107 Ib 309
Urteilskopf
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56. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 11. September 1981 i.S. X. AG gegen Steuerrekurskommission des Kantons Glarus (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste
Art. 59 WStB; Holdingabzug.
Die Beteiligung an einer liechtensteinischen Anstalt mit ungeteiltem Kapital kann nicht als Beteiligung anerkannt werden, für deren Erträge der Holdingabzug nach Art. 59 WStB gewährt wird.
Die X. AG mit Sitz in Glarus ist seit dem Jahre 1971 zu 100% an der Y.-Establishment, einer Anstalt des liechtensteinischen Rechtes mit Sitz in Vaduz, beteiligt. Bei der Veranlagung für die 18. Wehrsteuerperiode lehnte es die Wehrsteuerverwaltung des Kantons Glarus ab, der X. AG für die Ausschüttungen der Y.-Establishment den Abzug im Sinne von Art. 59 WStB (Holdingabzug) zu gewähren. Nach Abweisung einer Beschwerde der X. AG gegen diese Veranlagung durch die Steuerrekurskommission des Kantons Glarus führt die X. AG Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, unter anderem aus folgenden
Erwägungen:
2. a) Nach Art. 59 Abs. 1 WStB ermässigt sich der auf dem Reinertrag geschuldete Steuerbetrag für Aktiengesellschaften, Kommanditaktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung, die bei Beginn der Steuerpflicht mit mindestens 20 Prozent am Grund- oder Stammkapital anderer Gesellschaften oder Genossenschaften beteiligt sind, im Verhältnis des Ertrags dieser Beteiligung zum gesamten Rohertrag (Holdingabzug). Der Holdingabzug beruht auf der Überlegung, dass der aus dem Beteiligungskapital erzielte Gewinn bereits durch die Tochtergesellschaft versteuert wurde, weshalb eine Besteuerung der Muttergesellschaft und ihrer Aktionäre zu einer dreifachen steuerlichen Belastung desselben wirtschaftlichen Substrates führen könnte (BGE 104 Ib 336 E. 1b mit Hinweisen; vgl. auch Urteil des Bundesgerichtes vom 19. September 1975, in: ASA Bd. 44 S. 487 E. 2). Als Ertrag einer Beteiligung im Sinne dieser Bestimmung kann nicht jede Leistung einer Tochtergesellschaft an ihre Muttergesellschaft betrachtet werden (BGE 104 Ib 336 E. b). Nach Art. 59 WStB wird vielmehr die Steuerermässigung nur für den Ertrag aus Beteiligungen am Grund- oder Stammkapital anderer
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Gesellschaften oder Genossenschaften gewährt. Damit wird der Holdingabzug nach Art. 59 WStB für die Erträge aus Beteiligungen am Kapital sämtlicher inländischer Kapitalgesellschaften (Aktiengesellschaft, Kommanditaktiengesellschaft, Gesellschaft mit beschränkter Haftung) und Genossenschaften gewährt, welche die Wehrsteuer vom Reinertrag zu entrichten haben (Art. 48/57, 50/61 WStB). Die übrigen juristischen Personen des schweizerischen Rechts unterliegen nicht der Reinertragssteuer (sondern allenfalls einer Einkommenssteuer, vgl. Art. 51 WStB); die Gewinne der Handelsgesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit werden anteilsmässig dem Einkommen der Gesellschafter zugerechnet und bei diesen besteuert (Art. 18 Abs. 2 WStB).b) In dieses geschlossene System der Besteuerung der inländischen juristischen Personen und Gesellschaften durch die Wehrsteuer lassen sich ausländische Gesellschaften und insbesondere andere ausländische juristische Personen nicht ohne weiteres einfügen. Dies kann entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht dazu führen, dass die Voraussetzungen der Steuerermässigung nach Art. 59 WStB für Beteiligungen an einer ausländischen Gesellschaft schon dann als erfüllt zu betrachten wären, wenn diese ein Grund- oder Stammkapital aufweist. Art. 59 WStB regelt vielmehr den Holdingabzug für Beteiligungen an ausländischen Gesellschaften nicht ausdrücklich.
