80 I 402
Urteilskopf
80 I 402
67. Urteil vom 5. November 1954 i.S. Britix Watch Co. S. A. und Josef Flück gegen Eidg. Volkswirtschaftsdepartement.
Regeste
Betriebsbewilligungen:
1. Rechtlicher Charakter der Betriebsbewilligung.
2. Übernahme einer Unternehmung mit Aktiven und Passiven durch eine Unternehmung der Uhrenindustrie. Zahl der Arbeitskräfte nach der Übernahme, wenn die zufolge der Übernahme untergehende Unternehmung das ihr zuerkannte Arbeiterkontingent nicht voll ausgenützt hatte.
A.- Die Britix Watch Co. SA, ursprünglich -in La Chaux-de-Fonds, seit 1945 in Lengnau, betreibt eine Uhrenfabrik und hat ihren Arbeiterbestand nach und nach auf 22 (Stand seit 1949) gebracht.
B.- Der Beschwerdeführer F. Flück führte in Günsberg (Solothurn) ein Terminage-Atelier, das seit November 1945 mit 36 Arbeitern eingetragen war, entsprechend dem Arbeiterbestand, den der Betrieb in den Jahren 1929-1933 aufgewiesen hatte. Zur Zeit der Eintragung (1945) betrug die Zahl der tatsächlich beschäftigten Arbeiter nur 6. Sie war auch seither auf diesem Stande geblieben.
C.- Am 1. August 1952 übernahm die Britix Watch Co. das Uhrenterminage-Geschäft des J. Flück in Günsberg mit Aktiven und Passiven und verlangte im Anschluss daran die Bewilligung zur Vereinigung der beiden Betriebe und die Übertragung des auf diese Firma eingetragenen Arbeiterbestandes auf sie. Danach erhöhe sich die Zahl der ihr bewilligten Arbeiter auf maximal 64 (22 + 3 + 36 + 3).
D.- Mit Entscheid vom 18. Januar 1954 hat das Eidg. Volkswirtschaftsdepartement die Übernahme des Terminagebetriebes Flück durch die Britix Watch Co. genehmigt und festgestellt, dass die Arbeiterzahl der Britix Watch Co. nun (mit Einschluss der jedem der beiden Betriebe nach Art. 10 UV zustehenden 3 zusätzlichen Arbeitseinheiten) 35 (25 + 10) betrage. Das Terminage-Atelier des Josef Flück wurde im Verzeichnis der Unternehmungen der Uhrenindustrie gestrichen.
E.- Hiegegen erheben sowohl die Britix Watch Co. SA, wie auch Josef Flück Verwaltungsgerichtsbeschwerden mit den Anträgen, den angefochtenen Entscheid aufzuheben, soweit er sich auf die Arbeiterzahl bezieht, und der Britix Watch Co. zufolge der Übernahme des Ateliers J. Flück weitere 36, statt nur 10 Arbeiter zu bewilligen, oder - im Umfange der nicht bewilligten Angliederung - eventuell der Britix Watch Co. die Führung des Ateliers als selbständige Unternehmung zu bewilligen, subeventuell
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die Wiedereintragung des Betriebes J. Flück anzuordnen.Zur Begründung wird im wesentlichen ausgeführt:
a) Die Beschwerde richte sich nicht gegen den angefochtenen Entscheid in seiner Gesamtheit, sondern er werde nur insofern angefochten, als der Beschwerdeführerin trotz der grundsätzlich bewilligten Übernahme und Angliederung des Betriebes Flück eine Erhöhung ihrer Arbeiterzahl um nur 10 Einheiten zugestanden worden sei, und als im übrigen die Streichung des Betriebes Flück aus dem Register der Unternehmungen der Uhrenindustrie angeordnet worden sei.
b) Der letzte Satz des Art. 9 der UV stehe mit Art. 3 al. 1 letzter Satz UB in Widerspruch und sei deshalb nicht "rechtskräftig". Die vorliegende Übernahme des Geschäftsbetriebes Flück durch die Beschwerdeführerin bedürfe überhaupt keiner Genehmigung.
c) Die Übernahme eines bestehenden Betriebes mit Aktiven und Passiven durch einen andern Betrieb sei nicht bewilligungspflichtig, solange keine Angliederung erfolge. Die Übernahme des Ateliers sei zweifellos zum mindesten solange nicht bewilligungspflichtig, als es als getrennte Terminage-Abteilung weitergeführt werde.
d) Völlig unhaltbar sei es, von dem im Verzeichnis der Unternehmungen der Uhrenindustrie eingetragenen Recht auf 36 Arbeiter nur das Recht auf 10 zu übertragen und im Umfang der nicht eingetragenen Rechte die Streichung im Register anzuordnen. Ein solches Vorgehen entbehre jeder gesetzlichen Grundlage.
