BGE 90 I 252
 
38. Auszug aus dem Urteil vom 19. Juni 1964 i.S. C. gegen Wehrsteuer-Rekurskommission des Kantons Zürich.
 
Regeste
Wehrsteuer: Veranlagung des Eigentümers eines mit einer Baurechtsdienstbarkeit belasteten Grundstücks.
2. Ergänzungssteuer vom Vermögen: Bewertung des mit der Dienstbarkeit belasteten Grundstücks (Erw. 4).
 


BGE 90 I 252 (252):

Erwägungen:
1. Nach Art. 21 WStB unterliegen der Einkommenssteuer die gesamten Einkünfte des Steuerpflichtigen aus Erwerbstätigkeit, Vermögensertrag oder anderen Einnahmequellen. Die sogenannte Quelle ist gedacht als das Mittel, das dem Steuerpflichtigen Einnahmen zuführt, die als Erträgnisse dem bisherigen Besitze gegenübergestellt werden. Der Rohertrag der Quelle wird gekürzt um gewisse mit der Einkommenserzielung verbundene Aufwendungen (Gewinnungskosten usw., Art. 22 WStB). Dagegen sind

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Veränderungen der Quelle bei Steuern auf Quellenerträgnissen in der Regel unbeachtlich. Der Wehrsteuerbeschluss sieht nur für buchführungspflichtige Betriebe eine abweichende Ordnung vor (Art. 21 Abs. 1 lit. d und f, Art. 22 Abs. 1 lit. b und c); danach werden auch Vermögensvermehrungen und - verminderungen berücksichtigt, die nicht oder nicht ausschliesslich den Ertrag der Einkommensquelle betreffen (BGE 86 I 231). Der Beschwerdeführer ist indessen nicht buchführungspflichtig und unterliegt daher der allgemeinen, nur die Quellenerträgnisse erfassenden Ordnung der Wehrsteuer für Einkommen.
Zu diesen Erträgnissen gehört nach Art. 21 Abs. 1 lit. b WStB auch "jedes Einkommen aus unbeweglichem Vermögen, gleichgültig, ob es durch Vermietung oder Verpachtung oder durch Eigengebrauch erzielt wird". Unter diese Bestimmung fällt einerseits der Ertrag, den der Eigentümer dadurch aus dem Grundstück zieht, dass er es unmittelbar für sich selbst gebraucht oder nutzt, und anderseits das Entgelt, das ihm ein anderer für die Überlassung des Gebrauchs oder der Nutzung entrichtet, sei es kraft Miete oder Pacht, sei es eines ähnlichen Verhältnisses, z.B. der Nutzniessung (BGE 86 I 232).
Die Steuerbehörden und die kantonale Rekurskommission betrachten die Vergütungen, die der Beschwerdeführer auf Grund des Baurechtsvertrages vom 29. Juli 1955 erhält, als Einkommen aus unbeweglichem Vermögen im Sinne von Art. 21 Abs. 1 lit. b WStB. Dagegen erblickt der Beschwerdeführer darin ein Entgelt für eine Veräusserung eines Teils seines Vermögens. Nach seiner Betrachtungsweise hätte er durch den Abschluss des Baurechtsvertrages nicht einen Anspruch auf Erträgnisse einer in seiner Hand bleibenden Quelle erworben, sondern eine Veränderung seiner Einkommensquellen, eine Umschichtung seines Vermögens bewirkt, so dass jene Vergütungen bei seiner Veranlagung zur Wehrsteuer nicht als Einkommen angerechnet werden könnten.
2. Nach Art. 779 Abs. 1 ZGB kann ein Grundstück