In der Literatur wird teilweise die Ansicht vertreten, dass die Beteiligungen an einer ausländischen juristischen Person der Beteiligung an einer inländischen Gesellschaft oder Genossenschaft nur gleichgestellt werden könne, wenn der Ertrag dieser Beteiligung ohne das Holdingprivileg dreifacher Besteuerung unterworfen wäre (vgl. W. EGGER, Die Besteuerung der Holdinggesellschaft unter besonderer Berücksichtigung des Steuerrechtes des Kantons Zürich und des Bundes, Diss. Zürich 1976, S. 81 insbesondere für das zürcherische Recht). Dieses gesetzgeberische Motiv für die Gewährung des Holdingabzuges gemäss Art. 59 WStB hat allerdings im Wortlaut dieser Bestimmung keinen Ausdruck gefunden. Es lässt sich auch nicht immer abschliessend aufgrund der Besteuerung des Ertrages der ausländischen Tochtergesellschaft feststellen, ob tatsächlich eine mehrfache steuerliche Belastung desselben wirtschaftlichen Substrates im Gesellschaftsverhältnis vorliegt (insbesondere wenn der Zweck der Tochtergesellschaft wie hier wiederum in der Beteiligung an anderen Gesellschaften besteht). Die mehrfache steuerliche Belastung des Ertrags im Gesellschaftsverhältnis
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braucht im übrigen bei Beteiligungen an ausländischen Gesellschaften nicht notwendigerweise zu einer gesamten Steuerbelastung zu führen, deren Höhe der Belastung durch die Wehrsteuer bei inländischen Gesellschaftsverhältnissen entspricht. Wie es sich damit verhält, kann indessen offen bleiben, wenn sich erweisen sollte, dass im vorliegenden Fall schon aus einem anderen Grunde keine Beteiligung am Grund- oder Stammkapital einer "Gesellschaft oder Genossenschaft" im Sinne von Art. 59 WStB vorliegt.c) Für Gegenstand und Bemessungsgrundlage der Wehrsteuer werden juristische Personen des ausländischen Rechtes nach Art. 52 Abs. 1 WStB grundsätzlich denjenigen inländischen Steuerpflichtigen gleichgestellt, mit denen sie nach ihrer rechtlichen Natur und tatsächlichen Gestalt die meiste Ähnlichkeit haben. Diese Bestimmung grenzt zwar den Anwendungsbereich verschiedener Systeme der Besteuerung gegeneinander ab, während nach Art. 59 WStB die Gesellschaftsform Voraussetzung einer Steuerermässigung ist (Art. 52 Abs. 1 WStB). Sie kann indessen auch für die Auslegung von Art. 59 WStB herangezogen werden (vgl. KÄNZIG, Wehrsteuer, Basel 1962, N. 4 zu Art. 59, S. 441; MASSHARDT, Besteuerung der Holding- und Beteiligungsgesellschaften in der Schweiz, in: ASA Bd. 36, S. 364, vgl. auch OESCH, Die Holdingbesteuerung in der Schweiz, Diss. Zürich 1976, S. 257 Ziff. 212). Beteiligungen am Stamm- oder Grundkapital ausländischer juristischer Personen können somit den Beteiligungen an inländischen Kapitalgesellschaften oder Genossenschaften gleichgestellt werden, wenn die ausländische juristische Person nach ihrer rechtlichen Natur und ihrer tatsächlichen Ausgestaltung einer der in Art. 48 WStB aufgeführten Kapitalgesellschaften oder der Genossenschaft des schweizerischen Rechtes vergleichbar ist. Damit eine ausländische juristische Person einer dieser inländischen Gesellschaften oder der Genossenschaft vergleichbar ist, muss sie aber jedenfalls neben den spezifischen Merkmalen dieser juristischen Personen deren gemeinsame Merkmale aufweisen; sie muss somit, abgesehen von der juristischen Persönlichkeit, mindestens eine selbständige Organisation mit korporativer Willensbildung haben, welche die dauernde Verfolgung eines regelmässig wirtschaftlichen Zweckes unabhängig von der Person der Gesellschafter gewährleistet.
