Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
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9C_769/2019
Urteil vom 30. März 2020
II. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Parrino, Präsident,
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Glanzmann,
Gerichtsschreiberin Dormann.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Corinne Willimann,
Beschwerdeführer,
gegen
IV-Stelle Luzern,
Landenbergstrasse 35, 6005 Luzern,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Invalidenversicherung,
Beschwerde gegen den Entscheid
des Kantonsgerichts Luzern
vom 27. September 2019 (5V 18 254).
Sachverhalt:
A.
Der 1958 geborene A.________ meldete sich im Oktober 2017 (Postaufgabe) unter Hinweis auf Schulterprobleme bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Nach Abklärungen kam die IV-Stelle Luzern zum Schluss, dass dem Versicherten die angestammte Tätigkeit ab dem 1. März 2018 wieder uneingeschränkt zumutbar sei. Nach Erlass des Vorbescheids verneinte sie mit Verfügung vom 6. Juni 2018 einen Anspruch auf eine Invalidenrente.
B.
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Kantonsgericht Luzern mit Entscheid vom 27. September 2019 ab, soweit es darauf eintrat.
C.
A.________ lässt mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragen, unter Aufhebung des Entscheids vom 27. September 2019 und der Verfügung vom 6. Juni 2018 sei ihm eine ganze Invalidenrente ab Mai 2018 zuzusprechen. Eventualiter sei die Sache zur weiteren Abklärung an die IV-Stelle zurückzuweisen, ihm seien Eingliederungsmassnahmen (namentlich berufliche Massnahmen) zu gewähren, und nach erfolgter Eingliederung sei ihm spätestens ab Mai 2018 eine ganze Rente, eventualiter eine Teilrente zuzusprechen. Sodann lässt er eine weitere Eingabe einreichen.
Erwägungen:
1.
1.1. Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen vor Bundesgericht nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG), was in der Beschwerde näher darzulegen ist. Der vorinstanzliche Verfahrensausgang allein bildet noch keinen hinreichenden Anlass im Sinne von Art. 99 Abs. 1 BGG für die Zulässigkeit von unechten Noven, die bereits im kantonalen Verfahren ohne Weiteres hätten vorgebracht werden können. Das Vorbringen von Tatsachen, die sich erst nach dem angefochtenen Entscheid ereigneten oder entstanden (echte Noven), ist vor Bundesgericht unzulässig (BGE 143 V 19 E. 1.2 S. 22 f.; 140 V 543 E. 3.2.2.2 S. 548).
Der Beschwerdeführer legt im bundesgerichtlichen Verfahren neu einen Entscheid des Kantonsgerichts Zug vom 6. Dezember 2018, ein Schreiben der Ausgleichskasse Zug vom 29. Mai 2019, den Bericht des Dr. med. B.________ vom 17. Oktober 2019 und zwei Schreiben der Suva Zentralschweiz vom 17. Januar 2020 ins Recht. Weshalb die beiden erstgenannten Aktenstücke nicht bereits im vorinstanzlichen Verfahren hätten eingereicht werden können, wird nicht ausgeführt und ist auch nicht ersichtlich; sie sind somit unzulässig. Die übrigen neuen Dokumente sind als echte Noven von vornherein unzulässig. Ebenso bleiben die entsprechenden - und teilweise erst nach Ablauf der Beschwerdefrist (vgl. Art. 100 Abs. 1 BGG) vorgebrachten - Behauptungen des Beschwerdeführers unbeachtet.
1.2.
1.2.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 f. BGG; BGE 135 II 384 E. 2.2.1 S. 389). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG ).
1.2.2. Eine Sachverhaltsfeststellung ist nicht schon dann offensichtlich unrichtig, wenn sich Zweifel anmelden, sondern erst, wenn sie eindeutig und augenfällig unzutreffend ist. Eine offensichtlich unrichtige Sachverhaltsfeststellung weist damit die Tragweite von Willkür auf. Es liegt noch keine offensichtliche Unrichtigkeit vor, nur weil eine andere Lösung ebenfalls in Betracht fällt, selbst wenn diese als die plausiblere erscheint. Eine Sachverhaltsfeststellung ist etwa dann offensichtlich unrichtig, wenn das kantonale Gericht den Sinn und die Tragweite eines Beweismittels offensichtlich falsch eingeschätzt, ohne sachlichen Grund ein wichtiges und für den Ausgang des Verfahrens entscheidendes Beweismittel nicht beachtet oder aus den abgenommenen Beweisen unhaltbare Schlüsse gezogen hat. Solche Mängel sind in der Beschwerde aufgrund des strengen Rügeprinzips (vgl. Art. 106 Abs. 2 BGG) klar und detailliert aufzuzeigen (BGE 144 V 50 E. 4.2 S. 53 mit Hinweisen; Urteil 9C_752/2018 vom 12. April 2019 E. 1.2).
