Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
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9C_831/2019
Urteil vom 3. Februar 2020
II. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Parrino, Präsident,
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Moser-Szeless,
Gerichtsschreiberin Fleischanderl.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Thomas Wyss,
Beschwerdeführerin,
gegen
Sozialversicherungsanstalt des Kantons St. Gallen, Brauerstrasse 54, 9016 St. Gallen,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Ergänzungsleistung zur AHV/IV
(vorinstanzliches Verfahren; Prozessvoraussetzung),
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen
vom 30. Oktober 2019 (EL 2019/42).
Sachverhalt:
A.
Die 1954 geborene A.________ meldete sich im November 2018 bei der Sozialversicherungsanstalt des Kantons St. Gallen, Ausgleichskasse (nachfolgend: Ausgleichskasse), zum Bezug von Ergänzungsleistungen (EL) zu ihrer AHV-Altersrente an. Die Ausgleichskasse nahm weitere Abklärungen vor und teilte A.________ gestützt darauf am 21. Dezember 2018 mit, dass für die abschliessende Beurteilung des EL-Gesuchs der ihren Ehepartner betreffende rechtskräftige Rentenbescheid der Invalidenversicherung benötigt würde; da dieser aktuell noch ausstehend sei, werde ihr EL-Verfahren bis dahin sistiert. Daran wurde in der Folge - zuletzt mit Verfügung vom 7. Mai 2019 - festgehalten.
B.
Auf die von A.________ erhobene Rechtsverweigerungsbeschwerde trat das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen mit Entscheid vom 30. Oktober 2019 nicht ein; gleichenorts wies es die gegen die Verfügung der Ausgleichskasse vom 7. Mai 2019 gerichtete Beschwerde ab.
C.
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen und beantragen, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids seien ihr die gesetzlichen Leistungen zuzusprechen, insbesondere sei das EL-Verfahren an die Hand zu nehmen und auf die Anrechnung von hypothetischem Erwerbseinkommen des Ehemannes zu verzichten.
Erwägungen:
1.
Das Bundesgericht prüft die Zulässigkeit eines Rechtsmittels von Amtes wegen und mit freier Kognition (BGE 138 V 318 E. 6 Ingress S. 320 mit Hinweis; Urteil 9C_523/2015 vom 10. November 2015 E. 1 mit Hinweisen, in: SVR 2016 BVG Nr. 36 S. 147).
2.
2.1. Gemäss Art. 90 BGG ist die Beschwerde zulässig gegen Entscheide, die das Verfahren abschliessen. Ebenfalls zulässig ist nach Art. 92 Abs. 1 BGG die Beschwerde gegen selbstständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide über die Zuständigkeit und über Ausstandsbegehren. Gegen andere selbstständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide im Sinne von Art. 93 Abs. 1 BGG ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten demgegenüber nur zulässig, wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können (lit. a) oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit und Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (lit. b). Ist die Beschwerde nicht zulässig oder wurde von ihr kein Gebrauch gemacht, bleibt ein Zwischenentscheid im Rahmen einer Beschwerde gegen den Endentscheid anfechtbar, sofern er sich auf dessen Inhalt auswirkt (Art. 93 Abs. 3 BGG).
2.2. Damit ein Entscheid der Vorinstanz als Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG qualifiziert werden kann, muss er das Verfahren vor der ersten Instanz abschliessen. Befindet das kantonale Gericht über einen Zwischenentscheid einer unteren Instanz, so stellt der Rechtsmittelentscheid regelmässig ebenfalls einen Zwischenentscheid dar: Mit einem solchen Entscheid wird nicht über ein Rechtsverhältnis endgültig entschieden, sondern nur über einen Schritt auf dem Weg zum Endentscheid. Anders ist lediglich dann zu entscheiden, wenn durch den Entscheid der letzten kantonalen Instanz ein Zwischenentscheid der ersten Instanz umgestossen und das Verfahren vor erster Instanz damit abgeschlossen wird (BGE 139 V 339 E. 3.2 S. 341 mit Hinweisen; Urteil 8C_393/2014 vom 24. September 2014 E. 3.2.1 mit Hinweisen).
2.2.1. Mit der vorinstanzlichen Bestätigung der von der Beschwerdegegnerin verfügten Verfahrenssistierung (im Sinne sowohl der Abweisung der gegen die Verfügung der Beschwerdegegnerin vom 7. Mai 2019 gerichteten Beschwerde wie auch des Nichteintretens auf die gleichzeitig geltend gemachte Rechtsverweigerungsbeschwerde) wurde das zugrunde liegende EL-Verfahren nicht abgeschlossen. Es handelt sich somit - unstreitig - um einen Zwischenentscheid, gegen den die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten grundsätzlich nur unter den vorstehend genannten eingeschränkten Voraussetzungen des Art. 93 BGG zulässig ist.
