BGE 99 Ia 143 |
17. Urteil vom 11. Juli 1973 i.S. Schmid gegen Winzeler, Stadtrat von Schaffhausen und Obergericht als Verwaltungsgericht des Kantons Schaffhausen. |
Regeste |
Art. 4 BV; Willkürliche Auslegung von Bauvorschriften. |
Sachverhalt |
"Eine Baute darf nicht höher als 24 m sein."
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"Auf Antrag des Gemeinderates kann der Regierungsrat über 24 m hohe Bauten bewilligen, wenn:
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1. eine solche Baute das Orts- und Landschaftsbild nicht beeinträchtigt und auf einen verkehrstechnisch geeigneten Ort zu stehen kommt;
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2. genügend grosse Freiflächen geschaffen werden;
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3. das Mass der Ausnützung der betreffenden Zone nicht überschritten wird;
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4. die Umgebung nicht wesentlich benachteiligt wird."
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Das kantonale Baugesetz ist ein Rahmengesetz. Die Gemeinden dürfen im Rahmen ihrer Zuständigkeit weitergehende Vorschriften aufstellen. Die Stadt Schaffhausen hat auf Grund des Baugesetzes am 23. April 1968 eine Bauordnung (Bauo) erlassen. Sie regelt in Abschnitt IV die Wohnzonen. Art. 32 befasst sich mit den Gesamtüberbauungen und lautet:
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"Als Gesamtüberbauung im Sinne der nachfolgenden Bestimmungen gelten mehrere, auf Grund eines Richtmodells projektierte, aufeinander abgestimmte Wohnbauten, sofern,
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a) es sich hinsichtlich Verkehrslage um zweckmässige Projekte handelt, die sich in die Umgebung gut einfügen;
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b) das Baugrundstück oder die zusammengehörenden Einzelparzellen mindestens 5000 m2 umfassen;
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c) die in der Gesamtüberbauung zugelassenen Bauten mit mehr als sechs Geschossen die Nachbargrundstücke weder durch Schattenwurf noch durch Lichtentzug in unzumutbarer Weise beeinträchtigen."
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Bei Gesamtüberbauungen erhöht sich die für die einzelnen Wohnzonen vorgesehene Ausnützungsziffer um 10% (Art. 34 Abs. 2 Bauo). Im übrigen ist die Höhe der Bauten unter Vorbehalt der Beachtung von Art. 54 BauG nicht auf 24 m beschränkt.
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Für die Erteilung der Baubewilligung ist grundsätzlich der Gemeinderat zuständig (Art. 60 BauG). Indessen bedarf u.a. die Schaffung von Räumen zum Einstellen von Motorfahrzeugen einer Bewilligung des Regierungsrates bzw. der Baudirektion (Art. 61 BauG). Baubewilligungsentscheide der Gemeinde können an den Regierungsrat weitergezogen werden. Gegen erstinstanzliche Entscheide oder Rekursentscheide des Regierungsrates kann gemäss Art. 34 des Gesetzes über den Rechtsschutz in Verwaltungssachen vom 20. September 1971 Beschwerde beim Obergericht als Verwaltungsgericht erhoben werden.