2.
2.1. Vorab ist auf die formellen Rügen einzugehen. Der Beschwerdeführer moniert insbesondere, die Vorinstanz habe die Überprüfung des Anspruchs auf berufliche Massnahmen verweigert und das Vorbescheidverfahren sei nicht korrekt durchgeführt worden.
2.2. Das kantonale Gericht hat festgestellt, die angefochtene Verfügung vom 6. Juni 2018 beschlage ausschliesslich die Rentenfrage. Diese Feststellung ist angesichts der in den ersten Zeilen der Verfügung verwendeten Formulierungen (Titel: "Kein Anspruch auf eine Invalidenrente"; erster Satz nach der Anrede: "Wir haben den Anspruch auf eine Invalidenrente geprüft") nicht offensichtlich unrichtig; sie bleibt für das Bundesgericht verbindlich (E. 1.2).
Daraus hat die Vorinstanz - zutreffend - den rechtlichen Schluss gezogen, dass bezüglich beruflicher Massnahmen ein Anfechtungsgegenstand fehlte (vgl. BGE 131 V 164 E. 2.1 S. 164 f.; 125 V 413 E. 1a S. 414) und auf die Beschwerde nicht einzutreten war. Zudem darf über einen Rentenanspruch unabhängig von allfälligen Eingliederungsmassnahmen entschieden werden, wenn ein rentenbegründender Invaliditätsgrad bereits vor der Eingliederung verneint werden kann (Urteil 9C_534/2018 vom 15. Februar 2019 E. 2.1 mit Hinweisen).
2.3. Sodann hat die Vorinstanz für den Fall, dass der Beschwerdeführer (wie von ihm geltend gemacht) den Vorbescheid nicht erhalten haben sollte, die dadurch erlittene Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör als im kantonalen Beschwerdeverfahren geheilt betrachtet. Damit hat sie kein Recht verletzt, zumal sie über uneingeschränkte Kognition verfügt hat (vgl. Art. 61 lit. c und d ATSG ) und die Rückweisung zur erneuten Durchführung des Vorbescheidverfahrens einem formalistischen Leerlauf gleichgekommen wäre (vgl. BGE 143 IV 408 E. 6.3.2 S. 417; 137 I 195 E. 2.3.2 S. 197).
3.
Im angefochtenen Entscheid sind die Gesetzesbestimmungen und rechtlichen Grundsätze zum Anspruch auf eine Invalidenrente (Art. 7 f. ATSG; Art. 4 Abs. 1 und Art. 28 IVG ), zur Geltung des Untersuchungsgrundsatzes (Art. 61 lit. c ATSG), zur Notwendigkeit und Beweiskraft ärztlicher Einschätzungen (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232; 125 V 256 E. 4 S. 261) sowie zur Begrenzung des gerichtlichen Überprüfungszeitraums (bis zum Erlass der angefochtenen Verfügung; BGE 132 V 215 E. 3.1.1 S. 220; Urteil 8C_878/2014 vom 27. Januar 2015 E. 2) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.
4.
Die Vorinstanz hat gestützt auf den Bericht des Suva-Kreisarztes Dr. med. C.________ vom 19. April 2018 festgestellt, der Versicherte sei in der angestammten Arbeit (als Bauarbeiter resp. Gipser) eingeschränkt. Hingegen sei ihm - seit Anfang März 2018 und mindestens bis zum Erlass der Verfügung vom 6. Juni 2018 - eine leidensangepasste Tätigkeit (körperlich leicht bis mittelschwer, ohne Überkopfarbeiten, Heben und Tragen von Lasten am langen Hebelarm, Vibrationsbelastung und Besteigen von Leitern und Gerüsten) ganztags (uneingeschränkt) zumutbar. Für die Invaliditätsbemessung hat sie - nach Parallelisierung der Vergleichseinkommen (BGE 141 V 1; 135 V 297; 134 V 322) - das Valideneinkommen auf Fr. 65'894.40 und das Invalideneinkommen auf Fr. 67'676.58 festgesetzt. Selbst wenn von Letzterem ein leidensbdingter Abzug (vgl. BGE 126 V 75) in maximaler Höhe von 25 % berücksichtigt würde, ergebe sich kein anspruchsbegründender Invaliditätsgrad (23 %). Für eine nach dem 6. Juni 2018 eingetretene gesundheitliche Verschlechterung hat sie den Beschwerdeführer auf den (bereits eingeschlagenen) Weg der Neuanmeldung (vgl. Art. 87 Abs. 2 und 3 IVV [SR 831.201]) verwiesen.
