BGE 87 I 305 |
51. Urteil der I. Zivilabteilung vom 19. September 1961 i.S. Asbiton AG gegen Eidgenössisches Amt für das Handelsregister. |
Regeste |
Art. 944 OR, Art. 38, 44-46 HRegV. |
Sachverhalt |
A.- Der in Rotterdam wohnende Holländer Laban Mast gründete am 26. Februar 1959 mit einem in Zürich wohnenden Amerikaner und drei Schweizern die in Zürich niedergelassene Asbiton AG, deren Grundkapital sich auf Fr. 100'000.-- beläuft und in hundert Namenaktien eingeteilt ist. Die Gesellschaft erwarb von Mast zum Anrechnungspreis von Fr. 30'000.-- "das ausschliessliche, unwiderrufliche und frei übertragbare Recht, das Dichtungsmittel "Compriband" auf der ganzen Welt herzustellen und zu vertreiben mit Ausnahme von Holland mit Überseegebieten, Deutschland, Frankreich mit Überseegebieten, Italien, Österreich, Schweden, Norwegen, Dänemark, England, Belgien mit Belgisch-Kongo, Luxemburg und Südafrika sowie Schweiz". Die Statuten bestimmen, die Gesellschaft bezwecke den Erwerb und die Verwaltung von Beteiligungen an Unternehmen, die Dichtungsmaterialien herstellen oder verkaufen; sie könne auch einschlägige Patente oder Fabrikations- und Vertriebsrechte aus solchen erwerben und in Unternehmungen einbringen. Die Asbiton AG hat sich indessen an keinem Unternehmen beteiligt und verwaltet auch keine Beteiligungen. Sie beschränkt sich darauf, in einigen Staaten, in denen sie das Dichtungsmittel "Compriband" vertreiben darf (Kanada, Vereinigte Staaten von Amerika, Australien), Lizenzen für dessen Herstellung und Verkauf zu erteilen. Die Gründung weiterer ausländischer Asbiton-Gesellschaften, die Lizenzen nehmen sollen, ist eingeleitet oder beabsichtigt. |
B.- Am 19. Mai 1961 ersuchte die Asbiton AG das Eidgenössische Amt für das Handelsregister um die Bewilligung, ihre Firma in "Internationale Asbiton AG" abzuändern.
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Das Amt wies das Gesuch am 31. Mai 1961 mit der Begründung ab, das Wort "international" würde reklamehaft wirken, da noch keine weitverzweigte internationale Organisation vorliege, in der die Gesuchstellerin eine zentrale, leitende Stellung innehätte; es seien noch zu wenig Glieder der Interessenverbindung vorhanden.
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C.- Die Asbiton AG führt gemäss Art. 97 ff. OG Beschwerde. Sie beantragt dem Bundesgericht, ihr die Aufnahme des Wortes "international" in ihre Firma zu gestatten.
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Das Eidgenössische Amt für das Handelsregister beantragt, die Beschwerde abzuweisen.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: |
1. Gestützt auf Art. 944 Abs. 2 OR ist in Art. 45 und 46 HRegV bestimmt, in welchem Umfange nationale und territoriale Bezeichnungen bei der Bildung von Firmen verwendet werden dürfen. Diese Bestimmungen treffen auf den vorliegenden Fall nicht zu. Das Bundesgericht hat schon am 17. Dezember 1957 auf Beschwerde der "Association de lycées internationaux" entschieden, dass das Wort "international" nicht eine nationale oder territoriale Bezeichnung ist. Diese Rechtsprechung wird denn auch weder von der Beschwerdeführerin noch vom Eidgenössischen Amt für das Handelsregister beanstandet. |
Auf die Natur des Unternehmens weisen z.B. Zusätze über sein Arbeitsgebiet, die Art seines Betriebes oder seine Geschäftstätigkeit hin (BGE 69 I 123). Das Wort "international" ist daher an sich geeignet, Bestandteil einer Firma zu sein. Es kann namentlich aussagen, dass der Inhaber der Firma in mehreren Staaten Mitglieder, Tochtergesellschaften oder Betriebe hat oder dass seine Leistungen sich über die Staatsgrenzen hinaus erstrecken oder in mehreren Ländern erhältlich sind. So ist grundsätzlich gegen Firmen wie "Internationale Vereinigung von Treuhandgesellschaften", "Aktiengesellschaft für internationale Möbeltransporte", "Internationale Eisenbahnschlafwagen-Gesellschaft", "Internationale Investmenttrust-Gesellschaft" nichts einzuwenden.
