BGer 5D_180/2019 |
BGer 5D_180/2019 vom 04.02.2020 |
5D_180/2019, 5D_181/2019 |
Urteil vom 4. Februar 2020 |
II. zivilrechtliche Abteilung |
Besetzung
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Bundesrichterin Escher, präsidierendes Mitglied,
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Bundesrichter Marazzi, Schöbi,
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Gerichtsschreiber Buss.
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Verfahrensbeteiligte |
A.________,
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Beschwerdeführerin,
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gegen
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1. Kanton Zürich,
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2. Stadt Zürich,
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beide vertreten durch das Steueramt der Stadt Zürich, Steuerabteilung 3, Werdstrasse 75, Postfach, 8010 Zürich,
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Beschwerdegegner.
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Gegenstand
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Definitive Rechtsöffnung,
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Beschwerde gegen die Urteile des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, vom 14. August 2019 (RT190106-O/U, RT190107-O/U).
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Sachverhalt: |
A. |
Der Kanton und die Stadt Zürich setzten beim Betreibungsamt U.________ gegen A.________ ausstehende Steuern in Betreibung. Das Bezirksgericht Zürich erteilte den Gläubigern in den Betreibungen Nr. xxx (Staats- und Gemeindesteuern 2014 von Fr. 4'067.05 nebst Zins und Kosten) und Nr. yyy (Staats- und Gemeindesteuern 2015 von Fr. 1'154.15 nebst Zins und Kosten) am 11. Juni 2019 die definitive Rechtsöffnung.
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B. |
Die von A.________ gegen diese beiden Urteile erhobenen Beschwerden wies das Obergericht des Kantons Zürich mit Urteilen vom 14. August 2019 ab.
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C. |
Mit Eingaben vom 17. September 2019 (Postaufgabe) ist A.________ an das Bundesgericht gelangt. Die Beschwerdeführerin beantragt die Aufhebung der beiden obergerichtlichen Urteile und die Abweisung der Rechtsöffnungsgesuche. Zudem ersucht sie für das bundesgerichtliche Verfahren um Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege.
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Das Bundesgericht hat die kantonalen Akten beigezogen, hingegen keine Vernehmlassungen eingeholt.
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Erwägungen: |
1. |
Die Beschwerdeführerin ficht zwei Entscheide an, die im Wesentlichen auf dem gleichen Sachverhalt gründen und die gleichen Parteien betreffen. In beiden Fällen stellen sich die selben Rechtsfragen und die Beschwerdebegehren und -begründungen stimmen überein. Die Verfahren sind daher zu vereinigen und über die Beschwerden ist in einem einzigen Entscheid zu befinden (Art. 71 BGG i.V.m. Art. 24 BZP).
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2. |
2.1. Angefochten sind zwei Entscheide der kantonalen Rechtsmittelinstanz in einer streitwertabhängigen Zwangsvollstreckungssache. Die gesetzliche Streitwertgrenze wird nicht erreicht (Art. 72 Abs. 2 lit. a, Art. 74 Abs. 1 lit. b und Art. 75 Abs. 1 BGG). Daher ist ist die Beschwerde in Zivilsachen nur zulässig, wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt (Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG).
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2.2. Die Beschwerdeführerin sieht eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung in der Frage, ob sich aus Art. 17 Abs. 2 der Verordnung des Eidgenössischen Finanzdepartements über die Behandlungen von Gesuchen um Erlass der direkten Bundessteuer vom 12. Juni 2015 (SR 642.121) ergebe, dass im Allgemeinen keine Rechtsöffnung gewährt werden kann, bis sämtliche Rechtsmittel gegen einen abschlägigen Steuererlassentscheid der zuständigen Erlassbehörde erfolglos geblieben sind. Die Beschwerdeführerin übersieht dabei, dass die angefochtenen Entscheide die Erteilung der Rechtsöffnung für die Staats- und Gemeindesteuer betreffen, es vorliegend also nicht um die direkte Bundessteuer geht. Es könnte mithin höchstens die Frage aufgeworfen werden, ob die Vorinstanz (welche sich unter Verweis auf die erstinstanzlichen Ausführungen auf die Lehre zum Zürcher Steuergesetz vom 8. Juni 1997 [LS 631.1] bezogen hat), kantonalrechtliche Bestimmungen über das Verfahren betreffend den Erlass der kantonalen Steuern willkürlich angewendet hat, indem sie angenommen hat, dass ein ausstehender Entscheid über das Erlassgesuch den Steuerbezug und damit die zwangsweise Einforderung nicht hemme. Nach der Rechtsprechung stellt die Anwendung und Auslegung einer nicht frei überprüfbaren kantonalen Norm jedoch keine Frage von grundsätzlicher Bedeutung dar; dabei gelten Normen des Bundesrechts, auf die das kantonale Recht verweist, ebenfalls als kantonales Recht (BGE 138 I 232 E. 2.3 und 2.4; jüngst Urteil 8C_823/2018 vom 10. April 2019 E. 1.2). Auf die Beschwerden in Zivilsachen ist demnach mangels Erreichens des notwendigen Streitwerts bzw. des Fehlens einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht einzutreten.
