80 I 409
Urteilskopf
80 I 409
68. Urteil vom 17. Dezember 1954 i.S. Syfrig gegen Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft.
Regeste
Bäuerlicher Grundbesitz, Einspruch gegen Liegenschaftsverkauf. Art. 18 ff. BG vom 12. Juni 1951 (EGG).
Verkauf einer Liegenschaft, die zu einem landwirtschaftlichen Kleinheimwesen gehört:
a) Das EGG schützt den bäuerlichen Grundbesitz grundsätzlich ohne Rücksicht auf seine Grösse.
b) Begriff des gemischten Betriebes (Art. 21 Abs. 1 lit. a EGG).
c) Kauf zum Zwecke der Erfüllung einer öffentlichen, gemeinnützigen oder kulturellen Aufgabe (Art. 21 Abs. 1 lit. b EGG)?
d) Verkauf, durch den das landwirtschaftliche Gewerbe die Existenzfähigkeit verlöre (Art. 19 Abs. 1 lit. c EGG). Geldbedarf des verkaufenden Verpächters als "wichtiger Grund"?
A.- Der Beschwerdeführer Josef Syfrig besitzt ein kleines landwirtschaftliches Heimwesen, das im Gebiete Art. 19 Abs. 1 lit. a und b EGG Einspruch erhoben. Einen Rekurs Syfrigs hiegegen hat der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft mit Entscheid vom 12./16. Februar 1954 abgewiesen. Er hält die dem Einspruch gegebene Begründung für zutreffend und stützt sich auch auf Art. 19 Abs. 1 lit. c EGG.
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der basellandschaftlichen Gemeinden Reinach, Therwil und Äsch liegt. Er hatte es früher selbst bewirtschaftet; daneben hatte er sich als Mechaniker betätigt und Handel getrieben. Heute ist er 75 Jahre alt und nicht mehr erwerbstätig. Er hat das Heimwesen für einen monatlichen Zins von Fr. 125.-- seinem Sohne verpachtet, der neben der Landwirtschaft ein Brennmaterialgeschäft und eine Traktorfuhrhalterei betreibt. Der Beschwerdeführer hat im Sommer 1954 eine Parzelle von 6 a 40 m2 als Bauland zum Preise von Fr. 11.- je m2 verkauft, so dass sein Heimwesen noch 231 a 57 m2 umfasst. Im Herbst 1953 hatte er mit der Chr. Merian'schen Stiftung in Basel vereinbart, ihr zum Preise von Fr. 2.50 m2 eine andere Parzelle von 100 a 70 m2 zu verkaufen, die sich im Gebiete der Gemeinde Äsch befindet und am weitesten von seinem im Kern des Dorfes Reinach liegenden Hause entfernt ist. Gegen diesen Kaufvertrag hat die Direktion des Innern des Kantons Basel-Landschaft auf Grund von
B.- Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt Josef Syfrig, diesen Entscheid aufzuheben und den Einspruch abzuweisen oder die Angelegenheit zur neuen Entscheidung "im Sinne des Rückzuges des Einspruches" an den Regierungsrat zurückzuweisen.
Er macht geltend, sein Sohn betreibe in erster Linie ein Brennmaterialgeschäft und eine Fuhrhalterei und nur nebenbei Landwirtschaft. Die zum Verkauf bestimmte Parzelle habe zwar an sich vorwiegend landwirtschaftlichen Charakter, nicht aber der Betrieb, zu dem sie gehöre. Daher sei nach Art. 21 Abs. 1 lit. a EGG fraglich, ob das Einspruchsverfahren anwendbar sei. Auf jeden Fall sei der Einspruch schon deshalb unbegründet, weil er nicht
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dem Schutz eines selbständigen, gesunden und leistungsfähigen Bauernbetriebes im Sinne des Art. 1 EGG diene.Der angefochtene Entscheid verletze auch Art. 21 Abs. 1 lit. b EGG. Die Merian'sche Stiftung dürfe die Erträgnisse ihres Vermögens nur für die Unterstützung der städtischen Armenhäuser und für andere städtische Zwecke verwenden; wenn sie Liegenschaften verkaufe und an deren Stelle andere kaufe, so tue sie das ausschliesslich zur Erfüllung ihrer öffentlichen und gemeinnützigen Aufgabe.