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Die Beifügung "international" muss jedoch wahr sein. Das ist sie nicht, wenn die Organisation, Einrichtungen oder Tätigkeit des Firmeninhabers überhaupt nicht oder nur in untergeordneter Hinsicht zwischenstaatlicher Natur sind. Wer nie oder nur unbedeutend, nur gelegentlich oder, gemessen an seinem Aufbau oder seiner Betätigung, nur in nebensächlichem Ausmass über die staatlichen Grenzen hinausgreift, darf sich nicht den Anschein geben, er habe ein internationales Unternehmen. Denn von dem, der sich oder seiner Tätigkeit in der Firma ein internationales Gepräge zuschreibt, wird vorausgesetzt, dass es seinem ganzen Wesen entspreche, ihn vom Durchschnitt anderer im Handelsregister Eingetragener unterscheide. Einer Gesellschaft mit einem Unternehmen von nur lokaler Bedeutung steht daher die Firma "Agence Internationale de Transports et Camionnage SA" nicht zu (STAMPA, Sammlung von Entscheiden des Bundesrates und seines Justiz- und Polizeidepartementes in Handelsregistersachen S. 127 Nr. 169). Auch dürfte sich z.B. nicht "AG für internationalen Handel" nennen, wer Waren hauptsächlich im Ursprungslande weiterverkauft und nur gelegentlich auch in andere Länder versendet. Ebensowenig darf durch die Bezeichnung "international" auf Beziehungen zum Auslande angespielt werden, die üblicherweise nicht zum Anlass genommen werden, sich einen internationalen Anstrich zu geben. So liesse sich z.B. die Firma "Internationale Bank" nicht damit rechtfertigen, die Inhaberin nehme auch Zahlungen aus dem Auslande entgegen, und die Firma "Internationale Tabak AG" nicht damit, sie bediene in ihrem Landen hauptsächlich Grenzgänger oder verkaufe vorwiegend ausländische Tabake. Eine Lehranstalt darf sich nicht deshalb als "international" bezeichnen, weil sie Fremdsprachen lehrt. Daher hat das Bundesgericht die Firma "Association de lycées internationaux" für einen Verband solcher Lehranstalten nicht zugelassen (Entscheid vom 17. Dezember 1957, nicht veröffentlicht). In solchen oder ähnlichen Fällen erweckt die Beifügung "international", weil sie den Anschauungen des Verkehrs widerspricht, unzutreffende Vorstellungen. Sie ist unwahr, reklamehaft und daher unzulässig. |
Das Wort "international" darf auch dann nicht in die Firma aufgenommen werden, wenn es, obschon Organisation, Einrichtungen oder Tätigkeit des Unternehmens ein internationales Gepräge haben, täuschen kann. Es ist nicht zulässig, wenn es den Eindruck erweckt, die internationalen Beziehungen des Unternehmens seien anderer Art, als sie in Wirklichkeit sind. Ob Täuschungsgefahr vorliegt, hängt vom Sinn ab, der dem Wortlaut im Verkehr entnommen wird. Ein ausschliesslich in der Schweiz tätiger Spediteur darf z.B. nicht deshalb, weil er Güter vorwiegend nach dem Ausland versendet, seine Firma mit dem Worte "international" versehen, es wäre denn in Verbindung mit einer Wendung, die ausdrückt, dass nur die vermittelten Transporte, nicht die eigene Organisation oder die Einrichtungen des eigenen Geschäftes über die Landesgrenzen hinaus reichen. |
Schliesslich kann auch das öffentliche Interesse der Verwendung von "international" als Firmenbestandteil im Wege stehen, z.B. wenn dieses Wort dazu führen könnte, das Unternehmen mit Einrichtungen des öffentlichen Rechts zu verwechseln.