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B.- Emil Schmid, Landwirt in Schaffhausen, ist Eigentümer der Grundstücke Nr. 6120 und 6140 in Schaffhausen; sie liegen in der Wohnzone mit mittlerer Ausnützung. Zwischen seinen Grundstücken und der Winkelriedstrasse hat Emil Winzeler, Architekt in Neuhausen, auf Grund eines anfangs der sechziger Jahre entworfenen Plans noch vor dem Inkrafttreten des BauG und der Bauo zwei Hochhäuser erstellt. Sie werfen ihren Schatten auf die erwähnten Grundstücke des Emil Schmid. Im Plan war der Bau eines dritten Hochhauses mit 14 Stockwerken vorgesehen. Nachdem aber Winzeler die ihm gehörende Landfläche durch den Kauf des Grundstückes Nr. 6171 vergrössert hatte, plante er ein 47 m hohes Gebäude mit 16 Stockwerken. Am 23. März 1972 reichte er den Baubehörden der Stadt Schaffhausen das Gesuch ein für die Erstellung dieses Wohnhochhauses, Hochhaus "ob de Gruebe" genannt, einer dreigeschossigen Autoeinstellhalle sowie verschiedener Autoabstellplätze auf GB Nr. 6137 und zum Teil auf den Nrn. 6124, 6153 und 6615. Winzeler war der Meinung, das Projekt bilde Teil einer Gesamtüberbauung. Am 25. April 1972 genehmigte der Stadtrat Schaffhausen das Baugesuch, soweit er sich dafür als zuständig erachtete. Der Regierungsrat erteilte am 16. Mai 1972 die Bewilligung für die Überschreitung der in Art. 53 BauG festgelegten Bauhöhe von 24 m, ohne näher auszuführen, inwieweit die von Art. 54 BauG aufgestellten Bedingungen für den Höherbau erfüllt seien. Auf Antrag des Stadtrates bewilligte darauf die kantonale Baudirektion ihrerseits am 16. Juni 1972 das Hochhausprojekt mit Bezug auf die geplante, in ihren Zuständigkeitsbereich fallende Autoeinstellhalle. |
Nach der Baupublikation reichte Emil Schmid beim Bezirksrichter Schaffhausen gegen das Bauvorhaben "öffentlich- und privatrechtliche Einsprache" ein. Da diese ausschliesslich öffentlich-rechtliche Beschwerdegründe zum Gegenstand hatte, leitete sie der Bezirksrichter als Rekurs an den Regierungsrat weiter, soweit das Rechtsmittel sich gegen die vom Stadtrat und der Baudirektion erteilte Baubewilligung richtete. Soweit Schmid jedoch den vom Regierungsrat bewilligten Höherbau beanstandete, überwies der Bezirksrichter die Einsprache dem Obergericht des Kantons Schaffhausen als Verwaltungsgericht. Am 3. Oktober 1972 wies der Regierungsrat den Rekurs ab. Schmid zog diesen Entscheid an das Verwaltungsgericht weiter. In seiner Beschwerdeschrift erklärte er u.a., zur Vereinfachung der Sachlage ziehe er die anhängige Verwaltungsgerichtsbeschwerde zurück und ersetze sie durch die neue Beschwerde. Am 10. November 1972 schrieb infolgedessen das Obergericht die ihm vom Bezirksrichter überwiesene Beschwerde als erledigt am Protokoll ab und verpflichtete Schmid, dem Beschwerdegegner Winzeler eine Parteientschädigung von Fr. 7500.-- zu bezahlen. Mit Urteil vom 2. Februar 1973 wies es sodann die Beschwerde ab. Es hielt dafür, für die Bewilligung von über 24 m hohen Bauten sei nach BauG der Regierungsrat allein zuständig, doch sei, da man im zur Beurteilung stehenden Fall ein anderes Vorgehen gewählt habe, auf die ganze Beschwerde einzutreten. Es stellte ferner fest, in der Stadt Schaffhausen könnten Hochhäuser nur auf Grund einer Gesamtüberbauung erstellt werden. Liege gar keine Gesamtüberbauung im Sinne von Art. 32 Bauo vor, müsse die Baubewilligung verweigert werden. Das von Art. 32 Bauo verlangte Richtmodell sei kein verbindlicher Plan, es unterliege keinem behördlichen Beschluss und erfordere keine Genehmigung durch eine Aufsichtsinstanz. Es sei vielmehr eine verwaltungsinterne Entscheidungsgrundlage, um abzuklären, ob mehrere aufeinander abgestimmte Wohnbauten als Gesamtüberbauung anerkannt werden könnten. Das Richtmodell solle der Behörde bei ihrem Entscheid behilflich sein, um festzustellen, ob die Voraussetzungen nach Art. 32 lit. a-c Bauo und gegebenenfalls diejenigen nach Art. 54 BauG erfüllt seien. Änderungen eines ursprünglichen Richtmodells könnten zugelassen werden, wenn damit die Voraussetzungen der Anerkennung der Gesamtüberbauung erfüllt blieben. |
