Urteilskopf
116 Ib 193
27. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 4. Mai 1990 i.S. Z. und Konsorten gegen Schweizerische Eidgenossenschaft (verwaltungsrechtliche Klage)
Regeste
Ansprüche aus Verantwortlichkeit (
Art. 3 Abs. 1 VG).
1. Stellung der Eidgenössischen Bankenkommission im Hinblick auf die Haftung nach Verantwortlichkeitsgesetz (E. 1a).
2. Begriff der Widerrechtlichkeit i.S. des Art. 3 Abs. 1 VG (E. 2a, 2b). Aufsichtsrechtliche Massnahmen, Beurteilungs- und Ermessensspielraum der Eidgenössischen Bankenkommission in der Unterstellungsfrage (E. 2c, 2d).
3. Aufsichtspflicht gegenüber Unternehmungen, die dem Bankengesetz nicht unterstellt sind (E. 3).
4. Prüfung der Rechtmässigkeit der im konkreten Fall angeordneten Massnahmen, insbesondere des schrittweisen Vorgehens der Eidgenössischen Bankenkommission (E. 4).
Verschiedene Kläger erheben gegenüber der Schweizerischen Eidgenossenschaft Ansprüche aus Art. 3 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 14. März 1958 über die Verantwortlichkeit des Bundes sowie seiner Behördemitglieder und Beamten (Verantwortlichkeitsgesetz, VG; SR 170.32). Zur Begründung machen sie geltend, die Bankenkommission sei zu spät gegen die X. AG eingeschritten und habe insbesondere nicht rechtzeitig etwas vorgekehrt, um die Interessen der Gläubiger zu schützen, als sie von der widerrechtlichen Tätigkeit der X. AG vernommen habe. Die Bankenkommission habe überhaupt von Anfang an wissen können, dass die X. AG bankähnliche Geschäfte tätige; dennoch habe sie in rechtswidriger Weise mit der Auflösung der X. AG gezögert.
Das Bundesgericht weist die Klage ab, weil das Verhalten der Eidgenössischen Bankenkommission (bzw. ihrer Organe) im Verfahren gegen die X. AG nicht rechtswidrig war, die Haftungsvoraussetzungen nach Art. 3 VG somit nicht erfüllt sind.
Aus den Erwägungen:
1. a) Der Bund haftet für den Schaden, den ein Beamter in Ausübung seiner amtlichen Tätigkeit Dritten widerrechtlich zufügt (
Art. 3 Abs. 1 VG). Wird ein solcher Schaden durch ein Organ oder einen Angestellten einer mit öffentlichrechtlichen Aufgaben des Bundes betrauten und ausserhalb der ordentlichen Bundesverwaltung stehenden Organisation (in Ausübung der mit diesen Aufgaben verbundenen Tätigkeit) zugefügt, haftet dem Dritten die Organisation; soweit diese die geschuldete Entschädigung nicht zu leisten vermag, haftet der Bund für den ungedeckten Betrag (
Art. 19 Abs. 1 lit. a VG).
Das Bundesgericht vertrat in
BGE 106 Ib 361 (unter Hinweis auf
BGE 93 I 85 E. 1) die Auffassung, die Eidgenössische Bankenkommission sei eine Behörde des Bundes, die ausserhalb der eidgenössischen Gerichte und der Bundesverwaltung stehe, und nahm folglich eine Haftung nach
Art. 19 VG an. Dies geschah allerdings in einem obiter dictum und war schliesslich nicht
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entscheidwesentlich. In den vorliegenden Verfahren stellt sich jedoch die Frage nach der Haftungsgrundlage direkt, weshalb vorerst die Stellung der Bankenkommission zu prüfen ist.
