BGE 105 Ib 84 |
13. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 7. März 1979 i.S. X. AG gegen Kanton Graubünden und Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden (Verwaltungsgerichts- und staatsrechtliche Beschwerde) |
Regeste |
Wehrsteuer, kantonale Ertragssteuer; verdeckte Gewinnausschüttung. |
Sachverhalt |
Die X. AG veräusserte im Jahre 1973 eine ihr gehörende Liegenschaft an ihren Verwaltungsrat Y. zum Preis von Fr. 580'000.-. In der Ertragsrechnung für 1973 wies sie aus diesem Veräusserungsgeschäft einen Gewinn von Fr. 3211.- aus. In der Steuerveranlagung für die Steuerperiode 1975-1976 setzte die kantonale Steuerverwaltung den Verkehrswert der veräusserten Liegenschaft auf Fr. 834'589.- fest und rechnete die Differenz zwischen diesem Wert und dem Verkaufspreis zu dem von der X. AG deklarierten Gewinn hinzu. Die Steuerverwaltung ging davon aus, dass die Veräusserung der Liegenschaft zum Preis von Fr. 580'000.- eine verdeckte Gewinnausschüttung an Y. bedeutet habe. Im Einspracheverfahren, in welchem sich die X. AG auf ein im Jahre 1977 eingeholtes Gutachten berief, das den Verkehrswert der Liegenschaft für den Veräusserungszeitpunkt auf Fr. 613'000.- schätzte, ermässigte die Steuerverwaltung den Verkehrswert auf Fr. 779'125.-. |
Die X. AG erhob Rekurs an das kantonale Verwaltungsgericht mit dem Antrag, sie sei gemäss ihrer Steuererklärung zu veranlagen. Das Verwaltungsgericht wies den Rekurs ab und erhöhte den von der Steuerverwaltung angenommenen Verkehrswert und den steuerbaren Gewinn aus der Veräusserung der Liegenschaft. Zur Begründung führte es aus, im bisherigen Verfahren sei übersehen worden, dass für die veräusserte Liegenschaft eine am 27. November 1972 eröffnete und in der Folge rechtskräftig gewordene amtliche Schätzung bestehe. Eine nachträgliche Anfechtung des Schätzungsergebnisses im Steuerveranlagungsverfahren sei nicht zulässig. Das im Einspracheverfahren eingereichte Gutachten müsse deshalb als verspätet und unbeachtlich gelten. Im vorliegenden Falle sei gemäss der amtlichen Schätzung vom 27. November 1972 davon auszugehen, dass die veräusserte Liegenschaft einen Verkehrswert von Fr. 833'850.- besessen habe. Die Steuerverwaltung habe bei dieser Sachlage zu Recht angenommen, dass mit dem Verkauf der Liegenschaft zum Preis von Fr. 580'000.- eine verdeckte Gewinnausschüttung getätigt worden sei.
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Das Bundesgericht heisst die gegen diesen Entscheid erhobene Verwaltungsgerichts- und staatsrechtliche Beschwerde gut.