Nach Ansicht des Beschwerdeführers könne keine Gesamtüberbauung vorliegen, weil die Hochbauten seine Grundstücke durch unzumutbare Schattenwürfe beeinträchtigen würden; dabei seien die Schattenzeiten zu berücksichtigen, die von allen zur Überbauung gehörenden Hochhäusern verursacht werden. Ob durch den Schattenwurf die Nachbargrundstücke in unzumutbarer Weise beeinträchtigt würden, sei eine Rechtsfrage, bei deren Beantwortung ein unbestimmter Rechtsbegriff anzuwenden sei. Den kantonalen Behörden stehe ein gewisser Beurteilungsspielraum zu, insbesondere wenn dabei örtliche Verhältnisse zu würdigen seien, ein Grenzfall vorliege und die Auslegung schwierig sei. Ein solcher Beurteilungsspielraum sei dem Regierungsrat zuzugestehen. Dieser betrachte in Anlehnung an die Richtlinien des Regionalplanungsamtes Zürich die 2-stündige Schattendauer als Grenzwert, wobei in Grenzfällen unter Umständen auch eine längere Schattendauer zu dulden sei. Dabei habe man grundsätzlich nur die Auswirkungen eines konkreten Projektes in Betracht zu ziehen. Wenn man bei der Beurteilung eines Baugesuches regelmässig auch auf die in der Nachbarschaft bestehenden Bauten abstellen müsste, würde der bauwillige Grundeigentümer in seiner Baufreiheit zusätzlich beschränkt. Dies sei nach Ansicht des Regierungsrates weder in der Absicht des Gesetzgebers gewesen noch könne es der Sinn der auf die konkreten Zonenverhältnisse abgestimmten Bauvorschriften sein. Mit dieser Auslegung habe sich der Regierungsrat im Rahmen des ihm zustehenden Beurteilungsspielraumes gehalten. Die Mitberücksichtigung weiterer Hochhäuser in der näheren Umgebung könnte zudem auch nach Meinung des Obergerichtes nicht auf Art. 32 lit. c Bauo abgestützt werden. Öffentlich-rechtliche Beschränkungen des Grundeigentums bedürften der klaren gesetzlichen Grundlage; an einer solchen würde es fehlen. Hochhausprojekte sollten zwar hinsichtlich ihrer Einwirkungen auf Nachbargrundstücke unter Berücksichtigung der umstehenden Bauobjekte überprüft werden können. Dass ein Teil des Baulandes des Beschwerdeführers durch die bestehenden Hochhäuser und das zur Diskussion stehende Projekt tatsächlich mit einer sehr langen Schattenzeit beeinträchtigt werde, die unter Umständen eine Verwendung für die zonengemässe Überbauung mit Wohnhäusern verhindere, könne aber aus rechtlichen Gründen nicht verhindert werden. Ob sich allenfalls eine Umzonung gewisser Parzellen des Beschwerdeführers aufdränge, sei von den zuständigen Rechtsetzungsinstanzen zu prüfen. Das Hochhausprojekt Winzeler erreiche mit seinem Schattenwurf die Zweistundengrenze nur knapp und übersteige sie an wenigen Punkten nur leicht, so dass nicht davon gesprochen werden könne, das Nachbargrundstück des Beschwerdeführers werde durch diese Baute in unzumutbarer Weise beeinträchtigt. |
Der Beschwerdeführer mache schliesslich eine Verletzung von Art. 54 Ziff. 1 und 4 BauG geltend. Mit Bezug auf die Fragen des Lichtentzuges und des Schattenwurfs sei Art. 54 Ziff. 1 durch Art. 32 Bauo verschärft worden. Es könne deshalb auf das zu Art. 32 Bauo Gesagte verwiesen werden. Weitere Quellen für eine Benachteiligung der Umgebung im Sinne von Art. 54 Ziff. 4 mache der Beschwerdeführer nicht geltend und das Verwaltungsgericht, das den Sachverhalt von Amtes wegen abzuklären habe, finde auch keine solchen. |
C.- Gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtes führt Emil Schmid staatsrechtliche Beschwerde mit dem Antrag, es seien der Entscheid des Obergerichtes vom 2. Februar 1973 sowie die ihm vorangegangenen Entscheide des Regierungsrates und des Stadtrates aufzuheben.
