Urteilskopf
85 I 258
40. Auszug aus dem Urteil vom 9. Oktober 1959 i.S. W. gegen Steuerrekurskommission des Kantons Luzern.
Regeste
Wehrsteuer; Hinterziehungsversuch (Art. 131 Abs. 2 WStB).
1. Subjektiver Tatbestand.
2. Grundsätze für die Bemessung der Busse.
2. Nach Art. 131 Abs. 2 WStB ist, wie aus dem Wortlaut der Bestimmung hervorgeht, nur strafbar, wer vorsätzlich handelt, d.h. die Tat mit Wissen und Willen ausführt. Der Steuerpflichtige muss darüber im klaren gewesen sein, dass er der Steuerbehörde unwahre oder unvollständige Angaben über Tatsachen, die für Bestand oder Umfang der Steuerpflicht wesentlich sind, gemacht hat. Ist dieses Wissen erwiesen, so ist zu vermuten, dass er auch mit Willen gehandelt, d.h. eine Täuschung der Steuerbehörde beabsichtigt, eine zu niedrige Veranlagung bezweckt hat. Diese Vermutung wird er schwerlich entkräften können; denn ein anderes Motiv ist fast undenkbar. Insbesondere ist die Hinterziehungsabsicht nicht schon dann auszuschliessen, wenn angenommen werden kann, die Steuerbehörde hätte die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Angaben des Pflichtigen leicht feststellen können; denn er kann mit der Möglichkeit rechnen, dass die Behörde auf seine Angaben abstellt, ohne sie näher zu überprüfen (ASA Bd. 19 S. 340, Erw. 3).
3. a) Art. 129 WStB droht auf die gewöhnliche Hinterziehung eine Busse bis zum Vierfachen und auf die qualifizierte Hinterziehung eine solche im Zwei- bis Sechsfachen des hinterzogenen Steuerbetrages an. Die eidgenössische Steuerverwaltung hat Richtlinien herausgegeben, welche die Bemessung der Busse innerhalb des gesetzlichen Rahmens erleichtern und eine Vereinheitlichung der Praxis herbeiführen sollen. Darnach ist im Normalfall, d.h. wenn Umstände fehlen, welche eine strengere oder mildere Bestrafung rechtfertigen, das Verhältnis zwischen der geschuldeten und der hinterzogenen Steuer massgebend (ASA Bd. 13 S. 434; Bd. 26 S. 424). Dieses Schema darf nach der Rechtsprechung berücksichtigt werden. Es schliesst aber Abweichungen nicht aus und enthebt die Behörden, die Bussen auszusprechen haben, nicht von der Pflicht, die gesamten Umstände jedes einzelnen Falles in eigener Verantwortung zu prüfen und die Busse so anzusetzen, dass sie der individuell gegebenen Sachlage
BGE 85 I 258 S. 260
in objektiver und subjektiver Beziehung entspricht (ASA Bd. 15 S. 29, 81).b) Art. 131 Abs. 2 WStB bestimmt, dass eine Busse von 20 bis zu 20'000 Franken zu verhängen ist. Er sagt nicht, dass die Strafe nach Massgabe des Steuerbetrages, den der Täter zu hinterziehen versucht hat, festzusetzen ist. Immerhin rechtfertigt es sich nach allgemeinen strafrechtlichen Grundsätzen, bei der Anwendung dieser Vorschrift dem Ausmass des Steuerbetrages, den der Fehlbare hat hinterziehen wollen, und dem Verhältnis zwischen diesem Betrag und der geschuldeten Steuer Rechnung zu tragen, weil darin die objektive Schwere der Verfehlung zum Ausdruck kommt. Da es sich um einen Versuch handelt, darf auch die Busse in Anschlag gebracht werden, welche in Betracht käme, wenn der Versuch gelungen wäre (Art. 129 WStB), wobei der danach sich ergebende Ansatz in der Regel zu ermässigen sein wird.
Die Richtlinien der eidgenössischen Steuerverwaltung sehen denn auch vor, dass die nach Art. 131 Abs. 2 WStB zu verhängende Busse auf dem gleichen Wege wie die Busse wegen vollendeter Hinterziehung ermittelt und in der Regel auf die Hälfte der bei Vorliegen dieses Deliktes auszusprechenden Strafe angesetzt werden soll (ASA Bd. 13 S. 436; Bd. 23 S. 420; Bd. 26 S. 422). Das Bundesgericht hat diese Wegleitung ebenfalls als brauchbar befunden. Davon ausgehend, dass die vollendete Hinterziehung, im Gegensatz zum Versuch, auch im Falle blosser Fahrlässigkeit bestraft wird, hat es indessen erklärt, beim vollendeten Delikt dürfe, wenn Vorsatz vorliegt, der sich nach dem Schema der eidgenössischen Steuerverwaltung ergebende Bussenansatz in der Regel erhöht werden, und entsprechend dürfe bei Bemessung der Busse für den Versuch im Normalfalle über die Hälfte des schematischen Ansatzes hinausgegangen werden. Es hat beigefügt, dass es sich im allgemeinen rechtfertigen dürfte, die Busse mindestens auf den einfachen Betrag der Steuer festzusetzen, welche bei Gelingen der Hinterziehung dem
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Staate vorenthalten worden wäre (ASA Bd. 19 S. 341; Bd. 20 S. 146 Erw. 6; Bd. 24 S. 88). Die eidgenössische Steuerverwaltung hat ihre Richtlinien in diesem Sinne verdeutlicht (ASA Bd. 23 S. 420).Aber diese allgemeinen Regeln dürfen wiederum nicht starr angewandt werden. Sie können nur einen ersten Anhaltspunkt für die Bedeutung der Verfehlung darbieten. Die Behörde hat - was die Richtlinien auch vorsehen - die Busse für den Hinterziehungsversuch in jedem einzelnen Fall nach pflichtgemässem Ermessen so zu bestimmen, dass allen besonderen Umständen, insbesondere der Schwere des Verschuldens und den persönlichen Verhältnissen des Fehlbaren, Rechnung getragen wird (ASA Bd. 20 S. 146 Erw. 6). Dabei ist nach Möglichkeit darauf Bedacht zu nehmen, dass die Bussen innerhalb des im Gesetz durch ein Minimum und ein Maximum festgelegten Rahmens in angemessener Weise abgestuft werden.
Bei der Würdigung der Umstände ist auch in Betracht zu ziehen, in welchem Grade der Täter mit seinem Versuch den Steueranspruch des Staates gefährdet hat. War die Gefahr nur gering, so kann die Busse niedriger als sonst ausfallen. War die Gefahr gross und hat der Täter dies gewusst, so ist er entsprechend streng zu bestrafen.