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In allen Fällen, unter dem Gesichtspunkt der Firmenwahrheit, der Täuschungsgefahr und des öffentlichen Interesses, ist Strenge am Platze. Die Firma dient nur dazu, ihren Inhaber von anderen zu unterscheiden. Sie ist nicht bestimmt, für sein Unternehmen Reklame zu machen, es als wichtig, gross oder leistungsfähig hervorzuheben (BGE 79 I 176). Oft wird mit dem Worte "international" nur das bezweckt. Ob die Handelsregisterbehörden das immer erkannt und sich dem Missbrauch stets widersetzt haben, ist unerheblich. Ein Firmenbestandteil wird nicht dadurch allgemein zulässig, dass sie ihn in Verkennung des Sachverhaltes oder der Rechtslage ab und zu duldeten (BGE 79 I 177, BGE 80 I 426).
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3. Die Beschwerdeführerin glaubt sich "Internationale Asbiton AG" nennen zu dürfen, weil sie die Lizenzen zur Herstellung und zum Vertrieb des Dichtungsmittels "Compriband" an ausländische Gesellschaften erteilt. Dieser Umstand kennzeichnet ihre geschäftliche Tätigkeit. Das Wort "international" in der beantragten Firma besagt jedoch nichts über die geschäftliche Tätigkeit der Beschwerdeführerin, sondern will diese selber als internationales Gebilde hinstellen. Ein solches ist die Beschwerdeführerin nicht. Sie ist eine schweizerische Gesellschaft, unterhält im Auslande keine Betriebe, ist an keiner daselbst niedergelassenen Gesellschaft irgendwie beteiligt, geschweige denn, dass sie eine oder mehrere solche beherrschen würde. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, in welcher Weise, wie eng und in welchem Umfange eine schweizerische Aktiengesellschaft mit ausländischen Betrieben oder Gesellschaften verbunden sein muss, um sich als "international" ausgeben zu dürfen. Blosser Geschäftsverkehr mit ausländischen Unternehmen, Absatz der Leistungen im Auslande, genügt nach landläufiger Auffassung nicht, um einer schweizerischen Gesellschaft ein internationales Gepräge zu geben, selbst dann nicht, wenn sie ihre Leistungen ausschliesslich im Auslande absetzt. Will sie sich des Wortes "international" als Firmenbestandteil bedienen, so darf sie es nicht als Attribut ihrer Person, sondern muss es deutlich zur Kennzeichnung ihrer Tätigkeit verwenden, sonst kann die Firma zu Täuschungen Anlass geben. |
Die Beschwerdeführerin ist auch nicht deshalb berechtigt, sich als internationale Gesellschaft auszugeben, weil sie von einem in Rotterdam wohnenden Holländer als Hauptaktionär, einem in der Schweiz wohnenden Amerikaner als zweitem Aktionär und drei mit je einer Aktie ausgestatteten Schweizern gegründet wurde und ihren Verwaltungsrat für die ersten drei Jahre aus den fünf Gründern bestellte. Eine Aktiengesellschaft gilt nach der Auffassung des Verkehrs firmenrechtlich nicht schon dann als "international", wenn Angehörige verschiedener Staaten Aktionäre sind oder dem Verwaltungsrat neben Schweizern auch Ausländer angehören.
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Dass die Firmen der Lizenznehmer ebenfalls das Phantasiewort "Asbiton" enthalten und die Beschwerdeführerin sich von ihnen abheben möchte, ändert nichts. Der Unterschied zwischen der Beschwerdeführerin als Lizenzgeberin einerseits und den ausländischen Asbiton-Gesellschaften als Lizenznehmer anderseits kann in der Firma auf andere Weise angedeutet werden. |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
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