Zu Unrecht berufe sich der Regierungsrat auf Art. 19 Abs. 1 lit. a EGG. Die Merian'sche Stiftung dürfe nicht mit irgendwelchen Spekulanten oder Güteraufkäufern verglichen werden. Sie habe ein legitimes Interesse daran, zum Ersatz der für gemeinnützige Zwecke verkauften Liegenschaften Land im Kanton Basel-Landschaft zu erwerben. Es gehe nicht an, dass die dortigen Behörden ihr den Kauf von Boden in der Landwirtschaftszone verwehren und sie auf bereits verteuertes Land verweisen; die Kompetenz zu einer solchen Bodenpolitik lasse sich aus dem EGG nicht ableiten.
Es sei unsinnig, die Merian'sche Stiftung im Sinne von Art. 19 Abs. 1 lit. b EGG als Einzeleigentümer anzusehen, der schon einen riesigen Grundbesitz habe. Ihr Land sei zur Hauptsache in Höfe eingeteilt, die zu den schönsten landwirtschaftlichen Betrieben der Gegend gehörten. Die in Frage stehende Parzelle solle dem Schlatthof zugeteilt werden, dem sie sehr wohl zustatten käme.
Der Regierungsrat übersehe auch, dass wichtige Gründe im Sinne von Art. 19 Abs. 1 lit. b EGG den Verkauf rechtfertigten. Der Beschwerdeführer habe mit seinem Sohne Differenzen und könne daher nicht mehr mit ihm zusammenleben. Er müsse die streitige Parzelle verkaufen, weil er Barmittel benötige, um sich in ein Heim zurückziehen zu können.
C.- Der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft beantragt Abweisung der Beschwerde, ebenso das eidg. Justiz- und Polizeidepartement.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Der angefochtene Beschwerdeentscheid ist ein letztinstanzlicher kantonaler Entscheid über einen Einspruch gegen einen Kaufvertrag gemäss Art. 18 ff. EGG. Dagegen ist nach Art. 45 dieses Gesetzes die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig.
2. Art. 1 EGG bestimmt, dass die Vorschriften dieses Gesetzes darauf abzielen, den bäuerlichen Grundbesitz als Träger eines gesunden und leistungsfähigen Bauernstandes zu schützen, die Bodennutzung zu fördern, die Bindung zwischen Familie und Heimwesen zu festigen und die Schaffung und Erhaltung landwirtschaftlicher Betriebe zu begünstigen. Der Beschwerdeführer schliesst daraus zu Unrecht, dass das Gesetz nur auf solche landwirtschaftliche Gewerbe Anwendung finde, deren Inhaber die Landwirtschaft als Hauptbeschäftigung treiben. Das Gesetz will den bäuerlichen Grundbesitz grundsätzlich allgemein, ohne Rücksicht auf seine Grösse, unter Schutz stellen. Das ergibt sich insbesondere klar aus Art. 16, wonach die Kantone für landwirtschaftliche Gewerbe oder Liegenschaften bis zu 3 ha die Bestimmungen über das Vorkaufsrecht einschränken oder unanwendbar erklären können, und aus Art. 21 Abs. 2, der den Kantonen anheimstellt, Liegenschaften bis zu dieser Grösse auch vom Einspruchsverfahren auszunehmen. Unter diesen Vorbehalten erfasst das Gesetz auch den bäuerlichen Kleinbetrieb, selbst wenn er für sich allein keine genügende Existenz bietet (vgl. BGE 80 I 92 ff., betreffend einen Kleinbetrieb von 201 a). Der bäuerliche Grundbesitz an sich soll seiner bestimmungsgemässen Bewirtschaftung erhalten bleiben ( Art. 2 und 5 EGG ).