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D.- Emil Winzeler beantragt, es sei auf die Beschwerde nicht einzutreten, eventuell sei sie abzuweisen.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: |
3. Die Beschwerdeschrift muss u.a. die wesentlichen Tatsachen und eine kurz gefasste Darlegung darüber enthalten, welche verfassungsmässigen Rechte bzw. welche Rechtssätze und inwiefern sie durch den angefochtenen Erlass oder Entscheid verletzt worden sind (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG). Der Beschwerdeführer erklärt nicht, inwiefern der angefochtene Entscheid die Eigentumsgarantie nach Art. 22ter BV oder den Schutz der Privatrechte gemäss Art. 19 KV verletze. Er behauptet lediglich, Regierungsrat und Verwaltungsgericht hätten die Bestimmungen des BauG und der städtischen Bauo willkürlich angewandt. Auf die Rüge der Verletzung der Eigentumsgarantie und der kantonalen Verfassung ist daher mangels hinreichender Begründung nicht einzutreten (BGE 96 I 36 E. 2 mit Hinweisen, 329). |
Der Beschwerdegegner Winzeler hält dafür, dass auf die ganze Beschwerde nicht einzutreten sei, weil sie der nötigen Sachdarstellung entbehre. Diese ist freilich dürftig. Sie ist aber hinreichend, um die Rechtsfrage, die der Beschwerdeführer dem Bundesgericht mit der Beschwerde unterbreitet, zu entscheiden. Soweit daher eine Verletzung von Art. 4 BV behauptet wird, ist auf die Beschwerde einzutreten.
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Das Baurecht des Kantons Schaffhausen bestimmt in Art. 54 BauG, unter welchen Voraussetzungen über 24 m hohe Bauten erstellt werden dürfen. Für die Beurteilung der Beschwerde fällt nur Ziff. 4 in Betracht, da vor Bundesgericht nicht mehr streitig ist, ob die weitern Bedingungen von Art. 54 erfüllt sind. Danach darf durch das Hochhaus die Umgebung nicht wesentlich benachteiligt werden. Damit ist wohl in erster Linie eine Beeinträchtigung der Umgebung in aesthetischer Beziehung gemeint und insoweit stellt Ziff. 4 eine Ergänzung von Ziff. 1, bezogen auf die unmittelbare Nachbarschaft, dar. Der Gesetzeswortlaut gestattet es aber, auch weitere Beeinträchtigungen als Hinderungsgründe zu betrachten. Regierungsrat und Verwaltungsgericht nehmen an, darunter falle auch die Schädigung der Nachbarliegenschaften durch übermässigen Schattenwurf. Wann eine wesentliche Beeinträchtigung vorliegt, ist eine Rechtsfrage, die durch Auslegung des Gesetzes zu beantworten ist. Sie ist dann gegeben, wenn die zonengemässe Benutzung der anstossenden Grundstücke verunmöglicht wird. Das trifft bei Schattenwürfen zu, durch die eine Überbauung der betroffenen Nachbargrundstücke unzumutbar wird. Bei der Beurteilung, ob der Schattenwurf des projektierten Hochhauses die Grundstücke des Beschwerdeführers im Sinne von Art. 54 Ziff. 4 BauG wesentlich benachteilige, stellte der Regierungsrat auf die vom zürcherischen Amt für Regionalplanung im Jahre 1967 erarbeitete "Anleitung zur Bestimmung des Schattenverlaufes von hohen Gebäuden, Die 2-Stunden-Schattenkurve" ab. Diese Studie kommt zum Schluss, dass ein Hochhaus an einem mittleren Wintertag nicht mehr als zwei Stunden Schatten auf einen bestimmten Punkt werfen sollte. Der Regierungsrat oder das Verwaltungsgericht hätten auch