2.2.2. Die Rechtsprechung unterscheidet bei der Anfechtung einer angeordneten Sistierung des Verfahrens zwei Konstellationen: Entweder wird (qualifiziert substanziiert) die dadurch verursachte Verfahrensverzögerung gerügt (Verletzung des Beschleunigungsgebots [vgl. Art. 106 Abs. 2 BGG]); diesfalls erfordert das Eintreten keinen nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG. Oder aber es werden anderweitige Gründe angeführt wie beispielsweise das Argument, die Sistierung bis zum Abschluss eines anderen Verfahrens erweise sich als nicht gerechtfertigt. Wird ein derartiger Einwand vorgebracht, setzt das Eintreten auf die Beschwerde einen irreversiblen Nachteil voraus, der auf Grund der materiellrechtlichen Gegebenheiten zu beurteilen ist (BGE 138 III 190 E. 5 f. S. 191 f.; 138 IV 258 E. 1.1 S. 261; 137 III 261; 134 IV 43 E. 2 S. 44 ff.; Urteil 9C_523/2015 vom 10. November 2015 E. 2.2 mit Hinweisen, in: SVR 2016 BVG Nr. 36 S. 147; vgl. auch BGE 135 III 127 E. 1.3 S. 129).
3.
3.1. Letztinstanzlich wird zum einen dem kantonalen Nichteintretensentscheid opponiert.
3.2. Die Vorinstanz hat bezüglich der eingelegten Rechtsverweigerungsbeschwerde zutreffend erwogen, dass gemäss Art. 56 Abs. 2 ATSG Beschwerde erhoben werden kann, wenn der Versicherungsträger entgegen dem Begehren der betroffenen Person keine Verfügung oder keinen Einspracheentscheid erlässt. Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdegegnerin es zwar unterlassen, hinsichtlich des materiellen EL-Anspruchs der Beschwerdeführerin zu verfügen. Dennoch liegt mit der Verfahrenssistierung vom 7. Mai 2019 ein formelles Handeln des Versicherungsträgers in Form einer prozessleitenden Verfügung vor, die es der Beschwerdeführerin erlaubte, sich direkt beschwerdeweise gegen die weitere Aussetzung des Verfahrens zur Prüfung des EL-Anspruchs zur Wehr zu setzen (gemäss Art. 52 Abs. 1 Teilsatz 2 ATSG sind Einsprachen gegen prozess- und verfahrensleitende Verfügungen ausgeschlossen). Angesichts dieser Ausgangslage ist mit dem kantonalen Versicherungsgericht nicht erkennbar und wird auch vor dem Bundesgericht nicht aufgezeigt, worin das schützenswerte Interesse der Beschwerdeführerin an einer auf das Verwaltungsverfahren zur Prüfung des EL-Anspruchs bezogenen - gleichsam parallel geführten - Rechtsverweigerungsbeschwerde bestehen sollte (in diesem Sinne u.a. auch Miriam Lendfers, in: Basler Kommentar, Allgemeiner Teil des Sozialversicherungsrechts, 2020, N. 38 zu Art. 56 ATSG mit weiteren Hinweisen auf die Lehre).
Die Vorinstanz ist daher zu Recht auf die Rechtsverweigerungsbeschwerde nicht eingetreten.
4.
4.1. Die Beschwerdeführerin macht ferner geltend, die durch die Beschwerdegegnerin am 7. Mai 2019 verfügte, vorinstanzlich als rechtmässig beurteilte Sistierung des EL-Verfahrens verletze das Beschleunigungsgebot.
4.2. Eine überlange Verfahrensdauer liegt dann vor, wenn eine im Gesetz festgelegte Behandlungsfrist überschritten wird. Enthält das Gesetz keinen Massstab für eine rasche Verfahrenserledigung, entscheidet eine Behörde gemäss Rechtsprechung nicht innert angemessener Frist, wenn sie länger benötigt, als dies nach der Natur der Sache und nach der Gesamtheit der übrigen Umstände als adäquat erscheint (BGE 131 V 407 E. 1.1 S. 409; 130 I 269 E. 3.1 S. 273; Urteil 9C_523/2015 vom 10. November 2015 E. 3.2.1 mit Hinweisen, in: SVR 2016 BVG Nr. 36 S. 147).
4.2.1. Gerügt wird in diesem Zusammenhang, dass die Beschwerdegegnerin die Beurteilung des EL-Anspruchs "unabhängig vom Verfahren des Ehemannes gegenüber der IV" vorzunehmen habe, da letzteres "erfahrungsgemäss Jahre dauern" könne, womit das Beschleunigungsgebot durch die Verfahrenssistierung offensichtlich verletzt werde.