Das Bundesgericht hat die Beschwerde abgewiesen
in Erwägung:
1. Ob die Angliederung im Wege der Übernahme mit Aktiven und Passiven eines bestehenden an ein anderes Unternehmen der Uhrenindustrie der Bewilligung bedarf,
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oder ob - wie die Beschwerdeführer annehmen - Art. 9 UV, der für diesen Fall die Bewilligungspflicht vorsieht, der Ordnung in Art. 3, Abs. 1, letzter Satz UB widerspricht, kann dahingestellt bleiben. Das Departement hat die Angliederung anerkannt, und sein Entscheid ist in dieser Beziehung nicht angefochten. Die Frage, ob die Bewilligung notwendig war oder nicht, ist daher gegenstandslos.
2. Streitig ist einzig, wie sich die von den beiden Beschwerdeführern vorgenommene Geschäftsübertragung im Rahmen der für die Uhrenindustrie aufgestellten Ordnung auswirkt. Diese Frage ist von den mit der Überwachung dieser Ordnung betrauten Behörden notwendigerweise auch dann zu prüfen, wenn die Übernahme des Geschäftes an sich keiner Bewilligung bedarf. Auch in diesem Falle muss der durch die Geschäftsübertragung entstandene Status der beteiligten Unternehmungen festgestellt werden (Urteil vom 22. Dezember 1953 i.S. Roseba AG, Erw. 1, nicht publiziert). Dies gilt sowohl dann, wenn die den Betrieb übernehmende Unternehmung der Uhrenindustrie bereits angehört, als auch, wenn sie zufolge der Geschäftsübernahme neu in die Uhrenindustrie eintritt. Die Auffassung, eine der Uhrenindustrie bisher nicht angehörende Unternehmung hätte nach Übernahme des Terminage-Betriebes J. Flück die Arbeiterzahl ohne weiteres um 26 erhöhen dürfen, ist nicht haltbar. Auch bei ihr würde sich die Frage nach dem Arbeiterbestand erheben, mit dem der Betrieb in das Verzeichnis der Unternehmen der Uhrenindustrie aufzunehmen ist.
3. Die Betriebsbewilligung in der Uhrenindustrie ist eine Polizeierlaubnis, mit der festgestellt wird, dass der Führung des Betriebes unter den in der Bewilligung umschriebenen Voraussetzungen keine polizeilichen Hindernisse entgegenstehen. Eine Polizeierlaubnis begründet keine subjektiven Rechte und kann nicht übertragen werden, also auch nicht Objekt eines Kaufes sein (FLEINER, Institutionen, 8. Aufl. S. 410 f.). Dagegen kann sie, wenn sie sich nicht auf die persönlichen Eigenschaften des Unternehmers,
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sondern lediglich auf die Mittel bezieht, mit denen ein Unternehmen betrieben wird, mit dem Unternehmen verbunden bleiben, auch wenn der Unternehmer wechselt. In diesem Falle wirkt sie auch zugunsten dessen, der an Stelle des ursprünglichen Empfängers der Erlaubnis tritt. Die Polizeierlaubnis wird dann scheinbar mitübertragen, bei Rechtsgeschäften sogar manchmal als deren Gegenstand erwähnt. In Wahrheit ist Gegenstand des Rechtsüberganges indessen nur das Unternehmen. Dies auch dann, wenn für dessen Bewertung die vorhandene Polizeierlaubnis nicht ohne Bedeutung ist. Auch dann ist die Polizeierlaubnis selbst nicht Gegenstand des Vertrages, sondern sie folgt diesem aus eigener Bewegung von sich aus (MAYER, Verwaltungsrecht I, 3. Aufl., S. 246 f.).
4. Nach dem Uhrenstatut werden bei Erteilung von Betriebsbewilligungen die persönlichen Eigenschaften des Unternehmers in der Regel mitberücksichtigt. Der Bewerber hat sich über seine Befähigung zur Betriebsführung auszuweisen. Die Bewilligung wird nur erteilt, wenn der Bewerber bestimmten persönlichen Voraussetzungen genügt - sei es ganz (Art. 4 Abs. 1 UB), sei es wenigstens teilweise (Art. 4, Abs. 2 UB). Eine Ausnahme wird gemacht bei der Übernahme eines Unternehmens mit Aktiven und Passiven. Diese bedarf grundsätzlich keiner Bewilligung (Art. 3, Abs. 1 letzter Satz UB). Die Bewilligung folgt der Unternehmung, obgleich der Unternehmer, dessen persönliche Eigenschaften bei der Erteilung der Bewilligung polizeilich wesentlich waren, wegfällt.