Art. 11 Ziff. 10 der Bundesratsverordnung vom 9. Mai 1979 über die Aufgaben der Departemente, Gruppen und Ämter (SR 172.010.15) führt die Eidgenössische Bankenkommission unter dem Finanzdepartement an; damit ist sie administrativ diesem Departement zugeordnet. Obwohl der Bankenkommission durch Art. 23 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Banken und Sparkassen vom 8. November 1934 (Bankengesetz, BankG; SR 952.0) die Aufsicht über das Bankenwesen und die Anlagefonds zur selbständigen Erledigung übertragen ist, wird sie dadurch nicht zu einer ausserhalb der Bundesverwaltung stehenden Organisation. Insbesondere fehlt ihr die finanzielle Autonomie, die für eine Haftung nach Art. 19 Abs. 1 lit. a VG vorhanden sein müsste. Der im vorliegenden Fall umstrittene Anspruch richtet sich deshalb gegen den Bund selber, und Art. 19 VG ist nicht anwendbar.
2. Die Bankenkommission beziehungsweise die Beamten ihres Sekretariates handelten gegenüber der X. AG in Ausübung ihrer amtlichen Tätigkeit. Die Haftung des Bundes nach Verantwortlichkeitsgesetz setzt unter anderem voraus, dass ihr Tun oder Unterlassen widerrechtlich war (
Art. 3 VG).
a) Widerrechtlich in diesem Sinne ist die Schadenszufügung dann, wenn die amtliche Tätigkeit des Beamten gegen Gebote oder Verbote der Rechtsordnung verstösst, die dem Schutze des verletzten Rechtsgutes dienen. Ein solcher Verstoss kann unter Umständen in der Überschreitung oder im Missbrauch des dem Beamten durch Gesetz eingeräumten Ermessens liegen. Die Rechtsprechung hat auch die Verletzung von allgemeinen Rechtsgrundsätzen als widerrechtlich bezeichnet (
BGE 107 Ib 163 f. E. 3a, mit Hinweisen).
Die Widerrechtlichkeit im Sinne des
Art. 3 Abs. 1 VG setzt die Verletzung eines von der Rechtsordnung geschützten Gutes, eines Rechtsgutes, voraus. Das Vermögen als solches ist kein Rechtsgut, seine Schädigung für sich allein somit nicht widerrechtlich. Vermögensschädigungen ohne Rechtsgutverletzung sind daher an und für sich nicht rechtswidrig; sie sind es nur, wenn sie auf ein Verhalten zurückgehen, das von der Rechtsordnung als solches, das heisst unabhängig von seiner Wirkung auf das Vermögen, verpönt wird (OFTINGER/STARK, Schweizerisches Haftpflichtrecht, Band II/1, 4. Aufl., S. 17 (Rz. 43) und S. 33 (Rz. 94, 95)). Vorausgesetzt wird,
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dass die verletzten Verhaltensnormen zum Schutz vor diesen Schädigungen dienen (vgl. OFTINGER/STARK, a.a.O., S. 35 (Rz. 101)).
b) Der Zweck des Bankengesetzes liegt unter anderem im Schutz der Bankgläubiger; dieser steht im Vordergrund (Botschaft des Bundesrates vom 13. Mai 1980; BBl 1970 I 1145; vgl. auch die Botschaft des Bundesrates vom 2. Februar 1934 betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes über die Banken und Sparkassen, BBl 1934 I 175;
BGE 106 Ib 363, mit Hinweisen, unter anderem auf
BGE 99 Ib 110 : "Das Bankengesetz bezweckt vorab den Schutz des Publikums, insbesondere der Gläubiger der Banken", bestätigt in
BGE 108 Ib 418). Dieser Schutz, den das Bankengesetz zum Zweck hat, genügt - für sich allein genommen - nicht, um eine Haftung des Bundes für den als Gläubiger einer Bank erlittenen Vermögensschaden zu begründen. Für die Widerrechtlichkeit ist vielmehr vorausgesetzt, dass das von den Klägern beanstandete Verhalten der Organe der Bankenkommission gegen Vorschriften verstösst, die diesen Schutz konkretisieren. Zu berücksichtigen sind dabei einerseits das Verhalten der Bankenkommission als Aufsichtsorgan (unten lit. c), denn die Staatshaftung nach Verantwortlichkeitsgesetz kann zum vornherein nur für eine "amtliche Tätigkeit" Platz greifen, anderseits der Beurteilungs- und Ermessensspielraum, welcher der Bankenkommission in der Wahrnehmung ihrer Aufsichtspflicht nach Gesetz und Rechtsprechung zusteht (unten lit. d), denn widerrechtlich im Sinne von
Art. 3 VG sind zum vornherein nur eigentliche Ermessensfehler (Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens).