4.2.2. Nach dem Stand der Akten wurde in Bezug auf das invalidenversicherungsrechtliche Rentenverfahren des Ehemannes der Beschwerdeführerin am 5. März 2019 ein - abschlägiger - Vorbescheid erlassen. Dagegen wurden am 25. sowie 30. April 2019 seitens des Versicherten Einwände erhoben. Des Weitern lehnten die IV-Organe die unentgeltliche Rechtsverbeiständung im Vorbescheidverfahren mit Verfügung vom 14. Juni 2019 ab. Daraus lässt sich schliessen, dass das betreffende Verfahren seinen Fortgang nimmt und beförderlich durchgeführt wird. Konkrete Anhaltspunkte für einen nach den gesamten Umständen zu erwartenden überlangen diesbezüglichen Prozess sind entgegen der pauschalen Behauptung in der Beschwerde jedenfalls nicht ersichtlich. Auch wirkt sich dessen Ausgang, wie die nachstehenden Erwägungen zeigen, unmittelbar auf das EL-Verfahren der Beschwerdeführerin aus, weshalb es aus sachlichen Gründen indiziert ist, diesen abzuwarten.
Es gelingt der Beschwerdeführerin somit nicht, eine durch die angeordnete Verfahrenssistierung verursachte, ungerechtfertigte Verfahrensverzögerung im Sinne einer Verletzung des Beschleunigungsgebots darzutun, soweit die Beschwerde überhaupt rechtsgenüglich begründet ist.
5.
5.1. Die Beschwerdeführerin bringt ferner vor, durch die Sistierung des EL-Verfahrens und das Abwarten des Endentscheids im invalidenversicherungsrechtlichen Rentenprozess ihres Ehemannes drohe ein nicht wiedergutzumachender Nachteil gemäss Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG.
5.2. Grundsätzlich ist eine Verfahrenssistierung mit Blick auf Art. 29 Abs. 1 BV nur ausnahmsweise zulässig und muss sich auf sachliche Gründe stützen. Nach der Rechtsprechung gilt insbesondere die Hängigkeit eines anderen Verfahrens, dessen Ausgang von präjudizieller Bedeutung ist, als zureichender Grund für eine Sistierung (BGE 130 V 90 E. 5 S. 95 mit Hinweis; Urteil 9C_523/2015 vom 10. November 2015 E. 4.2 mit Hinweisen, in: SVR 2016 BVG Nr. 36 S. 147).
5.2.1. Die Vorinstanz hat die Sistierungsverfügung der Beschwerdegegnerin vom 7. Mai 2019, mit der die entsprechende Mitteilung vom 21. Dezember 2018 bestätigt wurde, im Wesentlichen mit folgender Begründung geschützt : Der Anspruch der Beschwerdeführerin auf Ergänzungsleistungen hänge massgebend davon ab, ob ihrem Ehemann eine Rente der Invalidenversicherung zugesprochen werde, die in der Folge - rückwirkend - frankengenau bei der EL-Anspruchsberechnung als anrechenbare Einnahme zu berücksichtigen wäre. Auch weitere Positionen der EL-Anspruchsberechnung wie etwa die Anrechnung einer allfälligen BVG-Rente oder eines hypothetischen Erwerbseinkommens des Ehemannes seien zudem davon abhängig, ob dem Ehemann eine Rente der Invalidenversicherung zugesprochen werde. Im Übrigen wäre es - so das kantonale Gericht im Weiteren - verfahrensökonomisch unsinnig, wenn die EL-Durchführungsstelle, wie von der Beschwerdeführerin gefordert, parallel zum IV-Verfahren eigene medizinische Abklärungen bezüglich des Gesundheitszustands des Ehemannes vornehmen würde, zumal daraus möglicherweise widersprechende Ergebnisse resultierten. Schliesslich sei es der Beschwerdegegnerin schlichtweg untersagt, ohne vollständige Ermittlung des EL-rechtlich relevanten Sachverhalts über das Gesuch der Beschwerdeführerin zu befinden. Ein derartiger Beschluss könne erst abschliessend gefällt werden, wenn die gesamten entscheidwesentlichen Umstände, wozu auch die Einkommensverhältnisse des Ehemannes - hier allenfalls im Sinne einer verbindlich festgesetzten Rente der Invalidenversicherung - gehörten, mit dem erforderlichen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit eruiert worden seien. Andernfalls wäre ihr eine Verletzung von Art. 43 Abs. 1 ATSG vorzuwerfen.
5.2.2. Besteht nach dem Ausgeführten ein unmittelbarer Konnex zwischen den beiden sozialversicherungsrechtlichen Verfahren hat die Vorinstanz den von der Beschwerdegegnerin angenommenen zureichenden Grund für eine Sistierung des EL-Verfahrens zu Recht bestätigt. Diese erscheint zweckmässig, da dadurch nachträgliche Anpassungen der EL-Berechnungsgrundlage und allfällige Rückforderungen von Leistungen vermieden werden können.
Da sodann auch Nachteile bloss tatsächlicher Natur wie beispielsweise die Verfahrensverlängerung oder -verteuerung keinen irreparablen Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG darstellen (BGE 140 V 282 E. 4.2.2 S. 287 mit Hinweisen; Urteil 9C_564/2015 vom 1. September 2015), ist ein solcher insgesamt zu verneinen und auf die Beschwerde insoweit nicht einzutreten.
6.
Dem Verfahrensausgang entsprechend werden die Gerichtskosten der Beschwerdeführerin auferlegt (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 3. Februar 2020
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Parrino
Die Gerichtsschreiberin: Fleischanderl