e) Nach Meinung des Beschwerdeführers hätten im vorliegenden Fall die sechs vakanten Stellen von Strafgerichtspräsidenten unter dem Gesichtswinkel der Regelung über die stille Wahl als eine einzige Ämtergruppe behandelt werden müssen, womit die Voraussetzungen einer stillen Wahl wegen der Überzahl von Wahlvorschlägen (sieben Kandidaten für sechs Ämter) nicht gegeben gewesen wären. Diese Betrachtungsweise wäre dann zulässig und richtig, wenn es lediglich auf die Funktion des zu vergebenden Amtes ankäme und nicht auch auf den Zeitraum, für den die Wahl erfolgen soll. In bezug auf dieses zeitliche Element waren die zu vergebenden Präsidentenämter nicht identisch. Bei vier Ämtern ging es um eine Wiederwahl für die volle Amtsdauer von sechs Jahren (1986-1991), während die beiden weiteren, durch vorzeitigen Rücktritt freigewordenen Ämter lediglich für den Rest der für sie noch laufenden Amtsdauer (1986-1988) zu besetzen waren. Diesen Unterschied verkennt auch der Beschwerdeführer nicht. Er nimmt jedoch an, der basel-städtische Gesetzgeber habe eine Gleichsetzung von Erneuerungswahlen und Ersatzwahlen gewollt, indem er in § 6 des Gerichtsorganisationsgesetzes für die Verteilung von Richterämtern mit ungleicher Amtsdauer auf gewählte Kandidaten ein besonderes Verfahren vorsehe. Unter der Überschrift "Ersatzwahl" bestimmt § 6 des GOG zunächst, dass bei Ausscheiden eines Richters vor Ablauf der Amtsdauer eine "Ersatzwahl" für den Rest seiner Amtsdauer stattzufinden hat (Abs. 1), wobei Ersatzwahlen für Gerichtspräsidenten und für Statthalter "ohne Verzug" und für ausscheidende Richter wenigstens einmal jährlich erfolgen müssen (Abs. 2). Abs. 4 lautet: "Sind gleichzeitig mehrere Stellen von Präsidenten oder Richtern zu ersetzen, deren Amtsdauer nicht zu gleicher Zeit abläuft, so wird in einer Plenarsitzung des Gerichts durch das Los bestimmt, welche Amtsdauer für jeden der Neugewählten gelte." Diese Bestimmung bezieht sich, worauf schon die erwähnte Überschrift des ganzen Paragraphen hindeutet, ausschliesslich auf Fälle von Ersatzwahlen. Der Einwand des Beschwerdeführers, letztlich sei jede Wahl eine Ersatzwahl, soweit es nicht um die Besetzung eines neugeschaffenen Amtes gehe, und die vom Regierungsrat im Verfahren
BGE 112 Ia 233 (238):
der stillen Wahl vergebenen vier Präsidialämter seien insofern Ersatzwahlen gewesen, als zwei der bisherigen Amtsinhaber nicht mehr kandidiert hätten, überzeugt nicht. Das Gerichtsorganisationsgesetz verwendet den Begriff der Ersatzwahl, wie aus der Umschreibung von § 6 Abs. 1 GOG hervorgeht, durchaus in einem technischen Sinn; es unterscheidet zwischen den allgemeinen, periodischen "Erneuerungswahlen" für eine ganze neue Amtsdauer (§ 2) und den "Ersatzwahlen" für den Rest der laufenden Amtsdauer bei vorzeitigem Austritt eines Gerichtsmitgliedes (§ 6 Abs. 1). Der Randtitel zu § 6 GOG sowie die ersten drei Absätze dieses Paragraphen, welche nur von der Ersatzwahl handeln, sprechen dafür, dass auch der anschliessende Abs. 4 lediglich den Fall der Kumulierung gleichzeitiger Ersatzwahlen für unterschiedlich lange Restperioden regeln will. Auch der Wortlaut von Abs. 4 stützt diese Annahme, indem von zu "ersetzenden" Stellen die Rede ist, deren "Amtsdauer nicht zur gleichen Zeit abläuft", was auf Ersatzwahlen hindeutet. Die dargelegte naheliegende Auslegung ergibt einen vernünftigen Sinn: Sind infolge vorzeitigen Rücktrittes von Richtern, die nicht alle der gleichen sechsjährigen Amtsperiode gemäss § 2 GOG zugehören (und deren Amtsdauer deshalb nicht zur gleichen Zeit abläuft), mehrere Ersatzwahlen vorzunehmen, so können die betreffenden Stellen für das Wahlverfahren als gleichwertig betrachtet und damit zu einer Gruppe zusammengefasst werden, was das Prozedere (insbesondere hinsichtlich der Wahlvorschläge durch die Parteien) vereinfacht; die Zuteilung der unterschiedlich langen Restperioden an die einzelnen Gewählten findet erst nach der Wahl auf dem Weg der Verlosung statt. Es wäre an sich denkbar, dieses Verfahren auch dann anzuwenden, wenn, wie im vorliegenden Fall, Ersatzwahlen und Erneuerungswahlen zeitlich zusammenfallen. Hierin läge allerdings