c) Der Bankenkommission ist die Aufsicht über das Bankwesen und die Anlagefonds zur selbständigen Erledigung übertragen (
Art. 23 Abs. 1 BankG). Sie trifft die zum Vollzug des Gesetzes notwendigen Verfügungen und überwacht die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften (
Art. 23bis Abs. 1 BankG). Dafür stellt ihr das Gesetz ein umfangreiches Instrumentarium zur Verfügung, von dem im Hinblick auf die vorliegenden Klagen die folgenden Massnahmen relevant sind: Die Bankenkommission kann nach
Art. 23bis Abs. 2 BankG von den Banken und den Revisionsstellen "alle Auskünfte und Unterlagen verlangen, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgabe benötigt...". Erhält die Bankenkommission von Verletzungen des Gesetzes oder von sonstigen Missständen Kenntnis, so erlässt sie die zur Herstellung des ordnungsgemässen Zustandes und zur Beseitigung der Missstände notwendigen Verfügungen (
Art. 23ter Abs. 1 BankG). Wenn die Forderungen der
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Gläubiger durch schwerwiegende Missstände als ernstlich gefährdet erscheinen, kann die Bankenkommission in eine Bank einen Sachverständigen abordnen (
Art. 23quater Abs. 1 BankG). Der Bank, welche die Voraussetzungen der Bewilligung nicht mehr erfüllt oder ihre gesetzlichen Pflichten grob verletzt, entzieht die Bankenkommission die Bewilligung zur Gesellschaftstätigkeit (
Art. 23quinquies Abs. 1 BankG).
d) Ob die Voraussetzungen für ein Einschreiten der Bankenkommission gegen ein ihr unterstelltes Bankinstitut gegeben sind, ist eine Rechtsfrage, die das Bundesgericht an sich frei überprüft. Indes gesteht es der Aufsichtsbehörde einen gewissen Beurteilungsspielraum bei der Prüfung des Einzelfalls zu (
BGE 108 Ib 275 E. c, mit Hinweis).
Welche konkreten Massnahmen bei Bejahung der Pflicht für ein Einschreiten der Kommission im Einzelfall angezeigt sind, stellt eine Ermessensfrage dar. Ausser im Fall des Bewilligungsentzuges nach
Art. 23quinquies BankG, wo dieser bei gegebenen Voraussetzungen zwingend zu erfolgen hat, kommt der Bankenkommission als fachkundiger Behörde bei der Massnahmeauswahl ein weiter Spielraum des Ermessens zu (
BGE 108 Ib 275 E. d, mit Hinweisen). Bei der Betätigung ihres Ermessens ist die Bankenkommission an die allgemeinen Grundsätze verwaltungsmässigen Handelns gebunden. Es sind dies: das Verbot der Willkür und der rechtsungleichen Behandlung, das Gebot von Treu und Glauben und der Grundsatz der Verhältnismässigkeit. Bei der Auswahl der Massnahme ist stets vom Hauptzweck der Bankengesetzgebung, dem Gläubigerschutz, auszugehen (
BGE 108 Ib 275 f. E. d).
Auch wo die Bankenkommission zu prüfen hat, ob eine Gesellschaft ohne ihre Bewilligung in dem ihrer Aufsicht unterstellten Bereich tätig ist, d.h. ob ein aufsichtsrechtliches Einschreiten gegen eine solche Gesellschaft geboten ist, steht ihr dieser Spielraum in der Beurteilung zu. Selbst wo eine nachträgliche Bewilligung verweigert werden muss, weil unter den gleichen Voraussetzungen einer Bank die Bewilligung nach
Art. 23quinquies BankG zwingend zu entziehen wäre (BODMER/KLEINER/LUTZ, Kommentar zum schweizerischen Bankengesetz, Zürich 1986, N 2 zu
Art. 23quinquies BankG), ist der Bankenkommission ein gewisser Beurteilungsspielraum bei der Prüfung der Voraussetzungen und ein weitgehendes Ermessen beim Entscheid über den genauen Zeitpunkt eingeräumt (vgl.