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2.3. Die Beschwerdeführerin nennt kein verfassungsmässiges Recht; schon deshalb können die Eingaben auch nicht als subsidiäre Verfassungsbeschwerde im Sinne von Art. 113 ff. BGG entgegengenommen werden, mit der einzig die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden kann (Art. 116 und Art. 106 Abs. 2 i.V.m. Art. 117 BGG).
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Einzig der Vollständigkeit halber sei festgehalten, dass ebenso wie die Lehre zu § 183 ff. des Steuergesetzes des Kantons Zürich (vgl. RICHNER/FREI/KAUFMANN/MEUTER, Kommentar zum Zürcher Steuergesetz, 3. Aufl. 2013, N. 6 zu § 183 StG) auch die Lehre zu Art. 167 ff. DBG davon ausgeht, dass ein ausstehender Entscheid über das Erlassgesuch den Bezug des rechtskräftig festgesetzten Betrags nicht hemmt (vgl. ZWEIFEL/CASANOVA/BEUSCH/HUNZIKER, Schweizerisches Steuerverfahrensrecht, Direkte Steuern, 2. Aufl. 2018, § 31 N. 30; LOCHER, Kommentar zum Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer, III. Teil, 2015, N. 40 zu Art. 167 DBG) und mangels einer zulässigen Einwendung im Sinne von Art. 81 Abs. 1 SchKG das Einreichen eines Erlassgesuchs der Rechtsöffnung nicht entgegensteht (BEUSCH/RAAS, in: Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer, Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Zweifel/Beusch [Hrsg.], 3. Auf. 2017, N. 6 ff. zu Art. 167c DBG). Je nach den Umständen können die Steuerbehörden jedoch mit der Einleitung einer Betreibung zuwarten (vgl. ZWEIFEL/CASANOVA/BEUSCH/HUNZIKER, a.a.O.; CURCHOD, in: Commentaire romand, impôt fédéral direct, 2. Aufl. 2017, N. 5 zu Art. 167c DBG). Auch im vorliegenden Fall wurde dies offenbar so gehandhabt, haben doch die Beschwerdegegner (soweit aus den von der Beschwerdeführerin ins Recht gelegten Dokumenten erkennbar) von der Einleitung der Betreibungen wohl immerhin bis zum Entscheid der zuständigen Erlassbehörde abgesehen und war im Zeitpunkt der Stellung der Rechtsöffnungsgesuche (15. Mai 2019) ausserdem bereits ein abschlägiger Rekursentscheid ergangen (Entscheid der Finanzdirektion des Kantons Zürich vom 5. April 2019 betreffend den Erlass der Staats- und Gemeindesteuer der Jahre 2014 und 2015). Dass die Vorinstanz dem am 7. Mai 2019 erfolgten Weiterzug des Rekursentscheids an das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich für das Rechtsöffnungsverfahren keine Bedeutung beigemessen hat, ist nach dem Gesagten offensichtlich nicht willkürlich (vgl. auch Urteil 5D_7/2015 vom 13. August 2015 E. 7).
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3. |
Aus den dargelegten Gründen kann auf die Beschwerden nicht eingetreten werden. Ausgangsgemäss werden die Gerichtskosten der Beschwerdeführerin auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG). Wie die vorstehenden Erwägungen aufzeigen, müssen die Beschwerden als von Anfang an aussichtslos betrachtet werden. Damit mangelt es an einer materiellen Voraussetzung für die unentgeltliche Rechtspflege (Art. 64 Abs. 1 BGG). Die entsprechenden Gesuche der Beschwerdeführerin sind abzuweisen.
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Demnach erkennt das Bundesgericht: |
1. Die Verfahren 5D_180/2019 und 5D_181/2019 werden vereinigt.
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2. Auf die Beschwerden wird nicht eingetreten.
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3. Die Gesuche um unentgeltliche Rechtspflege werden abgewiesen.
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4. Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
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5. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 4. Februar 2020
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Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Das präsidierende Mitglied: Escher
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Der Gerichtsschreiber: Buss
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