Im vorliegenden Fall handelt es sich um ein kleines, noch 231 a 57 m2 umfassendes bäuerliches Heimwesen, auf dem auch heute noch ein landwirtschaftliches Gewerbe betrieben wird. Der Pächter hält drei Kühe, ein Rind und ein Pferd. Auch die in Frage stehende Parzelle dient
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dem Landwirtschaftsbetrieb. Der Kanton Basel-Landschaft, in dessen Gebiet das Heimwesen des Beschwerdeführers liegt, hat das Einspruchsverfahren nach Massgabe der Art. 19 ff. EGG eingeführt, ohne Liegenschaften bis zu 3 ha auszunehmen. Bei dieser Sach- und Rechtslage kann nicht zweifelhaft sein, dass das Heimwesen unter Art. 19 EGG fällt, sofern nicht eine der in Art. 21 Abs. 1 lit. a und b vorgesehenen Ausnahmen zutrifft.
3. Nach Art. 21 Abs. 1 lit. a EGG ist das Einspruchsverfahren nicht anwendbar auf Rechtsgeschäfte über Liegenschaften, die einen gemischten Betrieb bilden, bei welchem der nichtlandwirtschaftliche Charakter überwiegt. Weder das Heimwesen des Beschwerdeführers in seiner Gesamtheit noch die in Frage stehende Liegenschaft fallen unter diese Bestimmung. Dass der Pächter neben der Landwirtschaft einen Brennmaterialhandel und eine Fuhrhalterei betreibt, ändert daran nichts. Wenn die Liegenschaften des Beschwerdeführers zum Teil auch für diese beiden Betätigungen, sei es zur Lagerung von Material oder zur Einstellung von Fahrzeugen, benützt werden, so dienen sie doch in der Hauptsache der Landwirtschaft. Sofern sie überhaupt einen gemischten Betrieb bilden, hat dieser auf jeden Fall überwiegend landwirtschaftlichen Charakter.
4. Unbegründet ist auch die Berufung des Beschwerdeführers auf Art. 21 Abs. 1 lit. b EGG, wonach vom Einspruchsverfahren u.a. ausgenommen sind Rechtsgeschäfte, die zur Erfüllung öffentlicher, gemeinnütziger oder kultureller Aufgaben abgeschlossen werden oder dem Ersatz von Liegenschaften dienen, die für solche Zwecke verkauft worden sind. Die Chr. Merian'sche Stiftung hat zwar ohne Zweifel gemeinnützigen Charakter, da die Erträgnisse ihres Vermögens ausschliesslich für die Unterstützung der städtischen Armenhäuser und für andere städtische Zwecke verwendet werden dürfen. Das genügt jedoch für die Anwendung von Art. 21 Abs. 1 lit. b EGG nicht. Mit einem zur Erfüllung öffentlicher, gemeinnütziger oder
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kultureller Aufgaben abgeschlossenen Rechtsgeschäft im Sinne dieser Bestimmung hat man es nur dann zu tun, wenn die betreffende Liegenschaft unmittelbar für einen solchen Zweck verwendet werden soll. Das wäre etwa der Fall, wenn der Erwerber auf dem Grundstück ein Armen- oder Krankenhaus erstellen wollte oder wenn eine gemeinnützige Anstalt, z.B. eine Erziehungs- oder eine Strafanstalt, das Land benötigte zur Erweiterung ihres landwirtschaftlichen Betriebes. Die Chr. Merian'sche Stiftung will jedoch die streitige Parzelle lediglich zur Arrondierung eines ihr gehörenden Bauerngutes verwenden, das sie an einen Landwirt verpachtet hat. Die Liegenschaft dient also nicht unmittelbar der Erfüllung der gemeinnützigen Aufgabe der Stiftung. Dass sie im Sinne von Art. 21 Abs. 1 lit. b EGG ein bestimmtes Areal zu ersetzen habe, das von der Stiftung für öffentliche, gemeinnützige oder kulturelle Zwecke verkauft worden wäre, ist nicht dargetan.
5. Nach Art. 19 Abs. 1 lit. c EGG ist der Einspruch begründet, wenn durch den Verkauf ein landwirtschaftliches Gewerbe seine Existenzfähigkeit verliert, es sei denn, die Liegenschaften werden zur Überbauung oder zur gewerblichen oder industriellen Ausnützung des Bodens verkauft und eignen sich hiefür, oder die Aufhebung des landwirtschaftlichen Gewerbes lasse sich durch andere wichtige Gründe rechtfertigen.