BGE 98 Ib 272 E. 4). Unter diesen Vorzeichen ist das von den Klägern gerügte Verhalten der
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Bankenkommission im Fall der X. AG auf seine Widerrechtlichkeit hin zu prüfen (unten E. 4).
3. Banken und diesen nach
Art. 1 Abs. 2 BankG gleichgestellte Unternehmungen bedürfen zur Aufnahme der Geschäftstätigkeit einer Bewilligung der Bankenkommission (
Art. 3 Abs. 1 BankG; BODMER/KLEINER/LUTZ, a.a.O., N 1 zu
Art. 3-3ter BankG). Die X. AG hatte für ihre Tätigkeit keine Bewilligung eingeholt, war dem Bankengesetz also nicht formell unterstellt. Es fragt sich vorerst, ob und inwiefern dieser Umstand für die Aufsichtspflicht der Bankenkommission, Voraussetzung für die Haftung des Bundes, erheblich ist.
Es ist davon auszugehen, dass die Bankenkommission allgemein über die "Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften" zu wachen hat, dass folglich die ihr übertragene "Aufsicht über das Bankwesen" nicht auf Banken und diesen gleichgestellte Unternehmungen beschränkt ist. Soweit ihre grundsätzliche Aufsichtspflicht reicht, hat die Bankenkommission die Befugnis und die Pflicht, die Mittel zur Durchsetzung der Aufsicht auch gegenüber nicht unterstellten Instituten einzusetzen. So übte die Bankenkommission im Fall der X. AG die Aufsicht dadurch aus, dass sie unter anderem deren Auflösung und Liquidation (in Anwendung von Art. 23quinquies BankG) verfügte.
Nicht für den Grundsatz der Aufsichtspflicht, wohl aber für deren Inhalt und Intensität macht es - im Hinblick auf die Staatshaftung nach Art. 3 VG - einen relevanten Unterschied, ob eine Unternehmung dem Bankengesetz unterstellt ist oder nicht. Die Aufsicht dient - entsprechend dem vordergründigen Gesetzeszweck - unter anderem vorab dem Schutz der Bankgläubiger. Sie betrifft daher in erster Linie die dem Gesetz unterstellten Unternehmungen. Im nicht unterstellten Bereich geht die Aufsicht weniger weit, schon deshalb, weil von den umfassenden Schutzvorschriften des Bankengesetzes nur einige Singulärbestimmungen auf nicht unterstellte Institute anwendbar sind. Da die Bankenkommission über die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften zu wachen hat, modifiziert und begrenzt der Anwendungsbereich des Bankengesetzes gleichzeitig die so umschriebene Aufsichtspflicht. Die X. AG trat nach aussen als ein dem Bankengesetz nicht unterstelltes Institut auf; sie unterlag demzufolge der für diesen Bereich geltenden beschränkten Aufsichtspflicht.
4. a) Nachdem die Bankenkommission von der Schweizerischen Bankiervereinigung im September 1983 erfahren hatte,
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Gerüchten zufolge scheine es, dass sich die X. AG öffentlich zur Annahme von Geldern empfehle, verlangte sie von der Gesellschaft am 3. November 1983 nähere Auskunft über ihre Tätigkeit. Die X. AG antwortete am 17. November 1983.
aa) Die Kläger halten dafür, anhand der von der Schweizerischen Bankiervereinigung zur Verfügung gestellten Unterlagen habe die Bankenkommission feststellen können, dass es wohl nicht um eine blosse Vermögensverwaltung separat verwalteter Kundengelder ging. Dies sei durch die von der X. AG überlassenen Rundschreiben (Bündelung verschiedener Einlagen, Anpreisung der Tätigkeit am deutschen Markt) und den Prospekt (Hinweis auf Gewinnbeteiligung und einmalige Anlagegebühr) bestätigt worden und habe aufgrund der Bilanzen, namentlich jener per 31. Dezember 1982, zur Gewissheit werden müssen...
bb) In ihrer Anzeige vom 12. September 1983 äusserte die Schweizerische Bankiervereinigug den Verdacht, die X. AG sei eine Gesellschaft, die bankähnlichen Geschäften nachgehe; von einer unseriösen Geschäftstätigkeit oder von Vermögensdelikten war darin nicht die Rede. Die Bankenkommission, die eine Untersuchung über die Unterstellungspflicht eröffnete, hatte somit zunächst keinen Anlass, die X. AG eines Delikts zu verdächtigen oder weitergehende Aufsichtsmassnahmen anzuordnen.
