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Urteilskopf

118 Ib 169


22. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 10. April 1992 i.S. X. gegen Departement Y. (Verwaltungsgerichtsbeschwerde).

Regeste

Art. 45 Abs. 2bis BtG, Art. 67a AngO; Verweigerung der Reallohnerhöhung wegen ungenügender Leistungen (negative Leistungslohnkomponente).
1. Zulässigkeit der "negativen Leistungslohnkomponente" im Angestelltenverhältnis (E. 3).
2. Voraussetzungen, unter denen ein ausserdienstliches Fehlverhalten die Verweigerung einer Gehaltserhöhung rechtfertigen kann (E. 5b).

Erwägungen ab Seite 170

BGE 118 Ib 169 S. 170
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

2. a) Am 23. Juni 1988 führte der Gesetzgeber in den Art. 45 des Beamtengesetzes vom 30. Juni 1927 (BtG; SR 172.221.10) einen Absatz 2bis ein (AS 1988, 1682), der lautet:
"Bei der Gewährung einer realen Erhöhung der Beträge nach Artikel 36 sowie von ordentlichen und ausserordentlichen Besoldungserhöhungen nach den Artikeln 40 und 41 ist die Leistung des Beamten angemessen zu berücksichtigen."
b) Gestützt auf Art. 62 BtG ergänzte der Bundesrat hierauf am 24. April 1991 die Angestelltenordnung vom 10. November 1959 (AngO; SR 172.221.104) - analog den Beamtenordnungen (AS 1991, 1078, 1082, 1086) - dahin gehend, dass die reale Erhöhung der Beträge nach Art. 45 sowie die ordentliche Gehaltserhöhung nach Art. 47 AngO jenem Angestellten verweigert werden, "dessen Leistungen ungenügend sind" (Art. 67a Abs. 1 AngO). Den entsprechenden Entscheid trifft die Wahlbehörde (Abs. 2), wobei sie das Verfahren nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz durchzuführen und dem Betroffenen die Verfügung schriftlich unter Angabe der Gründe und des Rechtsmittels zu eröffnen hat (Abs. 3). Mit der Verfügung wird die ganze Gehaltserhöhung verweigert (Abs. 4), jede weitere Nichtgewährung muss neu angeordnet werden (Abs. 5).

3. Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, die Verweigerung der realen Gehaltserhöhung entbehre generell der gesetzlichen Grundlage, ist seine Rüge offensichtlich unbegründet.
a) Die Angestelltenordnung stützt sich auf Art. 62 BtG, eine Überprüfung dieser Delegationsnorm ist dem Bundesgericht aufgrund von Art. 114bis Abs. 3 BV versagt (vgl. HERMANN
BGE 118 Ib 169 S. 171
SCHROFF/DAVID GERBER, Die Beendigung der Dienstverhältnisse in Bund und Kantonen, St. Gallen 1985, S. 26 FN 4; YVO HANGARTNER, Treuepflicht und Vertrauenswürdigkeit der Beamten, in: ZBl 85/1984 S. 385 ff., insbesondere S. 389 FN 19). Wird dem Bundesrat im Gesetz ein weites Ermessen für die Regelung auf Verordnungsebene eingeräumt, so ist dieser Spielraum auch für das Bundesgericht verbindlich. Es darf in diesem Fall sein eigenes Ermessen nicht an die Stelle jenes des Bundesrates setzen, sondern muss sich auf die Prüfung beschränken, ob die Verordnung den Rahmen des im Gesetz eingeräumten Ermessens offensichtlich sprengt oder aus anderen Gründen gesetz- oder verfassungswidrig ist (vgl. BGE 114 Ib 19 E. 2 mit Hinweisen).
b) Der Bundesrat passte am 24. April 1991 die Angestelltenordnung lediglich der Änderung des Beamtengesetzes an. Art. 45 Abs. 2bis BtG, der auf einen Vorschlag der vorberatenden nationalrätlichen Kommission zurückgeht, sollte das Leistungselement in der Besoldung verstärken (vgl. die Protokolle der Sitzungen der nationalrätlichen Kommission vom 18. und 25. Januar 1988 betreffend die Änderung des Beamtengesetzes vom 23. Juni 1988) und dem Bund im Rahmen einer modernen Personalpolitik, unabhängig von der Unterscheidung zwischen Beamten- und Angestelltenstatus, ein neues Führungsinstrument in die Hand geben (Amtl.Bull. 1988 N 362 Votum Allenspach; 363 Votum Seiler; vgl. auch Protokoll der Sitzung der nationalrätlichen Kommission vom 18. Januar 1988, wo vom Bundespersonal (S. 4, 8, 12) oder vom "Bundesdienst" (S. 11, 12) gesprochen wird). Ein Grund, weshalb die Leistungslohnkomponente nur gegenüber Beamten, nicht aber auch Angestellten zum Tragen kommen sollte, ist nicht ersichtlich. Im Gegenteil: Eine Ungleichbehandlung führte zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Schlechterstellung der Beamten und entleerte die personalpolitische Massnahme der "angemessenen" Berücksichtigung der Leistung weitgehend ihres Sinnes.
Der Bundesrat hielt sich somit bei der Aufnahme von Art. 67a in die Angestelltenordnung an den ihm in Art. 62 BtG eingeräumten Spielraum.

5. b) Zweifelhaft erscheint, ob auch ein ausserdienstliches Fehlverhalten die Verweigerung einer Gehaltserhöhung zu rechtfertigen vermag. Zwar hält Art. 24 Abs. 1 BtG (bzw. Art. 26 Abs. 1 AngO) fest, dass sich der Beamte (oder Angestellte) generell durch sein Verhalten der Achtung und des Vertrauens würdig zu erweisen hat, die seine dienstliche Funktion erfordert, doch stellt die
BGE 118 Ib 169 S. 172
Leistungslohnkomponente ein personalpolitisches Führungsinstrument dar. Sie besteht, auch wenn sie ähnliche Ziele wie das Disziplinarrecht verfolgen kann, neben und ausserhalb dieser Ordnung und bezweckt in erster Linie, die Leistungen am Arbeitsplatz selber positiv zu beeinflussen (vgl. BBl 1971 II/2 1936); sie dient nicht dazu, unabhängig hiervon eine Verletzung der allgemeinen beamtenrechtlichen Treuepflicht zu sanktionieren. Die reale oder ordentliche Gehaltserhöhung kann deshalb nur verweigert werden, falls die Auswirkungen einer ausserdienstlichen Pflichtverletzung in der für die Beurteilung ausschlaggebenden Zeitperiode die Arbeitsverrichtung selber direkt und konkret beeinträchtigen. Solange die entsprechenden Konsequenzen die Arbeit aber nicht oder nur in sehr untergeordneter Weise treffen, darf einem Bundesbediensteten sein Anspruch auf Lohnerhöhung nicht gestützt auf Art. 45 Abs. 2bis BtG und Art. 67a AngO verweigert werden. Auch die Personalbeurteilung nach Art. 51 Abs. 3 BtG (Art. 69 Abs. 1 AngO), auf die im Parlament verwiesen wurde, um die Leistung im Sinn von Art. 45 Abs. 2bis BtG bewerten zu können (Amtl.Bull. 1988 N 362 Votum Allenspach), erfasst nur arbeitsplatzrelevantes Verhalten.

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Regeste: deutsch französisch italienisch

Erwägungen 2 3 5

Referenzen

BGE: 114 IB 19

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