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Aus den Erwägungen: |
2. a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung vor, wenn eine Aktiengesellschaft einem Aktionär direkt oder indirekt ohne entsprechende Gegenleistung eine geldwerte Leistung ausgerichtet hat, die unter denselben Umständen einer der Gesellschaft fernstehenden Person nicht oder nicht im gleichen Umfang gewährt worden wäre (ASA 46, S. 451; 43, S. 238 und dort erwähnte Entscheide; vgl. auch BGE 95 I 174). Steht eine verdeckte Gewinnauschüttung durch den Verkauf einer Liegenschaft in Frage, so ist der Verkehrswert des Grundstücks zu ermitteln. Es ist nicht unzulässig, wenn dabei die Grundsätze sinngemäss angewendet werden, die für die Bewertung der Grundstücke im Rahmen der Vermögenssteuer gelten (vgl. ASA 46, S. 115 ff.). Diese Grundsätze und die darauf beruhenden Schätzungswerte können für die Steuer vom Ertrag indes keine direkte Verbindlichkeit beanspruchen. Selbst wenn im Rahmen der Vermögenssteuer bereits eine Grundstücksschätzung vorgenommen worden und in Rechtskraft erwachsen ist, so kann das deshalb nicht bedeuten, dass der Verkehrswert der fraglichen Liegenschaft für die Veranlagung der Ertragssteuer bereits rechtskräftig festgelegt sei. In diesem Rahmen ist eine Korrektur der amtlichen Schätzungswerte durchaus möglich und auch geboten, und zwar sowohl nach unten, wenn sie über dem Verkehrswert des Grundstücks liegen sollten, als auch nach oben, wenn der im Rahmen der Vermögenssteuer ermittelte Wert den Verkehrswert der Liegenschaft nicht erreicht. Das entspricht der Vorschrift von Art. 49 Abs. 1 lit. b WStB, wonach für die Ermittlung des steuerbaren Reinertrages alle vor der Berechnung des Saldos der Gewinn- und Verlustrechnung ausgeschiedenen Teile des Geschäftsergebnisses in Betracht fallen, die nicht zur Deckung geschäftsmässig begründeter Unkosten verwendet werden. Die dargelegte Auffassung drängt sich auch in sachlicher Hinsicht auf. Die Steuerpflichtige, welche die im Rahmen der Vermögenssteuer vorgenommene amtliche Schätzung ihrer Liegenschaft unangefochten lässt, braucht nicht anzunehmen, dass ihr das Ergebnis dieser Schätzung im Rahmen der Ertragssteuer als rechtskräftig entgegengehalten werde. Das gilt nur schon deshalb, weil die amtliche Schätzung einer Liegenschaft in der Regel für eine verhältnismässig lange Zeit unverändert bleibt, während der Verkehrswert grösseren Veränderungen unterliegt und den amtlichen Wert der Liegenschaft je nach den besonderen Umständen über- oder gelegentlich auch unter schreiten kann. Ist letzteres der Fall, so kann von einer verdeckten Gewinnausschüttung offenkundig nicht gesprochen werden, wenn die Liegenschaft zu einem unter dem amtlichen Schätzungswert liegenden Preis veräussert wurde. Trifft hingegen das erstere zu, so wäre unverständlich, wenn die Steuerbehörde im Rahmen der Besteuerung des Ertrags vom Wert der amtlichen Schätzung auszugehen und das Vorliegen einer verdeckten Gewinnausschüttung zu verneinen hätte, selbst wenn die Liegenschaft in Tat und Wahrheit zu einem Preis veräussert wurde, der einem der Gesellschaft fernstehenden Dritten keinesfalls zugestanden worden wäre. |
b) Aus Art. 31 WStB und der Verfügung des Eidg. Finanz- und Zolldepartementes betreffend die Bewertung der Grundstücke vom 14. Oktober 1958 ergibt sich nichts anderes. Art. 31 WStB betrifft die Besteuerung des Vermögens und setzt in Abs. 1 fest, dass der Wert der Grundstücke unter billiger Berücksichtigung des Verkehrswertes und des Ertragswertes berechnet wird. Art. 31 Abs. 5 WStB ermächtigt das Eidg. Finanz- und Zolldepartement, für die Bewertung der Liegenschaften besondere Bestimmungen zu erlassen. Gemäss Art. 9 Abs. 1 der genannten Verfügung können in den Kantonen, in denen nach einheitlichen Grundsätzen durchgeführte Liegenschaftsschätzungen vorhanden sind, die Grundstücke auf der Grundlage dieser Schätzungen bewertet werden. Das ist hinsichtlich des Kantons Graubünden der Fall. Art. 31 WStB betrifft indes allein die Besteuerung des Vermögens. Aus dieser Bestimmung und aus Art. 9 der Verfügung des Eidg. Finanz- und Zolldepartements lässt sich nicht ableiten, dass der im Rahmen der Vermögenssteuer festgelegte Grundstückswert auch für die Besteuerung des Ertrages gelten solle.
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c) Bei dieser Sachlage hat die Vorinstanz Bundesrecht verletzt, indem sie sich durch das Ergebnis der amtlichen Grundstücksschätzung gebunden erachtete. Der angefochtene Entscheid ist deshalb aufzuheben, soweit er die Wehrsteuer-Veranlagung betrifft, und die Sache ist zu neuer Entscheidung an das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden zurückzuweisen.
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