Aus den Unterlagen geht weiter hervor, dass die X. AG sich für die treuhänderische Vermögensverwaltung offerierte. So hatte der Kunde einen "Vermögensverwaltungsauftrag und Kontoeröffnungsvollmacht" beziehungsweise einen "Treuhandauftrag betreffend Konto Nr. ..." zu unterzeichnen. Auch der Prospekt deutete auf ein Treuhandverhältnis. Darin, dass die Bankenkommission aufgrund dieser Unterlagen noch nicht eingriff, ist kein rechtswidriges Verhalten zu sehen. Weil, wie die Bankenkommission ausführt, damals präzise und verbindliche Vorschriften für die Verbuchung treuhänderisch gehaltener Vermögenswerte fehlten, gaben auch die vorgelegten Bilanzen keinen Anlass zum Eingreifen.
Als unbehelflich erscheint der Einwand der Kläger, die Bankenkommission hätte, bis zum Beweis des Gegenteils, von einer Unterstellung der X. AG unter das Bankengesetz ausgehen müssen, denn dieses - zum Schutz der Gläubiger erlassene - Gesetz sei im Zweifel zugunsten der Gläubiger auszulegen. Mit Recht wendet die Beklagte dagegen ein, dass eine derartige gesetzliche Vermutung nicht besteht und dass sich die X. AG ausschliesslich für
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treuhänderische Anlagen empfohlen habe. Unter den konkreten Umständen bestand im damaligen Zeitpunkt auch kein zwingender Grund, den Bilanzen der beiden ersten Geschäftsjahre näher auf den Grund zu gehen. Auf jeden Fall ist im Verhalten der Bankenkommission bis zu diesem Zeitpunkt keine Rechtswidrigkeit zu erblicken.
b) Auf 5. April 1984 wurde Y., einziges Mitglied des Verwaltungsrates der X. AG, zu einer Besprechung in Bern eingeladen. Die dabei vorgelegte provisorische Bilanz 1983 gab Anlass zum Schreiben der Bankenkommission vom 14. Mai 1984, worin der X. AG Frist für den Nachweis treuhänderischer Tätigkeit angesetzt wurde.
Im Zuwarten der Bankenkommission und in der Ansetzung einer Frist zum Nachweis der behaupteten treuhänderischen Tätigkeit ist kein rechtswidriges Verhalten zu sehen. Mit diesem Vorgehen hat die Bankenkommission weder gegen eine ausdrückliche Vorschrift verstossen noch ihr Ermessen missbraucht oder überschritten. Es erscheint im Gegenteil als verhältnismässig, dass die Bankenkommission der X. AG vorerst Gelegenheit einräumte, innert einer bestimmten Frist zum geäusserten Verdacht Stellung zu nehmen.
Für das Vorgehen der Bankenkommission mag bestimmend gewesen sein, dass Y., die - wie auch die Kläger bestätigen - vertrauenserweckend wirkte, erklärte, die Gesellschaft verwalte Vermögen und sei treuhänderisch tätig. Auch äusserte Y., sie wolle nun einen Anwalt beiziehen, um künftig einwandfreie Fiduziarverträge abzuschliessen.