eine andere Methode wählen oder eine eigene entwickeln oder sich für jeden Einzelfall die Entscheidung vorbehalten können, was als wesentliche Beeinträchtigung zu gelten habe. Es ist nicht verfassungswidrig, wenn dem Regierungsrat dabei ein gewisser Beurteilungsspielraum zuerkannt wird, denn, wie das Verwaltungsgericht mit Recht annimmt, ist der Begriff der wesentlichen Beeinträchtigung ein unbestimmter Rechtsbegriff, der zwar einheitlich ausgelegt werden muss, bei dessen Anwendung im Einzelfall aber gelegentlich eine Wahl zwischen verschiedenen Möglichkeiten zu treffen ist, die sich nicht immer bis ins Letzte begründen lässt. Hingegen steht dieser Beurteilungsspielraum nicht offen bei der Ermittlung von Sinn, Umfang und Tragweite der gesetzlichen Vorschrift. Bei der Frage, ob bei einer Baubewilligung gemäss Art. 54 BauG bzw. Art. 32 Bauo nur auf die Schattenwirkungen des zu bewilligenden Bauprojektes abzustellen ist, geht es um den Sinn der gesetzlichen Vorschriften, so dass das Verwaltungsgericht hier dem Regierungsrat zu Unrecht einen Beurteilungsspielraum einräumte. Immerhin hat das Bundesgericht die von den kantonalen Instanzen vorgenommene Auslegung nur auf Willkür hin zu prüfen. |
Entgegen dem Entscheid des Regierungsrates und des Verwaltungsgerichtes sind auch bereits bestehende Bauten zu berücksichtigen. Sie wirken durch ihren Bestand unter Umständen bereits auf das in Frage stehende Nachbargrundstück ein. Ob die Auswirkungen eines neuen Bauvorhabens tragbar sind, ist deshalb nicht isoliert zu prüfen, sondern nur unter Mitberücksichtigung von allenfalls bereits bestehenden Schattenwürfen anderer Bauten auf das gleiche Grundstück. Eine andere Auslegung würde den Schutzzweck von Art. 54 Ziff. 4 BauG offensichtlich verfehlen, die Norm somit klar verletzen und wäre damit willkürlich (BGE 97 I 352, BGE 96 I 627). Mit Recht weist der Beschwerdeführer darauf hin, dass andernfalls je nach den Umständen der angestrebte Schutzzweck überhaupt nicht erreicht werden könnte, indem die Summierung der Schattenwürfe von immer neuen Hochbauten die zonengemässe Überbauung eines Grundstückes verunmöglicht, weil jedes einzelne Hochhaus zwar keinen übermässigen Schatten wirft, wohl aber mehrere miteinander, was für die Grundstücke des Beschwerdeführers zutrifft, wie das Verwaltungsgericht zugesteht. In einem solchen Falle drängt es sich somit auf, neue Bauprojekte im Interesse der Nachbarn zu beschränken. In diesem Sinne trifft z.B. die bernische Bauverordnung vom 26. November 1970 eine klare Ordnung, indem sie in Art. 130 Abs. 3 bestimmt, dass dort, wo topographische Gegebenheiten oder bestehende Bauten die Besonnung einer Liegenschaft bereits erheblich einschränken, die Beschattungstoleranzen, die die Verordnung im übrigen aufstellt, angemessen zu reduzieren sind. |
Das Verwaltungsgericht befürchtet, durch eine solche Gesetzesauslegung werde eine öffentlich-rechtliche Eigentumsbeschränkung geschaffen, für die es an der klaren gesetzlichen Grundlage fehle. Die Besorgnis ist unbegründet. Art. 54 BauG enthält, wenn auch nur in allgemeiner Form, eine genügende Ordnung, weil die Beschränkung der Baufreiheit mit dem Zweck der Bestimmung in Einklang steht und auch das angewandte Mittel als von ihr gewollt erscheint.
