuchten Diebstahl handeln sollte, weil der Beschwerdeführer seinem Opfer mitteilte, es müsse sich nicht fürchten. Dies hindert weder die implizite Androhung noch - wie gesehen - die Ausübung von Gewalt, sollte sich das Opfer nicht entsprechend dem Willen des Täters verhalten. Der Beschwerdeführer schreckte denn auch nicht davor zurück, die Schreckschusspistole als Schlagwerkzeug einzusetzen. Entgegen seiner Darstellung kann keine Rede davon sein, dass er innerlich von jeglicher Nötigungshandlung Abstand genommen hätte, zumal, wie die Vorinstanz zu Recht erwägt, unter dieser Annahme auch das Mitführen der Schreckschusspistole nicht nachvollziehbar wäre. Da die Vorinstanz ihrem Urteil schliesslich den angeklagten Sachverhalt zugrunde legt, ist auch keine Verletzung des Anklagegrundsatzes ersichtlich.
2.
Die Beschwerde ist abzuweisen. Ausgangsgemäss hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen, da sich sein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege als aussichtslos erweist. Seinen finanziellen Verhältnissen ist bei der Kostenfestsetzung Rechnung zu tragen (Art. 64 Abs. 1, Art. 65 Abs. 1 und 2, Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
3.
Der Beschwerdeführer trägt die Gerichtskosten von Fr. 1'200.--.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Strafgericht, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 24. Oktober 2019
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Denys
Der Gerichtsschreiber: Matt