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mit der Dienstbarkeit belastet werden, dass jemand das Recht erhält, auf oder unter der Bodenfläche ein Bauwerk zu errichten oder beizubehalten (Baurecht). Dieses Recht beruht stets auf einer Dienstbarkeit, auch dann, wenn es übertragbar und vererblich ist (Art. 779 Abs. 2 ZGB), ebenso dann, wenn es selbständig und dauernd und als Grundstück in das Grundbuch aufgenommen ist (Abs. 3 daselbst). Es gibt dem Berechtigten, wie jede Dienstbarkeit, die Befugnis zur Benutzung einer fremden Sache. Der Baurechtsverleiher bleibt Eigentümer des Bodens, und er behält damit auch die Möglichkeit, über das mit dem Baurecht belastete Grundstück - unter Vorbehalt des Baurechts - rechtlich zu verfügen. Allerdings verschafft das Baurecht dem Berechtigten, sofern nicht etwas anderes vereinbart wird, das Eigentum am Bauwerk, das er nach dem Baurechtsvertrag auf oder unter dem fremden Boden errichten oder beibehalten darf (Art. 675 ZGB; HAAB, N. 4, 8 und 9 hiezu). Indessen ist dieses Sondereigentum untrennbar mit dem Dienstbarkeitsrecht verbunden; es teilt notwendigerweise das rechtliche Schicksal dieses beschränkten dinglichen Rechts am Boden. Es besteht nur für die Dauer des Baurechts; mit dem Dahinfallen des Baurechts erlischt es, und die Baute gelangt ipso iure (wieder) in das Eigentum des Bodeneigentümers (LEEMANN, N. 1, 68 und 69 zu Art. 779 ZGB; HAAB, N. 8 und 11, MEIER-HAYOZ, N. 10 und 16 zu Art. 675 ZGB).
Gewiss ist infolge der Bestellung des Baurechts der Bauberechtigte Eigentümer der alten Bauten (für die kurze Zeit bis zum Abbruch) und des Neubaus (für die Dauer des Baurechts) geworden. Daraus kann aber nicht

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gefolgert werden, dass die Baurechtszinsen, sei es auch nur zum Teil, ein Entgelt für eine Veräusserung (Eigentumsübertragung) darstellen. Wohl ist das Eigentum an den alten Bauten vom Beschwerdeführer (für beschränkte Zeit) auf den Bauberechtigten übergegangen. Diese Bauten waren jedoch für den Bauberechtigten nichts wert, ja sie belasteten ihn nur; denn er wollte sie abbrechen und musste dies auf seine Kosten tun. Es kann daher nicht die Meinung der Vertragsparteien gewesen sein, dass der Bauberechtigte dem Baurechtsverleiher für die Übernahme der alten Bauten zu Eigentum etwas zu vergüten habe. Angesichts dieser Sachlage braucht im vorliegenden Fall die in BGE 89 I 267 ff. (Erw. 12) vertretene Auffassung, dass einem solchen Eigentumsübergang ein Veräusserungsgeschäft zugrunde liege, nicht überprüft zu werden. Was den Neubau anbelangt, kann von einem Übergang des Eigentums vom Beschwerdeführer auf den Bauberechtigten von vornherein keine Rede sein; denn diese Baute war im Zeitpunkt der Begründung des Baurechts noch nicht vorhanden, sondern wurde erst nachher errichtet, und zwar vom Bauberechtigten. Der Neubau wurde ebenfalls auf Kosten des Bauberechtigten erstellt, und er wird nach Ablauf der Dauer des Baurechts "ohne Entschädigung und pfandrechtsfrei" in das Eigentum des Baurechtsverleihers fallen. Somit ist es ausgeschlossen, dass der vereinbarte Baurechtszins eine Gegenleistung des Bauberechtigten für den Erwerb des Eigentums am Neubau darstellt oder in sich schliesst.
Es mag ausnahmsweise vorkommen, dass die Begründung eines selbständigen und dauernden, als Grundstück in das Grundbuch aufzunehmenden Baurechts, das dem Berechtigten die Befugnis gibt, einen Neubau zu errichten und beizubehalten, nahezu die gleichen wirtschaftlichen Wirkungen wie ein Verkauf hat (vgl. BGE 85 II 481 ff.; BGE 85 I 278 ff.). Hier verhält es sich jedoch anders. Der Beschwerdeführer hat seine Liegenschaft nicht zu Geld gemacht, sondern sie als Sachwert in seinem Vermögen