Nicht beanstanden lässt sich weiter die Fristverlängerung, welche die Bankenkommission dem nunmehr von der X. AG beigezogenen Anwalt gewährte.
c) Mit Schreiben vom 10. Juli 1984 bestätigte der Anwalt der X. AG dann allerdings, dass diese nicht als reine Vermögensverwaltungsgesellschaft angesehen werden könne, doch würden nun keine selbstschuldnerischen Depots mehr entgegengenommen und die bereits (selbstschuldnerisch) eingegangenen Beträge würden den einzelnen Kunden gutgeschrieben und getrennt treuhänderisch verwaltet. Für diese Entflechtung würden etwa sechs Monate benötigt. Das darin enthaltene Gesuch um Fristerstreckung wurde - gemäss Darstellung der Beklagten in der Klageantwort - von der Bankenkommission stillschweigend bewilligt. Nachdem während der in Aussicht gestellten Zeit keine Antwort eingegangen
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war, erkundigte sich die Bankenkommission am 28. März 1985 bei der X. AG nach dem Stand der Dinge und verlangte konkrete Auskünfte und Unterlagen.
aa) Die Kläger, die bereits das frühere Zuwarten - zu Unrecht - als rechtswidrig missbilligen, rügen, dass die Bankenkommission nichts vorgekehrt habe, damit die X. AG keine weiteren Gelder am Markt aufnahm; weder die Gesellschaft noch deren Reorganisation sei überwacht worden.
bb) Die Kläger übersehen, dass es auch zu diesem Zeitpunkt im Verfahren gegen die X. AG bloss um die Frage ging, ob diese bankähnliche Geschäfte pflege und dafür einer Bewilligung der Bankenkommission bedürfe. Sie verkennen zudem die Tragweite der Aufsichtspflicht und -möglichkeiten der Bankenkommission im nicht unterstellten Bereich, wenn sie unter den gegebenen Umständen eine weitergehende Überwachung der Gesellschaft oder deren Organisation verlangen. Für die Aufsichtsbehörde bestand kein Anlass, gestützt auf Art. 23quater BankG einen Sachverständigen als Beobachter einzusetzen. Davon abgesehen, dass diese Massnahme die förmliche Unterstellung unter das Bankengesetz voraussetzen dürfte, ist eine ernstliche Gefährdung der Gläubigerforderungen durch schwerwiegende Missstände vorausgesetzt; diese Voraussetzung war nicht erfüllt.
d) Der von der Bankenkommission am 28. März 1985 angeforderte Bericht wurde am 25. April 1985 erstattet. Am 17. Mai 1985 wurde die Untersuchung durchgeführt und am 20. Mai 1985 die Auflösung und Liquidation der X. AG verfügt.
Das Verfahren in den Monaten April/Mai 1985 wurde somit zügig geführt und lässt sich rechtlich auch sonst nicht beanstanden.
e) In der Gesamtbeurteilung lässt sich keine Widerrechtlichkeit im Verhalten der Bankenkommission feststellen: weder hat sie gegen ihre Aufsichtspflicht verstossen, noch hat sie das ihr eingeräumte Ermessen überschritten oder missbraucht, noch hat sie einen allgemeinen Rechtsgrundsatz verletzt.
Für diese rechtliche Würdigung fällt insbesondere in Betracht, dass die Bankenkommission vorerst abzuklären hatte, ob die X. AG willkürlich in dem ihrer Aufsicht unterstellten Bereich tätig war. Das schrittweise Vorgehen der Bankenkommission und die konkreten Massnahmen, einschliesslich des Zeitpunkts ihrer Anordnung, sind durch den der Bankenkommission als fachkundiger Behörde zustehenden Beurteilungs- und Ermessensspielraum
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im Rückblick ebenso gedeckt wie der Verzicht der Aufsichtsbehörde auf weitere Massnahmen. Es ist nämlich nicht ausser acht zu lassen, dass Gläubigerinteressen auch infolge eines allzu forschen Vorgehens Schaden nehmen könnten. Im übrigen hat die Bankenkommission, als sie den Zeitpunkt der Auflösung festgelegt hat, das ihr eingeräumte Ermessen weder überschritten noch missbraucht; aus dem von ihnen angerufenen Entscheid in
BGE 98 Ib 269 ff. können die Kläger also ebenfalls nichts für sich ableiten. Dass die Bankenkommission, allenfalls aufgrund der Erfahrungen mit der X. AG, in späteren Fällen möglicherweise schneller und energischer reagierte, ändert daran nichts.