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6. Dieses Ergebnis folgt erst recht aus Art. 32 Bauo. Er verschärft Art. 54 BauG insoweit, als Bauten mit mehr als sechs Geschossen, d.h. Hochhäuser, nur in Gesamtüberbauungen und nicht schlechthin zugelassen sind (zum Begriff vgl. ZAUGG, Kommentar zum Baugesetz des Kantons Bern, S. 143, FRIEDRICH/SPÜHLER/KREBS, Bauordnung der Stadt Winterthur, S. 110 ff., kritisch H. EGGER, Einführung in das zürcherische Baurecht, 3. Auflage, S. 114 f.). Eine Gesamtüberbauung besteht nach Art. 32 Bauo aus mehreren aufeinander abgestimmten Wohnbauten. Die Überbauung gilt aber u.a. nur dann als Gesamtüberbauung, wenn die Bauten die Nachbargrundstücke weder durch Schattenwurf noch Lichtentzug in unzumutbarer Weise beeinträchtigen. Mit dem Verbot der Beeinträchtigung schliesst Art. 32 Bauo an Art. 54 BauG an, wobei dieser insofern weiter gefasst ist, als er bereits eine wesentliche Benachteiligung der Umgebung verbietet. |
Die Gesamtüberbauung setzt ausserdem voraus, dass die Bauten auf Grund eines Richtmodells projektiert wurden. Was darunter zu verstehen ist, sagt die Bauordnung nicht. Die Frage kann indes offenbleiben, da vor Bundesgericht nicht streitig ist, dass das Hochhaus "ob de Gruebe" im Rahmen einer Gesamtüberbauung erstellt werden soll. Das zur Beurteilung stehende Projekt für sich allein genommen, kann nicht als Gesamtüberbauung gelten, obschon es mindestens zwei Bauten umfasst, denn es müssten Wohnbauten sein, was nicht zutrifft. Das erforderliche Richtmodell ist offenbar anfangs der sechziger Jahre vom Beschwerdegegner erstellt worden. Damals hatte die Stadt Schaffhausen indessen noch keine Bauordnung und es konnte deshalb auch keine Rede davon sein, die Gesamtüberbauung auf Grund eines Richtmodells zu planen. Nach Inkrafttreten des BauG und der Bauo hat Winzeler kein neues Richtmodell ausgearbeitet. Dass die früher erstellte Überbauungsstudie, die zum Teil schon ausgeführt ist, als Richtmodell im Sinne der Bauo anerkannt wird und damit auch das geplante Hochhaus als Teil der Gesamtüberbauung gelten und als solcher bewilligt werden kann, sofern die übrigen Voraussetzungen nach Bauo erfüllt sind, ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden.
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Auch wenn das Richtmodell, wie schon sein Name andeutet, nur gewisse Richtlinien für die künftige Überbauung festlegt und spätere Abweichungen in Einzelheiten zulässt, weisen doch Wortlaut und Sinn von Art. 32 Bauo eindeutig darauf hin, dass bei einer Gesamtüberbauung die Auswirkungen sämtlicher im Richtmodell enthaltener Bauten zu berücksichtigen sind, wenn diese mit ihrem Schattenwurf ein Grundstück im Sinne von Art. 32 Ziff. 4 unzumutbar beeinträchtigen. Der Sinn der Gesamtüberbauung liegt darin, eine von den Baubedingungen der allgemeinen Bauzonen abweichende Überbauung mit in der Regel stärkerer Ausnutzungsmöglichkeit zu gestatten. Da dabei die Nachbarn den Schutz verlieren, den ihnen die allgemeine Zonenordnung gewährt, ist es folgerichtig, die Gesamtüberbauung nur unter Anwendung besonderer Vorsichtsmassregeln zuzulassen, wie sie Art. 32 Bauo vorsieht. Unerheblich ist, ob die Gesamtüberbauung nach der behördlichen Genehmigung des Richtmodells in einem Zuge oder zeitlich gestaffelt ausgeführt wird, sofern nur das Richtmodell mit Bezug auf jene Eigenschaften verbindlich bleibt, die für die Anerkennung der vorgesehenen Überbauung als Gesamtüberbauung massgebend sind. Wenn der letzte Bau, wie im vorliegenden Fall, in zeitlich erheblichem Abstand erfolgt, muss bei der Prüfung des Projektes darauf geachtet werden, dass dieser Bau zusammen mit den übrigen Bestandteilen des Projektes keine unzumutbare Beeinträchtigung der Nachbargrundstücke nach sich zieht. Daraus folgt, dass die Schattenwürfe aller zur Gesamtüberbauung gehörenden Bauten zusammen auf das Grundstück des Beschwerdeführers zu berücksichtigen sind. Eine andere Auffassung verstösst gegen den Wortlaut und gegen den Sinn der Bestimmung und ist unhaltbar. Die Beschwerde ist daher gutzuheissen, und der angefochtene Entscheid ist aufzuheben. |