Zum landwirtschaftlichen Gewerbe oder Heimwesen, um das es sich hier handelt, ist nur das dem Beschwerdeführer gehörende Land von derzeit noch 231 a 57 m2 zu rechnen, nicht auch das vom Sohn anderweitig gepachtete Areal, das nach dessen Angaben gegenwärtig rund 450 a umfasst; denn es besteht keine Gewähr dafür, dass der Betriebsinhaber das zugepachtete Land über die laufende Pachtdauer hinaus behalten oder im Falle der Kündigung durch anderes Pachtland ersetzen oder ergänzen kann. Es kann aber nicht mit Grund bestritten werden, dass infolge des Verkaufs der in Frage stehenden Parzelle, deren Fläche
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von 100 a 70 m2 fast die Hälfte des gesamten dem Beschwerdeführer gehörenden Bodens ausmacht, das bäuerliche Heimwesen des Beschwerdeführers als solches eingehen und damit ein landwirtschaftliches Gewerbe seine Existenzfähigkeit verlieren würde. Der Sohn des Beschwerdeführers ist für seinen Landwirtschaftsbetrieb auf diese Parzelle angewiesen. Wenn das Heimwesen auch ohne Abtrennung dieses Grundstückes nicht gross genug ist, um für sich allein eine Familie zu ernähren, so ist das unerheblich. Wie bereits entschieden worden ist, will Art. 19 Abs. 1 lit. c EGG auch Kleinheimwesen erhalten, deren Inhaber gezwungen sind, das landwirtschaftliche Einkommen durch einen Nebenverdienst zu ergänzen (BGE 80 I 96).Ein wichtiger Grund, der die Aufhebung des landwirtschaftlichen Gewerbes rechtfertigen würde, liegt nicht vor. Die in der Beschwerdeschrift aufgestellte Behauptung, der Beschwerdeführer müsse die streitige Parzelle verkaufen, um sich Barmittel zu verschaffen, die er für seinen weiteren Lebensunterhalt nötig habe, hat sich in dem vor Bundesgericht durchgeführten Beweisverfahren als unzutreffend herausgestellt. Auch wenn angenommen wird, dass dem Beschwerdeführer nicht zugemutet werden könne, weiterhin auf seinem Heimwesen zusammen mit dem Sohn zu leben, ist er mindestens zur Zeit nicht genötigt, jene Parzelle zu veräussern. Die Absicht, sich in ein Altersheim zurückzuziehen, von der in der Beschwerdeschrift die Rede ist, hat der Beschwerdeführer aufgegeben, wie er bei der Einvernahme erklärt hat; er braucht also nicht auf einmal einen grösseren Barbetrag als Einkaufssumme. Er hat in Basel eine Einzimmerwohnung gemietet, zu einem Zins von Fr. 115.-- monatlich. Seine Darstellung, dass der vom Sohn bezahlte Pachtzins nur gerade für die Deckung der Hypothekarzinsen und der sonstigen mit dem Grundbesitz verbundenen Aufwendungen ausreiche, dass ihm für den Lebensunterhalt an Einnahmen nur die Altersrente im Betrage von Fr. 840.-- jährlich zur Verfügung
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stehe und dass er daher auf Kapitalzuschüsse angewiesen sei, mag im wesentlichen zutreffen. Tatsächlich besteht aber sein Vermögen nicht nur in Liegenschaften, sondern es gehört dazu auch ein gewisses Wertschriften- und Barvermögen. Er hat der Steuerbehörde bei der Deklaration des Ende 1953 vorhandenen Vermögens neben dem Grundbesitz Wertschriften im Betrage von Fr. 3663.-- angegeben, und dazu kommt zum mindesten der Erlös aus dem seither vorgenommenen Baulandverkauf, wovon nach Angabe des Beschwerdeführers noch Fr. 3000.-- bis 3500.-- übrig sein sollen. Bei dieser Sachlage ist der Beschwerdeführer für seinen Lebensunterhalt jedenfalls bis auf weiteres nicht auf den Verkauf der in Frage stehenden Parzelle angewiesen, selbst wenn er, was nicht sicher ist, nicht noch über weitere bewegliche Werte verfügt.Ist daher der Einspruch nach Art. 19 Abs. 1 lit. c EGG begründet, so braucht nicht geprüft zu werden, ob er es auch nach lit. a oder b sei.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird abgewiesen.
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