3. a) Die Anstalt des liechtensteinischen Rechtes ist nach Art. 534 Abs. 1 des Personen- und Gesellschaftsrechtes vom
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20. Januar 1926 (PGR, publiziert in: Liechtensteinisches Landesgesetzblatt, LGBl., 1926 Nr. 4) ein rechtlich verselbständigtes und organisiertes, dauernden wirtschaftlichen oder anderen Zwecken gewidmetes, im Öffentlichkeitsregister (Handelsregister des Fürstentums Liechtenstein) eingetragenes Unternehmen, das einen Bestand von sachlichen, allenfalls persönlichen Mitteln aufweist. Nach den allgemeinen Bestimmungen für die Verbandsperson (juristische Person) des PGR muss sie ein bestimmtes Mindestkapital aufweisen. Dieses beträgt Fr. 50'000.--, sofern das Kapital in Anteile zerlegt ist; sofern das Kapital nicht in Anteile zerlegt ist, betrug das Mindestkapital bis 1974 Fr. 20'000.--, heute Fr. 30'000.-- (Art. 122 Abs. 1 PRG in der Fassung vom 11. Juli 1974, LGBl. 1974 Nr. 51; in der Fassung vom 4. Juni 1963, LGBl. 1963 Nr. 17). Organisatorisch muss mindestens eine Verwaltung vorhanden sein, von der ein zeichnungsberechtigtes Mitglied im Fürstentum Liechtenstein wohnt (Art. 180, 180a PGR).b) Die Anstalt steht nach ihrer Konzeption einer privatrechtlichen Stiftung näher als einer privatrechtlichen Körperschaft (vgl. Art. 106 PRG). Sie wird zusammen mit der Stiftung im Fünften Titel des PRG geregelt, während die Körperschaften den Vierten Titel dieses Gesetzes bilden. Die weitgehend dispositiven gesetzlichen Vorschriften überlassen indessen die tatsächliche Ausgestaltung zur Hauptsache den Statuten (vgl. Art. 536 PGR). Die Anstalt kann deshalb als rechtlich verselbständigtes Vermögen ohne Destinatäre und ohne Mitglieder entsprechend einer Anstalt organisiert sein, wie sie das schweizerische öffentliche Recht kennt; sie kann aber auch einer körperschaftlichen Kapitalgesellschaft (Art. 540 PGR) nahekommen (vgl. Art. 551 PGR). Darüber bestimmen allein die Gründer, bei denen es sich um eine Mehrzahl von Personen, aber auch um eine Einzelperson handeln kann (Art. 535 PGR). Der Gründer kann Treuhänder sein, und die Gründerrechte sind übertragbar (vgl. O. MEIER, Die Liechtensteinische Privatrechtliche Anstalt, Diss. Zürich 1970, S. 100 ff.). Der Inhaber der Gründerrechte kann jederzeit die Statuten und den Zweck der Anstalt abändern (Art. 549 PGR). Ein Vergleich einer Anstalt des liechtensteinischen Rechtes mit einer Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft des schweizerischen Rechtes ist unter diesen Umständen überhaupt nur möglich, wenn die Statuten und allfällige ergänzende interne Beschlüsse der Anstalt bekannt sind, welche deren tatsächliche Ausgestaltung zeigen.