Mit der Bewilligung darf jedoch nicht Handel getrieben werden; jedes Geschäft dieser Art ist nichtig (Art. 4, Abs. 7 UB). Die Bewilligung als solche ist also kein übertragbares Aktivum. Sie scheidet als Gegenstand des Kaufvertrages von Gesetzes wegen aus. Zu den übertragbaren "Aktiven und Passiven" gehört nur das tatsächlich betriebene Geschäft, das "bestehende Unternehmen" (Art. 3, Abs. 1 letzter Satz). Nicht ausgenützte Möglichkeiten einer Betriebsbewilligung, sei es dass diese die Ausdehnung
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der Geschäftstätigkeit auf andere Branchen oder eine Vergrösserung des Betriebes durch Vermehrung der Arbeiterzahl erlaubt hätte, fallen nicht in die Übernahme. Die Unternehmung geht - ob ohne oder mit Bewilligung - in dem Stande über, in dem sie sich zur Zeit der Übernahme mit Aktiven und Passiven befunden hat.Die Zahl der Arbeiter wird in der Uhrenindustrie für jeden Betrieb bemessen nach seinen Verhältnissen und Bedürfnissen. Wenn ein Betrieb die ihm zugebilligte Zahl von Arbeitskräften aus irgendwelchen Gründen nicht voll ausnützen kann oder will, dann soll, nach Art. 4, Abs. 7 UB, die nicht ausgenützte Produktionskapazität nicht aufeinen andern Betrieb übertragen werden können, da sonst dadurch eine nicht gerechtfertigte, den allgemeinen Interessen der Uhrenindustrie abträgliche Vermehrung der Gesamtproduktionskapazität entstehen würde. Kann sie das Unternehmen aus irgendwelchen Gründen nicht ausnützen, so beweist das, dass ihm eine Produktionskapazität beigemessen worden war, die für seine Verhältnisse nicht gerechtfertigt ist, also den allgemeinen Interessen der Uhrenindustrie entgegensteht; will der Unternehmer sie nicht ausnützen, dann soll er damit auch nicht Handel treiben, sie nicht auf einen andern übertragen können.
Die Beschwerdeführerin Britix Watch Co. darf daher - sei es mit, sei es ohne Bewilligung - gestützt auf Art. 3, Abs. 1, letzter Satz UB die Zahl ihrer Arbeiter höchstens um 10 erhöhen. Für eine weitere Erhöhung ist eine nach Art. 4 UB zu erledigende Bewilligung notwendig, weil Art. 3, Abs. 1 UB hiefür keine Grundlage und Rechtfertigung darbietet.
5. Auch das Begehren der Britix Watch Co., das Atelier Flück im Umfange der nicht bewilligten (resp. gesetzlich nicht zulässigen) Angliederung als selbständiges Atelier und unabhängig vom bestehenden Fabrikationsbetrieb zu betreiben, ist unbegründet. Denn wenn ein solches Recht sich nicht aus der Übernahme des Betriebes Flück mit Aktiven und Passiven ergibt, dann bedeutet die
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"Weiterführung" dieses Teils des Betriebes. Flück die Eröffnung eines Unternehmens, die gemäss Art. 3 Abs. 1 bewilligungspflichtig ist. Mit der Übernahme des Betriebes Flück, dem einzigen hier vorgetragenen Argument, lässt sie sich nicht rechtfertigen.
6. Das Subeventualbegehren schliesslich, es sei die Wiedereintragung des Betriebes Flück im Umfange der nichtbewilligten Übertragung der Rechte auf die Britix in das Verzeichnis der Unternehmungen der schweizerischen Uhrenindustrie anzuordnen, ist ebenfalls unbegründet. Nachdem Flück sein Geschäft mit Aktiven und Passiven abgetreten hat, sein Unternehmen somit untergegangen ist, war es im Verzeichnis der Unternehmungen der Uhrenindustrie zu löschen. Die Betriebsbewilligung, auf Grund der Flück sein Unternehmen geführt hatte, wird insoweit gegenstandslos, als sie nicht mit dem Geschäftsbetrieb auf den neuen Inhaber übergangen ist. Sie war es übrigens schon seit Jahren, da Flück dafür in dem Betrieb, für den sie erteilt war, keine Verwendung hatte. Die Festsetzung der Arbeiterzahl, die mit dem Geschäftsbetriebe des J. Flück auf den Übernehmer übergegangen ist, auf 10 Einheiten ist die Verurkundung eines Zustandes, der seit Jahren bestanden hatte.
Wenn sich Flück, nachdem er seine Unternehmung mit Aktiven und Passiven abgetreten hat, weiterhin in einem Zweige der Uhrenindustrie als Unternehmer betätigen will, so bedarf er dazu einer neuen Betriebsbewilligung. Die Frage, ob eine solche in derartigen Fällen erteilt werden kann, ist bisher offen gelassen worden (BGE 80 I 91, Erw.5). Sie kann auch hier offen bleiben.
Referenzen
BGE: 80 I 91