5.
5.1.
5.1.1. Im Rahmen der Beweiswürdigung hat das kantonale Gericht festgestellt, in keinem Arztbericht sei einer die rechte Schulter betreffenden Diagnose eine Bedeutung für die Arbeitsfähigkeit zuerkannt worden. Weiter hat es dargelegt, weshalb es auf den Bericht des Suva-Kreisarztes und nicht auf die Einschätzung des Hausarztes abgestellt hat. Dieser begründete die von ihm im Bericht vom 2. November 2017 attestierte Arbeitsunfähigkeit ausschliesslich mit der Problematik der linken Schulter. Sodann hat die Vorinstanz festgestellt, weder den nach dem Verfügungserlass erstellten Berichten zu gastroenterologischen, kardiologischen und psychischen Aspekten noch den späteren Hinweisen auf eine Verschlechterung der Schulterproblematik (links) sei für den hier interessierenden, am 6. Juni 2018 endenden Zeitraum eine weitergehende Arbeitsunfähigkeit zu entnehmen. Damit bestehe kein Anlass für weitere Abklärungen (antizipierte Beweiswürdigung; vgl. BGE 144 II 427 E. 3.1.3 S. 435; 134 I 140 E. 5.3 S. 148).
5.1.2. Der Suva-Kreisarzt berücksichtigte bei seiner Arbeitsfähigkeitsschätzung den "distalisierten Bicepsbauch" und die deswegen "abgeschwächte Kraft des Musculus biceps". Seine Einschätzung beruht nicht nur auf den Ergebnissen seiner Untersuchung, sondern u.a. auch auf den Unterlagen der Unfallversicherung, und sie ist einleuchtend begründet, weshalb sie den Anforderungen an die Beweiskraft (vgl. BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232; 125 V 351 E. 3a S. 352) genügt. Aus den Stellungnahmen des Regionalen Ärztlichen Dienstes, die für das kantonale Gericht nicht entscheidend waren (vgl. Art. 59 Abs. 2bis IVG und Art. 49 Abs. 1 IVV), ergibt sich nichts für den Beschwerdeführer.
5.1.3. Dass die vorinstanzliche Beweiswürdigung und die Feststellung betreffend die Arbeitsfähigkeit offensichtlich unrichtig sein soll (E. 1.2.2), wird nicht substanziiert dargelegt und ist auch nicht ersichtlich. Sie beruhen nach dem Gesagten auch nicht auf einer Rechtsverletzung. Sie bleiben daher für das Bundesgericht verbindlich (E. 1.2.1).
5.2. Soweit der Beschwerdeführer unter Berufung auf BGE 129 V 460 E. 4.2 und 4.3 S. 463 eine "Anpassungszeit" verlangt, lässt sich nichts für ihn ableiten. Die genannte Rechtsprechung betrifft den Anspruch auf Taggeld der Krankenversicherung, während hier die Voraussetzungen für einen Rentenanspruch im Sinne von Art. 28 IVG im Fokus stehen. Schliesslich wird in der Beschwerde zwar ein Valideneinkommen von Fr. 81'699.20 geltend gemacht, indessen nicht dargetan, inwiefern die vorinstanzlich festgestellte Höhe von Fr. 67'676.58 offensichtlich unrichtig sein oder auf einer Rechtsverletzung beruhen soll (vgl. E. 1.2).
5.3. Im Übrigen erschöpft sich die (weitschweifige; vgl. Art. 42 Abs. 6 BGG) Beschwerde in unzulässiger appellatorischer Kritik (vgl. BGE 140 III 264 E. 2.3 S. 266). Da sie offensichtlich unbegründet ist, wird sie im Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG mit summarischer Begründung und unter Hinweis auf den kantonalen Gerichtsentscheid (Art. 109 Abs. 3 BGG) erledigt.
6.
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat der Beschwerdeführer die Kosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Luzern, 3. Abteilung, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 30. März 2020
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Parrino
Die Gerichtsschreiberin: Dormann