c) Die typische - und wohl auch gebräuchlichste - Form der
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Anstalt ist diejenige mit ungeteiltem Anstaltskapital (vgl. Art. 541 PGR; MEIER, a.a.O., S. 70, 128; B. GÜGGI, Die Anstalt als Unternehmungsform im liechtensteinischen Recht, in: SAG 1949/50, Bd. 22 S. 80). Sie bietet gegenüber der Anstalt mit geteiltem Kapital nicht nur Steuervorteile (vgl. Art. 88d des liechtensteinischen Steuergesetzes in der Fassung vom 29. Dezember 1966, LGBl. 1966 Nr. 31). Sie erlaubt dem Inhaber der Gründerrechte auch, weitgehend anonym zu bleiben. Vor allem aber bietet sie ihm weitestgehende Freiheit in der innern Organisation der Anstalt. Da sie namentlich als Sitzgesellschaft von Bedeutung ist (vgl. MEIER, a.a.O., S. 130f), die keinerlei Tätigkeit im Fürstentum Liechtenstein zu entfalten braucht, und dem beherrschenden Inhaber auf bequemste Weise die rechtliche Verselbständigung von Vermögensteilen und Geschäftsvorgängen erlaubt, wurde in der neueren Praxis des Bundesgerichtes wiederholt sogar die Frage aufgeworfen, ob eine solche Anstalt überhaupt als juristische Persönlichkeit anerkannt werden könne (BGE 106 Ib 148 E. 2b; 105 Ib 361 E. 7a). Auch wenn hier die juristische Persönlichkeit der liechtensteinischen Anstalt grundsätzlich nicht in Frage gestellt wird, so ist dies doch für deren Vergleichbarkeit mit den schweizerischen Kapitalgesellschaften und Genossenschaften im Sinne von Art. 59 WStB von entscheidender Bedeutung. Dient die Anstalt nämlich dem Gründer zur rechtlichen Verselbständigung blosser Vermögensbestandteile oder Geschäftsvorgänge, so kann sie einer der Kapitalgesellschaften oder der Genossenschaft des schweizerischen Rechtes schon deshalb nicht gleichgestellt werden, weil ihr das wesentliche Merkmal korporativer Willensbildung fehlt, das die Verfolgung eines Zweckes unabhängig vom Willen des Gründers bzw. seines Rechtsnachfolgers gewährleisten würde. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin kann die Anstalt in diesem Falle auch nicht einer sog. Einmann-Aktiengesellschaft gleichgestellt werden. Auch wenn im schweizerischen Recht die Vereinigung sämtlicher Aktien in einer Hand im Anschluss an die Gründung einer Aktiengesellschaft toleriert wird (vgl. Patry, Précis de droit Suisse des sociétés, Bd. II Bern 1977, S. 38), so gelten doch auch für eine solche Gesellschaft weiterhin die gesetzlichen Vorschriften, welche die erforderlichen Organe und deren Bestellung ordnen und eine Änderung des Zweckes und der Organisation der Gesellschaft erschweren und jedenfalls erkennbar machen. Für die Freiheit in der innern Organisation der Anstalt und für deren Abhängigkeit vom Gründer ist aber der Umstand bedeutsam, ob BGE 107 Ib 309 S. 315
das Anstaltskapital in Anteile zerlegt ist oder nicht. Zwar brauchen die Inhaber von Anteilsrechten bei einer Zerlegung des Kapitals in Anteile nicht notwendigerweise Mitgliederrechte zu haben (Art. 540 f. PGR). Die in den Statuten der Anstalt regelmässig vorbehaltene überragende Stellung des Inhabers der Gründerrechte, der als Organ der Anstalt allein über ihren Bestand, allfällige Änderungen ihrer Organisation und ihres Zweckes, die Verwendung ihres Gewinnes usw., entscheidet, ist indessen typischerweise mit der Anstalt verbunden, deren Kapital nicht in Anteile zerlegt ist (vgl. Meier, a.a.O., S. 79 f., 93 ff.).Auf diesen äusseren, aus dem Handelsregister des Fürstentums Liechtenstein ersichtlichen Umstand ist beim Vergleich einer liechtensteinischen Anstalt mit den in Art. 48 WStB genannten Kapitalgesellschaften für die Gewährung des Holdingabzuges abzustellen. Die Beteiligung an einer liechtensteinischen Anstalt mit ungeteiltem Kapital kann dabei wegen deren Abhängigkeit vom Gründer bzw. von dessen Rechtsnachfolger nicht als Beteiligung anerkannt werden, für deren Erträge der Holdingabzug nach Art. 59 WStB gewährt wird. Bei einer Anstalt mit in Anteilen zerlegtem Kapital wäre dagegen im Einzelfall zu prüfen, ob sie nach den Statuten und allfälligen internen Beschlüssen einer der in Art. 48 WStB genannten Kapitalgesellschaften des schweizerischen Rechtes vergleichbar ist.