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behalten. Er hat dem Bauberechtigten den Gebrauch der Liegenschaft auf Zeit überlassen. Ausschliesslich dafür hat er sich ein - periodisch während der ganzen Vertragsdauer zu entrichtendes - Entgelt ausbedungen. Er hat sich damit einen beträchtlichen Ertrag seiner Liegenschaft gesichert, so dass es abwegig ist, wenn er behauptet, es sei ihm nur das nackte Eigentum am Boden geblieben. Der Baurechtszins hat jedenfalls unter Umständen, wie sie hier gegeben sind, wirtschaftlich nicht die gleiche Funktion wie ein Kaufpreis,- sondern ist in dieser Hinsicht einem Miet- oder Pachtzins ähnlich (BGE 82 II 384 Erw. 3; BGE 89 I 265 Erw.11).
Daraus ergibt sich, dass die Baurechtszinsen, die der Beschwerdeführer erhält, für ihn einen Ertrag unbeweglichen Vermögens im Sinne von Art. 21 Abs. 1 lit. b WStB darstellen und daher bei seiner Veranlagung zur Wehrsteuer als Einkommen zu erfassen sind. Seine Beschwerde gegen die Einkommensveranlagung für die 9. und 10. Periode der Wehrsteuer erweist sich demnach als unbegründet.
Dieser Standpunkt ist unbegründet. Der Beschwerdeführer erhält für das dem Bauberechtigten eingeräumte Benutzungsrecht eine ansehnliche Gegenleistung, die für ihn, wie ausgeführt, einen Ertrag unbeweglichen Vermögens darstellt. Seine Liegenschaft hat einen entsprechenden Ertragswert. Dieser ist bei der Festsetzung des

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der Wehrsteuer unterliegenden Vermögens des Beschwerdeführers zu berücksichtigen (Art. 31 Abs. 1 WStB).
Der Beschwerdeführer wendet ein, dass das im Grundbuch als Grundstück aufgenommene selbständige und dauernde Baurecht vom Bauberechtigten als Vermögen zu versteuern sei. Er beruft sich auf Art. 31 Abs. 3 WStB, wonach solche Rechte als Grundstücke im Sinne dieses Artikels gelten. Indessen wird die Genossenschaft, auf welche das vom Beschwerdeführer bestellte Baurecht übertragen worden ist, hiefür nicht besteuert. Dagegen wird bei der Ermittlung ihres für die Wehrsteuer massgeblichen Kapitals der Wert des von ihr errichteten Neubaus angerechnet. Das ist aber ein von ihr selbst geschaffener Vermögenswert, der mit dem Wert des an sie übertragenen Nutzungsrechts nicht identisch ist. Angesichts dieser Sachlage kann nicht gesagt werden, der dem Baurecht entsprechende Wert werde gleichzeitig bei zwei Steuerpflichtigen als Vermögen besteuert. Würde auch das verselbständigte Baurecht beim Bauberechtigten der Vermögenssteuer unterworfen, so wäre übrigens zu prüfen, ob ein Schuldabzug im Umfange des kapitalisierten Baurechtszinses zuzulassen sei. Auf jeden Fall bleibt es dabei, dass bei der Bemessung des steuerbaren Vermögens des Beschwerdeführers dem im Baurecht zum Ausdruck kommenden Ertragswert seiner Liegenschaft Rechnung zu tragen ist.
Nach Art. 31 Abs. 1 WStB und Art. 7 der hier anwendbaren Verfügung des Eidg. Finanz- und Zolldepartements vom 21. November 1944 betreffend die Bewertung der Grundstücke ist der Wert der Liegenschaft des Beschwerdeführers unter billiger Berücksichtigung des Verkehrs- und des Ertragswertes zu berechnen. Würde der gegenwärtige Baurechtszins zu 5% kapitalisiert, was durchaus vertretbar wäre, so ergäbe sich ein Ertragswert, der beinahe doppelt so hoch wie der von der Rekurskommission ermittelte Steuerwert der Liegenschaft ist. Dieser höhere Betrag ist denn auch bei der Veranlagung des Beschwerdeführers

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für die kantonalen Steuern in Rechnung gestellt worden. Der Verkehrswert ist ohne Zweifel nicht geringer als der auf Grund des gegenwärtigen Baurechtszinses ermittelte Ertragswert. Würde der Beschwerdeführer seine Liegenschaft veräussern, so würde dieser Ertragswert bei der Bemessung des Kaufpreises sicherlich voll berücksichtigt. Die Liegenschaft befindet sich in zentraler Geschäftslage in Zürich; die Verpflichtung des Bauberechtigten zur Zahlung von Baurechtszinsen ist durch Belastung des verselbständigten Baurechts mit einer Grundpfandverschreibung sichergestellt, und die Höhe des Baurechtszinses kann nach dem Baurechtsvertrag von Zeit zu Zeit der Marktlage angepasst werden. Demnach ist der von der Rekurskommission angenommene Wehrsteuerwert der mit dem Baurecht belasteten Liegenschaft eher zu niedrig als zu hoch. Er ist auf jeden Fall nicht offensichtlich übersetzt (Art. 104 Abs. 2 OG).