eine Abweichung vom System der sechsjährigen Amtsdauer, wie es in § 2 GOG verankert ist. Zwar müssten nach Auffassung des Beschwerdeführers, da § 6 Abs. 4 GOG von einer Verlosung unter den "Neugewählten" spricht, nur die in einer Erneuerungswahl neu auftretenden Kandidaten und nicht auch die sich zur Wiederwahl stellenden bisherigen Richter dem Verfahren nach § 6 Abs. 4 GOG und damit dem Risiko der Zuteilung einer verkürzten Amtsdauer unterworfen werden. Selbst ein solches Vorgehen stünde jedoch im Widerspruch zu § 2 Abs. 1 Satz 1 GOG, wonach alle Richter, bisherige und neu einzusetzende, anlässlich der Erneuerungswahlen auf die Dauer von sechs Jahren gewählt werden. Das
BGE 112 Ia 233 (239):
vom Beschwerdeführer vorgeschlagene Vorgehen liefe auf eine Privilegierung bisheriger Amtsinhaber hinaus, die in § 2 GOG keine Grundlage findet. Der Beschwerdeführer kann schliesslich auch nicht behaupten, dass die von ihm postulierte Auslegung von § 6 Abs. 4 des Gerichtsorganisationsgesetzes einer bisherigen kantonalen Praxis entspreche. Es besteht damit für das Bundesgericht kein Grund, von der sich an Wortlaut und Systematik des Gesetzes anlehnenden Auslegung, wie sie der Regierungsrat und der Grosse Rat vertreten, abzuweichen. Eine solche Regelung führt zwar insoweit zu einer Einschränkung der Wahlfreiheit des Stimmbürgers, als sie das Zustandekommen stiller Wahlen, wie der vorliegende Fall zeigt, erleichtert. Jeder Stimmbürger hat es jedoch in der Hand, durch Einreichung eines eigenen, zu einer Überzahl von Kandidaten führenden Wahlvorschlages eine Volkswahl zu erzwingen, wenn er mit den von anderer Seite vorgeschlagenen Kandidaten nicht einverstanden ist oder weiteren Kandidaten eine Wahlchance verschaffen will; es ist dazu kein übermässiger Aufwand erforderlich (Sammlung von zehn Unterschriften, Einwilligung eines wählbaren Kandidaten). Wichtig ist, dass in der amtlichen Wahlausschreibung auf die Möglichkeit der stillen Wahl, das Vorschlagsrecht der Stimmbürger und auf die weiteren Regeln über die Durchführung der Wahl in genügender Weise hingewiesen wird (KASPAR LAELY, a.a.O., S. 29). Auch in dieser Hinsicht lässt sich das Vorgehen der basel-städtischen Behörden nicht beanstanden. Die im Kantonsblatt vom 5. Juni 1985 publizierte Wahlanordnung enthielt alle erforderlichen Angaben, und es war daraus ersehbar, dass die Ersatzwahlen für zwei Strafgerichtspräsidien zwar gleichzeitig mit den allgemeinen Erneuerungswahlen für die Gerichte, aber in einem gesonderten Verfahren durchgeführt wurden und mithin auch bezüglich der Wahlvorschläge und einer allfälligen stillen Wahl als gesonderter Vorgang zu behandeln waren. Dementsprechend haben alle politischen Parteien bei ihren Wahlvorschlägen für das Amt eines Strafgerichtspräsidenten zwischen den der Erneuerungswahl und den der Ersatzwahl unterliegenden Stellen differenziert. Es hätte am Beschwerdeführer gelegen, sich rechtzeitig über die geltenden Regeln ins Bild zu setzen, wenn er von den ihm als Stimmbürger in der Vorphase dieser Wahlen zustehenden Rechten Gebrauch machen wollte. Dass der Regierungsrat das im vorliegenden Fall durchgeführte Verfahren im nachhinein selber nicht für befriedigend hält, ändert an der Rechtmässigkeit der angefochtenen Wahlen nichts; der
BGE 112 Ia 233 (240):
Regierungsrat ist nicht der Meinung, dass die Erneuerungs- und Ersatzwahlen für die Strafgerichtspräsidien in der vom Beschwerdeführer verlangten Weise hätten vereinigt werden müssen, sondern er will in Zukunft in derartigen Fällen die Erneuerungs- und Ersatzwahlen auf verschiedene Termine festlegen, um für die Stimmbürger noch klarere Verhältnisse zu schaffen und um Kandidaten, welche bei den Erneuerungswahlen nicht gewählt werden, eine nochmalige Beteiligung an der später anzusetzenden Ersatzwahl zu ermöglichen (vgl. Antwort des Regierungsrates an den Grossen Rat auf die Interpellation Stark vom 24. September 1985). Auf die Einwände, welche der Beschwerdeführer gegen diese angekündigte neue Praxis erhebt, ist hier nicht einzutreten. Die Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildenden Wahlen wurden jedenfalls korrekt durchgeführt.